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Von Elmar Lübbers-Paal

Häufig kennt man die in Gehwege verlegten „Stolpersteine“ als Gedenksteine für verfolgte und ermordete Juden während der NS-Zeit. Doch eine Gruppe tritt nun mehr und mehr in den Fokus der Stolpersteine: verfolgte katholische Priester, Seminaristen und Laien.

Am Dienstag, dem 18. Juni 2024, werden vor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt zwei solcher Stolpersteine verlegt:

Einen erhält der Jesuitenpater Kurt Dehne, der die NS-Zeit überlebte –  und der weitere Stein erinnert an den Seminaristen Kurt Matthias von Leers, der als Märtyrer anerkannt ist.

Um 10 Uhr werden am 16. Juni zwei Stolpersteine auf dem Gelände der Hochschule St. Georgen, im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen (Offenbacher Landstraße 224) verlegt.

Der erste Stein gedenkt dabei den am 30.5.1901 in Hannover geborenen Pater Kurt Dehne SJ, der aus einer katholischen Arztfamilie stammt. Nach dem Besuch des Goethe-Gymnasiums in Hannover studierte er in Freiburg Medizin, was er jedoch rasch abbrach. Der Ruf Gottes sagte ihm etwas anderes. So studierte er an der Universität von Münster Theologie.

In den Niederlanden trat er 1924 dem Jesuitenorden bei und studierte im Ordenshaus in Valkenburg aan de Geul. Seine Priesterweihe erfolgte am 27.8.1932. Durch sein Sprachtalent kam er 1935 in das Düsseldorfer Ordenshaus, wo er ein Teil des Rednerteams wurde.

Es dauerte nicht lange, bis er aktuelle Themen bei Vorträgen behandelte. Dabei sparte er nicht mit deutlicher Kritik an der antichristlichen Kirchenpolitik der Nationalsozialisten.

1937 brachte ihm eine Rede vor über 1000 Zuhörern in Vechta mehrfache Verhaftungen und strenge Verhöre ein, die 1938 in einem Redeverbot mündeten. Die Gestapo hatte ihn fortan in ihrem Visier.

P. Dehne verbreitete die Predigten des Bischofs v. Galen

Nach dem Redeverbot ging er als Spiritual und Professor für Rhetorik und Aszetik an die Hochschule St. Georgen in Frankfurt. Ein Theologiestudent, der 1943 seine Vorlesungen besuchte, denunzierte Pater Dehne bei der Gestapo. Neben dem Vorwurf, er habe gegen das Redeverbot verstoßen, warf man ihm vor, die Predigten von Bischof Graf von Galen gegen die Euthanasiemorde vervielfältigt zu haben.  Zusätzlich habe er sich während seiner Vorlesungen gegen das Nazi-Weltbild geäußert.

Auf diese Vorwürfe hin wurde er ohne ein Gerichtsverfahren inhaftiert. Den ersten Monat blieb er noch im Frankfurter Gestapo-Gefängnis, kam dann aber in das KZ Dachau (siehe Foto), wo er mit seiner Häftlingsnummer 60796 im Pfarrerblock interniert wurde.

Er war nun einer von mehr als 2.700 Priestern aus ganz Europa, die während der NS-Zeit dort Misshandlungen ausgesetzt waren. Von diesen Geistlichen starben 1.034 während ihrer Haftzeit.

Kurz vor der Befreiung durch die Amerikaner wurden die Lagerinsassen auf einen Marsch in Richtung Alpen befohlen. Während des Marsches sorgte ein anderer Priester dafür, dass Dehne fliehen konnte.

Wieder in Hannover, sorgte Dehne für den Wiederaufbau der Hannoverschen Ordensniederlassung. Bis er 1989 in den Ruhestand ging, war er für das Bistum Hildesheim als Männerseelsorger und auch als Polizeiseelsorger in Niedersachsen tätig. Dehne starb am 2. März 1990 im ordenseigenen Alten- und Pflegeheim Haus Sentmaring in Münster.

Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof im Park des Pflegeheimes. Auf diesem Friedhof ruht auch „das Maschinengewehr Gottes“, der bekannte Straßenprediger Pater Johannes Leppich.       

Kurt von Leers widerstand den Mächtigen

Der zweite Stolperstein wird für den aus dem in den Reichsadelsstand erhobenen  Gutsbsesitzergeschlechts Leers aus dem Hause Schönfeld, Kurt Mathias von Leers, verlegt; er wurde am 22. Juli 1912 in Geudertheim geboren. Der evangelische Vater starb bereits im Ersten Weltkrieg und der Junge wuchs bei Verwandten auf dem Gut Schimm auf.

Als Heranwachsender befasste er sich schon mit der  katholischen Kirche und konvertierte am 22.8.1930 in Rostock. Sein Einsatz galt der katholischen Jugendarbeit, während sein Bruder zum nationalsozialistischen Publizisten und Juristen „aufstieg“. 

Der christkatholische Glaube war nun Kurt Mathias unerschütterliches Fundament. 1938 begann er sein Theologiestudium an der Universität Münster. Im Folgejahr wechselte er an die Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt.

Im November 1942 kam er mit Jesuitenpater Kurt Dehne und dem Alumnen Mainulf von Mallinckrodt in das Frankfurter Gestapo-Gefängnis. Man warf ihm vor, selber Jesuit zu sein und staatsfeindliche Reden gehalten zu haben.

Grausamste Folter musste er über sich ergehen lassen, da man darüber hoffte, Anklagepunkte gegen den Leiter der jesuitischen Hochschule zu erhalten. Doch von Leers blieb standhaft. Sein geschundener Körper war sehr krankheitsanfällig. Die Tuberkulose befiel ihn und schwächte ihn noch mehr.

In das KZ Dachau wurde er am 19.2.1943 verlegt. Sein Bruder, der inzwischen eine gewisse Nazi-Größe war, versuchte immerhin, Kurt Mathias aus dem Lager frei zu bekommen. Diese wäre mit einer Lossagung von der katholischen Kirche möglich gewesen.

Der glaubenstreue Seminarist lehnt ab, wohl ahnend, dass dies seinen Tod bedeuten würde. Offiziell wurde er im August 1943 aus der Haft entlassen, doch sein Gesundheitszustand war so schlecht, dass man ihn noch bis zum Oktober im Lagerlazarett behandeln musste.

Nach seiner Freilassung ließ Bischof Berning von Leers in das Sanatorium von Todtmoos bringen, wo er sich erholen sollte. Dort verschlechterte sich jedoch sein Gesundheitszustand, bis er schließlich am 3. August 1945 dort verstarb.

1999 nahm man Kurt Mathias von Leers in das von der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebene Martyrologium auf. Sein unerschrockenes und konsequentes Eintreten für den Glauben selbst Angesichts von Lebensgefahr waren der Grund für die offizielle Einstufung als Märtyrer.

Nun bekommen diese beiden Helden der NS-Zeit jeweils einen Stolperstein verlegt. Es handelt sich aber nicht nur um rückblickende Gedenksteine, sondern vielmehr um kleine Mahnmale: Möge es nie wieder zu solch einer Unterdrückung des Glaubens kommen!

Kommentare

Eine Antwort

  1. Eine Anmerkung zur Kategorie “ Stolper – Stein “ :

    > > >>> – – – Der “ Zentralrat “ und der E L E F A N T

    11.6.2024, Rainer Bonhorst

    Ok, der Zentralrat der Juden ist, wie man liest, besorgt über das starke Abschneiden der AfD bei der Europawahl.
    Das ist verständlich, aber von sehr flachem Erkenntniswert.

    https://www.achgut.com/artikel/der_zentralrat_und_der_elefant

    https://www.hfm-weimar.de/geschichte-der-juedischen-musik/musik-und-holocaust-spezialvorlesung/nationalsozialismus

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