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Warum die Initiative „Maria 2.0“ den Namen der Gottesmutter missbraucht

Von Pfarrvikar Dr. Achim Dittrich

Maria, die Mutter des Herrn, besitzt eine einzigartige Stellung im Christusereignis und im Leben der Kirche. Die Vorhersage: „Selig werden mich preisen alle Geschlechter!“ (Lk 1,48b) ist eingetroffen.

Was allerdings die Aktion „Maria 2.0“ seit 2019 betreibt, kann man nicht anders denn als „Missdeutung“, ja als „Missbrauch“ der Gottesmutter werten.

Maria ist kein Computerprogramm, sondern eine Person, die man nicht nach Belieben „updaten“ kann. Wenn man die Worte und das Verhalten Mariens, wie sie die Evangelien von Lukas und Johannes zeigen, programmatisch auffasst, dann ergibt sich ein ganz anderes Bild als das, was diese Aktion vorträgt.

Maria hat nicht für eigene Macht gestritten, sondern hat sich selbstlos Gott überantwortet: „Ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach Deinem Wort“ (Lk 1,38).

Denn Gott stürzt die Mächtigen vom Thron, und er hat auf die „Niedrigkeit seiner Magd“ geschaut. Das von Gott eingeforderte Ja-Wort Mariens wendet das Unheil und öffnet der Menschwerdung des Logos den personalen Raum in der Welt.

Dabei ist es heilsgeschichtliches Faktum, dass Jesus Christus als Mann in die Welt kommt, der natürlich von einer Frau geboren wird – beide Geschlechter sind in die Inkarnation einbezogen, wie schon Augustinus festgestellt hat.

Maria fügt sich in die neuartige Aufgabe und muss schließlich ihre traditionellen Mutterrechte aufgeben, wie ihr Jesus bei der Hochzeit von Kana verdeutlicht (Joh 2). Die jungfräuliche Gottesmutter geht mit auf dem schwierigen Weg Jesu, bis unter das Kreuz und darüber hinaus.

An Pfingsten stellt sie die Herzmitte der neuen Kirche dar, als Lehrerin des Gebetes und der Offenheit für Gottes Geist. Maria will keine Priesterin sein, aber sie ist das Urbild der bräutlichen Kirche!

Das biblische Zeugnis bietet keine Grundlage dafür, aus ihr eine Gallionsfigur für weltliche Emanzipationsforderungen in der Kirche zu machen. Sie ist vielmehr „Braut des Heiligen Geistes“, die die Kirche lehrt, wie Gottes Wort zu hören ist, wie man sich vom Geist bestimmen lässt.

Die Aktion „Maria 2.0“ will nicht reformieren, sondern substantiell verändern – Dekonstruktion der Kirche ist das Ziel! Mit öffentlichem Druck soll die durch die Missbrauchskrise verunsicherte Kirche umgebaut werden.

Dabei ist es tatsächlich schmerzhaft, wenn Christen, wenn Priester derart versagen und schuldig werden. Aber diese Verletzung erfährt auch die heilige Kirche, durch die Sünder in ihren Reihen. Keine Neuorganisation der Kirche kann verhindern, dass Menschen in ihr versagen; kein Strukturwandel kann die Gefahr der Sünde bannen!

BILD: Protest-Plakat von Maria 2.0 mit einer Marienikone und ihrem zugeklebten Mund

Die in den „Sieben Thesen“ geforderte Preisgabe der katholischen Sexualmoral erscheint mir als widersinnig – sie kann Missbrauch nicht verhindern, sondern würde im Gegenteil Promiskuität und weitere sexuelle Verwahrlosung fördern. Die diesbezüglichen Forderungen von „Maria 2.0“ stellen nichts anderes als eine Kapitulation gegenüber dem verirrten Zeitgeist dar, der vom christlichen Menschenbild nichts als hohle Freiheitsparolen übriggelassen hat.

Maria steht für Selbstlosigkeit, Keuschheit und Demut – ausgerechnet sie als Aushängeschild für solche Willkür nehmen zu wollen, ist eine Unverschämtheit. Maria kann nur weinen über die Verirrung namens „Autonome Sexualität“. Gott ist unser Herr, wir haben Seiner Schöpfungsordnung zu entsprechen.

Die geforderte Dekonstruktion der katholischen Sexualmoral folgt der Einflüsterung des Widersachers, dass wir selbstherrlich und willkürlich Gottes Gebote missachten dürften. „Dein Wille geschehe!“ beten wir im Vaterunser, nicht treuloser Eigenwille, der sich der gesellschaftlichen Dekadenz ergibt und das wertvolle Erbe der Kirche geringschätzt.

