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Enttäuschungen können Depressionen und Angst bei Krebskranken verstärken

Krebserkrankungen treffen nicht nur die einzelnen Patienten – auch nahestehende Personen, Familienangehörige, Freunde und Bekannte sind von der Erkrankung mitbetroffen. Diese Menschen sind für die Erkrankten meist sehr wichtig, da sie sie unterstützen und ihnen Rückhalt geben.

Allerdings kann dieser Personenkreis für die Tumorpatienten auch enttäuschend reagieren. Ob und wie unterstützende und enttäuschende Reaktionen Nahestehender mit Angst und Depression bei Langzeitüberlebenden einer Hautkrebserkrankung zusammenhängen, das hat die Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz untersucht.

Die Studie ergab, dass positive Erfahrungen bei weitem im Vordergrund standen. Enttäuschungen im sozialen Umfeld waren seltener. Wenn sie auftraten, wogen sie allerdings schwerwiegender als die positiven Erfahrungen.

Die renommierte britische Fachzeitschrift  „BMC Public Health“ hat die Studienergebnisse nun in ihrer aktuellen Ausgabe veröffentlicht.

Wenn Menschen Fürsorge und Zuwendung durch ihr soziales Umfeld erfahren und sich von ihren Mitmenschen geschätzt und geliebt fühlen, dann werden sie sozial unterstützt, was maßgeblich zur seelischen und körperlichen Gesundheit beiträgt.

Noch wenig erforscht ist, inwiefern sich Verhaltensweisen Nahestehender auf die seelische Gesundheit der Erkrankten auswirken, wenn diese das Verhalten als ablehnend oder gar kränkend empfinden.

„Gerade im Falle einer schwerwiegenden Erkrankung sind wir besonders auf gute Unterstützung angewiesen. Wir haben daher schon in mehreren Studien untersucht, inwiefern das Wohlbefinden von Krebspatienten von sozialer Unterstützung abhängt. Bisher fehlen jedoch Studien, die problematische Reaktionen anderer und deren Zusammenhang zu Depressionen und Angst bei Tumorerkrankten untersuchen“, betont Univ.-Prof. Dr. Manfred E. Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin der Universitätsmedizin Mainz und Senior-Autor der Studie.

Die hier vorgestellte Studie „Determinants of illness-specific social support and its relation to distress in long-term melanoma survivors“ ist Teil eines von der Deutschen Krebshilfe geförderten Forschungsprojekts zu den psychosozialen Langzeitfolgen eines Malignen Melanoms. Zu ihrer Durchführung werteten die Mainzer Wissenschaftler zusammen mit dem Krebsregister in Rheinland-Pfalz Befragungen von  Langzeitüberlebenden aus, die sechs bis neun Jahre nach Diagnose einer Hautkrebserkrankung durchgeführt wurden. Die 689 Befragten waren zwischen 28 und 93 Jahre alt. 83 Prozent von ihnen lebten in einer Partnerschaft. 

Die Melanom-Überlebenden berichteten vorwiegend von positiver Unterstützung durch ihr jeweiliges soziales Umfeld. Wichtig war ihnen, dass jemand da ist, wenn sie es benötigen, ihnen jemand zuhört, das Gefühl gibt, bedeutsam zu sein sowie wesentliche Entscheidungen mit ihnen bespricht. Ablehnende oder verständnislose Reaktionen wurden im Vergleich dazu weit seltener berichtet.

Das Ausmaß der erlebten sozialen Unterstützung hing von folgenden Faktoren ab:
Teilnehmer, die in einer Partnerschaft lebten, aktiv Unterstützung suchten und eine optimistische Lebenshaltung hatten, berichteten häufiger über gute Unterstützung. 

Getrennt Lebenden und Geschiedenen fehlte es hingegen häufiger an positiver Unterstützung. Negative soziale Erfahrungen – so eine Feststellung der Wissenschaftler – gingen in vielen Fällen mit der Neigung zu Selbstvorwürfen, einer resignativen Haltung, Pessimismus sowie Müdigkeit und Motivationslosigkeit einher. Das größte Maß an Depression und Angst war bei den Melanom-Überlebenden anzutreffen, die kränkende Reaktionen anderer erfuhren und gleichzeitig nur wenig positive Unterstützung erhielten.

„Auch wenn positive Unterstützung eine sehr wichtige Rolle spielt, kann dies Enttäuschungen nicht völlig wettmachen“, so Professor Beutel.

