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Warum die „Pille danach“ in katholischen Krankenhäusern nicht zu haben ist

Von BERNWARD BÜCHNER

Der Verfasser ist Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht a.D. und Vorsitzender der Juristen-Vereinigung Lebensrecht e.V. (Köln)

Wie die Reaktionen auf die Abweisung einer jungen, vermutlich vergewaltigten Frau durch zwei Krankenhäuser in Köln offenbaren, stößt die Weigerung von Kliniken in katholischer Trägerschaft, Frauen die „Pille danach“ zu verschreiben oder gar zu verabreichen, vielfach auf Unverständnis und Empörung. logo_gemalt_gr Den Verantwortlichen wird mangelnde christliche Nächstenliebe vorgeworfen.

In einer Stellungnahme des Bundesverbandes des von katholischen Laien gegründeten Vereins „Donum vitae“ heißt es, künftig müsse dringend gewährleistet werden, dass Frauen in Notlagen alle notwendigen medizinischen und psychologischen Hilfeleistungen erhalten.

Hierzu gehöre die Beratung über die Möglichkeit zur Einnahme der Notfallkonzeption („Pille danach“). Für die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende von „Donum vitae e.V.“, die Kölner Bundestagsabgeordnete Ursula Heinen-Esser, schließt die Pflicht, Vergewaltigungsopfern jegliche Hilfe zukommen zu lassen, „auch das Beratungsgespräch und die ‚Pille danach‘ ein, die, anders als das Erzbistum offenbar glaubt, eben kein Mittel der Abtreibung ist, sondern dazu dient, eine Abtreibung zu verhindern.“

Mit dieser Auffassung distanziert sich „Donum vitae“ von der Position der katholischen Kirche, innerhalb deren sich dieser Verein wähnt.

Kein Mittel der Abtreibung ist die „Pille danach“ zwar tatsächlich insofern, als Handlungen, deren Wirkung vor Abschluss der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne des Strafgesetzbuchs gelten (Paragraf 218 Absatz 1 Satz 2 StGB).

Die „Pille danach“   –   nicht zu verwechseln mit der Abtreibungspille RU 486 (Mifegyne)  –  wirkt unzweifelhaft bereits vor diesem Ereignis. Sie verhindert oder verschiebt den Eisprung so, dass keine Befruchtung stattfinden kann. Ist es bereits zu einer Befruchtung gekommen, verhindert sie die Einnistung in  die Gebärmutter.  embryofoto

Von dieser zwei- fachen Wirkung der „Pille danach“ gehen beispielsweise der Berufsverband der Frauenärzte sowie die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe aus. Von fachkundiger Seite wird die (auch) die Einnistung (Nidation) hemmende Wirkung wissenschaftlich plausibel begründet und nicht bestritten. Von der Verhütungslobby wird sie jedoch meist verschwiegen.

Die „Pille danach“ wirkt frühabtreibend

Aufgrund ihrer möglicherweise nidationshemmenden Wirkung, mit der gerechnet werden muss, tötet die „Pille danach“ den Embryo, dessen Leben mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle begonnen hat. Sie verursacht damit zwar nicht einen Schwangerschaftsabbruch im Sinne des Strafgesetzbuchs, wirkt aber frühabtreibend.

Eine solche Frühabtreibung steht zwar nicht unter Strafdrohung. Maßgebend hierfür sind teils pragmatische Gründe (Duldung der Verhütungspraxis mit Nidationshemmern), teils der Grund mangelnder Beweisbarkeit. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass der menschliche Embryo im Mutterleib im Frühstadium seiner Existenz vor der Nidation keinen rechtlichen Schutz genießt.

Unzweifelhaft handelt es sich um menschliches Leben. Weil aber, wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, wo menschliches Leben existiert, ihm Menschenwürde zukommt, und jedes menschliche Leben gleich wertvoll ist, ist der Embryo vom Beginn seines Lebens an Träger der Menschenwürde und eines eigenen Lebensrechts.

