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Der hl. Vinzenz Ferrer und sein visionärer Irrtum vom baldigen Weltuntergang

Von Felizitas Küble

Am heutigen 5. April begeht die Kirche den Namenstag des hl. Vinzenz Ferrer, eines spätmittelalterlichen Priesters aus dem Predigerorden der Dominikaner. Sein Orden feiert diesen Gedenktag einen Monat später, am 5. Mai.

Im Vorjahr wurde anläßlich des 600. Todestages in katholischen Publikationen vielfach über den französischen Bußprediger geschrieben, denn Vinzenz bzw. Vicente Ferrer lebte von 1350 bis 1419 – und zwar in einer äußerst chaotischen Zeit mit Kriegen, Pest und Hungersnöten.

Auch in kirchlicher Hinsicht war die Verwirrung enorm, denn seit 1378 gab es gleich zwei Gegenpäpste (teils in Rom, teils in Avignon) – ein Dilemma, das erst auf dem Konzil von Konstanz mit der Wahl eines ganz neuen Papstes beendet wurde.

Vinzenz Ferrer zog als Wanderprediger durch halb Europa, wobei er durch seine Aufrufe zur Umkehr riesige Massen zu bekehren vermochte, auch Juden und Muslime, vor allem in Spanien. Er lebte sehr asketisch und bescheiden, verkündete in großer Eindringlichkeit das Evangelium, besaß ein bemerkenswertes Charisma – allerdings irrte er sich zugleich vor allem in zweifacher Hinsicht:

Zunächst plädierte er jahrelang für einen der zwei Gegenpäpste in Avignon, war auch dessen Beichtvater, doch wird man ihm dies nicht ernsthaft anlasten können, es hinderte ja auch nicht seine spätere Heiligsprechung. Wie sollten Priester und Gläubige bei dem Wirrwarr, der damals unter konkurrierenden „Päpsten“ an der Tagesordnung war, noch „durchsteigen“? Das war fast unmöglich, zumal es keine Medienwelt wie heute gab, vielmehr war man weitgehend auf Mund-zu-Mund-Progaganda angewiesen.

Bedenklicher war es freilich, daß Ferrer ständig ankündigte, noch zu seinen Lebzeiten werde der Antichrist kommen und die Welt untergehen.

Nun ist auch dies zunächst nicht weiter verwunderlich, denn die damalige Krisenstimmung, Katastrophen und Seuchen, dazu der kirchliche Niedergang konnten die Menschen leicht zu dieser Ansicht verleiten.

Das eigentliche Problem bestand eher darin, daß der Dominikaner sich hierbei auf Visionen berufen hat, die er vom Himmel erhalten haben wollte. Zudem sah er Heilungen und wundersame Vorgänge während seiner Predigten als himmlische Bestätigung seiner Botschaften vom Weltende an.

Im Jahre 1455 wurde Vinzenz von Papst Callixt III. heiliggesprochen. Nun wird sich mancher fragen, wie dies denn unter diesen Umständen möglich war?

Aber bekanntlich wird man nicht wegen Irrtumslosigkeit zur Ehre der Altäre erhoben, sondern wegen eines heroischen (heldenhaften) Tugendgrads. Das schließt inhaltliche Fehler nicht aus, auch nicht hinsichtlich Visionen und Privatoffenbarungen. Auch hier gilt der allgemeine Grundsatz: Irren ist menschlich!

Das bekannteste Beispiel hierfür ist die hl. Katharina von Siena, die sogar zur Kirchenlehrerin ernannt wurde. Auch sie ist einst durch eine „Marienerscheinung“ getäuscht worden, denn die Madonna soll ihr dabei erklärt haben, sie sei nicht makellos empfangen worden.

Damals war diese Ansicht theologisch durchaus erlaubt (sie wurde auch vom hl. Thomas vertreten), aber spätestens mit der Dogmatisierung der Immaculata war klar, daß sich die Dominikanerin aus Siena geirrt hat – wobei auch hier das Problem darin bestand, daß sie sich dabei auf eine Erscheinung berief. (Näheres dazu hier: https://charismatismus.wordpress.com/2015/02/27/die-hl-katharina-von-siena-erlebte-eine-irrtumliche-marienerscheinung/)

Die heutige Zeit erinnert uns wieder ein bißchen an jene Epoche, in welcher Vinzenz Ferrer gewirkt hat. Sicher war die damalige Pest weitaus verheerender als die heutige Corona-Krise. Damals wurden ganze Landstriche weitgehend entvölkert.

