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ADVENT-Hirtenbrief von Erzbischof Stephan Burger (Freiburg) im vollen Wortlaut

„Christus in cordibus: Christus in den Herzen“

Liebe Schwestern, liebe Brüder!

Seit dem 29. Juni dieses Jahres bin ich nun Ihr Erzbischof. Die vergangenen Wochen der Einarbeitung waren geprägt von vielen Gesprächen und zahlreichen Begegnungen. Sehr viele Menschen haben mich dabei in meinem bischöflichen Dienst ermutigt. 0018

Zugleich darf ich mich vom Gebet unzähliger Menschen getragen wissen. Das baut auf und tut gut. Dafür ganz herzlichen Dank.

Das Gebet füreinander und miteinander ist unentbehrlich. Es ist die entscheidende Kraftquelle unseres christlichen Lebens. Im Gebet nehmen wir uns bewusst Zeit für Gott und geben Christus Raum in unserem Herzen.

Wenn wir nun in den kommenden Jahren gemeinsam eine Wegstrecke gehen, richtet sich unser Blick nach vorne auf das, was uns in den Seelsorgeeinheiten mit ihren Gemeinden umtreibt, was uns in den Dekanaten, in der Diözese und auch in der Weltkirche bewegt und beschäftigt. 2_atk2926-170x115

Hier steht für viele die Sorge um die Zukunft unseres kirchlichen Lebens vor Ort im Vordergrund, die Frage nach der Weitergabe unseres christlichen Glaubens  –  auch an Menschen, die der Kirche fern oder sogar kritisch gegenüber stehen.

So manche Briefe und Mails, die mich erreichen, sowie verschiedene Gespräche haben gerade auch diese Fragen zum Inhalt.

Diese Anliegen nehme ich sehr ernst. Sie liegen mir selbst sehr am Herzen. Viele Jahre habe ich als Pfarrer diese Entwicklungen hautnah miterlebt und weiß, wie sehr sich gerade die Kirche vor Ort in einem grundlegenden Wandel befindet.

Dabei ist auch klar: Vieles, was bisher gut und sinnvoll war, können wir nicht mehr leisten. Auch angesichts der hohen Zahl an Kirchenaustritten dürfen wir nicht die Augen vor der Realität verschließen.
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Christus ruft zur Wachsamkeit auf

Vielmehr sind wir gefordert, uns neu zu vergewissern, was uns als Christen auszeichnet und kennzeichnet. Die beginnende Adventszeit kann uns dafür entscheidende Impulse geben.

Jesus ruft uns eindringlich auf, wachsam und achtsam zu sein. Für wen? Für ihn selbst; für sein Kommen; für das Wirken Gottes mitten in unserem Alltag.

Es ist mir ein Anliegen, dass wir bei all unserem Tun stets den im Blick behalten, dessen Namen wir tragen: Jesus Christus. Ohne ihn wird unser Leben hohl. Christen sind Christusträger.

Unsere vorrangige Aufgabe als Kirche ist es nicht, bloße Strukturen zu reflektieren, kirchliche Verwaltung zu organisieren oder eine Wirtschaftlichkeit von Kirche zu garantieren. All diese Aspekte sind wichtig und gehören auch zur Kirche.

Den Glauben leben und bezeugen

In erster Linie sind wir jedoch gefordert, den uns geschenkten Glauben zu leben und zu bezeugen. Diesen Gott in unsere Welt zu tragen, „der denen Gutes tut, die auf ihn hoffen“, wie es in der Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja heißt. Das bedeutet zu allererst, die persönliche Beziehung zu Jesus Christus lebendig zu halten. 
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Unsere persönliche Christus-Beziehung ist der Dreh- und Angelpunkt aller anderen Tätigkeit. Auf diesem Hintergrund verstehe ich auch mein bischöfliches Leitwort: Christus in cordibus – Christus in den Herzen.

Mit unserer Taufe wurde uns Christus in unser eigenes Herz hineingelegt, in jeder hl. Kommunion empfangen wir den, der uns von Herzen liebt, der sein eigenes Herz für uns am Kreuz hat öffnen lassen.

ER nimmt in unserem Herzen Wohnung, so wie wir in seinem Herzen Eingang gefunden haben und in seinem Herzen wohnen dürfen.

Je mehr wir aus dieser inneren Christus-Verbundenheit leben, desto mehr wird unser Leben und Handeln auf andere ausstrahlen. Unser Christsein endet nicht nach dem Gottesdienst, sondern beginnt in neuer Weise an der Kirchentür: Wenn wir hinausgehen in unsere Familien, an den Arbeitsplatz oder in den Freundeskreis.

Überall dort will Gottes Liebe durch uns aufstrahlen. Das hat ganz konkrete Auswirkungen auf unser Miteinander in den Räten, Gruppen und Kreisen. Durch den Glauben an Jesus Christus wird der Mitmensch zur Schwester, zum Bruder.