Dies gilt nicht nur, wovon das Embryonenschutzgesetz ausgeht,  für den in der Petrischale gezeugten Embryo, sondern auch für den im Mutterleib von Anfang an. Schon vor der Nidation obliegt dem Staat deshalb auch für ihn eine Schutzpflicht.

Dieser Pflicht wird er nicht gerecht, indem er die Tötung des Embryos durch nidationshemmende Mittel ermöglicht und sich ihrer Bewertung und Kennzeichnung als Unrecht völlig enthält.

Nach der Lehre der katholischen Kirche ist Gott allein der Herr über Leben und Tod und hat jeder Mensch von der Empfängnis an ein Recht auf Leben. Unschuldiges Leben zu töten, ist für die Kirche in keiner Entwicklungsphase hinnehmbar.

Durch das Tötungsverbot untersagt sieht sie die Abtreibung eines ungeborenen Kindes in jeder Entwicklungsphase, auch durch die Anwendung frühabtreibender Mittel wie der „Pille danach“.

Einer Frau beizustehen, die das schwere Unrecht einer Vergewaltigung erleben musste, ist ein selbstverständliches Gebot der Nächstenliebe. Keine legitime Form der Hilfe kann es in einer solchen Situation jedoch sein, der betroffenen Frau durch die Verschreibung oder Verabreichung der „Pille danach“ die Tötung eines möglicherweise bereits gezeugten Kindes zu ermöglichen, das für die Umstände seiner Zeugung nicht verantwortlich ist.

Eine solche „Hilfe“ ist kein Gebot der Nächstenliebe. Durch die Tötung eines Unschuldigen wird dieses Gebot vielmehr aufs Schwerste verletzt. An einer solchen Tötung mitzuwirken, darf deshalb niemand, erst recht nicht einem Krankenhaus in katholischer Trägerschaft sowie den darin Tätigen zugemutet werden.

Erstveröffentlichung in der kath. ZeitungDie Tagespost“ vom  22.1.2013

Kommentare

9 Antworten

  1. Sehr geehrter Herr Richter Am VG i.R. Büchner,

    Frage:
    Wussten Sie, dass die Katholische Kirche die „Fristentötung“ beim Schwangerschaftsabbruch erfunden hat in Form der Sukzessivbeseelung?
    Um Wiederholungen und Vertiefungen zu vermeiden, googeln Sie bitte unter den Begriffen

    – Sukzessivbeseelung
    – Simultanbeseelung
    – Abtreibung: Wann ist der Mensch ein Mensch?

