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Von Elmar Lübbers-Paal

Am ersten Weihnachtstag jährte sich der Geburtstags des Dichters Angelus Silesius, zum 400. Mal. Seine Werke gelten auch heute noch zur Weltliteratur.
Schauen wir also auf einen wirklich einmaligen Menschen, der seine Zeit maßgeblich beeinflusst hat und der als „schlesischer Engel“
(entsprechend seinem Künstlernamen Angelius Silesius) in die Geschichte einging.

Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geboren
und nicht in dir, du bleibst noch ewiglich verloren.

Diese Kernbotschaft des christlichen Glaubens (nicht nur zur Weihnachtszeit) verfasste im 17. Jahrhundert der zur katholischen Kirche konvertierte Arzt, Lyriker, Kirchenlied-Dichter und schlesische Priester Angelus Silesius alias Johann Scheffler.

„Deutschlands großer christlicher Dichter, Mahner zu gottinniger Frömmigkeit“ heißt es auf einer Inschrift in der Stiftskirche von Breslau, die an den großen Poeten des Barockzeitalters erinnert. Er hat ein bewegtes Leben hinter sich, als er mit knapp 53 Jahren, am 9. Juli 1677, im Kreuzherrenstift St. Martin zu Breslau sein letztes „Amen“ spricht.

Doch zunächst der Reihe nach: Am 25. Dezember 1624 wird dem streng protestantisch lebenden und wohlhabenden Edellandmann Stanislaus Scheffler und seiner Gattin Maria im niederschlesischen Breslau ein Junge geboren, der den Namen Johann erhält. Eine bildungsorientierte Erziehung wird dem Jungen zuteil. In seiner Jugendzeit erlebt Johann hautnah den erbitterten Streit zwischen Katholiken und Protestanten.

Ach Fauler, reg dich doch, wie bleibst du immer liegen.
Fürwahr der Himmel wird Dir nicht ins Maul reinfliegen.

Gerade in Anbetracht des damals tobenden 30-jährigen Krieges legt der Vater größten Wert auf eine tiefgreifende lutherische Erziehung. Die religiösen Inhalte werden jedoch als trockene Wissensvermittlung herübergebracht. Alle barocke Gefühlsinningkeit und die christliche Mystik in ihrer mannigfachen Vielfalt werden als katholischer Unsinn abgetan.

Johann ist 13 Jahre alt geworden, als plötzlich sein Vater stirbt. Nur etwa zwei Jahre später holt der Tod auch seine Mutter ins Jenseits. Nun meint es ein Vormund gut mit dem strebsamen Jungen, denn er schickt ihn auf das angesagte Elisabeth-Gymnasium im heimischen Breslau. Hier verfasst der Junge, angeregt vom Barockdichter Christoph Köler, seine ersten Dichtungen.

Wie Vater und Großvater, so will auch er Medizin studieren und zieht hierfür zunächst nach Straßburg und 1644 ins holländische Leiden. Hier bekommt er Kontakt zu christlichen Mystiker-Kreisen und lernt die Schriften des Görlitzer Schusters Jakob Böhme kennen und schätzen.

Für die Beendigung seiner Studien zieht er 1647 nach Padua, eine der gefragtesten Universitäten jener Zeit. Den Doktortitel erhält er dort für Medizin und Philosophie. In Italien nimmt Johann Scheffler die Schönheit der katholischen Liturgie und die ausgeschmückten Feiern des Kirchenjahres wahr. Dies berührt sein Innerstes.

Dennoch zieht es ihn wieder zurück in seine schlesische Heimat, zumal er dort, trotz seines jungen Alters von 25 Jahren zum Leibarzt des in Oels bei Breslau residierenden Herzogs Sylvius Nimrod von Württemberg ernannt wird.

