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Von Felizitas Küble

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschien am 19. September 2024 ein Artikel mit dem Titel „Wie Medjugorje gegen den Willen des Vatikans zum Wallfahrtsort wurde“. Autor des Online-Beitrags ist Matthias Rüb, der FAZ-Korrespondent aus Rom.
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Das von Papst Franziskus unter­zeichnete Dokument „Die Königin des Friedens“, das Glaubenspräfekt Fernandez vorigen Donnerstag veröffentlichte, erteilte Medjugorje ein sogenanntes Nihil obstat („es steht dem nichts entgegen“).
Allerdings  bezieht sich die Unbedenklichkeits-Erklärung ausdrücklich nicht auf die angeblichen Marienerscheinungen, auch nicht auf eine mutmaßliche Glaubwürdigkeit der Seherschar, sondern allein auf die Frömmigkeit der Pilger bzw. die „geistlichen Früchte“ der Gebetsstätte.
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Diese vatikanische Schaukelpolitik wirkt auf viele Gläubige, die derartige diplomatische Ränkespiele nicht durchschauen (können), höchst verwirrend, denn sie fragen sich: Ist das Phänomen Medjugorje damit nun kirchlich „anerkannt“ oder nicht?

Auch der FAZ-Autor scheint sich stellenweise die Augen zu reiben. Er schreibt zunächst durchaus zutreffend u.a.:

„Über viele Jahre hatten der Vatikan sowie die Päpste Johannes Paul II., Benedikt XVI. und schließlich Franziskus die Marienerscheinungen in Medjugorje mit Skepsis betrachtet und Pilgerfahrten dorthin lange mit einem Verbot belegt. Mehrere päpstliche Kommissionen und aposto­lische Visitationen kamen zu unterschiedlichen, jedoch überwiegend negativen Einsichten zur Glaubwürdigkeit der Erscheinungen.“

Freilich habe sich Medjugorje dennoch zu einem „Magneten“ für Millionen Pilger aus aller Welt entwickelt.

Nun hat solch ein gewaltiger, jahrzehntelang anhaltender Wallfahrtsstrom durchaus auch einen finanziellen Aspekt, wie Rüb klarsichtig andeutet: „Offenbar war der Wallfahrtsort mit seiner signifikanten Bedeutung für die Volkswirtschaft der kargen Gegend „too big to fail“ geworden, als dass ihn der Vatikan länger hätte mit einer Art Bann belegen können.“

Weiter heißt es im FAZ-Artikel, mit der römischen Erklärung werde die „Marienverehrung in dem Ort als authen­tisch anerkannt“, also gewürdigt, zugleich gelte aber:
„Berichte verschiedener Seher aus den vergangenen 43 Jahren werden aber differenziert ­bewertet und teils deutlich kritisiert, weil sie widersprüchlich seien und eher den persönlichen Interessen der mutmaßlichen Seher oder anderer Menschen gedient hätten statt der Verbreitung einer Offenbarung.“

Keine klare Entscheidung zu den „Botschaften“

Es bleibt das Geheimnis des Vatikan, dürfte aber mit taktischen Erwägungen verbunden sein, warum er angesichts dieser kritischen Sachlage, die er selber nicht nur einräumt, sondern teils sogar im Detail begründet, kein klares Urteil abgibt und die „Erscheinungen“ kurzerhand für „nicht übernatürlich“ erklärt. Denn wenn ein Teil der Botschaften zum Stirnrunzeln führt, dann gerät doch das gesamte Erscheinungsphänomen in ein bedenkliches Licht.
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Oder soll die himmlische Madonna etwa teils richtige, teils falsche, teils widersprüchliche oder (ver)wunderliche Aussagen tätigen? – Es müssen keineswegs alle Äußerungen irrtümlich sein, um eine Ablehnung hervorzurufen, zumal der Irrtum sich auch sonst nicht selten im Gewande einiger „Richtigkeiten“ verbirgt, sonst würde ja keiner darauf abfahren.
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Schließlich schreibt der Verfasser in der FAZ weiter dazu:

„Mit dem Nihil obstat für Medjugorje nimmt der Vatikan (noch) keine Stellung, ob es sich bei den Marienerscheinungen dort tatsächlich um „übernatürliche Phänomene“ gehandelt habe, dies wird aber auch nicht ausgeschlossen.