    Dann schreiben Sie „…nach katholischer Lehre“.
    Müsste es nicht heissen „nach christlicher Lehre“?
    Kurz und bündig sei gesagt, dass Abtreibungen n i c h t gegen das 5. Gebot verstossen.
    Lesen Sie bitte das 2. Buch Mose, 21-25. Da wird die Situation geschildert, dass mehrere Männer sich eine deftige Klopperei liefern, in deren verlauf eine schwangere Frau gestossen wird, so dass ihr die „Frucht abgeht“. Der Schuldige muss eine „Geldstrafe“ an den Ehemann der „fruchtabgegangenen “ Frau zahlen. Damit war wohl „Schmerzensgeld/Schadensersatz“ gemeint?
    Jedenfalls sehen Sie an der Wortwahl „Frucht“ und „abgehen“, dass das 5. Gebot in diesem Fall nicht „greift“.
    Und damals war es üblich, Mörder hinzurichten, in diesem Fall musste nur eine Geldzahlung geleistet werden. Für mich ein weiterer Beweis, dass Abtreibungen im 5. Gebot nicht „inbegriffen“ waren.
    Angenommen, der Ehemann wollte kein (weiteres) Kind und hätte abgetrieben, dann müsste er wohl eine „Geldstrafe“ an sich selber zahlen?! Das wäre widersinnig!
    In der Bergpredigt wird k e i n Abtreibungsverbot ausgesprochen, obwohl Abtreibungen damals in dieser Gegend an der Tagesordnung waren und auch als „normal“ angesehen wurden. Somit muss angenommen werden, dass Jesus keine Einwände gegen Abtreibung hatte.
    Und dann sprechen Sie von der „Tötung eines Kindes“.- Korrektur: Ein Embryo kann weder als „Kind“ noch „Mensch“ noch „Lebewesen“ angesehen wrden, weil er ausserhalb des Uterus nicht lebensfähig ist.
    Und dann schreiben Sie, ein solches Kind könne nichts für die Umstände seiner Zeugung?!-
    Ich bin der Meinung, dass die Frage der Schuld oder Unschuld nicht die kleinste Rolle spielt, sondern nur folgendes: Die Samenzelle des Vergewaltigers ist gewaltsam, auf verbrecherische Weise in den Körper der vergewaltigten Frau gelangt. Wenn dadurch eine Schwangerschaft verursacht wird, dann ist diese Schwangerschaft „nichtig“ analog § 134 BGB, d.h., eine solche Schwangerschaft hat keinerlei Rechtskraft, darf nicht die „Rechtspflicht“ beinhalten, ausgetragen zu werden.
    Ferner gilt bei Vergewaltigung das Notwehrrecht, welches solange dauert, solange sich die Samenzelle des Vergewaltigers im Körper der Frau befindet.
    Wenn die Samenzelle sich mit einer Eizelle verschmolzen hat, dann muss die Eizelle eben zusammen mit der Samenzelle aus dem Körper entfernt werden.
    Das ist wie im Krieg: Wenn ein Land überfallen wird, ergeht an die Heimatverteidigung der kategorische Befehl, den eingedrungenen Feind wieder über die Grenze zurückzuwerfen, koste es was es wolle.
    Und noch etwas zum „unschuldigen“ Kind:
    Wenn Sie durch ein Verbrechen blind werden, können Sie z.B. nicht mehr den beruf des Zahnarztes ausüben. Dann können Sie auch nicht sagen „Ich bin unschuldig an der Erblindung!“ Ob „schuldig“ oder „unschuldig“, Sie können nicht mehr als Zahnarzt tätig sein.
    Das wars in groben,knappen Zügen.
    Aber zurück zu meiner Eingangsfrage:
    Wussten Sie die Tatsache der Sukzessivbeseelung, ja oder nein?
    Danke für Ihre Antwort

    1. Guten Tag,
      es hat keinen Sinn, auf jede Ihrer abtreibungsfixierten Aussagen und Entgleisungen einzugehen.
      Wenn Sie schon die Sukzessivbeseelung ansprechen, dann erzählen Sie uns nicht das Märchen, die kath. Kirche haben dies erfunden, vielmehr war das der Heide Aristoteles, von dem Thomas von Aquin diese Idee übernahm – aber im 1. Jahrtausend war davon kirchlich keine Rede.
      Übrigens kann ein Säugling auch nicht ohne fremde Hilfe überleben, so daß Ihr „Argument“, der Embryo sei kein Mensch, weil er ohne Uterus nicht überlebensfähig wäre, in sich zusammenfällt.
      Freundlichen Gruß!
      Felizitas Küble

  2. Gemäß § 8 Abs. 1 des Embryonenschutzgesetzes gilt die befruchtete Eizelle
    ab dem Zeitpunkt der Kernverschmelzung als menschlicher Embryo, auch im
    pränidativen, nicht eingenisteten, Stadium
    .

  3. Ich begreife das kirchliche Engagement gegen eine mögliche Frühabtreibung auch als eine Art von „Wehret den Anfängen“ im Sinne einer eventuellen Aufweichung des Tötungsverbotes überhaupt wie auch der damit einhergehenden paradigmatischen Konsequenzen in die Gesellschaft hinein. Insoweit würde ich vollumfänglich zustimmen.
    Darüberhinaus könnte ich mir aber schon vorstellen, daß erwachsene Menschen etwa im Falle einer gewalttätigen Zeugung gemeinsam einen verantwortbaren, wenn auch vielleicht schmerzlichen Weg finden, der für alle Beteiligten am besten ist,
    Das Leiden eines heranwachsenden Kindes im Gegenüber einer Mutter, die – vielleicht unterschwellig – in diesem Kind die Manifestation ihrer größten Pein sieht, dürfte doch eminent schwerer wiegen als der Wachstumsabbruch eines aus wenigen Zellen bestehenden Komplexes.
    Die betroffene Frau müßte es letzlich für sich entscheiden.

