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Transhumanistischer Klima-Aktivismus als Anmaßung gegenüber der Schöpfung

Die Klimaaktivisten weltweit handeln in der Überzeugung, wonach der Mensch erheblichen Einfluss auf die Erderwärmung nehmen könne. Sie moralisieren die Gesellschaft, um diese zu einem Denken und Handeln nach ihren Vorstellungen zu nötigen.

Dass sie sich dabei gleichzeitig in transhumanistischer Weise anmaßen, die Fügung der Schöpfung durchbrechen zu können, reicht nahe an Gotteslästerung heran. Diese Auffassung vertritt der Leiter des Philosophischen Laienarbeitskreises, Dennis Riehle (siehe Foto). Er erklärt dazu folgendes:  

Für mich ist ein radikaler Klimaaktivismus nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar. Zwar gibt uns die Bibel  an zahlreichen Stellen Anhaltspunkte dafür, dass wir uns die Erde nicht nur untertan machen sollen, sondern sie auch pflegen müssen.

Ein transhumanistisches Engagement in der Absicht, Entwicklungen beeinflussen zu wollen, deren maßgeblich natürlichen Ursprung man zumindest nicht ausschließen kann, steht dem notwendigen Vertrauen in die Fügung der Dinge und der Lenkung des Schicksals durch einen theistischen Gott weitgehend entgegen.

Zwar ist der Mensch angehalten, ein verantwortungsbewusstes Dasein zu leben – und hierbei auch an die künftigen Generationen zu denken. Das umfasst aber allenfalls eine weitsichtige und nachhaltige Schöpfungsbewahrung, die darauf ausgerichtet ist, den Verbrauch von Ressourcen zu reduzieren.

Schlussendlich verlangt die Hl. Schrift aber keine Kasteiung und Moralisierung durch Verbote, um dem Anspruch an Umweltschutz gerecht zu werden. Solange wir nicht ausschließen können, dass es sich bei der Erderwärmung evtl. um ein evolutionäres Geschehen mit wenig Möglichkeiten einer anthropogenen Einflussname handelt, wirken viele der Anstrengungen eher wie ein sich selbst überhöhender Versuch, dem Vater im Himmel Konkurrenz machen zu wollen.

Und dabei schreckt man auch nicht davor zurück, Fähigkeiten zu beanspruchen, die man im Blickwinkel der begrenzten menschlichen Vernunft nur als anmaßend bezeichnen kann.

Wenn eine Ideologie zum Götzen wird und man eigens erklärte, über die Vernunft und Handlungsbreite unserer Spezies hinausgehende Ziele wie eine Monstranz vor sich herträgt, führt man Religion ad absurdum und betätigt sich nahe an der Blasphemie.

Natürlich werden die Ökologisten in dieser Welt auch weiterhin ihre Doppelmoral verteidigen und rechtfertigen. Denn was bleibt ideologischen Anhängern anderes übrig, als ihre Traumwelt durch möglichst viel Verbiegung von Realitäten passend zu machen? Man müsste sich im Zweifel doch eingestehen, dass man es nicht auf die Sache abgesehen hat, sondern allein auf die Selbstprofilierung und das krampfhafte Durchsetzen eines Mantras.

Die Versuchung nach der Macht und die Aussicht darauf, die eigene Meinung einer Gesellschaft aufoktroyieren zu können, sie durch Moralisierung zu einem gewünschten Denken und verhalten zu nötigen, ist größer als jegliche Vernunft.

Für eine schrittweise Umwälzung des repräsentativen Systems in Richtung oligarchischer Verhältnisse ist man natürlich auch bereit, sich international zu vernetzen – und dabei jegliche Ansprüche an die Allgemeinheit für sich selbst auszublenden. Transformation: ja – allerdings nicht auf die eigenen Kosten. Hauptsache, man war beim Schaulaufen von Politikern und Lobbyisten dabei.