Bei den berühmten Marienwallfahrtsorten Lourdes in Frankreich, wo Maria erstmals 1858 erschien, oder Fátima in Portugal, wo die Erscheinungen 1917 stattfanden und fast augenblicklich von der Kirche anerkannt wurden, sind diese dagegen ausdrücklich mit dem päpstlichen Gütesiegel des „constat de supernaturalitate“ (Bestätigung übernatürlicher Phänomene) versehen.“

Zum Stellenwert „anerkannter“ Privatoffenbarungen

Die FAZ-Erläuterung ist weder ganz falsch noch ganz richtig ausgedrückt. Folgendes sollten die Gläubigen dazu wissen:

1. Lourdes und Fatima und weitere Wallfahrtsorte sind „approbiert“ worden, wobei der in Deutschland gebräuchliche Ausdruck „anerkannt“ keine genaue Übersetzung des kirchenlateinischen Begriffs darstellt, denn „Approbation“ bedeutet keineswegs die  lehramtliche Bestätigung einer „übernatürlichen Herkunft“, sondern beinhaltet lediglich: Genehmigung, Billigung, Erlaubnis.

2. Wie bereits Papst Benedikt XVI. mehrfach erklärte, auch in seiner Erläuterung zum 3. Geheimnis von Fatima im Jahre 2000, bedeutet eine kirchliche Billigung nicht mehr und nicht weniger, als daß es den Katholiken „gestattet“ ist, an jene Phänomene zu glauben – oder eben auch nicht. (Wenn sie es nicht tun, sind sie also „genauso katholisch“ wie die anderen.)

Man „darf“ den betreffenden Botschaften seine „Zustimmung schenken“, sollte dies aber  – so die vatikanischen Einschränkungen diesbezüglich – in einer „vernünftigen“ (!) Weise tun – das heißt: ohne jeden Fanatismus bzw. Schwärmerei, damit nicht der Eindruck entsteht, als sei die betreffende Privatoffenbarung quasi das „fünfte Evangelium“.

Axiom: Die Offenbarung Gottes ist abgeschlossen

3. Für die Beurteilung von Erscheinungen, Visionen und ähnlichen Phänomenen ist in der Kirche nicht das Lehramt, sondern das Hirtenamt zuständig, wie z.B. der Dogmatiker Prof. Dr. Joseph Schumacher detailliert erläutert hat. Das bedeutet:

Wie bereits der katholische Weltkatechismus erläutert, gehören auch die wenigen gebilligten Privatoffenbarungen  – also Lourdes, Fatima, Guadalupe usw.  –   nicht zum „Glaubensgut“ der Kirche; sie sind somit kein amtlicher Bestandteil der Verkündigung.

Warum nicht? 

Weil es ein hierfür entscheidendes Axiom (Denkvoraussetzung) gibt, gleichsam die Grundlage zahlreicher Einzel-Dogmen, wonach die Offenbarung Gottes mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen ist. Man kann auch formulieren: Mit dem Ende der apostolischen Zeit (ca. 1. Jahrhundert n. Chr.)

Das ist ein entscheidender Lehrsatz, den die Katholiken zu glauben verpflichtet sind.  – Im Unterschied zur göttlichen, öffentlichen Offenbarung sind also kirchlich genehmigte Privatoffenbarungen für die Gläubigen nicht verbindlich (an die nicht-gebilligten „Botschaften“ sollen die Katholiken ohnehin nicht glauben).

Somit geht es also bei einem Urteil über diese oder jene Erscheinung nicht um einen Akt des kirchlichen Lehramtes, da ja ohnehin kein „Glaubensgut“ betroffen ist, sondern um eine Entscheidung des Hirtenamtes, was bedeutet:

Katholische Amtsträger sind als die Hirten ihrer „Herde“ verpflichtet, das Kirchenvolk vor religiösem Schaden zu bewahren, also auch vor irrgeistigen Botschaften, abergläubischen Phänomenen usw.

Das Lehramt verbürgt sich nicht für ein „Gütesiegel“

4. Für die Approbation einer Privatofffenbarung ist zunächst der jeweilige Ortsbischof zuständig, der ja der zuständige „Oberhirte“ seines Bistums ist. Die jeweiligen Bischöfe, welche erst Lourdes, dann Fatima „anerkannt“ haben, bestätigten damals keineswegs lehramtlich die „Übernatürlichkeit“ jener Marienerscheinungen, sondern erklärten in ihrem Dekret, es sei den Gläubigen „gestattet“ (!), zur Erscheinungsmadonna zu pilgern und an ihre Botschaften zu glauben.

Wenn der FAZ-Korrespondent nun vom kirchlichen „Gütesiegel“ eines „constat de supernaturalitate“ (Bestätigung übernatürlicher Phänomene)schreibt, so ist zu beachten, daß es sich in den seltenen Fällen einer solch eindeutigen Zustimmung um eine sozusagen bloß rationale Aussage handelt (also um ein positives Urteil, das nach menschlichem Ermessen gefällt wurde).