Aber auch jetzt tauchen selbsternannte „Propheten“ auf, die ganz genau wissen, was die endzeitliche Stunde geschlagen hat  – und hierbei auf „Botschaften“ und Erscheinungen hinweisen.

In unserem Christlichen Forum haben wir uns damit bereits kritisch auseinandergesetzt: https://charismatismus.wordpress.com/2020/03/31/kath-net-ueber-corona-und-erscheinungen/

Unsere Autorin Felizitas Küble leitet den KOMM-MIT-Verlag und das Christoferuswerk in Münster, das dieses CHRISTLICHE FORUM betreibt

Kommentare

10 Antworten

  1. Siehe etwa auch den katholischen Priester Armando Pavese und sein „Handbuch der Parapsychologie“ zum Einfluss des Unterbewusstseins. Auch der Heilige Augustinus kannte schon das Unterbewusstsein – ebenso der Templer und Arzt Arnaldus de Villanova etwa mit seinem Buch über die Deutung und medizinische Bedeutung von Traumsymbolen. Siehe auch die christliche Psychologin Christa Meves und die Wertkonservative Eva Hermann mit ihrer Website zur Hildegard-Medizin nach der Heiligen Hildegard von Bingen und siehe auch den Jesuiten Athanasius Kircher als Universalgelehrten.

    1. Eine illustre Schar haben Sie da zusammen gestellt, Herr Jahndel:

      Die sogenannte „Wertkonservative“ Eva Herrmann war vier Mal verheiratet und lebt jetzt in wilder Ehe. So weit kann es also mit dem praktisch gelebten „Wertkonservatismus“ nicht her sein.

      Arnaldus de Villanova soll angeblich das Buch „Breviarium practicae medicinae“, ein Handbuch der Medizin, geschrieben haben. Dieses Werk gilt allerdings mittlerweile als Pseudoepigraph. Seine theologischen Ansichten wurden von der Inquisition als häretisch angesehen.

      Und Armando Pavese hat ein Buch geschrieben mit dem Titel „Kontakt mit dem Jenseits“. Dazu ist jeder weitere Kommentar überflüssig.

      1. Ich weise sie übrigens auch auf die Bücher der Sterbe-Forscherin Kübler-Ross hin. Auch in den Grenzwissenschaften und der Parapsychologie ist die Sterbe- und Nahtod-Forschung und Erforschung von Nahtodeserfahrungen ein Thema und eine Thematik.

      2. @Someone:
        Übrigens wurde auch ein bedeutendes Werk der Hildegard Medizin nach der Heiligen und Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen von der katholischen Kirche anerkannt. Eva Hermann schrieb auch eine Artikel-Serie zur Hildegard-Medizin nach Hildegard von Bingen usw. Siehe ihren Internetauftritt usw.
        Ebenso der Priester und Platoniker und Mystiker und Renaissance-Humanist Marsilio Ficino und der Heilpraktiker Paracelsus und der hermetische Arzt van Helmonte. Ebenso auch der antike Arzt Galen und der Philosoph Aristoteles.
        Auch die alten Ägypter heilten schon mit Edelsteinen und Kristallen und Magneten, ebenso heute noch im traditionellen indischen Ayurveda als traditioneller Heilkunst Ayurveda usw.
        Armando Pavese ist Priester der katholischen Kirche. Ebenso wie Arnaldus de Villanova Templer und Arzt und christlicher hermetischer Mystiker war, und damit in einer Tradition mit Bernhard von Clairveaux und Stephen Harding und Hugo de Payens und Albertus Magnus und Ramon Lull und dem Mystiker Bonaventura stand. Und ein Vorläufer des Johannes Trithemius als Abt von Sponheim und des Kardinals Nikolaus von Kues und des Jesuiten Athanasius Kircher war.

      3. Frau Kübler-Ross hat in der Sammlung noch gefehlt. Neben aller fachlichen Kritik an ihrem „Werk“, neben der Tatsache, dass sie esoterische Ansichten vertrat und an spiritistischen Sitzungen teilnahm und neben der Tatsache, dass sie schlicht das Gericht über den Menschen nach dem Tod leugnete, zeigte der Umgang mit ihrem eigenen Sterben, wie hohl das alles wahr, was sie gelehrt hat.

        Kübler-Ross wollte das Sterben nicht wahrhaben und hat es verklärt.

  2. Wie milde Sie plötzlich sein können, wenn es um „approbierte“ Heilige Ihrer Kirche geht, Frau Küble. Jedem angeblichem „Schwarmgeist“ würden Sie aufgrund einer falschen Prophetie oder gar Vision nicht nur den Glauben absprechen, sondern zum Diener des Bösen erklären, nicht wahr? Und zwar unabhängig davon, welche Werke „heroischen Tugendgrades“ jene Person vorweisen könnte.

