Von Felizitas Küble
Auch der FAZ-Autor scheint sich stellenweise die Augen zu reiben. Er schreibt zunächst durchaus zutreffend u.a.:
„Über viele Jahre hatten der Vatikan sowie die Päpste Johannes Paul II., Benedikt XVI. und schließlich Franziskus die Marienerscheinungen in Medjugorje mit Skepsis betrachtet und Pilgerfahrten dorthin lange mit einem Verbot belegt. Mehrere päpstliche Kommissionen und apostolische Visitationen kamen zu unterschiedlichen, jedoch überwiegend negativen Einsichten zur Glaubwürdigkeit der Erscheinungen.“
Freilich habe sich Medjugorje dennoch zu einem „Magneten“ für Millionen Pilger aus aller Welt entwickelt.
Nun hat solch ein gewaltiger, jahrzehntelang anhaltender Wallfahrtsstrom durchaus auch einen finanziellen Aspekt, wie Rüb klarsichtig andeutet: „Offenbar war der Wallfahrtsort mit seiner signifikanten Bedeutung für die Volkswirtschaft der kargen Gegend „too big to fail“ geworden, als dass ihn der Vatikan länger hätte mit einer Art Bann belegen können.“
Keine klare Entscheidung zu den „Botschaften“
„Mit dem Nihil obstat für Medjugorje nimmt der Vatikan (noch) keine Stellung, ob es sich bei den Marienerscheinungen dort tatsächlich um „übernatürliche Phänomene“ gehandelt habe, dies wird aber auch nicht ausgeschlossen.
Bei den berühmten Marienwallfahrtsorten Lourdes in Frankreich, wo Maria erstmals 1858 erschien, oder Fátima in Portugal, wo die Erscheinungen 1917 stattfanden und fast augenblicklich von der Kirche anerkannt wurden, sind diese dagegen ausdrücklich mit dem päpstlichen Gütesiegel des „constat de supernaturalitate“ (Bestätigung übernatürlicher Phänomene) versehen.“
Zum Stellenwert „anerkannter“ Privatoffenbarungen
Die FAZ-Erläuterung ist weder ganz falsch noch ganz richtig ausgedrückt. Folgendes sollten die Gläubigen dazu wissen:
1. Lourdes und Fatima und weitere Wallfahrtsorte sind „approbiert“ worden, wobei der in Deutschland gebräuchliche Ausdruck „anerkannt“ keine genaue Übersetzung des kirchenlateinischen Begriffs darstellt, denn „Approbation“ bedeutet keineswegs die lehramtliche Bestätigung einer „übernatürlichen Herkunft“, sondern beinhaltet lediglich: Genehmigung, Billigung, Erlaubnis.
2. Wie bereits Papst Benedikt XVI. mehrfach erklärte, auch in seiner Erläuterung zum 3. Geheimnis von Fatima im Jahre 2000, bedeutet eine kirchliche Billigung nicht mehr und nicht weniger, als daß es den Katholiken „gestattet“ ist, an jene Phänomene zu glauben – oder eben auch nicht. (Wenn sie es nicht tun, sind sie also „genauso katholisch“ wie die anderen.)
Man „darf“ den betreffenden Botschaften seine „Zustimmung schenken“, sollte dies aber – so die vatikanischen Einschränkungen diesbezüglich – in einer „vernünftigen“ (!) Weise tun – das heißt: ohne jeden Fanatismus bzw. Schwärmerei, damit nicht der Eindruck entsteht, als sei die betreffende Privatoffenbarung quasi das „fünfte Evangelium“.
Axiom: Die Offenbarung Gottes ist abgeschlossen
3. Für die Beurteilung von Erscheinungen, Visionen und ähnlichen Phänomenen ist in der Kirche nicht das Lehramt, sondern das Hirtenamt zuständig, wie z.B. der Dogmatiker Prof. Dr. Joseph Schumacher detailliert erläutert hat. Das bedeutet:
Wie bereits der katholische Weltkatechismus erläutert, gehören auch die wenigen gebilligten Privatoffenbarungen – also Lourdes, Fatima, Guadalupe usw. – nicht zum „Glaubensgut“ der Kirche; sie sind somit kein amtlicher Bestandteil der Verkündigung.
Warum nicht?
Weil es ein hierfür entscheidendes Axiom (Denkvoraussetzung) gibt, gleichsam die Grundlage zahlreicher Einzel-Dogmen, wonach die Offenbarung Gottes mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen ist. Man kann auch formulieren: Mit dem Ende der apostolischen Zeit (ca. 1. Jahrhundert n. Chr.)
Das ist ein entscheidender Lehrsatz, den die Katholiken zu glauben verpflichtet sind. – Im Unterschied zur göttlichen, öffentlichen Offenbarung sind also kirchlich genehmigte Privatoffenbarungen für die Gläubigen nicht verbindlich (an die nicht-gebilligten „Botschaften“ sollen die Katholiken ohnehin nicht glauben).
Somit geht es also bei einem Urteil über diese oder jene Erscheinung nicht um einen Akt des kirchlichen Lehramtes, da ja ohnehin kein „Glaubensgut“ betroffen ist, sondern um eine Entscheidung des Hirtenamtes, was bedeutet:
Katholische Amtsträger sind als die Hirten ihrer „Herde“ verpflichtet, das Kirchenvolk vor religiösem Schaden zu bewahren, also auch vor irrgeistigen Botschaften, abergläubischen Phänomenen usw.