Durch Jesus Christus empfange ich die Kraft, slider3-640x360
dass ich liebe, wo man hasst,
dass ich verzeihe, wo man beleidigt, dass ich verbinde,
wo Streit ist, dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung
quält, dass ich Licht anzünde, wo die Finsternis
regiert, dass ich Hoffnung bringe, wo der Kummer wohnt.

Zeugnis dafür, dass Christus in den Herzen Aufnahme gefunden hat, zeigen etwa auch viele von Ihnen, die sich für die Flüchtlinge einsetzen, die derzeit in unserem Land um Aufnahme bitten und die auf unsere Hilfe angewiesen sind. Für diese Zeichen Ihrer Solidarität und für Hilfe jeglicher Art sage ich Ihnen mein herzliches Vergelt’s Gott.

Wo immer es uns gelingt, dass unser Miteinander menschlicher, gerechter und friedlicher wird, kann Jesus Christus mit und durch uns sein Wirken in dieser Welt fortsetzen. Dort wird seine Erlösungstat sichtbar und erfahrbar.

Erlösung: ER will uns lösen und frei machen

Erlösung, das ist kein Wort fürs Museum, sondern ein Wort, das in unseren Alltag übersetzt werden will: Gott will uns erlösen. Er will uns lösen und frei machen von allem, was uns abhängig werden lässt, was unser Leben einengt und kleinkariert macht. Marienstatt-DSC_0111-3

Entscheidend ist, dass wir uns allein an der göttlichen Liebe orientieren.

Liebe Schwestern, liebe Brüder, in diesen Tagen des Advent sind wir durch das Evangelium neu aufgerufen, wachsam zu sein für die Spuren Gottes in unserem Alltag, sensibel zu werden für das Wirken Jesus Christi in unserem Leben und Zusammenleben.

Es gilt zu erkennen, wo mir Jesus Christus begegnet. So öffnen wir unsere Herzen für ihn. Das bedeutet es konkret, wenn wir singen: „Macht weit die Pforten in der Welt“ oder „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“.

Es ist die Tür unseres Herzens, das Tor zu unserem Leben. Mit Christus in unseren Herzen gehen wir voller Zuversicht den Weg in die Zukunft. Es ist sein Weg mit uns.

Diesen Weg der Christusnachfolge möchte ich mit Ihnen ganz bewusst gehen und nach Kräften versuchen, mit Ihnen Christ und für Sie ein guter Bischof zu sein  –  um es in Anlehnung an ein Wort des hl. Augustinus zu umschreiben.

Dass Sie so Christus in Ihrem Herzen tragen und zu anderen tragen können, dazu segne Sie der dreifaltige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.

Freiburg im Breisgau, den 29. November 2014
Ihr Erzbischof Stephan Burger

Quelle: Amtsblatt des Erzbistums Freiburg vom 21. November 2014

Kommentare

2 Antworten

  1. Ich empfinde den Begriff Flüchtling als eine Anpassung an die politische Korrektness.
    Bis auf wenige Prozente sind alle bei uns an hereinströmende Ausländer Wirtschafts-
    flüchtlinge und zu 90!!! Prozent Muslime. Warum hat der Bischof nicht auf die um ihres
    Glaubens verfolgten Christen des Nahen Ostens hingewiesen, die einst als erste das
    Evangelium annahmen und nun nach zweitausend Jahren in weiten Gebieten vertrieben
    und getötet sind? Kann man guten Gewissens von Schwestern und Brüdern im Gottes-
    dienst reden, wenn d i e s e Geschwister bei den aktuellen Verhältnissen im Hirtenbrief
    keiner Erwähnung wert sind? Christliche Solidarität stelle ich mir anders vor!

    1. Der Hirtenbrief meines neuen Erzbischofs empfinde ich als Mut-machend, weil Stephan Burger Themen anschneidet, die ich von früheren Hirtenbriefen nicht mehr gewohnt war.
      Er spricht von Christus-Nachfolge, von Erlösung, vom Zeugnis in unserem Alltag geben, von der persönlichen Beziehung zu Jesus Christus.
      Erzbischof Stephan Burger erwähnte nur kurz das Wort „Strukturen“, die zwar auch wichtig, aber nicht das Hauptsächliche sind.
      „Dialog“ war das Lieblingswort von Robert Zollitsch, so hatte ich in den letzten Jahren den Eindruck.
      Dass der neue Erzbischof nur von „Flüchtlingen“ sprach, ist sicher eine Verkürzung.
      Denn die, die es schaffen, hierher zu kommen, haben wahrscheinlich nicht zu den Ärmsten ihres Landes gehört, sonst hätten sie den Betrag an die Schlepper gar nicht aufbringen können.
      Und ausserdem ist zu vermuten, dass mit der großen Zahl von „Flüchtlingen“, die ja Moslems sind, zukünftig auch entsprechende Probleme entstehen werden.
      Auch ein Wort zur brutalen Christenverfolgung wäre nicht verkehrt gewesen.

      Ich vermute, dass es Erzbischof Stephan Burger´s Anliegen war, sich in seinem ersten Hirtenbrief zuerst einmal ganz persönlich an die Gläubigen der Diözese Freiburg zu wenden.

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