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Warum Bolsonaro kein Hoffnungsträger ist

Von Felizitas Küble

Für manche Konservative sieht die Welt ganz einfach aus, nämlich schwarz und weiß. Wenn ein Politiker gegen Abtreibung, Homo-Ehe und Genderwahn auftritt, kann er nur gut sein – seine sonstigen Ansichten und Hintergründe spielen dann offenbar keine Rolle. Mit dieser simplen „Logik“ könnte man aber auch zum Islam überlaufen….

Derzeit wird viel über den Wahlzirkus in Brasilien geschrieben. Der erfolgreiche Kandidat Bolsonaro (er bekam kürzlich beim Rennen um die Präsidentschaft 46% der Stimmen) tritt am kommenden Sonntag zur Stichwahl gegen seinen linken Kontrahenten (oder eher Konkurrenten?) Haddad an, der 29% erhielt. Die Chancen für den sogenannten „rechtspopulistischen“ Jair Messias (!) Bolsonaro stehen entsprechend gut.

Doch das Links-Rechts-Schema aus Deutschland läßt sich nicht eins zu eins auf Brasilien übertragen. Die dortige „linke“ Arbeiterpartei regierte auch schon mit ultrarechten Gruppierungen, das Parteiensystem ist völlig zersplittert und fast unüberschaubar.

Korruption ist im größten Staat Lateinamerikas an der Tagesordnung, Lynchmorde gibt es zu tausenden. Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen, die Wirtschaftslage unsicher – alles ein geeigneter Nährboden für selbsternannte „Hoffnungsträger“ wie Bolsonaro, der sich nicht ohne Grund in seinem zweiten Vornamen als „Messias“ bezeichnet.

Konservative Meiden sollten sich genauer informieren, bevor sie in einen voreiligen Bolsonaro-Jubel ausbrechen, zumal der 63-jährige Politiker ausdrücklich die frühere brasilianische Militärdiktatur samt ihren Folter-Praktiken befürwortet.

Mehr nüchterne Vorsicht wünscht man auch dem charismatisch orientierten Nachrichtenportal Kath.net, das den vermeintlich „konservativen“ Präsidentschaftskandidaten am 22.10.2018 gar nicht genug loben konnte: http://www.kath.net/news/65586

Vielleicht fühlt man sich Bolsonaro auch deshalb verbunden, weil es sich diesem katholisch aufgewachsenen Schwarmgeist um einen Pfingstler und Wiedergetauften handelt, einen Vertreter der „Universalkirche vom Königreich Gottes“ mit ihrer kruden Lehre vom „Wohlstandsevangelium“ und ihren extrem-charismatischen Praktiken. Diese Einstellung begünstigt auch politisch einen zügellosen Kapitalismus.

Leider werden diese pentekostalen (pfingstlerischen) Mega-Sekten in deutschen Medien oft als „evangelikal“ oder als „Freikirchen“ verharmlost.

Dabei handelt es sich bei bibelorientierten Evangelikalen doch seit jeher um die klassischen Kritiker der Charismatischen Bewegung (siehe „Berliner Erklärung“ schon Anfang des 20. Jahrhunderts). Folglich sollte man Pfingstler und Evangelikale – wenngleich beide Richtungen zum Protestantismus gehören – fein säuberlich auseinanderhalten.

Das dokumentiert auch der kritische Artikel des evangelikalen PRO-Medienmagazins über diese extrem-charismatische „Universalkirche des Königreichs Gottes“ in Brasilien, die Bolsonaro mit ihren finanzkräftigen Kampagnen und ihren fanatischen Aktivisten politisch nach vorne brachte: https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/weltweit/2018/08/15/geld-macht-medien-das-imperium-des-selbsternannten-bischofs-der-universalkirche/

Kommentare

8 Antworten

  1. Jair Messias Bolsonaro selbst ist übrigens kein Pfingstler, sondern Katholik. Seine Vorfahren sind Katholiken aus Italien. Von einem evangelikalen Missionar wurde er bei einem Attentat am 06.09.2018 lebensgefährlich verletzt, überstand jedoch den Messerstich in den Bauch. Der Täter gab an, auf Gottes Wunsch gehandelt zu haben.