Weitere Infos auf www.dennis-riehle.de 

Kommentare

6 Antworten

  1. @Imo:

    Siehe auch das Buch von Thomas E. Woods „How the Catholic church built western Civilization“. Dennoch bleibt die Verschwisterung der christlichen Theologie mit der griechischen Philosophie eine wichtige Tatsache und ein Unterschied etwa zum Islam, siehe dazu auch vom Orientalisten Hans-Peter Raddatz „Von Gott zu Allah?“.
    Der Apostel Paulus zitiert auf dem Areopag in Athen die beiden stoischen Dichter und Philosophen Aratos (zum höchsten Gott) und Kleanthes (zum göttlichen Logos, bei ihm die „Weltseele“ und „Weltvernunft“). Dies ist Teil der Logos-Theologie des Christentums. Dieser Logos als „Weltseele“ und Weltgesetz im Sinne der Stoiker entspricht der göttlichen Schöpfungsordnung des Kosmos. Im Taoismus/Daoismus wird dieser Logos der Stoiker das Tao/Dao genannt. Im Hindhuismus das Brahman.
    In der hermetischen Philosophie der Hermetik auch der Makrokosmos, beim Heiligen und Kirchenlehrer Thomas von Aquin und beim Dichter Dante Alighieri der Limbus. Dies ist die seelisch-psychische bzw. astralisch-mentalische Ebene, welche zwischen der körperlich-materiellen Ebene einerseits und der geistig-spirituellen Ebene andererseits mittelt und vermittelt. Die griechischen Philosophen haben von diesem LOGOS auch ihre LOGIK und ETHIK abgeleitet.
    Dies widerspricht allerdings auch dem Deismus seit Isaac Newton – obwohl dieser selbst noch intensiv im Bereich Numerologie bzw. Zahlen-Mystik in der Bibel und auch im Bereich Alchemie forschte. Siehe dazu auch Philo(n) von Alexandrien zum göttlichen Logos und die „Weisheitsliteratur“ im alten Testament der Bibel usw.

  2. Vielen Dank für die klärenden Ausführungen. Wir werden durch unrealistische Rahmenerzählungen manipuliert, die absoluten Werte aufzugeben und den propagierten Geschäftsmodell-„Werten“ der Mächtigen möglichst blind zu folgen.

    Das ist auch in der Vergangenheit oft geschehen. Und die Manipulationen aus der Vergangenheit hallen noch massiv nach in unserem Denken und Empfinden und somit in unserer Unterwürfigkeit unter Lüge und Betrug. Auch hier ist Aufklärung hilfreich:

    Dazu ein Auszug aus einem aufklärenden Buch:

    ‚Stark, Rodney. Der Sieg des Abendlandes. Christentum und kapitalistische Freiheit
    (Edition Sonderwege bei Manuscriptum) (German Edition) (S.26-33).
    Manuscriptum Verlagsbuchhandlung Thomas Hoof KG. Kindle-Version.‘

    „Die echte Wissenschaft erhob sich nur ein einziges Mal: in Europa.

    China, die islamische Welt, Indien und das alte Griechenland hatten zwar ihrerseits die Alchemie entwickelt, doch wurde sie nur in Europa zur Chemie. Analog dazu hatten zwar viele Gesellschaften elaborierte Systeme der Astrologie entwickelt, doch führte nur in Europa die Astrologie zur Astronomie. Warum? Die Antwort darauf hat erneut mit verschiedenen Gottesbildern zu tun.

    In den Worten des großen, wenn auch missachteten mittelalterlichen Wissenschafts-Theologen Nikolaus von Oresme ist die Schöpfung Gottes »ungefähr so wie die eines Menschen, der eine Uhr baut und ihren Gang in der Folge ihr selbst überlässt«.

    Im Gegensatz zu den religiösen und philosophischen Doktrinen der nichtchristlichen Welt entwickelten Christen die Wissenschaft, weil sie glaubten, dass sie entwickelt werden konnte und sollte. Alfred North Whitehead sagte im Rahmen seiner Lowell-Vorlesungen 1925 in Harvard, dass die Wissenschaft in Europa entstanden sei aufgrund des breit gefächerten »Glaubens in die Möglichkeit der Wissenschaft … welcher von der mittelalterlichen Theologie abgeleitet war«.

    Whiteheads Erklärung schockierte nicht nur seine distinguierte Zuhörerschaft, sondern westliche Intellektuelle im Allgemeinen, sobald seine Vorlesungen veröffentlicht waren. Wie konnte dieser große Philosoph und Mathematiker, Bertrand Russells Co-Autor der bahnbrechenden Principia Mathematica (1919–1913), etwas so Obskures behaupten?

    Wusste er denn nicht, dass die Religion der Todfeind der wissenschaftlichen Untersuchung ist? Whitehead wusste etwas viel Besseres.

