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Ist der Zölibat wirklich die Ursache des Priestermangels?

Auch evangelischerseits fehlen seit langem Pastoren

Der Zölibat bleibt in Deutschland in und außerhalb der Kirche ein Dauerbrenner in Medien und Öffentlichkeit, zumal das Thema nicht selten  –  sachlich völlig unberechtigt  –  in die teilweise hysterisch geführte Mißbrauchsdebatte einbezogen wurde. Auch das sog. „Theologen-Memorandum forderte die Abschaffung der priesterlichen Verpflichtung zum Zölibat. 

Kirche in Augsburg

Bereits im Mai 2010 brachte Erzbischof Ludwig Schick aus Bamberg das Ende der priesterlichen Ehelosigkeit ins Gespräch; er dachte öffentlich darüber nach, den Zölibat auf Bischöfe und Generalvikare zu beschränken.

Auch CSU-Politiker Alois Glück, zugleich Vorsitzender des „Zentralkomitees der deutschen Katholiken“ (ZdK), rief die kath. Kirche zur Lockerung des Zölibats auf.

Ähnlich äußerte sich der vieldiskutierte Brief einiger prominenter Unions-Abgeordneter an die deutschen Bischöfe, der Mitte Januar 2011 im Pressewald veröffentlicht wurde.

Zahlreiche Stellungnahmen, darunter die erwähnte Erklärung zölibatskritischer Unionspolitiker,  begründen ihre Position auch mit dem sog.  „Priestermangel“ vor allem in Deutschland.

Unbeantwortet bleibt freilich die Frage, warum in anderen Kontinenten (etwa Afrika) kein Priestermangel zu beklagen ist, obwohl auch dort das kirchliche Zölibatsgesetz gilt.

Nachdenkliche Beobachter geben außerdem zu bedenken, daß es nicht nur einen „Priestermangel“ in Deutschland und Mitteleuropa gibt, sondern auch einen massiven „Gläubigenmangel“.

Priestermangel und Gläubigenmangel sind wiederum nicht zuletzt auf einen „Kindermangel“ zurückzuführen, auch bei katholischen Eheleuten. Früher gab es vor allem unter kirchentreuen Katholiken viele kinderreiche Familien, in denen „geistliche Berufungen“ besonders gut wachsen konnten. Wenn kath. Eltern aber  ein oder zwei Kinder haben, wünschen sie kaum, daß ihr Junge ein Priester oder ihre Tochter eine Ordensfrau wird.

In Wirklichkeit handelt es sich ohnehin um eine Engführung der Diskussion, wenn der Priestermangel in der kath. Kirche allein oder vorwiegend auf den Zölibat zurückgeführt wird. Würde diese Auffassung zutreffen, dann dürfte es auf evangelischer Seite kein Problem mit dem Pastoren-Nachwuchs geben.

Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Bereits vor über acht Jahren, am 20.6.2002, meldeten diverse Presseagenturen Folgendes:

„Evangelische Kirche klagt über Pastorenmangel. In ganz Deutschland ist die Zahl der evangelischen Theologiestudenten in den vergangenen Jahren dramatisch gesunken. Jetzt fürchtet die Kirche, in ein paar Jahren ihre Pastorenstellen nicht mehr besetzen zu können.“

Die gemeldeten Zahlen ließen wirklich aufhorchen: „Mitte der 80er Jahre gab es allein in den westdeutschen evangelischen Kirchen rund 14.000 Theologiestudenten. Heute sind es bundesweit in der wiedervereinigten EKD (Evangelischen Kirche in Deutschland) nur noch knapp 4000.“

Die protestantischen Nachwuchssorgen haben sich mittlerweile noch mehr verstärkt. Am 14.9.2010 ging folgende Nachricht durch die Presse:

Mangelerscheinung. In Rostock beginnt in der kommenden Woche der Deutsche Pfarrerinnen- und Pfarrertag. 400 Theologen werden erwartet. Schon im Vorfeld warnen die Organisatoren davor, dass die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer stetig sinkt  –  und genug Nachwuchs ist nicht in Sicht…1992 hätten noch 8.500 junge Menschen für das evangelische Pfarramt studiert, derzeit seien es 2.300, sagte Verbandsvorsitzender Klaus Weber vor Beginn des Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrertages.“

In den evangelischen Konfessionen (ob lutherisch, reformiert oder freikirchlich) gibt es keinen Zölibat und fast überall auch Pastorinnen. Folglich ist die weitverbreitete Behauptung offensichtlich unsinnig, mit einer Abschaffung der Zölibatsverpflichtung und einer Einführung des Frauen-Priestertums könne die katholische Kirche ihre Nachwuchssorgen lösen bzw. loswerden. 75743_14122011

Papst Benedikt XVI. stand der Realität weitaus näher als so manche Bischöfe oder sonstige „Zeitgeistliche“, als er bei einer Predigt während seines Deutschland-besuchs offenherzig über den Priestermangel sprach, aber durchaus nicht über Zölibat und Frauenweihe lamentierte.

Stattdessen flehte er den Ewigen eindringlich um Hilfe und Beistand an; zugleich erinnerte er die Gläubigen daran, sich selber ehrlich der „Berufungsfrage“ zu stellen und aufgeschlossen zu sein für einen Ruf und Anruf Gottes.

Seine eindrucksvolle Ansprache vor Priesteranwärtern und Ordensleuten am 11.9.2006 im bayerischen Altötting begann er mit den Worten: „Liebe Freunde!“

Nach einer kurzen Einführung erklärte er ohne Umschweife:

„Wir wissen, der HERR sucht Arbeiter für seine Ernte; ER hat selber gesagt: „Die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige. Bittet daher den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.“ (Mt 9, 37-38).

Wir haben uns hier versammelt, um diese Bitte zum Herrn der Ernte hinauf-zuschicken. Ja, die Ernte Gottes ist groß und wartet auf Arbeiter…Aber es fehlen Menschen, die bereit sind, sich zu Gottes Erntearbeitern zu machen. Es steht heute so wie damals, als den HERRN das Mitleid erschütterte über Menschen, die ihm wie Schafe ohne Hirten erschienen.

HERR, sieh die Not dieser unserer Stunde an, die Boten des Evangeliums braucht, Zeugen für Dich, Wegweiser zum „Leben in Fülle“! Sieh die Welt und laß Dich auch jetzt vom Mitleid erschüttern! Sieh die Welt an und schicke uns Arbeiter!

Mit dieser Bitte klopfen wir an die Türe Gottes; aber mit dieser Bitte klopft dann der HERR auch an unser eigenes Herz. HERR, willst Du mich? Ist es nicht zu groß für mich? Bin ich nicht zu klein dazu?“

Abschließend erinnerte der pilgernde Papst an den Propheten Jesaja: „Fürchte Dich nicht, ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen – so spricht Gott durch den Propheten Jesaja auch zu uns (Jes 43,1)  –  zu jedem einzelnen von uns.“

Felizitas Küble, Vorsitzende des Christoferuswerks eV

Dieser Artikel erschien auch in der Zeitschrift THEOLOGISCHES (Nr. 11-12/2011)

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