    Ihre „Dogmatisierung der Immaculata“ betrachtet z.B. die orthodoxe Kirche als heretische Ergänzung . Denn die alte Kirche kannte sie nicht.

    1. Guten Tag,
      wo finden Sie denn im konservativ-katholischen Lager sonst noch Hinweise auf visionäre Irrtümer von Heiligen – außer hier?
      Und dies nicht zum ersten Mal.
      Sodann ist es eine unsinnnige Behauptung, wonach ich einem „Schwarmgeist“ wegen einer falschen Prophetie gleich zum „Diener des Bösen“ erkläre, nicht einmal den Glauben spreche ich ihm ab, es gibt auch keinen Grund dazu – natürlich sind es Christen, aber vor deren Irrtümer darf und soll man warnen. „Prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind“, fordert der hl. Johannes seine Gläubigen auf.
      Was die orthodoxe Kirche meint, steht auf einem anderen Blatt, wobei sie der katholischen Kirche gerade in der Mariologie sehr nahe steht (aber nicht deren systematische Theologie nachvollzieht, sondern eher mystisch denkt). Die orthodoxe Liturgie ist weitaus marianischer als die katholische, in der Maria kaum vorkommt (im eucharistischen Hochgebet nur ein einziges Mal!).
      Vom „heroischen Tugendgrad“ sind z.B. charismat. Starprediger wahrlich weit entfernt, oft leben sie in Saus und Braus (nicht nur Joyce Meyer). Dies kann man einem Vinzenz Ferrer wahrlich nicht unterstellen, der sehr anspruchslos lebte.
      Freundlichen Gruß!
      Felizitas Küble

      1. Frau Baker, die ja von Ihnen und Anderen hier gern bemüht wird, macht z.B. nicht nur „Sozialarbeit“. Aber im Gegensatz zu Herrn Ferrer ist das natürlich unbedeutend.;-(

        Worum es geht: Sie messen mit zweierlei Maß; Frau Küble.

        Dass das sog. „Wohlstandsevangelium“ ein falsches Evangelium ist, steht für mich außer Zweifel. Nur wird das keineswegs pauschal von „Charismatikern“ vertreten. Hier wäre zu differenzieren, auch wenn es Ihnen vielleicht schwer fällt. Es ist daher letztlich falsch und irreführend, in diesem Zusammenhang pauschal von „charismatischen Starpredigern“ zu sprechen. Das ist ein Titel, den Sie wahllos vergeben, Frau Küble. Er ist ohne Aussagekraft.

        FAKT aber ist: Christen sind nicht „eindimensional“. Es ist möglich, dass die gleiche Person in einer Hinsicht „heiligmäßig“ unterwegs ist und in anderer Hinsicht sich komplett fleischlich verhält. Das liegt an unserer Zerbrochenheit. Natürlich ist es das Ziel für einen Christen, in allen Bereichen des Lebens Jesus nachzufolgen und ihm ähnlich zu werden. Perfektion wird es aber nie geben.

        Vielleicht preisen Sie wenigstens das bei Ihrem nächsten Rundumschlag gegen „Charismatik“ mit ein.

        1. Guten Tag,
          beiben Sie bitte sachlich auf dem Teppich. Ich habe weder hier noch sonst jemals behauptet, alle Charismatiker würden das sog. Wohlstandsevangelium vertreten. Aber jene, die es tun, gehören nun einmal zum charismatischen Spektrum, also kann ich sehr wohl zutreffend von „charismatischen Starpredigern“ schreiben.
          Wenn Sie das überinterpretieren, ist dies Ihr Problem.
          Wie Sie an diesem Artikel sehen, beschränken sich meine vermeintlichen „Rundumschläge“ nicht gegen die Charismatik, sondern beziehen das eigene konservativ-katholische „Lager“ mit ein, hier gar einen kanonisierten Heiligen (sogar zwei: auch Katharina v. Siena).
          Freundlichen Gruß
          Felizitas Küble

    2. Ich bin mit Frau Küble oft nicht einer Meinung, aber ich habe keine einzige Stelle gesehen, in der sie einen Prediger als „Werkzeuge des Bösen“ bezeichnet hätte. Auch den Glauben spricht sie nicht leichtfertig anderen Menschen ab.

      Wenn aber jemand etwas verkündet, was nicht christlich ist, muss das auch thematisiert werden können.

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