Am Hofe dieses lutherischen Fürsten arbeitet auch der protestantische Hofprediger Christoph Freitag, mit dem Scheffler immer wieder kontroverse Disputationen führt. Ein gewisser Ausgleich zu diesen Konfessionsstreitigkeiten ist der Kontakt zu dem Böhme-Schüler Abraham von Franckenberg.  In Scheffler führt diese Betrachtungsweise der Welt und des Göttlichen zu poetischen Dichtungen.

BILD: Der Dom von Breslau in Niederschlesien

Es entsteht in nur vier Tagen, was heute noch zur Weltliteratur gehört: seine Barocklyrik „Cherubinischer Wandersmann“, wobei es sich um Sinn- und Schlussreime handelt.

Er selbst nennt als seine Vorbilder neben dem evangelischen Jakob Böhme den Meister Eckhart, Mechthild von Magdeburg, Johannes vom Kreuz.

Zwei Themen beschäftigen ihn in seinen Werken durchgängig: Das Verhältnis zwischen GOTT und Mensch bzw. umgekehrt und die irdische Zeit im Vergleich zur Ewigkeit. 

Rein wie das Gold, stark wie ein Felsenstein,
ganz lauter wie Kristall soll dein Gemüte sein.

Es dauert nicht lange, da zensiert der protestantische Hofpfarrer einzelne Textzeilen, später verbietet er den ganzen Druck. Danach lässt sich Scheffler am 12.6.1653 in der St. Matthias-Kirche in die katholische Kirche aufnehmen und sogar Theologie studieren, bevor er am 29.5.1661 mit nunmehr 36 Jahren in Neiße zum Priester geweiht wird.

Seit seiner katholischen Zeit benutzt er für seine Veröffentlichungen nur noch den Namen Angelus Silesius („Engel Schlesiens“). Die Gründe seines Übertritts benennt er in einer apologetischen Streitschrift, wobei er die katholische Kirche als „Leib des Heiligen Geistes“ verteidigt.

Es kann in Ewigkeit kein Ton so lieblich sein,
als wenn des Menschen Herz mit GOTT stimmt überein.

In seine Schaffenszeit fallen viele Kirchenlied-Dichtungen, die zum Teil heute noch gesungen werden, und das nicht nur von Katholiken: „Mir nach spricht CHRISTUS, unser Held“, „Dich, König, loben wir“, „Ich will dich lieben, meine Stärke“ und „Morgenstern der finstren Nacht“.

Die Anbetung Christi auch in der Eucharistie ist ihm ein Herzensanliegen. So nutzt er seine guten Beziehungen zum Wiener Hof, um in Breslau die seit 1525 verbotene Fronleichnamsprozession wieder zu beleben.

Er selbst nutzt verschiedene Wallfahrten für die Erquickung seiner Seele und empfiehlt sie auch anderen.

Sein Vermögen aus dem Erbe seiner Eltern spendet er großzügig an die Bedürftigen, bevor er sich 47-jährig aus dem öffentlichen Leben zurückzieht. Im letzten Lebensjahr quälen ihn einige Krankheiten. Angelus Silesius nimmt seine Leiden in Gebet und Gottvertrauen an.

 

Kommentare

2 Antworten

  1. Die letzten Worte meiner Großmutter beim Sterben waren eine Liedzeile eben von Angelus Sileius: „Wer nicht gekämpft, trägt auch die Kron des ewgen Lebens nicht davon.“ Ich war damals Kind und habe dies erst viel später erfahren, weil mein Großvater diese Worte in den Anhang seiner Hausbibel eingetragen hat. Ich habe sie 1991 in Ostpreußen wiedergefunden, und zwar in der Bleiverglasung über dem Eingang der Kirche von Heydekrug (heute Silute/Litauen). Sie haben die ganze Sowjetzeit wie durch ein Wunder überstanden. Hier schloss sich für mich ein Kreis.

  2. Danke für diesen Text. Ich erfahre hierdurch mehr über einen, den ich bislang nur dem Namen nach kannte und bin angetan von der ganzen Schilderung, also von diesem Menschen. – Erstaunlich !

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