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ZDF-Moderator Peter Hahne im Gespräch mit Radio Vatikan

Die Frage nach Leiden und Ungerechtigkeit in dieser von Gott geschaffenen Welt stellt sich immer wieder neu.
Peter Hahne, evangelikaler Theologe und Spitzen-Journalist des ZDF, bietet keine Patentrezepte an, sondern christliche Lebenshilfe aus dem Glauben.

In der Neuauflage seines Bestsellers „Leid – warum lässt Gott das zu?“ geht Peter Hahne auf diese grundlegenden Fragen, die stets die Menschheit bewegten, ausführlich ein.
Hier folgt sein gestern veröffentlichtes Interview hierzu  – und zu anderen Themen –  mit Aldo Parmeggiani von Radio Vatikan:
Herr Hahne, worin besteht Ihre Hauptbotschaft, wenn Sie reden, wenn Sie schreiben, wenn Sie kommunizieren?
Eigentlich ist mein Hauptanliegen: Hoffnung machen. Hoffnung, das ist für mich so etwas wie der Sauerstoff des Lebens. Wenn die Hoffnung weg ist, dann bleibt nur Verzweiflung. Deswegen bin ich auch in meinem journalistischen Engagement gegen diese Düsternis, die oft mit dem Tremolo der Betroffenheit verbreitet wird. Wir müssen Hoffnung machen und dazu möchte ich beitragen.
In allen gesprochenen und geschriebenen Worten und Werken scheint bei Ihnen christliches Engagement deutlich durch. Haben Sie dazu eine Erklärung?
Wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über. Das ist ja den Aposteln nach Jesus Christus auch so ergangen. Das Herz war voll, sie mussten es weiter sagen. 

Foto: KOMM-MIT-Verlag

„Für mich ist der Glaube das Maß meines Denkens und Lebens“

Für mich ist der Glaube das Maß und Mittel meines Denkens und meiner Existenz. Nicht irgend so eine Randstelle, der Glaube gehört auch in die Mitte meines Alltags. Weil ich selbst auch so gute Erfahrung gemacht habe mit dem Glauben, mit dem Gebet, auch mit anderen Christen zusammen. Deswegen ist es mir wichtig, das auch offen zu sagen, denn Religion ist eben keine Privatsache, sondern gehört in die Öffentlichkeit.
Und woran messen Sie selbst den offensichtlichen Erfolg Ihrer journalistischen Tätigkeit? 
Das ist immer schwierig, so etwas von selbst zu sagen. Ich kriege ja viel Resonanz auch gerade von jungen Leuten. Und die sagen: Hahne steht für Klartext, der hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berge, der redet deutlich und verständlich. Ich möchte mit der Sprache von heute für Leute von heute diese alte Botschaft des Evangeliums weitergeben. Auch journalistisch: keine Floskeln, keine Fremdworte, die Menschen müssen es ja begreifen.
Auf der anderen Seite erlebe ich ja eine große Sehnsucht nach Werten. Die Menschen möchten Orientierung haben. Und dazu möchte ich helfen.
Medien besitzen auch eine soziologische Funktion. Je komplexer die Themen sind, desto mehr bedarf die breite Öffentlichkeit offener Klarstellungen, sie bedarf jener Menschen wie Sie, die den Informationsfluss in eine Form gießen können: wo erkennen Sie die Chancen, wo sehen Sie die Gefahren in unserer heutigen Medienvielfalt?
Also, die Chancen der Medien muss man mit allen Mitteln nutzen: es gibt das Radio, es gibt das Fernsehen, aber es gibt auch die neuen Medien, Facebook, Twitter, alles was mit Computern und Internet zu tun hat. Der Apostel Paulus – davon bin ich überzeugt – hätte diese Medien heute auch alle benutzt. Denn er hat die Medien, die es damals gab, alle benutzt. 
Aber dahinter steht immer: Welche Menschen machen diese Medien, welche Menschen haben die Macht über die Medien, welches Weltbild, welches Menschenbild steht dahinter….
Und da sind wir schon bei den Gefahren. Ich erlebe schon seit vierzig Jahren, seit ich aktiv im Journalismus mit den Medien zu tun habe, dass es heute viel schneller und viel schriller geworden ist. Also der Kampf um die schnelle Schlagzeile, wo man gar nicht mehr richtig recherchiert, sondern sofort mit der Nachricht auf den Markt geht.