Die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ist ein großes Geschenk an die Kirche, an die Menschheit. Viel Segen ging und geht von gottgeweihten und zölibatären Menschen aus. Und dieser Evangelische Rat wird frei gewählt, von Priestern ebenso wie von Ordensleuten oder Geweihten Jungfrauen.

BILD: Priesterweihe im Dom zu Regensburg durch Kardinal Müller

Dem priesterlichen Amt ist er mehr als angemessen und darf nicht preisgegeben werden, da er ein lebendiges Zeugnis für Christus und unsere ewige Bestimmung bedeutet. Die Jungfrau Maria ist auch Urbild dieser geistlichen Lebensform!

Und schließlich die leidige Machtfrage – Maria und die vielen Frauen in der Jüngerschaft Jesu sowie in der Urkirche, sie strebten nicht nach Macht und Amt, obwohl das im Hinblick auf die römische Kultur durchaus vorstellbar und im Rahmen der unkonventionellen Abspaltung vom patriarchalen Judentum wohl auch möglich gewesen wäre.

Alle Macht in der Kirche kommt von Gott, als Vollmacht, die er verleiht. Die missbräuchliche Anwendung dieser heiligen Autorität ist ein menschliches Grundproblem, unabhängig vom Geschlecht der handelnden Person.

Den Frauen kann und soll alles in der Kirche offenstehen, was nicht mit der sakramentalen Christus-Repräsentation zu tun hat – diese aber ist von Gott selbst an das männliche Geschlecht gebunden worden. Christus selbst hat der Kirche ihre apostolische Verfassung geben, hat zwölf Männer mit der heilswirksamen Vergegenwärtigung seines Evangeliums und Opfertodes beauftragt; der Heilige Geist hat die Kirche schon im ersten Jahrhundert entsprechend ausgeformt.

„Maria 2.0“ gibt mit ihrem zweiten Logo: eine die Kirche küssenden Frau, vor, das ignatianische „Fühlen mit der Kirche“ zu vertreten, doch die Beteiligten missachten tatsächlich das, was Papst Franziskus in seinem Brandbrief an die deutschen Katholiken im Juni 2019 eingefordert hat: „Glauben in und mit der Kirche!“

Die emanzipatorische Aktion möchte die Kirche dem unchristlichen Zeitgeist anpassen, mit dem unangebrachten Verweis auf Menschenwürde und Missbrauchsbekämpfung. In Wirklichkeit will sie eine andere Kirche!

Mit dem „Thesenanschlag“ nimmt sich „Maria 2.0“ die Kirchenspaltung des 16. Jahrhunderts zum Vorbild – ausgerechnet die „Reformation“, in deren Bekenntnissen die jungfräuliche Gottesmutter bald ihren angestammten Platz verloren hatte. Es schmerzt, dass ausgerechnet Maria herhalten muss, um solch zerstörerische Parolen vorzutragen.

Die „Sieben Thesen“ stellen keinen innerkirchlichen Aufruf dar, sondern sind Forderungen einer abgeirrten Pressure-Group, die jedes Verständnis für die apostolische Kirche verloren hat.

Es ist an der Zeit, dass alle Bischöfe wieder eine rote Linie ziehen und das Katholische klar benennen. Wer sich auf Maria berufen möchte, der soll beherzigen, was die „Mutter der Kirche“ schon bei der Hochzeit von Kana empfohlen hat: „Was Er euch sagt, das tut!“ (Joh 2,5).  

Unser Autor Dr. Achim Dittrich ist Pfarrvikar in Weiden; Erstveröffentlichung dieses Beitrags in der kath. „Tagespost“ aus Würzburg

Kommentare

10 Antworten

  1. Siehe auch die mystische theologische „Sophiologie“ der russisch-orthodoxen Kirche Russlands. Zur „Weisheitsliteratur“ und auch zum Heiligen Geist als Geist Gottes und „Geist der Weisheit und Offenbarung“. Auch Maria wird mit der göttlichen Weisheit in Verbindung gebracht.
    Sie kann – siehe dazu etwa auch die „Sonnenfrau“ der Johannes-Apokalypse bzw. Johannes- Offenbarung, nach deren Vorbild und Abbild sich zahlreiche Marien-Erscheinungen weltweit bis hin zur Details wie dem blauen Mantel und den Sternen über dem Haupt zeigten – als Abbild und Abglanz des göttlichen Weisheit Sophia bzw. Chakhema oder Chokhma und damit des „Geistes der Weisheit und Offenbarung“ verstanden werden. Siehe auch den jüdischen Theologen Philo(n) von Alexandrien, von dem auch der Apostel Paulus im Neuen Testament zitierte.

