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Wie ein Schirmhersteller zum Märtyrer wurde: Vor 80 Jahren starb Martin Mayrock

Von Elmar Lübbers-Paal

Am 23. Juni 1944  – also vor 80 Jahren  – starb der Memminger Schirmhersteller Martin Mayrock den Märtyrertod. Er wird offiziell im deutschen Martyrologium, das im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz herausgegeben wird, als vorbildlicher Glaubenszeuge gewürdigt.

Wer heute durch die 400 qm große Ausstellungsfläche mit Gartenmöbeln, Markisen, Sonnenschirmen, Rollos und Plissees im Memminger Martin-Mayrock-Weg lustwandelt, kommt wohl nicht drauf, dass der Gründer der heutigen Firma Mayrock-Sonnenteam, nach dem auch die Straße benannt ist, ein Märtyrer der katholischen Kirche ist.

Im früheren Künersberg, dem heutigen Memmingen, im bayerischen Schwaben gelegen, ist Martin Mayrock am 10. Januar 1884 in äußerst bescheidenen Verhältnissen zur Welt gekommen.

Bereits als Heranwachsender hilft er, das Einkommen der Familie zu sichern. Zunächst durch die Unterstützung seines Vaters und später als Melker auf einem Bauernhof. Seinen Lebenssinn findet der junge Mann im gelebten Glauben; sei es durch die Gottesdienste der Pfarrkirche St. Johannes Baptist oder auch durch die Veranstaltungen im katholischen Vereinshaus.

Martin Mayrock vertraut ganz der Führung Gottes und bringt seine anstehenden Entscheidungen stets im Gebet vor ihm. So ist es wohl auch diese himmlische Fügung, die ihn am 3.6.1906 die 11 Jahre ältere Witwe Thekla Magg, geborene Fuchs, aus Ablach heiraten lässt.

Seine Frau schenkte 16 Kindern das Leben

Seine Frau bringt dabei bereits vier Kinder mit in die Ehe. Insgesamt erblicken durch Ehefrau Thekla 16 Kinder das Licht der Welt. Alle Kinder werden von den Eltern gleich behandelt und wertgeschätzt.

Vater Martin ist während des vier Jahre dauernden 1. Weltkriegs ein Soldat. Für seinen tapferen Einsatz erhält er mehrere Auszeichnungen. Nach Kriegsende 1918 macht er sich als Schirmmacher selbstständig.

Sein Sohn Martin junior bezeugt den Lebensinhalt seines Vaters nach dessen Tod folgendermaßen: „Seine ganze Arbeit und seine Freizeit gehörten allein seiner Familie, seiner Kirche und den katholischen Vereinen“.

Im Laufe der Jahre ist Vater Martin Vorstandsmitglied in der Christlichen Gewerkschaft, dem katholischen Arbeitervereins und dem Zentralverbands der Memminger Katholiken. Seit 1923 engagiert er sich auch in der Bayerischen Volkspartei, für die er bereits seit 1919 im Stadtrat ist.

Früh warnt er vor der NS-Ideologie

Mayrock sieht die heraufkommende Gefahr, die von den Nationalsozialisten ausgeht. Vor ihren Irrlehren warnt er unbeirrbar. Mit dem Kreisleiter der örtlichen NSDAP, dem Rechtsanwalt Wilhelm Schwarz, steht er durch seine prinzipiell ablehnenden Haltung gegnüber der NS-Ideologie in offener Konfrontation.

Es ist zugleich auch die Zeit, in der seine Bespitzelung beginnt. Den zukünftigen Machthabern ist er ein Dorn im Auge, auch wegen seiner Beliebtheit in der Bevölkerung, hat er doch den örtlichen sozialen Wohnungsbau verwirklicht. Noch heute spricht man von der sogenannten Mayrock-Siedlung. Hier konnten ärmere Memminger Familien ein Zuhause finden.

