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Warum wird das "Gebet für Volk und Vaterland" hierzulande vernachlässigt?

Von Reinhard Wenner

Ist die katholische Kirche in Deutschland vertragstreu?  – Wenn es um das Gebet für Volk und Vaterland geht, wohl kaum.
Nach Artikel 30 des Reichskonkordats ist die katholische Kirche in Deutschland verpflichtet, an allen Sonn- und Feiertagen für das Wohlergehen des Deutschen Reiches und Volkes zu beten. Denn in Artikel 30 des nach wie vor gültigen Reichskonkordats ist vereinbart worden:

„An den Sonntagen und den gebotenen Feiertagen wird in den Bischofskirchen sowie in den Pfarr-, Filial- und Klosterkirchen des Deutschen Reiches im Anschluss an den Hauptgottesdienst, entsprechend den Vorschriften der kirchlichen Liturgie, ein Gebet für das Wohlergehen des Deutschen Reiches und Volkes eingelegt.“
Diese Verpflichtung hat die Deutsche Bischofskonferenz 1966 dahin gehend geändert, dass künftig solch ein Gebet nicht mehr nach dem Schlusssegen der hl. Messe zu sprechen ist, sondern dass es im Rahmen der allgemeinen Fürbitte „für die Regierenden und für das Heil der ganzen Welt“ erfolgen soll.
1984 hat die Deutschen Bischofskonferenz nach ihrer Frühjahrs-Vollversammlung eine weitere „Erklärung“ zum „Gebet für Volk und Vaterland“ veröffentlicht. Sie erinnert darin an „diese Verpflichtung und bittet alle Priester und Gemeinden, bei den Fürbitten in den Gemeindemessen aller Sonn- und Feiertage auch für unser Volk und Vaterland zu beten und zwar etwa auf folgende Weise:
„Gedenke der Bedrängnisse unsres Volkes; lenke seinen Weg inmitten aller Gefahren und schenke ihm Eintracht und Einheit, Freiheit und Frieden mit allen Völkern Europas und der ganzen Erde.“
Aber diese Erklärung ist damals nur in elf kirchlichen Amtsblättern veröffentlicht worden.

Welcher jüngere Mitfeiernde hat dieses Gebet wohl jemals in einer Eucharistiefeier bei den Fürbitten gehört? Die älteren Mitfeiernden wären zu fragen, ob sie dieses oder ein entsprechendes Fürbittgebet in den letzten 33 Jahren gehört und innerlich mitgebetet haben.
Wer hat, wenn er an einer Eucharistiefeier im Dom teilgenommen hat, Gelegenheit gehabt, zusammen mit dem Bischof dieses oder ein entsprechendes Gebet für das deutsche Volk und Vaterland zu beten? Hat der Bischof in den letzten Jahren und Jahrzehnten bei den Visitationen in der Pfarrei zusammen mit den Gläubigen dezidiert für das Wohlergehen des deutschen Volkes und Vaterlandes in den Gottesdiensten gebetet und die Priester an diese Pflicht erinnert?
Papst Franziskus hat laut „Radio Vatikan“ vom 18. September 2017 gefordert, für die Regierenden zu beten: „Denn es ist eine Sünde, für die Regierenden nicht zu beten“. Die Regierenden aber hat er aufgefordert, für die zu beten, von denen sie den Regierungsauftrag erhalten haben.
Hat sich seither in dieser Hinsicht in den deutschen Bistümern schon etwas getan? Oder wird Artikel 30 des Reichskonkordats wie seit Jahrzehnten weitgehend missachtet und – folgt man Papst Franziskus  –  also auch weiter „gesündigt“?

Der „Tag der Deutschen Einheit“ könnte und sollte Anlass sein, ab sofort mindestens wieder an jedem Sonn- und Feiertag Gott um seinen Schutz und Segen für das deutsche Volk und Vaterland zu bitten.
Im „Laudate“, dem Gebetbuch und Gesangbuch für das Bistum Münster aus dem Jahr 1955, lautet das Gebet „Für unser Volk und Vaterland“:
V(orbeter): Allmächtiger, ewiger Gott, Herr, himmlischer Vater: Wir bitten Dich voll Vertrauen:
A(lle): Beschütze unser deutsches Volk und Vaterland.
V Wehre ab alle inneren und äußeren Feinde.
A Bewahre uns vor Krieg, Seuchen und Hungersnot.
V Hilf uns im Kampfe gegen die Feinde der Kirche.
A Vernichte in unserem Volke den Geist der Zwietracht und des Haders.
V Hilf, dass alle ein Herz und eine Seele seien, dass alles erneuert werde in Christus, dem König der Welt.
A Hilf, dass sein Friedensreich komme.
V Lass uns im Streben nach leiblicher Wohlfahrt und irdischem Fortschritt nicht vergessen, zu suchen, was droben ist, damit wir einst Erben der ewigen Heimat werden, die bei Dir im Himmel ist. Durch Christus unseren Herrn.
A Amen.
V Heiliger Erzengel Michael, du Schutzpatron des deutschen Volkes,

A Bitte für uns. Amen.
Im „Gotteslob“ aus dem Jahr 2013 ist offenbar kein eigenes Gebet für unser deutsches Volk und Vaterland zu finden.