  2. „Maria 2.0“-Aktivistin: „Klima der Angst“ herrscht im Erzbistum Köln

    Für die Theologin und katholische Aktivistin Maria Mesrian herrscht im Erzbistum Köln ein „Klima der Angst“, das nur langsam aufbricht. „Man merkt die Auswüchse eines absolutistischen, monarchischen Systems“, sagte die Sprecherin der Reformbewegung Maria 2.0 der Nachrichtenagentur AFP

    https://www.n-tv.de/der_tag/Mittwoch-der-17-Maerz-2021-article22430528.html

  3. Beile Ratut hinterfragt in einem Essay das „westliche Denken“ der Kirchen
    Von
    PP-Redaktion –
    20. März 20190

    Die deutsch schreibende Finnin Beile Ratut, für Matthias Matussek die „wahrscheinlich … unterschätzteste Autorin des gegenwärtigen Literaturbetriebs“, rechnet in ihrem Essay „Das Fanal des Ego auf den Stufen zur Kirche“ knallhart und eloquent mit dem Denken der Kirchen der westlichen Welt ab. Ein Gastbeitrag von Rainer Buck

    https://philosophia-perennis.com/2019/03/20/beile-ratut-hinterfragt-in-einem-essay-das-westliche-denken-der-kirchen/

  4. Wie in den unionierten katholisch orthodoxen Kirche des Ostens etwa in der Ukraine und auf dem Balkan könnte man aber über die Notwendigkeit des Pflicht-Zölibates debattieren – denn in der Tat empfiehlt ihn der Apostel Paulus in der Bibel zwar, aber er macht ihn eben ausdrücklich nicht zur zwingenden Vorschrift – weil die Fähigkeit zur Ehelosigkeit nämlich eine Gnadengabe und ein Charisma des Heiligen Geistes ist – und, wie die Bibel weiß, nicht jeder ist dafür gemacht. Hier macht es sich die Kirche meiner Ansicht nach vollkommen unnötig schwer.

  5. Wie die Mutter Jesu und unser aller Mutter von den o.g. Frauen für ihre eigenen Interessen benutzt wird, empfinde ich als eine wirkliche Unverschämtheit.
    Unverschämt nicht nur Maria selbst gegenüber, sondern auch respekt- und lieblos gegenüber Jesus Christus.
    Diese Frauen bedienen sich mit Maria eines Menschen, die in ihrer Heiligkeit weit über ihnen und uns allen steht.
    Selbstüberschätzung, Anspruchsdenken und vielleicht auch Machtgelüste „zeichnet“ diese 2.0-Frauen aus und sie offenbaren sich damit als das genaue Gegenteil jener Frau, die sie bei ihren Demos auf Plakaten hochhalten und deren Mund sie mit Klebestreifen verschließen, d.h. sinnbildlich, den Mund verbieten.

    Denn das, was Maria in ihrer Hingabe an Gottes Willen gesagt hat: „Ich bin die Magd des Herrn, …“ entspricht sicher so gar nicht dem persönlichen Willen dieser Kirchen-Umbauerinnen.

    1. „Selbstüberschätzung, Anspruchsdenken und vielleicht auch Machtgelüste „zeichnet“ diese 2.0-Frauen aus und sie offenbaren sich damit als das genaue Gegenteil jener Frau, die sie bei ihren Demos auf Plakaten hochhalten und deren Mund sie mit Klebestreifen verschließen, d.h. sinnbildlich, den Mund verbieten.“
      Das ist sehr gut auf den Punkt gebracht.
      Diese toxische Initiative oftmals älterer und alter weißer Frauen samt ihren Dackel-Männern (soweit vorhanden) – engagierte jüngere und junge Katholikinnen sind heute eher bei den „neuen geistlichen Gemeinschaften“ zu finden – wäre längst am Ende, wenn die Bischöfe ihr Hirten- und Wächteramt glaubensfest und entschlossen wahrnähmen, statt vor ihnen den Kotau zu machen.

  6. Hervorragender Artikel.

    Ich hoffe und bete, dass die Maria 2.0 Bewegung endlich von den Verantwortlichen in ihre Schranken gewiesen wird.

  7. Beile Ratut hinterfragt in einem Essay das „westliche Denken“ der Kirchen
    Von
    PP-Redaktion –
    20. März 20190

    Die deutsch schreibende Finnin Beile Ratut, für Matthias Matussek die „wahrscheinlich … unterschätzteste Autorin des gegenwärtigen Literaturbetriebs“, rechnet in ihrem Essay „Das Fanal des Ego auf den Stufen zur Kirche“ knallhart und eloquent mit dem Denken der Kirchen der westlichen Welt ab. Ein Gastbeitrag von Rainer Buck

    https://philosophia-perennis.com/2019/03/20/beile-ratut-hinterfragt-in-einem-essay-das-westliche-denken-der-kirchen/

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