Nach der Machtergreifung 1933 werden katholische Vereine verboten und ihr Vermögen zumeist eingezogen, wogegen Mayrock Widerstand leistet. Als er am Grabe eines Kameraden nicht seine Rechte zum „Hitlergruß“ erhebt, folgt für ihn eine fast zweiwöchige „Schutzhaft“.  Auch ein Sohn wird vorübergehend festgehalten.

Vater Mayrock ist gezwungen, seinen Vorstandsposten im Militärverein abzugeben. In dieser harten Zeit, die man durchaus als eine „Reifeprüfung“ bezeichnen könnte, sind die Teilnahme an der täglichen heiligen Messe, der verinnerlichte Glaube und die große, liebevolle Familie seine Kraftquellen.

Er äußert sich in lebens-gefährlicher Weise über die neue Staatsmacht und ihre Gehilfen. So kritisiert er die Verbindung des BDM (Bund Deutscher Mädel) und einiger örtlicher Mitglieder. Obwohl darauf der Kreisleiter der NSDAP einen Strafantrag stellt, belässt es das Sondergericht München bei einer Verwarnung.

Knast im Gerichtsgefängnis Memmingen

Ein ehemaliger Schulkamerad denunziert Mayrock schließlich 1943, als dieser die Entwicklung des italienischen Faschismus auch als Vorboten für ein rasches Ende des NS-Staates zur Sprache bringt. Es folgt die Verhaftung und Unterbringung im Gerichtsgefängnis Memmingen.

Selbst hier verpfeift ihn ein Mitgefangener: Ein Kommunist sagt aus, dass Mayrock die Kapitulation Italiens mit  „Endlich ein Lichtblick“ kommentiert habe. Dem Denunzianten brachte diese Anzeige eine sofortige Freilassung, Mayrock hingegen eine Anklage beim 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts München.

„Wehrkraftzersetzung“ lautete der Anklagepunkt. Das Urteil beläuft sich am 23.3.1944 auf drei Jahre Zuchthaus abzüglich der bereits abgesessenen sieben Monaten Haft. Zur Strafverbüßung kommt Martin Mayrock in das Zuchthaus Amberg in der Oberpfalz, das auch als Außenstelle eines Lagers diente und „Behandlungen“ mit Arsen an den Inhaftierten vornahm. Auch unser Memminger Glaubensheld blieb nicht vor solchen Versuchen und Schikanen verschont.

Voller Gram stirbt seine Ehefrau Thekla am 31.5.1944.

Ein Enkel erwirkt für die Zeit der Beerdigung eine Unterbrechung der Haft. Als Mayrock auf dem Heimat-Bahnhof ankommt, wird ihm eröffnet, dass seine Frau gestorben und gleich die Beerdigung stattfinde. Seinen schwarzen Anzug hatten die Verwandten schon mit zum Bahnhof gebracht.

Durch die schikanöse „Behandlung“ während der Haft und der tod-traurigen Nachricht war Mayrock nicht in der Lage, allein zu gehen. Er, der quasi aufs Skelett abgemagert war, musste getragen und geschleppt werden.

Dr. Leybold gehen die Augen auf

Nach der Beerdigung brachte man Vater Mayrock zum Arzt Dr. Leybold, der ein glühender Nazi war. Vom Gesundheitszustand seines Patienten war er so entsetzt, dass er persönlich beim Kreisleiter einen „Haftaufschub bis zur Genesung“ durchsetzte.

Er war es auch, der die Folgen einer Arsen diagnostizierte, worüber er sehr entsetzt war, so daß die Behandlung dieses Patienten sein Weltbild zum Einsturz brachte, jedenfalls beging er kurz danach Selbstmord. Dr. Leybold fuhr mit seinem BMW zwischen Ferthofen und Mooshausen in die Iller.