„Journalisten sollen Dienstleister an der Wahrheit sein“

Und hier liegt die Verantwortung bei uns Journalisten: dass wir sauber recherchieren, das wir erst dann auf den Markt gehen, wenn wir uns der Sache sicher sind. Also Journalisten sind Dienstleister. Dienstleister für die Zuhörer und Zuschauer. Aber sie sind auch Dienstleister an der Wahrheit.
Nehmen wir uns zwei ,Gedanken am Sonntag’ von Peter Hahne als Paradebeispiel Ihrer Kommunikations-Methode vor. 1. ,Die Armutsdiskussion in Deutschland ist eine Heuchelei’ und 2. ,Mit jeder Lüge sagen wir die Wahrheit über uns selbst’.   –  Wie lautet die Quintessenz zu diesen interessanten Sendungen?
Ja, Sie haben da wirklich zwei gute Beispiele herausgesucht. Die Quintessenz heißt eigentlich, bei der Wahrheit bleiben. Also nehmen wir die Armutsdiskussion in Deutschland. Die Wahrheit ist, wir müssen auch auf die anderen Länder in der Welt gucken. Da werden wir feststellen: da ist es viel, viel schlimmer! Wir jammern in Deutschland, im deutschsprachigen Raum, auf hohem Niveau.
Ich war gerade in Südtirol, das ist förmlich ein Paradies, da gibt es eigentlich nichts zu jammern…

„Mit jeder Lüge sagen wir die Wahrheit über uns selbst“

Es ist Heuchelei, wenn wir das tun! Auf der anderen Seite  –  und da sind wir jetzt bei ,Mit jeder Lüge sagen wir die Wahrheit über uns selbst’: die Lüge im Kleinen, also zwischen Menschen, Ehepartnern, Kindern, Eltern.
Jede Lüge sagt ja etwas über unseren Charakter. Deswegen glaube ich, dass wir auch für die kleinen Dinge die Wahrheit brauchen, denn in der Tat: mit jeder Lüge sagen wir ja die Wahrheit über uns, über unseren Charakter. Und dagegen möchte ich angehen und die Augen öffnen.
Einen ganz besonders überzeugenden Einblick in Ihre Arbeit und Denken bietet die erst vor wenigen Tagen erschienene Neuauflage Ihres Buches: ,Leid – Warum lässt Gott das zu?’.   –  Wo war Gott in Fukushima in Japan, wo war Gott, als ein Bus in der Schweiz voll fröhlicher Kinder ungebremst gegen eine Tunnelwand raste, wo war Gott, als ein 12-jähriges Mädchen missbraucht und grausam getötet wurde?  –  Ja und die Frage aller Fragen: wo war Gott in Auschwitz? 
Ich liefere da keine Patentrezepte, keine Paradeantworten auf diese Fragen. Die gibt es auch nicht. Mir ist es wichtig, Menschen zu zeigen, die mit Ihrem Leid fertig geworden sind, indem sie an Gott festgehalten haben. Auschwitz zum Beispiel: an der Auschwitzwand hatte jemand geschrieben: ,Wo ist Gott?’  – Da hat jemand dazu geschrieben: ,Hier’.
Also Gott ist im Leid nicht fern von uns, er ist uns nah. Meine These ist, gerade im Leid müssen wir an Gott festhalten, sonst sind wir die Ärmsten unter der Sonne.
Als der bedeutende Philosoph Robert Spaemann vom ,Spiegel’ einmal herausfordernd gefragt wurde, wo Gott denn in Auschwitz gewesen sei, antwortete er mit knappen zwei Worten: ,Am Kreuz!‘ Wie reagieren Sie intellektuell, philosophisch und theologisch auf diese eindrucksvolle, plakative Antwort Spaemanns?