Die Kirche stellt nicht nur kein Dogma auf, kein unfehlbares Urteil, sie steht nicht einmal mit ihrer lehramtlichen Autorität hinter der Entscheidung, die sozusagen auf Vernunftsgründen, auf rationalen Abwägungen beruht, die in der Regel von einer kirchlichen Untersuchungskommission erstellt worden sind.

Unsere Autorin Felizitas Küble leitet beruflich den KOMM-MIT-Verlag und ehrenamtlich das Christoferuswerk in Münster, das dieses CHRISTLICHE FORUM betreibt

Kommentare

9 Antworten

  1. Ihre Unterscheidungen sind wohl gemeint. Aber sollten diese tatsächlich kirchlich katechetischen Status besitzen, so ist hier noch einiges im Argen und für die Zukunft zu verbessern. Liest man z.B. die Konklusionen der vatikanischen Medjugorje Stellungnahme so findet sich im „Nihil Oberst“ kein wesentlicher Unterschied zu der von Ihnen geschilderten „Approbation“. Euphemistisch ausgedrückt könnte man sagen, die kirchliche Lehre über Privatoffenbarungen und vermeintliche Privatoffenbarungen hat Verbesserungspotential. Und man darf diese theologische Lücke nicht allein dem Leiter der Glaubenskongragation verantwortlich zuschreiben.

  2. Das Geheimnis wundertätigen Wassers wird gelüftet.

    Eine Forschergruppe aus Mailand hat die Energie des Wassers aus Orten untersucht, an denen die Muttergottes erschienen ist. Dabei hat sie erstaunliche Entdeckungen gemacht. Kann sich die Wissenschaft mit dem Glauben verbinden? Kann die Wissenschaft in die Spiritualität einmünden und die Spiritualität der Wissenschaft neue Impulse geben? Diese Verbindung könnte utopisch erscheinen.

    https://kath-zdw.ch/maria/wallfahrtsorte.wundertaetiges.wasser.html

  3. Wurden Lourdes und Fatima denn tatsächlich „fast augenblicklich“ anerkannt?
    Und solange die Erscheinungen in Medjugorje weiter andauern, ist ein solches doch eh unmöglich.
    Weiß nicht, ob ich das Ende der Erscheinungen noch erleben werde.

    1. Guten Tag,
      in Fatima dauerte es 13 Jahre lang (Dekret von 1930), in Lourdes etliche Jahre.
      Die Kirche kann Erscheinungen, solange sie andauern, tatsächlich nicht anerkennen, weil sie ja dann das dicke Ende nicht kennt und ein „blaues Wunder“ erleben könnte.
      Sie kann aber sehr wohl ablehnen, während sie andauern, ist mehrmals geschehen, z.B. in Heroldsbach oder Amsterdam.
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

    1. Guten Tag,
      der Vatikan äußert sich normalerweise nur zu Erscheinungen, die großes und überregionales Aufsehen erregen usw., ansonsten ist der Ortsbischof zuständig, der Sievernich nicht anerkannt hat.
      Im übrigen haben wir x-kritische Artikel zu Sievernich veröffentlicht.
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

  4. Es ist immer wieder dasselbe: Der Vatikan „arrangiert“ sich mit den „Gegebenheiten“! Ob bei Schwester Faustina – Johannes Paul II. – oder jetzt bei Medjugorje – die „Geistlichen Früchte“ und der wirtschaftliche Aspekt sind so „erdrückend“, daß man dem „Volkswillen“ nachgibt (natürlich verklausuliert …). – Aus den gleichen – verwerflichen! – Gründen hat man in Großbritannien die Beatles geadelt:
    Wer – wie auch immer – Bedeutung/Weltruhm erlangt hat, wird gewürdigt – egal, ob man damit Aberglauben oder Subkultur fördert! (Sehr vieles von dem, was
    unter „marianisch“ firmiert, ist schlichtweg – frommer – Aberglaube! Und die „Heiligsprechung“ in der britischen Monarchie hat auch lange Tradition: „Sir Francis Drake“ – ein erfolgreicher Seeräuber! Und „Sir Arthur Harris“ – ein bestialischer Kriegsverbrecher!).
    Wenn „geistliche Früchte“ auf Schwindel beruhen – und dieser Schwindel eines Tages herauskommt – sind sie kontraproduktiv! Die vielen so „Bekehrten“ werden an gar nichts mehr glauben. –
    Meine Empfehlung: Christen (und alle redlichen Menschen) sollten ihren Glauben auf Christus gründen: auf seinen Worten, auf seinem Beispiel, auf seinem Leben und seinem Tod – und auf n i c h t s anderem, und auf n i e m a n d anderem!

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