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Von Prof. Dr. Hubert Gindert

Das, was derzeit unter dem Dach des „Katholischsein“ firmiert, erscheint als eine Kirche der grenzenlosen Vielfalt. Michael Winter bemüht sich in dem Artikel „Das ist halt (nicht) katholisch“ (Konradsblatt 4/2024, S. 4-7) den Schirm für „Katholischsein“ so weit zu öffnen, dass möglichst alle darunter Platz haben.

Nachdem sich herausgestellt hat, dass sexuelle Missbrauchsfälle in der protestantischen Kirche in vergleichbarer Zahl vorkommen und 2023 extrem hohe Austrittszahlen aus der Kirche der „Freiheit“ –  mit all den Rechten für Frauen –  feststeht, bricht das Kartenhaus der Mehrheitsfraktion des „Synodalen Weges“ in der katholischen Kirche in sich zusammen.

Nun geht es darum, alles, was im Synodalen Prozess angestrebt wurde „katholisch“ zu taufen. Das wurde auch auf einem kirchlichen Studientag in Freiburg praktiziert. Er trug den Titel „das ist halt (nicht) katholisch“.

Die eigenartige Überschrift ging angeblich auf das Wort einer Frau zurück, die auf einer vorausgegangenen Veranstaltung auf den Bericht über eine Theologin gefallen sein soll. „Offenbar ging die Person davon aus, zu wissen, was katholisch ist und was nicht mehr katholisch ist“ (Winter). Das erschien als ein Sündenfall im kirchlichen Relativismus.

Winter fragt: „Was macht das Katholische aus“? –  Statt die Frage kurz zu beantworten mit Bezug auf das Credo, die sieben Sakramenten, die Zehn Gebote und dem Vaterunser zählt er die „vielen Formen und Traditionen (auf), in denen sich Katholisches ausdrückt“.

Er versucht, das Gemeinte an der Vielfalt der musikalischen Begleitung einer liturgischen Feier darzulegen. Aber überall wird der Auftrag des HERRN „Tut das zu meinem Gedächtnis“ vollzogen – und das ist das Entscheidende!

Winter versucht das allumfassende Katholischsein mit Blick auf Kontinente, Kulturen und Geschichte, die sich in Rom oder an anderen Orten treffen und Eucharistie in verschiedenen Frömmigkeitsformen feiern, darzulegen. Aber auch hier sind die Grundelemente dieselben wie in jeder heiligen Messe.

Der Autor vergisst nicht, auf Gewalt und Ausbeutung in der Geschichte der Kirche hinzuweisen. Aber das ist nicht „Katholischsein“, sondern das Werk persönlich verantwortlicher Bösewichte.

Das Petrusamt als Merkmal des Katholischen

Der HERR hat Petrus und dessen Nachfolger zu seinem Stellvertreter ernannt, damit sie über die Glaubenseinheit wachen. „Natürlich gehört das Petrusamt zu den Kennzeichen des Katholischseins“. Das kommt bei Winter etwas gequält rüber. Hat doch Papst Franziskus die „Reformer“ des „Synodalen Prozesses“ in Deutschland „enttäuscht“.

Was ist also katholisch?

Das könnten Konvertiten zum katholischen Glauben wie Augustinus, John Henry Newman, Benedikta vom Kreuz beantworten, aber auch Eltern oder Religionslehrer, die ihren bewussten Glauben an ihre Kinder und ihre Schüler weitergeben.

Die Katholiken waren nie ohne Kompass. Schon vor Petrus Canisius gab es Zusammenfassungen des Glaubens. Heute haben wir den Weltkatechismus von 1992. In ihm werden die vier Hauptstücke des Glaubens: Credo, Sakramente, Gebote und Vaterunser im einzelnen dargelegt und erläutert.

Wer die Einführung dieses Weltkatechismus und den Widerstand mancher Theologen, Religionslehrer und kirchlicher Angestellter miterlebt hat, weil dem persönlichen „Katholischsein“ Grenzen gezogen wurden, konnte feststellen, wie groß die Opposition war.

Vielfalt in der Glaubenseinheit

In der Kirche hat es immer Vielfalt gegeben, z.B. in den Frömmigkeitsformen und Spiritualitäten der verschiedenen Ordensgemeinschaften. Wenn sich aber in Glaubensinhalten nicht die Bereitschaft zeigte, zur Lehre der Kirche zurückzukehren, hat man sich von ihnen getrennt.

Als nach dem Konzil von Nicäa im Jahre 325, auf dem die menschliche und göttliche Natur Christi als Glaubensgut anerkannt wurde, haben bald danach nur eine Minderheit der Bischöfe weiter daran festgehalten. Es dauerte Jahrzehnte, bis die Glaubenseinheit wieder hergestellt war.

Als sich England unter Heinrich VIII. wegen der angestrebten Ehescheidung des Königs von der Einheit mit der Weltkirche trennte, nahm die Kirche den Glaubensabfall hin, um ihrer  Ehelehre treu zu bleiben. Sie führte notwendige Reformen auf dem Konzil von Trient durch, gab aber den Glaubensirrtümern nicht nach.