Als Mayrocks Sohn Martin seinem Vater geloben wollte, nach dem Kriegsende Sorge zu tragen, dass das an ihm verübte Unrecht geahndet würde, sprach Vater Mayrock:
„Martin, laß das, man darf nicht Gleiches mit Gleichem vergelten! Glaub mir, wenn die zwei, die mich in dieses Unglück gestürzt haben, heute kämen, um mich zu besuchen, ich würde ihnen die Hand geben und alles verzeihen. Wir dürfen nicht weniger tun, als unser Herrgott am Kreuze tat“.

Durch die Sterbesakramente gestärkt starb der Schirmmacher Martin Mayrock, nur wenige Wochen nach seiner Gattin, am 23. Juni 1944 als Märtyrer der katholischen Kirche. 

 

Kommentare

2 Antworten

  1. Ein erschütterndes, aber auch Mut machendes Lebenszeugnis!!

    Auch wir Bürger von heute sollten für Objektivität und Wahrheit einstehen.

    Jesus sagt in Matth. 7,12 (NeÜ): „Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch für sie! Das ist es, was Gesetz und Propheten fordern.“

    Wir wollen, dass alle Menschenrechte und Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat an uns angewandt werden – die Menschenwürde, das Recht auf Leben, das Recht auf Freiheit, freie Meinungsäußerung und das Recht auf das Streben nach Glück. Denn diese Wahrheiten sind selbstverständlich, so heißt es in der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten.

    Natürlich sind sie aber in Wirklichkeit nicht selbstverständlich. Sie werden ständig missachtet und mit Füßen getreten. Dauernd und überall – milliardenfach.

    Alle Menschen sind doch von Gott gleich geschaffen und haben diese Rechte von Gott bekommen. Warum sehen wir das so selten?

    Offensichtlich, weil wir uns nicht wirklich nach den Worten und dem Leben desjenigen ausrichten, der die Wahrheit in Person ist. Als Christen sollten wir uns aber unbedingt darum bemühen und die Gnade und Kraft Christi dazu in Anspruch nehmen. Er ist nicht weiter als ein Gebet von einem jeden von uns entfernt.

    Dann finden wir auch den Weg zur größeren Objektivität.

    Dann öffnet sich wieder der allzu verengte Debattenraum.

    Dann können Christen wieder gemeinsam nach der Wahrheit streben, wenn sie sich wirklich in die Lage der anderen hineinversetzen, um entsprechend auf diese Weise die Zehn Gebote zu erfüllen.

    Dann können die Hundertmillionen von uns, die sich umfassend informiert haben und möglichst alle relevanten Aspekte und Perspektiven sehen, vielleicht noch Weltkrieg und Weltdiktatur verhindern.

  2. Ja, bewundernswert, der Mut dieses glaubenstreuen Memminger Unternehmers! Er bezahlte seine Unbeugsamkeit mit dem Tode.
    Und wo ist auch nur ein Ansatz dieses Mutes bei uns heute zu erkennen im Angesicht einer aufziehenden linken Diktatur?
    Wo auch schon wieder Denunziation gefordert/gefördert wird – natürlich verbraemt: „Nicht-Wegschauen“ o.ae.
    Wo Hass- und Hetzkampagnen stattfinden, die angeblich der „Erhaltung der Demokratie“ dienen.
    Wo bleibt heute der Mut , auch nur zum Beispiel die sofortige Exkommunikation der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (Imre Stetter-Karp) öffentlich zu fordern (wegen ihrer Äußerungen pro Abtreibung), und natürlich die Suspendierung Bischof Baetzings (wegen seiner fortgesetzten Zusammenarbeit mit dieser Dame, als sei nichts geschehen)?
    Wer klagt öffentlichkeitswirksam den Papst an wegen seiner Untätigkeit in dieser Hinsicht?
    (Heutige Prominente würden doch nur Prügel von den linken Medien riskieren, und vielleicht ihren guten Ruf als „seriöse“ Zeitgenossen).

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