    Richtig ist, dass Bolsonaro sich mit großem Erfolg um die Unterstützung evangelikaler und pfingstlicher Kirchen bemüht hat. Der Grund dafür ist, dass er gegen Abtreibung und Homoehe wettert und angeblich familiäre Werte sowie Recht und Ordnung wieder herstellen will.

    1. Guten Tag,
      Bolsonaro ist zwar Namens-Katholik (gewesen), hat sich aber 2016 im Jordan evangelisch taufen lassen – jede Wiedertaufe (auch jede katholische) ist strikt verboten, womit er sich selbt aus der kath. Kirche ausgeschlossen hat. Inzwischen hat er auch sonst mit ihr nichts am Hut.
      Der Attentäter war vermutlich paranoid-fanatisch, so oder so ein Verbrecher.
      Freundlichen Gruß!
      Felizitas Küble

      1. Das mit der Taufe ist wohl richtig. Übrigens hat sich auch der Kandidat Haddad – allerdings zu spät – ebenfalls um religiöse Unterstützung bemüht.

        https://www.derstandard.de/story/2000090133856/die-macht-der-evangelikalen-waehler-in-brasilien

        Balsonaros Wahlkampf war auch antikatholisch:

        https://www.domradio.de/themen/weltkirche/2018-10-23/evangelikale-brasilien-unterstuetzen-bolsonaro?page=1

        So oder so missbraucht Bolsonaro Religion für seine Zwecke-

        https://www.kath.ch/newsd/der-neue-brasilianische-praesident-spricht-von-einer-mission-gottes/

        Bolsonaro ist mindestens genauso schlimm wie Trump und er reitet zu einem großen Teil auf der gleichen Welle.

        1. Guten Tag,
          ich bewerte Bolsonaro weitaus kritischer als Trump, denn er ist nicht nur ein Dampfplauderer, sondern hat ernsthaft demagogische Züge, etwa als er die „Säuberung“ des Landes von seinen Gegnern ankündigte. Zudem befürwortet er die frühere Militärdiktatur – und ausdrücklich auch die damalige Folter. Sie werden wissen, daß er jenen Folterer ausdrücklich lobte, der eine linke Politikerin zur Zeit der Militärjunta quälte – da hört eindeutig der Spaß auf, sowas würde sich Trump bei aller sonstigen Sprücheklopferei nicht erdreisen.
          Freundlichen Gruß!
          Felizitas Küble

  2. Es gibt auch Völkerengel, wie im Neuen Testament steht, etwa bezüglich Persiens. Der Engel der deutschen Nation ist Michael. Übrigens auch der Engel der Polizei in Deutschland usw.
    Dennoch ist es biblisch richtig, dass das christliche Gottesvolk in Jesus Christus und dem Heiligen Geist nicht mehr in Nationen gespalten ist, sondern eins ist im dreifaltigen Gott.

    Jesus und die Engel

    http://www.himmelsboten.de/

    Herr, sende deine hl. Engel herab, dass die Gewalt des Krieges und des Terrors zurückgedrängt werde, und die Bedrängten deinen Trost erhalten. Amen.

    https://philosophia-perennis.com/

  3. Liebe Frau Küble,

    das Problem haben wir schon in den USA, wo Trump von der religiösen Rechten unterstützt wird. Wir wollen auch nicht vergessen, dass viele Christen in Deutschland Adolf Hitler und seinem Geschwafel von der Vorsehung auf den Leim gegangen sind.

    Auch die Hofierung der AfD von manchen Christen beruht auf dem Missverständnis, dass nur deshalb, weil ein paar christliche Positionen (scheinbar) vertreten werden, eine Partei dem christlichen Glauben diene. Dazu kommt bei Trump wie bei der AfD der Irrglaube, Gott sei ein Nationalist.