Die katholische Kirche musste es auch hinnehmen, dass nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil tausende von Priestern ihr Amt verlassen haben, weil deren Wünsche nicht befriedigt wurden.

Synodaler Weg mit Spaltungstendenzen

Die Frage, ob es wegen der fünfzehn Beschlüsse des „Synodalen Weges“ in Deutschland zu einer Spaltung und zu einem Schisma kommt, hält Winter für übertrieben. Die kontroversen Gruppen hätten nur eine Minderheit gebildet. „Die Mehrheit bewegt sich irgendwie dazwischen“.

Wenn man aber die Abstimmungsergebnisse vergleicht, dann hatte die Mehrheitsfraktion rund 80 – 85% und die Minderheitsfraktion, die am Glauben der Kirche festhielt, nur 10 – 15% hinter sich.

Diese Mehrheitsverhältnisse mögen auch dazu geführt haben, dass man die Vorstellungen der Minderheit nicht besonders ernst nahm. Von einem „offenen Dialog“ kann man angesichts der „niedergebrüllten Statements, der verweigerten geheimen Abstimmungen, dem ausgeübten Druck, den Extraversammlungen der Bischöfe vor Abstimmungen“ nicht reden.

Bei den Gesprächen mit römischen Vertretern der Gesamtkirche war kein Einlenken der Mehrheitsfraktion feststellbar. Der Forderungskatalog für die letzte Sitzung der Weltsynode zeigt dies deutlich:

  • „Der verantwortungsvolle und synodal rückgebundene Umgang mit Leitungsvollmacht;
  • Die Stärkung des Aspekts der Gewaltenteilung in der Kirche;
  • Die stärkere Implementierung von Rechenschaftspflichten der Amtsträger;
  • Die stärkere Beteiligung des Volkes Gottes an der Auswahl von Amtsträgern;
  • Die Zulassung von Laien zum Predigtdienst;
  • Die Überprüfung der Zölibats Verpflichtung von Priestern;
  • Der Zugang von Frauen zu Leitungspositionen;
  • Die bessere Einbindung der Frauen in der theologischen und pastoralen Ausbildung;
  • Die Öffnung des Diakonats für Frauen;
  • Die Diskussion über Festlegungen im Lehrschreiben Ordinatio sacerdotalis;
  • Die Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre zur Anthropologie;
  • Die Weiterentwicklung der kirchlichen Sexuallehre;
  • Die Integration von LGBTQ+-Personen in die Kirche“.

 Immerhin haben 2023 über eine halbe Million (rund 522000) die Kirche verlassen. Die KMU (Kirchenmitgliedschaftsumfrage) hat auch ergeben, dass nur mehr 4% sich als „gläubig und kirchenverbunden“ einschätzen. Das gibt viel Potential für Kirchenaustritte in den kommenden Jahren, mit der Frage, ob die Kirche in Deutschland ihren aufgeblähten Personalapparat finanzieren kann.

Der „Synodale Prozess“ hat zu dieser Situation gewaltig beigetragen. Vor dem dreijährigen „Synodalen Prozess“ lag die Kirchenbindung, gemessen an der Teilnahme der sonntäglichen Eucharistiefeier bei 10%, heute sind es rund 4%.

Peter Winnemöller meint (kath.net, 28.5.2024): „Die Erosion der kirchlichen Finanzen wird in vielen Fällen die Illusion der Funktionäre einfach wegspülen. Die Mehrheitsfraktion der Synodalen sind Berufskatholiken, kirchliche Angestellte, Verbandsfunktionäre. Von ihnen wird kein Aufblühen des Glaubens kommen“.

„Eine Zukunft der Kirche in Deutschland“, wird nach Joseph Ratzinger „auch dieses Mal wie immer von den Heiligen neu geprägt werden“.

Unser Autor Hubert Gindert ist Gründer des Dachverbands FORUM DEUTSCHER KATHOLIKEN und leitet die Zeitschrift DER FELS

Kommentare

11 Antworten

  1. s ist ein verbreiteter Irrtum zu glauben, dass das Katholischsein einzig und allein im Petrusamt zum Ausdruck kommt. Tatsächlich verstehen sich alle vorreformatorischen Kirchen – einschließlich der Lateinischen Kirche in Rom, der unierten Kirchen, der Griechischen Kirche in Konstantinopel, der autokephalen Kirchen, der Tewahedo-Kirche, der Koptischen Kirche, der altorientalischen Kirche und der Malankara-Syrischen Kirche – als katholisch. Diese Kirchen verbindet weit mehr mit der Lateinischen Kirche als mit den nachreformatorischen Kirchen, wobei das Verständnis des Petrusamtes nur einer von vielen Aspekten ist.

    Katholischsein basiert wesentlich auf der Apostolizität und der Sukzession. Dies bedeutet, dass die Kontinuität des Glaubens und der Lehre von den Aposteln bis heute durch die ununterbrochene Linie der Bischofsweihen bewahrt wird. Jede dieser vorreformatorischen Kirchen kann ihre Wurzeln direkt bis zu den Aposteln zurückverfolgen und teilt damit eine gemeinsame apostolische Tradition.

