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Von Kardinal Gerhard Müller

Für die Vision einer synodalen Kirche beruft man sich gern auf die Abschlussformel der sieben Brief in der Apokalypse: „Hören, was der HERR den Gemeinden sagt“ (Offb 2, 7.11.17.29; 3, 6.13.22). Es handelt sich jedoch um die Aufforderung, Jesus Christus treu zu bleiben, „der derselbe ist gestern, heute und in Ewigkeit“ (Hebr 13,8).

Die Christen sollen sich unter keinen Umständen „von mancherlei fremden Lehren irreführen lassen“ (Hebr 13,9).

Niemals können sie über die Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus hinausgehen in Richtung einer „modernistischen oder progressistischen“ Kirche, die angeblich die Aufklärung nachholen muss, aber dabei doch nur ihrem Naturalismus (ohne den Gott der Offenbarung) verfällt und sich als Zivilreligion dem absoluten Staat (im Sinne von Hobbes, Hegel und Marx) würdelos andient.

Oft wird das II. Vatikanum in einer neognostisch-antikatholischen Hermeneutik missdeutet als Start in die Neue Ära einer Kirche, die mit woke-atheistischen Anthropologien kompatibel ist und die wie einst die französischen Salon-Abbés sich elegant des Kreuzes Christi entledigt.

Auf Erden kein „Reich des Heiligen Geistes“ möglich

Geschichtstheologisch kommt aber nach dem Reich des Vaters und des Sohnes keineswegs ein innerweltliches Reich des Heiligen Geistes im Sinne des Joachim von Fiore oder Hegels.

Das inkarnatorische Christentum kann nicht überwunden werden durch ein montanistisches oder enthustiastisches (schwärmerisches) Geistchristentum ohne Dogma, Sakrament und apostolisches Lehramt.

Wir können auch nicht nach dem Vorbild der alten Gnostiker die katholische Kirche dadurch in ein höheres Stadium ihrer geschichtlichen Existenz überführen und diesen Verrat mit dem schönen Etikett von einer synodalen Kirche verschleiern.

Die Katholizität der Kirche ist eines ihrer wesentlichen Attribute, die wir als Wahrheiten der Offenbarung bekennen.

Der Heilige Geist lenkt und bereichert die Kirche

Die Synodalität meint lediglich in Analogie zur Kollegialität der Bischöfe bei den Ökumenischen und regionalen Konzilien ein Instrument und eine Methode der Koordination und Kooperation von Laien, Religiosen und Klerikern in ihrer je eigenen Teilhabe am Hirten-, Lehr- und Priesteramt Christi, des Hauptes der Kirche.

Denn der Heilige Geist „bereitet und lenkt die Kirche durch die verschiedenen hierarchischen und charismatischen Gaben und schmückt sie mit seinen Früchten.“ (Lumen gentium 4)

Nicht wir geben der Kirche durch eine organisatorische Reform ihrer Strukturen eine Zukunft. Es ist vielmehr des Geist des Vaters und des Sohnes, der „durch die Kraft des Evangeliums die Kirche allezeit sich verjüngen lässt, um sie zur vollkommenen Vereinigung mit ihrem Bräutigam zu geleiten“. (Lumen gentium 4).

Doch ebenso wie die Quadratur des Kreises den Prinzipien der Geometrie widerspricht, so ist auch in der katholischen Ekklesiologie eine Kombination des protestantischen Konzepts der Synodalität, das auf der Negation des von Christus der Kirche eingestifteten sakramentalen Ordo und der bischöflichen Verfassung der Kirche göttlichen Rechtes beruht, mit dem katholischen Begriff von Synode und Synodalität prinzipiell zum Scheitern verurteilt.

Anglikanismus als Mittelweg ist gescheitert

John Henry Newman hat in seiner Schrift „ An Essay on Development of Christian Doctrine“ (1845) im Blick auf die Kirche der Väter bewiesen, dass der Anglikanismus als Mittelweg (via media) zwischen protestantischer und katholischer Auffassung gescheitert ist und keine Option für den katholischen Ökumenismus darstellt.

Das II. Vatikanum weist in Lumen gentium 10 einen anderen Weg. Die Einheit im Wirken und die Verschiedenheit im Auftrag von Laien aufgrund der Taufe und der Bischöfe und Priester aufgrund des Weihesakraments wurzelt in der Teilhabe am dem einen Priestertum Christi.

ER ist das Haupt des Leibes, der in seinen Gliedern von allen getauften und spezifisch als Haupt von den Bischöfen und Presbytern repräsentiert wird. Die sakramentale Verfassung der Kirche gründet in ihrer Lebenseinheit mit Christus und darf in keiner Weise mit den Verfassungen von politischen Gemeinwesen verwechselt oder vermischt werden.

Der griechische Begriff von der hierarchischen Verfassung der Kirche, die bei Pseudo-Dionysius Areopagita (De ecclesiastica hierarchia) auch die Charismen der Gläubigen einschließt, besagt in der lateinischen Kirchensprache nichts anderes als die Sakramentalität der Kirche.

Sie hat nichts mit einer soziologischen Form der Herrschaft „von oben nach unten“ zu tun, die in demokratischen Zeiten durch eine Herrschaft „von unter nach oben“ ersetzt werden könnte oder müsste.

Der Dienst am Gottesreich gilt für alle

Es wäre eine Sünde gegen den heiligen Geist der Einheit der Kirche in der geoffenbarten Wahrheit, wenn man die Träger der Gesamtsendung der Kirche im Laienapostolat, im geweihten Leben der Ordensleute und im Episkopat in einen Kampf um Macht im politischen Sinne verwickelt, anstatt zu verstehen, dass der Heilige Geist ihre symphonische Kooperation leitet, damit alle zur Einheit in Christus hinkommen.

In Wirklichkeit sollen sich alle übertreffen im Dienst am Aufbau des Reiches Gottes.

Theologische Konklusion:

Synodalität im katholischen Sinne ist also nicht das Konstrukt einer postkatholischen Kirche oder ihrer Transformation in eine wokeness-konforme NGO, sondern bezeichnet das vom Heiligen Geist geleitete Zusammenwirken aller Laien, Ordensleute, Diakone, Priester, Bischöfe unter der Leitung des Nachfolgers Petri (Lumen gentium 23), damit auf dem Antlitz der Kirche  des dreifaltigen Gottes Jesus Christus aufleuchtet als das Licht der Völker, „indem sie das Evangelium allen Geschöpfen verkündet.“ (Lumen gentium 1).

 

 

 

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