Das Lehramt verbürgt sich nicht für ein „Gütesiegel“
4. Für die Approbation einer Privatofffenbarung ist zunächst der jeweilige Ortsbischof zuständig, der ja der zuständige „Oberhirte“ seines Bistums ist. Die jeweiligen Bischöfe, welche erst Lourdes, dann Fatima „anerkannt“ haben, bestätigten damals keineswegs lehramtlich die „Übernatürlichkeit“ jener Marienerscheinungen, sondern erklärten in ihrem Dekret, es sei den Gläubigen „gestattet“ (!), zur Erscheinungsmadonna zu pilgern und an ihre Botschaften zu glauben.
Wenn der FAZ-Korrespondent nun vom kirchlichen „Gütesiegel“ eines „constat de supernaturalitate“ (Bestätigung übernatürlicher Phänomene)“ schreibt, so ist zu beachten, daß es sich in den seltenen Fällen einer solch eindeutigen Zustimmung um eine sozusagen bloß rationale Aussage handelt (also um ein positives Urteil, das nach menschlichem Ermessen gefällt wurde).
Die Kirche stellt nicht nur kein Dogma auf, kein unfehlbares Urteil, sie steht nicht einmal mit ihrer lehramtlichen Autorität hinter der Entscheidung, die sozusagen auf Vernunftsgründen, auf rationalen Abwägungen beruht, die in der Regel von einer kirchlichen Untersuchungskommission erstellt worden sind.
Unsere Autorin Felizitas Küble leitet beruflich den KOMM-MIT-Verlag und ehrenamtlich das Christoferuswerk in Münster, das dieses CHRISTLICHE FORUM betreibt
9 Antworten
Ihre Unterscheidungen sind wohl gemeint. Aber sollten diese tatsächlich kirchlich katechetischen Status besitzen, so ist hier noch einiges im Argen und für die Zukunft zu verbessern. Liest man z.B. die Konklusionen der vatikanischen Medjugorje Stellungnahme so findet sich im „Nihil Oberst“ kein wesentlicher Unterschied zu der von Ihnen geschilderten „Approbation“. Euphemistisch ausgedrückt könnte man sagen, die kirchliche Lehre über Privatoffenbarungen und vermeintliche Privatoffenbarungen hat Verbesserungspotential. Und man darf diese theologische Lücke nicht allein dem Leiter der Glaubenskongragation verantwortlich zuschreiben.
Das Geheimnis wundertätigen Wassers wird gelüftet.
Eine Forschergruppe aus Mailand hat die Energie des Wassers aus Orten untersucht, an denen die Muttergottes erschienen ist. Dabei hat sie erstaunliche Entdeckungen gemacht. Kann sich die Wissenschaft mit dem Glauben verbinden? Kann die Wissenschaft in die Spiritualität einmünden und die Spiritualität der Wissenschaft neue Impulse geben? Diese Verbindung könnte utopisch erscheinen.
https://kath-zdw.ch/maria/wallfahrtsorte.wundertaetiges.wasser.html
Wurden Lourdes und Fatima denn tatsächlich „fast augenblicklich“ anerkannt?
Und solange die Erscheinungen in Medjugorje weiter andauern, ist ein solches doch eh unmöglich.
Weiß nicht, ob ich das Ende der Erscheinungen noch erleben werde.
Guten Tag,
in Fatima dauerte es 13 Jahre lang (Dekret von 1930), in Lourdes etliche Jahre.
Die Kirche kann Erscheinungen, solange sie andauern, tatsächlich nicht anerkennen, weil sie ja dann das dicke Ende nicht kennt und ein „blaues Wunder“ erleben könnte.
Sie kann aber sehr wohl ablehnen, während sie andauern, ist mehrmals geschehen, z.B. in Heroldsbach oder Amsterdam.
Freundlichen Gruß
Felizitas Küble
Sagt der Vatikan etwas zu Sievernich ?
Guten Tag,
der Vatikan äußert sich normalerweise nur zu Erscheinungen, die großes und überregionales Aufsehen erregen usw., ansonsten ist der Ortsbischof zuständig, der Sievernich nicht anerkannt hat.
Im übrigen haben wir x-kritische Artikel zu Sievernich veröffentlicht.
Freundlichen Gruß
Felizitas Küble
Es ist immer wieder dasselbe: Der Vatikan „arrangiert“ sich mit den „Gegebenheiten“! Ob bei Schwester Faustina – Johannes Paul II. – oder jetzt bei Medjugorje – die „Geistlichen Früchte“ und der wirtschaftliche Aspekt sind so „erdrückend“, daß man dem „Volkswillen“ nachgibt (natürlich verklausuliert …). – Aus den gleichen – verwerflichen! – Gründen hat man in Großbritannien die Beatles geadelt:
Wer – wie auch immer – Bedeutung/Weltruhm erlangt hat, wird gewürdigt – egal, ob man damit Aberglauben oder Subkultur fördert! (Sehr vieles von dem, was
unter „marianisch“ firmiert, ist schlichtweg – frommer – Aberglaube! Und die „Heiligsprechung“ in der britischen Monarchie hat auch lange Tradition: „Sir Francis Drake“ – ein erfolgreicher Seeräuber! Und „Sir Arthur Harris“ – ein bestialischer Kriegsverbrecher!).
Wenn „geistliche Früchte“ auf Schwindel beruhen – und dieser Schwindel eines Tages herauskommt – sind sie kontraproduktiv! Die vielen so „Bekehrten“ werden an gar nichts mehr glauben. –
Meine Empfehlung: Christen (und alle redlichen Menschen) sollten ihren Glauben auf Christus gründen: auf seinen Worten, auf seinem Beispiel, auf seinem Leben und seinem Tod – und auf n i c h t s anderem, und auf n i e m a n d anderem!
dem ist nichts hinzuzufügen.
Der Heilige Geist als Geist Gottes und „Geist der Weisheit und Offenbarung“ im NT ist aber weiterhin wirksam mit seinen Gnadengaben und Charismen.