    Das Petrusamt, wie es in der Römisch-Katholischen Kirche verstanden wird, ist ein spezielles Merkmal der römischen Tradition. Doch die umfassende Katholizität umfasst viel mehr als das: Sie basiert auf der Treue zur apostolischen Lehre, der Sakramentenspendung und der liturgischen Tradition, die in all diesen Kirchen lebendig geblieben sind.

    Indem wir das Wesen des Katholischseins allein auf das Petrusamt beschränken, übersehen wir die reiche Vielfalt und die tiefe Einheit, die alle vorreformatorischen Kirchen miteinander teilen. Wahre Katholizität zeigt sich in der gemeinsamen apostolischen Tradition und der ungebrochenen Sukzession, die alle diese Kirchen vereint.

  2. Auch in diesem „bistum münster“ wird man nicht einmal für eine 100 % ehrenamtliche Aufgabe auch nur angedacht, wenn man sich für echt katholische Positionen ausspricht !!!

    Ich bin wirklich mal gespannt, wie lange auch diese vatikanische Filiale noch existiert .

  3. Man lese Papst Benedikts Freiburger Rede: Allein Geldentzug kann helfen, den Kurs zu ändern. Erzbischof Gänswein hat sich vor Jahren bereits (in Benedikts Namen?) für die Abschaffung der Kirchensteuer ausgesprochen. Nehmt den irrlehrern das Geld, und zwar katholisch wie evangelisch, und es ist Ruhe.

    1. Ich kenne mehrere Länder, in denen es keine Kirchensteuer gibt (was auch ich fordere), sehr wohl aber linke kath. wie ev. Theologen. Die Rede des Papstes in freburg war so blumig wie öfter anderes von ihm. Der einfache Satz „Verzichtet auf die kirchensteuer“ kam gar nicht vor…

    2. Man hat sogar festgestellt, dass durch Spendenaufkommen oftmals mehr eingenommen wird.
      Denn viele Einrichtungen kirchlicher Mitträgerschaft sollen ja erhalten bleiben .
      Zurück zu den Wurzeln.
      Die ersten Kindergärten auf katholischer Seite wurden von Ordensfrauen und ein oder zwei zivile Frauen betrieben.
      Altenheime wurden anfangs nur in kleinen Häusern angeboten.
      Bildung wurde in Pfarrheimen angeboten. Heutzutage in extra groe Bildungsakademien mit hohem Personalaufwand und hohen Gehältern.
      Und die Menschen in den Einrichtungen waren im evangelischen oder katholischen Glauben betreut. Besonders in den Kindergärten.

  4. Unterscheiden! Manche Forderung des Synodalen Weges (etwa mehr Demokratie, Pfarrerehen, und manches mehr) vertreten aber auch schnell wachsende pfingstlerische und konservative Freikirchen…

  5. Das Schlimmste aber ist, dass viele was verkünden, an das sie selbst nicht glauben.
    Priester, die ihre Position zu Missbrauch ausnutzen, leben ja selbst nicht das, was sie verkünden.
    Katholisch ist heute eine echte Alternative. Wenn es sich aber der Welt angleicht, nicht mehr, dass ist es Teil der Welt. Wenn das Salz der Erde schal geworden ist, ist es nur noch Teil der Erde.

  6. Als überzeugte Christin, die auch für den Lebensschutz eintritt, zu erleben, dass die einzige Partei, die diese konservativen Themen wirklich im Wahlprogramm hat, von „Kirchens“ als „unwählbar“ bezeichnet und diffamiert wird, stehen viele Fragen im Raum.
    Ich bin evangelisch ausgetretene Christin, aufgrund der Gesprächsverweigerung mit meiner Wahlpartei.
    Schade, dass dadurch die „christliche Fraktion“ im Land geschwächt wird. Aber das ist derzeit Fakt.
    Herr, segne unser Land und gib uns Weisheit, Fingerspitzengefühl, Bedachtheit, Kraft, Geduld – Deinen Segen.

    1. Haben Sie das Wahlprogramm dieser Partei gelesen was da drinnen steht bezüglich Krankenkassen Renten Steuer für extrem vermögende usw
      oder schauen Sie mit Scheuklappen nur auf ihre „Leibthemen“?

      1. Zur Abtreibung war auch in katholisch-konservativen Medien und von der Kath. Bischofskonfeen zu lesen, daß die die AfD der Entscheidung der Frau überlassen will.

    2. …und beende den Irrweg des Synodalen Wegs…

      Volle Zustimmung zu Ihrem Kommentar.

      Austreten aus der katholischen Kirche werde ich nicht, weil ich keine Steuern zahle. Kann aber jeden Austritt aus der evangelischen und auch katholischen Kirche in D. nachvollziehen.
      Einmal getauft und man ist in der Kirche Jesu. In fast allen Ländern der Welt zählt die Taufe als ewiges Bündnis, jedenfalls in der von Jesus gegründeten katholischen Kirche. Weitere Sakramente bestärken und trösten den Menschen.
      Das Kirchensteuergeld wird meines erachtens an den falschen Stellen ausgegeben. Vor allem viel zu hohe Personalkosten.

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