Im MESSBUCH (Kleinausgabe 1978) für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes steht auf Seite 1054 ein Gebet „FÜR HEIMAT UND VATERLAND UND DIE BÜRGERLICHE GEMEINSCHFT“. Es lautet:
„Allmächtiger Gott, du Lenker der Welt, deiner Macht ist alles unterworfen. Wir bitten dich für unsere Heimat (unsere Stadt, unser Vaterland): Gib den Männern und Frauen, die im öffentlichen Leben Verantwortung tragen, Weisheit und Tatkraft. Gib allen Bürgern die rechte Gesinnung. Lass Eintracht und Gerechtigkeit in unserem Land herrschen und schenk uns allezeit Glück und Frieden. Darum bitten wir durch Jesus Christus.“
Aber es ist kein Gebet ausdrücklich für das deutsche Volk und Vaterland, sondern ein allgemeines Gebet.
Interessant wäre es zu erfahren, mit welchen Worten die Christen in anderen Völkern für ihr Volk und Vaterland beten. Und wer erinnert sich, wenigstens das Gebet aus dem MESSBUCH von 1978 schon öfter gehört und mitgebetet zu haben?
Unser Autor Reinhard Wenner ist Mitverfasser des islamkritischen Sachbuches „Freiheit und Islam. Fakten, Fragen, Forderungen“. Das 848 Seiten starke Werk kann für 34 Euro direkt bei unserem Autor bestellt werden: reinhard.wenner@gmx.de
ERGÄNZEND zum Thema „Fürbitten für Deutschland“ siehe hier der Artikel von Pater Lothar Groppe: https://charismatismus.wordpress.com/2012/10/02/zum-tag-der-deutschen-einheit-gebet-und-furbitte-fur-unser-land/

Kommentare

6 Antworten

  1. Der heutige Gottesdienst in unserer Gemeinde ca. 3500 Seelen wurde von 30 Gläubigen besucht. Die Frage ist ungenau gestellt. Es wird nämlich generell so gut wie gar nicht mehr gebetet. Leider entfällt dann natürlich auch ein spezifisches Gebet für unser Vaterland.

  2. Die Bundesrepublik Deutschland ist als Völkerrechtssubjekt mit dem Deutschen Reich identisch; deshalb sind Staatsverträge wie das Konkordat weiter gültig. Trotzdem mißachtet die kath. Kirche Deutschlands Art. 30 Reichskonkordat von 1937 m. E. n i c h t, wenn sie nicht mehr für Reich und deutsches Volk betet:
    Das Gebet für das Deutsche Reich war im Konkordat sicher in erster Linie ein Zugeständnis an das vermeintlich tausendjährige Reich.
    Juristisch gesehen konnte das Konkordat mit „deutschem Volk“ nur die Reichsdeutschen meinen. „Reichsdeutsche“ waren jene Bürger des Deutschen Reiches, die die deutsche Staatsbürgerschaft besaßen. Somit grenzte das Konkordat schon damals aus. Hätte das Konkordat mit „Volk“ nur die „Biodeutschen“ gemeint, wäre es noch schlimmer gewesen.
    Auch heute zählen zum deutschen Staatsvolk juristisch nur jene Bürger, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. In Anbetracht dessen, dass heutzutage ein großer Teil der in Deutschland lebenden und den Gottesdienst besuchenden Menschen diese Staatsbürgerschaft nicht hat, wäre ein Gebet allein für das deutsche Staatsvolk eine Ausgrenzung, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Auch ein Gebet für „Volk und Vaterland“ kann nicht im Sinne der Kirche sein, da es doppelt ausgrenzt. Für viele ist Deutschland nicht ihr Vaterland. Somit käme nur ein Gebet für alle Bewohner Deutschlands in Frage. Aber auch das wäre weltweit wohl singulär. Die Kirche war von Anfang an universal, global. Nirgendwo gab es ein Gebet nur für die Bewohner des Römischen Imperiums.
    Nachdem unsere Regierenden unser aller Gebet am dringendsten brauchen, würde ich hier voll und ganz der Intention von Papst Franziskus folgen und dadurch dem Konkordat im Sinn der Kirche Genüge leisten.

