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„Amoris Laetitia“: Werden Priester in schwere Gewissenskonflikte getrieben?

Mathias von GersdorffPodium5

Nach der Veröffentlichung des päpstlichen Schreibens „Amoris Laetitia“ hat sich die Mehrheit der Priester und Theologen, die dem sog. konservativen Lager zugeordnet werden, mit der Frage beschäftigt, ob es sich hierbei um einen Bruch mit der Tradition und dem römisch-katholischen Lehramt handelt. 

Die herrschende Meinung ist, dass sich nichts verändert habe und Papst Franziskus nichts an der Lehre der Kirche hinsichtlich Ehe und Sexualmoral ändern wolle. Auch hinsichtlich der Frage, ob wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zugelassen seien, sei alles beim alten.

Diese Einschätzung von „Amoris Laetitia“ steht in Kontrast mit Aussagen diverser Bischofskonferenzen sowie hoher Prälaten wie etwa Kardinal Walter Kasper. Dieser  – ein enger Vertrauter des Papstes – behauptete in einem Interview, Franziskus habe den wiederverheirateten Geschiedenen die Tür zum Tisch des HERRN geöffnet.

Deshalb ist es erstaunlich, dass sich kein Vertreter des sog. „konservativen Lagers“ die Frage gestellt hat, was nun passiert, wenn sie von den deutschen Bischöfen de facto gezwungen werden, gegen ihr Gewissen wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zuzulassen (Im Falle der Beichte würde die Erteilung der Absolution eine Simulation des Sakramentes bedeuten, die zur automatischen Exkommunikation des Priesters führt).

Diese Möglichkeit ist gar nicht so abwegig. Die Deutsche Bischofskonferenz hat nämlich gleich nach Erscheinen von „Amoris Laetitia“ erklärt:

„Diese prinzipielle Einsicht hat weitreichende Konsequenzen für den pastoralen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Es reicht eben nicht für ein Urteil, einfach festzustellen, dass eine zweite zivile Verbindung im Widerspruch zur ersten, sakramentalen Ehe und damit im Widerspruch zur objektiven Norm steht. RadioVatikan

Es ist vielmehr notwendig, in jedem einzelnen Fall die besondere Lebenssituation der Betroffenen zu betrachten. Angesichts dieser Überlegungen ist es nur konsequent, dass der Papst keine generelle Regelung zur Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur sakramentalen Kommunion gibt. Nur im Blick auf die jeweilige Lebensgeschichte und Realität lässt sich gemeinsam mit den betroffenen Personen klären, ob und wie in ihrer Situation Schuld vorliegt, die einem Empfang der Eucharistie entgegensteht.

Dabei ist die Frage einer Zulassung zu den Sakramenten der Versöhnung und der Kommunion immer im Kontext der Biographie eines Menschen und seiner Bemühungen um ein christliches Leben zu beantworten. Auf beide zuletzt genannten Aspekte weist der Papst explizit hin (vgl. Fußnoten 336 und 351).“

Offensichtlich schließt die Bischofskonferenz nicht aus, entsprechende Richtlinien zu erlassen, die verbindlich werden sollen. Auf den Umstand, dass sich die Seelsorger nach den Richtlinien der jeweiligen Bischöfe zu richten hätten, hat auch Kardinal Lorenzo Baldisseri auf der Präsentation des päpstlichen Schreibens am 8. April 2016 in Rom hingewiesen.

„Amoris Laetitia“ sieht ebenfalls konkrete Schritte in der Pastoral vor:

„Daher darf ein Hirte sich nicht damit zufrieden geben, gegenüber denen, die in „irregulären“ Situationen leben, nur moralische Gesetze anzuwenden, als seien es Felsblöcke, die man auf das Leben von Menschen wirft. Das ist der Fall der verschlossenen Herzen, die sich sogar hinter der Lehre der Kirche zu verstecken pflegen, » um sich auf den Stuhl des Mose zu setzen und – manchmal von oben herab und mit Oberflächlichkeit über die schwierigen Fälle und die verletzten Familien zu richten «“ SCHÖNBORN Foto von Josef Failer

Sollte die Deutsche Bischofskonferenz also Pfarrer und sonstige Seelsorger anweisen, wiederverheirateten Geschiedenen (wenn auch in Einzelfällen) die Kommunion zu erteilen, stünden die konservativen Priester vor einer schweren Gewissensentscheidung. Im Grunde sähen sie sich gezwungen, ein Sakrileg, also eine besonders schwere Sünde, zu begehen.

Sie könnten sich natürlich nach Rom wenden, doch nichts deutet darauf hin, dass sie von dort Hilfe erhalten würden. Der Papst selbst hat nach der Veröffentlichung nicht verlauten lassen, dass er sich erneut zu dieser Frage äußern wird. In einem Interview erklärte er, Kardinal Schönborn (siehe Foto) hätte „Amoris Laetitia“ richtig interpretiert. Der Wiener Kardinal gehört aber zu jener Fraktion, die sich am meisten für die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion eingesetzt hat.