„Das Geheimnis im Kreuz ist Gott in Jesus Christus“

Robert Spaemann gehört  –  wie Papst Benedikt XVI.  –  für mich zu den größten Denkern unserer Zeit. Er hat es als großer Philosoph auf den Kern, auf den Punkt gebracht: Das Geheimnis im Kreuz ist Gott in Jesus Christus.
Das heißt doch, alles, was wir als Menschen an Leid erfahren und ertragen müssen, hat Gott schon längst auf sich genommen in Jesus Christus! Und Jesus Christus ist auferstanden, er lebt und deswegen kann ich auch Leid durchleben. Durch die Kraft dessen, der am Kreuz gestorben ist für das Leid der Welt. Spaemann bringt es so klar auf den Punkt. Ich kann nur sagen, ich selber erlebe es so und ich kenne viele Menschen die sagen: ohne das Kreuz, ohne Jesus Christus wären wir arm dran.
Statt der Anklage ,Wie kann Gott das zulassen’, müsste die Frage also eigentlich richtiger lauten: wie kann der Mensch das zulassen?
Ja, mich regt es einfach auf, dass wir alles, was wir an Leid und an Katastrophen erfahren, Gott in die Schuhe schieben. Als hätte Gott diese Welt unvollkommen geschaffen. Gott hat diese Welt vollkommen geschaffen. Man kann das doch sehen, wenn wir die Natur anschauen, diese Schönheit. Und wer zerstört das Ganze? Es ist doch nicht ein selbstzerstörender Gott, sondern es ist der Mensch.
Nehmen wir die große Katastrophe in Japan, die Sie erwähnt haben, als Beispiel: die Kernkraftwerke dort sind auf eine Erdbebenspalte gebaut worden. Jeder Geologiestudent hätte schon im ersten Semester gewusst, dass man das nicht darf! Die Japaner haben es gemacht, die Konsequenzen müssen sie ertragen. Das können wir Gott nicht in die Schuhe schieben.
Nehmen wir die Lawinenunglücke: wir werden in diesem Winter bestimmt wieder davon hören. Schrecklich. Die Menschen haben die Welt zu Skipisten gemacht, die die Natur verändert haben. Das ist die Konsequenz. Die Titanic ist von Menschen gebaut worden.
Und Mord, Missbrauch, Misshandlung von Kindern, das können wir doch nicht Gott in die Schuhe schieben. Das ist der Mensch, der Mensch, der einen freien Willen hat für das Gute und das Böse. Und deshalb mein Appell: dass wir selber als Menschen innehalten und uns fragen, was können wir dafür tun, dass es weniger selbstverschuldetes Leid in der Welt gibt.
Darf man sich, Herr Hahne, auch einmal fragen: Erklärt der Ungläubige, der Agnostiker, der Atheist die Welt vielleicht besser, als der Gläubige? Hat der Atheismus manchmal bessere Antworten auf Katastrophen-Ereignisse parat, als der Gläubige?
Also, da kann ich aus meiner Erfahrung nur sagen: der Atheismus ist längst bankrott. Der Atheismus hat auf keine der zentralen Menschheitsfragen: ,woher komme ich, wozu bin ich da, was ist das Ziel meines Lebens?’ eine Antwort.
Ich möchte es einmal umdrehen: für mich ist interessant, wie Atheisten, auch intellektuelle Atheisten, zum Schluss ihres Lebens mit ihrem Atheismus fertig geworden sind.

Heidegger: „Nur ein Gott kann uns noch retten!“

Der Existenzphilosoph Martin Heidegger, meinte: ,Philosophie ohne Gott ist das, was wir brauchen’.  – Zum Ende seines Lebens sagt er: ,Nur ein Gott kann uns noch retten’.
Am 11. September 2001, anlässlich der schrecklichen Terrorkatastrophe, sagte Jürgen Habermas, ein Neo-Marxist der Frankfurter Schule: ,Wir brauchen Glauben, Theologie und Religion, das ist die wichtigste Ressource, die wir in unserer Gesellschaft haben.´
Er hat dann mit Papst Benedikt, damals noch Kardinal Ratzinger, diskutiert und gesagt: ,Die christliche Gemeinde hat Kräfte, ohne die unsere Gesellschaft nicht leben kann’.
Also das Eingeständnis von Atheisten, dass es ohne den Glauben nicht geht, ist ja schon das größte Dokument, auf das man zu dieser Frage verweisen kann. Ich brauche das nicht zu beurteilen, sie tun es schon selbst. Ein Leben ohne Gott ist im Endeffekt ein Bankrott.
Wollen wir unser Gespräch über die quälende Frage: ,Warum lässt Gott so viel Leid zu?’ mit dem anderen Fragewort ,Wozu’ lässt Gott das zu, ersetzen und damit beenden?
„Ja, ich glaube, das quälende Wort ,Warum’ führt zu überhaupt nichts. Das macht einen nur lebensmüde.
Aber die Frage ,wozu lässt Gott Leiden zu? möchte ich an einem ganz praktischen Beispiel erklären: da sagt einer, der im KZ gesessen hat, im Dritten Reich in Deutschland, als er rauskam: ,Eigentlich war es gut, dass ich dies erlebt habe. Als Atheist bin ich hinein gekommen, als Christ bin ich wieder heraus gekommen.“
Oder ein Bergmann, der im Ruhrgebiet im Bergwerk ein Bein verloren hatte, sagt plötzlich, nachdem er zum christlichen Glauben gefunden hatte: ,Lieber auf einen Bein in den Himmel, als auf zwei Beinen in die Hölle’.
Das zeigt, dass Gott mit dem Leid auch etwas Pädagogisches, Erzieherisches vorhat, das besagt: ,Mensch besinne dich auf deinen Glauben, auf deine Grundlagen, auf deine Hoffnungen.’  – Die Gegenwart Gottes im Leid, das ist der Trost, den wir finden können.“
Quelle: Radio Vatikan – siehe hier: http://de.radiovaticana.va/articolo.asp?c=639438

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