    1. Guten Tag,
      meinen Sie nicht auch, daß eine Adoption die für beide Teile bessere Lösung ist?
      Sowohl für das Kind (versteht sich am Rande) – wie auch für die betroffene Frau, weil sie nicht ihr Leben lang wegen einer Abtreibung an Schuldgefühlen nagen muß…
      Freundlichen Gruß!
      Felizitas Küble

      1. Hallo Frau Küble,
        Ihre Beharrlichkeit für den Schutz auch von Kindern, die noch nicht geboren sind, ehrt Sie.
        Betone noch einmal, daß ich bei meiner Argumentation verantwortungsbewußte Erwachsene voraussetze, die sich der Bedeutung der Sache bewußt sind. Davon ausgehend gebe ich zu bedenken, daß eine “ Abtreibung“ auch anders begriffen werden kann. Der Körper eines Kindes wächst bis zu einem gewissen Maß von der Natur vorgegeben heran, einfach durch die notwendige Zufuhr von Lebensmitteln. Daß daraus aber eine menschliche Person werden kann, bedarf es der Zuwendung einer mütterlichen Person. Aus dem Geist der Liebe, aus Gott heraus entsteht die menschliche Person. Wenn durch die besagte fatale Situation nun aber diese innerliche Zuwendung der Mutter zu ihrem heranwachsenden Baby nicht möglich ist?
        Es gab im Mittelalter diesen unsäglichen Menschenversuchs irgendeines Kaisers Friedrich, der zwei Vergleichsgruppen von Neugeborenen heranwachsen ließ. Die eine Gruppe wurde so versorgt, wie es eine Mutter schon rein instinktiv tun würde: Mit Lebensmitteln und mit Ansprechen, Kosen, Pflegen und Streicheln.
        Bei der anderen Gruppe führte man Lebensmittel zu und besorgte die nötige Körperpflege. Das war´s. Und das war auch schon Mord, Kindermord (man könnte krank werden angesichts des vorsätzlich herbeigeführten jämmerlichen Absterbenlassens dieser kleinen Wesen, die sich nach Liebe verzerrten).
        Die Frage nach einem Wachstumsabbruch im kleinsten Stadium des Körpers stellt sich mir dann schon, wenn die notwendige Gnade zur Personwerdung von vorneherein so grundlegend unterbrochen ist?

        1. Hallo, Herr Friedrich,
          wir können nicht ins Blaue hinein spekulieren, ob Menschsein und Personsein gleichsam zwei Paar Stiefel sind. Dann wäre es ja doch der menschlichen Willkür unterworfen, wann denn nun „Personsein“ beginnen würde: Der eine sagt: ab der Nidation (Einnistung des befruchteten Embryo in den ersten zwei Wochen), der nächste meint: ab dem Beginn angeblicher „Gefühle“, der dritte: ab dem Erkennen klarer Körperformen, der vierte: ab dem dritten Monat usw….
          Wir kommen mit solchen Unklarheiten buchstäblich in Teufels Küche.
          Somit besteht der sichere Weg des Lebensschutzes eben darin, Menschsein und Personsein von vornherein gemeinsam zu denken und anzunehmen. Das ist ohnehin der christliche Standpunkt, aber es ist auch von der Vernunft her einleuchtend, daß alles andere ins Willkürliche führen würde und damit bereits das uneingeschränkte Lebensrecht aller Menschen aushöhlt.
          Übrigens spricht jener bekannte Test von Kaiser Friedrich II. tendenziell gegen die Fremdbetreuung (Kita, Krippe) von Kleinkindern – und folglich für die Betreuung des Säuglings durch die eigene Mutter (oder den Vater oder ersatzhalber zB. Großeltern, Tante etc).
          Freundlichen Gruß!
          Felizitas Küble

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