Studienleiterin Dr. Sabine Fischbeck, ebenfalls Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, resümiert:

„Manchmal entsteht auch ein Teufelskreis aus Enttäuschung über ausbleibende Hilfen und Rückzug. Dieser macht es beiden Seiten schwer, aufeinander zuzugehen. Es reicht daher nicht aus, Krebskranke zu ermutigen, positive soziale Unterstützung zu suchen. Es ist auch wichtig, Erfahrungen von Enttäuschung und Zurückweisung offen anzusprechen. Dies kann Betroffenen helfen, ihre Bedürfnisse klarer zu formulieren oder sich in enttäuschenden Situationen zu behaupten. In künftigen Studien wollen wir daher den Zusammenhang zwischen persönlichem Umgang mit Belastungen und sozialer Unterstützung auch im Längsschnitt untersuchen.“

Weitere Infos zur Publikation: Fischbeck S, Weyer-Elberich V2, Zeissig SR3, Imruck BH4, Blettner M2, Binder H2,5, Beutel ME4. Determinants of illness-specific social support and its relation to distress in long-term melanoma survivors. BMC Public Health. 2018, 18:511. doi: 10.1186/s12889-018-5401-1.

Fischbeck S, Imruck BH, Blettner M, Weyer V, Binder H, Zeissig SR, Emrich K, Friedrich-Mai P, Beutel ME (2015). Psychosocial Care Needs of Melanoma Survivors: Are They Being Met? PLOS ONE. Aug 21. doi: 10.1371/journal.pone.0132754. PMID: 26296089.  –  Förderung: Deutsche Krebshilfe (Fördernummer 109225)

Kontakt: Fragen zum Projekt:
Tel. 06131 / 17 7381, Fax 06131 / 17 5563, E-Mail: sekretariate-pt@unimedizin-mainz.de
Univ.-Prof. Dr. Manfred Beutel,
Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz,
Tel. 06131 / 17 3540, Fax 06131 / 17 6688, E-Mail: manfred.beutel@unimedizin-mainz.de

Quelle: Pressemeldung der Universitätsmedizin Mainz

Gemälde: Evita Gründler

Kommentare

Eine Antwort

  1. Wieder ein guter und interessanter Beitrag.
    Ich hoffe, dass auch die medizinischen Beiträge viele lesen, auch wenn sie nichts dazu schreiben.
    Dass Wissenschaftler in Mainz, von denen im Forum schön öfters berichtet wurde (erst vor kurzem auch zum Darmkrebs) so gut in der Forschung sind, wusste ich nicht.

    Bekannt ist hier vor allem: Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

    Dass die medizinische Forschung nie stehen bleibt, sollte jedem klar sein.
    Ein paar Beispiele machen es deutlich: Die hohe Kindersterblichkeit früher im Vergleich zu heute.
    Auch Frauen sind im Wochenbett, wie es damals hieß, öfters gestorben.

    Viele Kinder auch im späteren Alter und Erwachsene starben an der schweren Krankheit Lugenentzündung. Die Lungen müssen für richtiges Atmen völlig frei sein von
    jeder Entzündung.
    Erst seit es Antibiotika gibt, die bei dieser Erkrankung nicht nur sinnvoll sondern lebenswichtig sind, überleben die Patienten. Bei noch viel mehr schweren Krankheiten,
    Meningitis z. B., braucht man andere Antibiotika.
    Deshalb sollte man sie sonst nicht leichtfertig wegen jeder Erkältung nehmen.

    Ein weiterer großer Fortschritt sind die Bypässe in der Kardiologie. In langer Forschungsarbeit wurden sie entwickelt.
    Eine komplizierte OP ist notwendig, aber danach können die Herzpatienten noch lange weiterleben.
    —————

    Im nächsten Beitrag über Medizin (Frau Küble informiert uns öfters) schreibe ich über drei bedeutende deutsche Wissenschaftler, die den Nobelpreis erhielten für ihre gute
    medizinische Forschungsarbeit.
    Besonders Stefan Walter Hell (Direktor vom Max-Planck-Institut in Göttingen) ist für die schwere Krankheit Demenz wichtig! Über seine gute Arbeit habe ich einiges gelesen.
    2014 bekam er zurecht die höchste Auszeichnung, den Nobelpreis.

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