    1. Die Bundesrepublik Deutschland soll als Völkerrechtssubjekt mit dem Deutschen Reich „identisch“ sein. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt, aber dabei zugegeben, dass das Deutsche Reich nicht „weg“ oder „untergegangen“ ist. https://www.bundestag.de/presse/hib/2015_06/-/380964
      es handelt sich dabei um eine gewaltige Sophisterei, die an allen Ecken und Enden Probleme aufwirft, z.B. beim Reichskonkordat, das in der Tat in ganz anderer Absicht erstellt wurde, als das heute vertretbar wäre – auch seitens der Kirche.
      Allerdings hat man immer und seit Jahrhunderten für Volk und Vaterland gebetet. Alle Regierenden waren in die Fürbitte ebenso eingeschlossen wie das Volk selbst (die Regierten).
      Das muss nicht an Verträgen festgemacht werden, sondern galt immer, so auch im Brevier.
      Sinnigerweise stellte das BVerfG das übrigens 2015 erst so fest. Schwieriger hätte sich das alles vor der Wiederveinigung gestaltet… Aber wenn es damals so nicht stimmte, dürfte es auch heute so nicht stimmen, denn die BRD hat sich, außer ihrer Eingliederung der DDR, nicht wesenhaft verändert – eben gerade nicht, denn um das zu tun und eine echte identität zu erzielen, hätte man nach §146 GG eine neue Verfassung Gesamtdeutschlands verhandeln müssen – hat man aber nicht…
      Nur um Neonazis keine Munition zu geben, wurde also so entschieden. sachlich ist das aber mit vielfachen Folgen in den Details so nicht haltbar – s. unsere Problematik. Kapituliert hat am 8. Mai 1945 nicht das Deutsche Reich, sondern die Wehrmacht. Das Deutsche Reich wurde besetzt und aufgeteilt, besteht aber weiter – es ist ja nie aufgelöst worden. Das hat sich bis heute nicht geändert, sondern nur auf Nebengleisen den Anschein erweckend so in die Hirne eingegraben. Das ist das Problem. Unser Status ist hinsichtlich der Souveränität immer noch nicht wirklich geklärt. Ich weiß, dass nun unsere Oberlehrer wieder ihre Advokatenwinkel zücken werden, es hilft aber alles nichts.
      Man gräbt den Neonazis nämlich am ehesten dann das Wasser ab, wenn man endlich ehrlich ist und ehrliche, klare völkerrechtlich einwandfreie Zustände wiederherstellt.

  3. Die Frage ist schnell beantwortet: wir leben in einer Ära des Unverstandes und der kollektiven Neurose.
    Solange Essen auf dem Tisch steht und jeder sexen darf, mit wem er will und in welchen Formen, und man sich masochistisch selbsthassen darf, weil es einem so eingetrichtert wurde, ist der deutsche Michel zufrieden. Ums Essen und Sexen besorgt, dreht sich das Denken der meisten Deutschen nur darum, wie er den Scherbenhaufen seines Ess- und Sexlebens kitten kann: Weightwatching, Schönheitsprobleme, Alimentezahlen, die Sehnsucht nach wahrer Liebe stillen, aber bitte ohne Ewigkeitsgarantie, die man sich doch so sehr wünscht und zugleich vehement abspricht, oder aber ein kleines bisschen Großmacht spielen, sei es in der Firma, als Familienoberhaupt oder Kirchenfunktionär – das ist die bewusste und oft sogar unbewusste Perspektive der meisten.
    Leider können einem sehr viele inzwischen geistig nicht mehr folgen, wenn man drängende Fragen besprechen will, so sehr sind sie konditioniert.
    Eine davon ist mit Sicherheit, warum man wesentliche Fürbitten aus dem Messkanon gestrichen hat.
    Aber der deutsche Kirchenmichel ist so brav und im Sinne des Papwlowschen Hundes konditioniert, dass er aufjault, sobald das Wort „Vaterland“ fällt: das hat man gefälligst zu hassen, ist doch klar. Und sich selbst hat man auch zu hassen (jenseits des Fress- und Sexnapfes). Und dann sitzt man wieder beim Psychiater und muss lernen, dass man, bevor man andere lieben kann, erst mal das Verhältnis zu sich selbst normalisieren muss…
    Aber man plappert immer nur nach, was einem gesagt wurde. ich kenne kaum noch Leute, die es wagen, eigenständuige und freie Gedanken zu äußern oder überhaupt für etwas mal einstehen. Alle reden Einheitssoße, aber keiner ist für irgendetwas am Ende verantwortlich.
    Wir sind ein neurotisches Volk, das nicht gesund werden will, sondern die Krankheit braucht, um sich wohlzufühlen. Leider ist das mein Fazit.

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