    Richtig ist auch, dass die Arbeiterpartei in Brasilien ziemlich stark abgewirtschaftet hat, da die weit verbreitete Korruption nicht angegangen wird. Und manche Wähler von Bolsonaro erhoffen sich law and order und ein Ende der Korruption. Sie werden enttäuscht werden bzw. einen hohen Preis für law and order bezahlen.

    Christen müssen sich immer wieder darüber im Klaren sein, dass säkulare Herrschaft maximal eine Notordung aufrichten kann bis Christus wieder kommt. Niemals aber sind menschliche Regierungen geeignete Hoffnungsträger. Ich fand das nachfolgende säkulare Lied dazu immer sehr passend Vor allem die Zeilen:

    „Menschen an der Macht – bewunderswert. Doch es sind Menschen. Darum ist bei ihrem Tun ein gesunder Argwohn nie verkehrt.“

    https://www.youtube.com/watch?v=AALUr-VU-Kk

    Die Betonung liegt auf „gesund“ und nicht auf hemmungslosem Niedermachen.

    Da Sie ja immer wieder gerne die sog. „Berliner Erklärung“ heran ziehen:

    Wären Sie fair, dann würden Sie auch die Mülheimer Erklärung dazu erwähnen, sowie die Kasseler Erklärung von 1996 und die gemeinsame Erklärung beider Strömungen von 2009.

    Wer sich unvoreingenommen informieren möchte, kann das hier tun:

    https://www.confessio.de/artikel/213

    Sie sind bei diesem Thema nicht auf der Höhe der Zeit, Frau Küble.

    1. Guten Tag,
      erstens wurde in der Kasseler Erklärung die frühere Berliner Erklärung durchaus nicht zurückgenommen, man einigte sich vielmehr theologisch auf einige Punkte. Zweitens besteht die evangelikale Bewegung nicht nur aus den Gnadauer Gemeinschaftsverbänden und der Evang. Allianz. Drittens waren die Mülheimer Pfingstler immer schon (seit Jahrzehnten!) im Vergleich zu anderen charism. Strömungen deutlich gemäßigter, von daher konnte man sich pietistischerseits mit ihnen auch leichter verständigen. Viertens gibt es starke evangelikale, biblizistische Richtungen, die nach wie vor an der Berliner Erklärung festhalten (darunter z.B. die Bekennenden Gemeinschaften, Theol. Konvent).
      Gerade aus Gründen der Fairneß dem Protestantismus gegenüber unterscheide ich (im Unterschied zu den meisten Medien!) fein säuberlich zwischen dem Evangelikalismus auf der einen Seite und der Pfingstbewegung auf der anderen Seite. Es sind zwei verschiedene Phänomene, auch von ihrer Entstehungsgeschichte her (der Pietismus ist viel älter), wenngleich es dabei natürlich Schnittmengen gibt. Ein Teil der Evangelikalen ist charismatisch, aber beileibe nicht jeder Evangelikale ist ein Pfingstler.
      Ein Teil der vorher kritischen Evangelikalen – dazu gehört vor allem die Ev. Allianz – hat ihre Skepsis weniger aus theologischen Gründen zurückgefahren, sondern eher aus strategischen Erwägungen, weil Gemeinsamkeit bei evangelistischen Aktionen und Initiativen von Vorteil ist. Also hat man beiderseits seine Vorbehalte zurückgestellt.
      Ich bin weitaus besser auf dem Laufenden, als Sie meinen.
      Freundlichen Gruß!
      Felizitas Küble

      1. Die Berliner Erklärung ist zwar aus ihrer Zeit heraus und im Hinblick auf die Interessen der Verfasser verständlich, aber theologischer Unsinn. Wie fast immer wurde das Baby mit dem Badewasser ausgeschüttet. Jahrzehnte wurden so verschwendet und ein Wirken des Heiligen Geistes wurde unterdrückt.

        Das liegt – wie immer – an der mangelnden Fähigkeit zur Differenzierung.

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