Den Seelsorgern, die in der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene ein Sakrileg sehen, wird es nichts nützen, dass etliche Theologen in den letzten Wochen Stellungnahmen geschrieben haben, die eine Änderung in der Lehre der Kirche ausschließen. Sie stünden vor der Alternative, ein Sakrileg zu begehen oder offenen Widerstand gegen ihren Bischof zu leisten.

Unser Autor Mathias von Gersdorff aus Frankfurt ist katholischer Publizist und Leiter der Aktion „Kinder in Gefahr“; er schreibt regelmäßig hier: http://mathias-von-gersdorff.blogspot.de/

Kommentare

7 Antworten

    1. Sollte Jesus tatsächlich Menschen nicht mit an seinem Tische sitzen haben wollen, dann sollte er ihnen dies am besten persönlich sagen.

      Jesus sagt sicher uns Menschen, was ihm nicht so gut an uns gefällt, dennoch freut er sich wenn wir ihn quasi umarmen wollen.

      1. Nun man könnte es auch umgedreht sehen, jeder der sich zum Tisch Jesu geladen fühlt möge bitte seine ganz persönliche Einladung vorzeigen.
        Das kann man eher in Übereinstimmung mit den Gleichnissen bringen!
        Im übrigen müssen die Geladenen (und es geht in allen Gleichnissen, die man mit der eucharistischen Tischgemeinschaft in Verbindung bringen kann um die Geladenen) auch sich den Gepflogenheiten des Hauses unterwerfen, wenn sie nicht wieder ausgeladen werden wollen (Hochzeitsgewand, zur rechten Zeit kommen, die Boten gut behandeln)

  1. Bitte das ist doch nichts Neues, schon im Schreiben der drei oberrheinischen Bischöfe (Saier, Lehmann, Kasper) wurde festgestellt, dass es im pastoralen Ermessen des jeweiligen Pfarrers liegt und zusätzlich dafür Sorge getragen werden muss, „dass kein Ärgernis“ entsteht.
    Die Glaubenskongregation unter dem damaligen Chef Josef Kardinal Ratzinger hat zwar die theologische Betongründung moniert, aber gegen das Procedere an sich keine Einwände erhoben.
    Auf jeden Fall haben mir das verschiedene´, auch konservative, Pfarrer so gesagt.
    Vielleicht macht bei uns schon viel zu lange jeder was er will, weil keiner wagt Klartext zu reden!

  2. Hierzu kann ich nur sagen,
    UNRELEVANT.
    Trägt Jemand seine ANZAHL EHEN Auf dessen STIRN?

    Abborte ,Familienzerrüttung..
    All das ist FALSCH.
    Darum JÜNGSTES GERICHT.
    KEIN Weltenende,sondern RICHTEN im Sinne
    von RECHT TUN SOLLEN.
    Was Du nicht willst,das MENSCH Dir tu;
    das ÜBERDENKE V O R dem HANDELN
    Deines NÄCHSTEN GEGENÜBER.
    TUT DIES denn JEMAND?
    AUS dem HERZEN HERAUS?
    KAUM.
    SIEHE REGENSBURG NUN.
    EIN ANFANG .JA,der NEUEN WANDLUNG INS RECHTE DENKEN.
    Ich danke GOTT für SEINE GNADE.

  3. Erstens: ein „Bischof“, der solche „Gewissenskonflikte“ auslöst, muss sich fragen oder gefragt werden, ob er seinen von Gott erhaltenen Auftrag richtig erfüllt hat. Jesus hat Petrus dreimal gesagt: Weide meine Lämmer, wieder meine Schafe! (Joh 21: 15 ff) und nicht, „besonders bestimmte Lämmer, die sich mit dem Wort „Sünde“ nicht wohl fühlen…“

    Zweitens: Wenn nun „situation ethics“ gilt, dann darf/muss eigentlich jeder Priester auch nach seinem Gewissen fragen, ob er nun bereit ist, „ein Sakrileg zu begehen oder offenen Widerstand gegen den Bischof zu leisten.“ Er kann sehr wohl in dem jetzigen Fall gegen seinen Bischof handeln.
    Ich verstehe, es ist häufig sehr schwierig, corum publicum Kommunion zu verweigern. Es kommt natürlich sehr beurteilend vor: „Du bist sündhaft…, oder du bist nicht würdig…“ und dazu braucht man sehr viel Mut. Der Druck der Lage würde viele Priester veranlassen, eher ein Sakrileg zu begehen als — den Gläubigen zu „demütigen“; und dabei hofft er, dass die jeweilige Seele mit Gott direkt auseinandersetzen würde. Das beinhaltet auch seine eigene Seele.

    Ich denke, jetzt ist die Zeit zu zeigen, wie ernst man seinen katholischen Glauben nimmt. Glaubt man noch auf die Möglichkeit der ewigen Verdammnis oder ist es nicht mehr „in Mode“ und so nicht ernst zu nehmen? Ich würde mich nicht wundern, wenn ein Priester unerschütterlich für den wahren Glauben eintritt und eine Sünde als eine Sünde nennt und gerade dadurch die Barmherzigkeit Gottes zur Geltung kommt würde wie ein zweiter Pfarrer von Ars wirken. Ich hoffe es, dass es Priester von solchem Mut gibt.

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