    ER HATTE VERSTANDEN, DASS DIE CHRISTLICHE THEOLOGIE FÜR DEN AUFSTIEG DER WISSENSCHAAFT IM WESTEN GANZ UNERLÄSSLICH GEWESEN WAR, UND EBENSO, DASS NICHT-CHRISTLICHE THEOLOGIEN DAS WISSENSCHAFTTLICHE STREBEN ÜBERALLSONST ABGEWÜRGT HATTEN. [Hervorhebung und Kapiteleinteilung im Gesamttext von mir.]
    Er hatte verstanden, dass die christliche Theologie für den Aufstieg der Wissenschaft im Westen ganz unerlässlich gewesen war, und ebenso, dass nicht-christliche Theologien das wissenschaftliche Streben überall sonst abgewürgt hatten.

    Er erklärte: »Der größte Beitrag des mittelalterlichen Geistes zur Wissenschaftsbewegung war der unbezwingbare Glauben, dass … da ein Geheimnis war, ein Geheimnis, das gelüftet werden konnte. Wie kam es, dass diese Überzeugung so tief in den europäischen Geist eingewurzelt war? …

    Es muss mit der mittelalterlichen Fixierung auf die Vernunft Gottes zu tun gehabt haben, die man sich als persönliche Energie Jahwes verbunden mit der Rationalität eines griechischen Philosophen ausmalte. Jedes Detail wurde überwacht und kontrolliert: die Suche nach den Geheimnissen der Natur konnte nur in einer Bekräftigung des Glaubens an die Vernunft resultieren.«

    Whitehead schloss mit der Anmerkung, dass die in anderen Religionen zu findenden Gottesbilder, zumal die asiatischen, zu unpersönlich und zu irrational waren, als dass sie die Wissenschaft hätten stützen können. »Gleich welches Geschehnis könnte gerade auch auf den willkürlichen Befehl eines despotischen Gottes zurückzuführen sein« oder einen »unpersönlichen und völlig undurchschaubaren Ursprung haben. Es gibt da nirgends das gleiche Zutrauen in die begreifliche Rationalität eines persönlichen Wesens.«

    Tatsächlich gehen die meisten nicht-christlichen Religionen sowieso nicht von einer Schöpfung aus: das Universum ist vielmehr ewiglich oder bewegt sich bestenfalls zyklisch, es hat jedenfalls weder Anfang noch Ende und, das Wichtigste dabei, es kennt keinen Schöpfer.

    Infolgedessen betrachtet man das Universum als allwaltendes Mysterium, als widersprüchlich, unvorhersehbar und beliebig. Für jemanden mit diesen religiösen Prämissen verläuft der Pfad der Weisheit über Meditation und mystische Erkenntnis. Der Vernunft zu huldigen, besteht hier kein Grund.

    Der kritische Punkt in all dem ist methodologisch. Ganze Jahrhunderte der Meditation werden niemals ein empirisches Wissen hervorbringen. In dem Maße dagegen, wie die Religion Anstöße dazu gibt, das Werk Gottes zu begreifen, wird das Wissen immer größer werden. Und da man, sofern man etwas gründlich verstehen will, es auch erklären können muss, agiert die Wissenschaft hier als »Magd« der Theologie. Nicht anders sahen sich all jene, die an den großen Errungenschaften des 16. und 17. Jahrhunderts beteiligt waren: als Fährtensucher in den Geheimnissen der Schöpfung.

    Newton, Kepler und Galileo sahen in der Schöpfung ein Buch, das sich der steten Lektüre und Durchdringung darbot. Das wissenschaftliche Genie des 17. Jahrhunderts René Descartes begründete sein Forschen nach den »Gesetzen« der Natur damit, dass es solche Gesetze ja schließlich geben müsse, da Gott vollkommen sei und sich daher »auf eine Weise verhält, die so konstant und unveränderbar wie nur möglich ist«, abgesehen von gelegentlichen Wundern, die er wirkt.

    Umgekehrt gab es solche kritischen religiösen Auffassungen in anderen Gesellschaften nicht, die ansonsten das gleiche Potential zur wissenschaftlichen Entfaltung gehabt hätten – aber eben doch nicht hatten: den chinesischen, griechischen und islamischen.

    China

    Nur drei Jahre bevor sein Co-Autor Alfred North Whitehead erklärte, dass das Christentum die Basis für das wissenschaftliche Streben gelegt habe, wunderte sich Bertrand Russell über das Ausbleiben der Wissenschaft in China. Von seiner militant atheistischen Warte aus betrachtet, hätte es die Wissenschaft in China lange vor Europa geben müssen. Er schrieb: »Obwohl die chinesische Zivilisation bis dato in Dingen der Wissenschaft unzulänglich geblieben ist, steht sie dieser doch nicht feindselig gegenüber, so dass der Ausbreitung ihres Wissens keine Hürden in den Weg gelegt sind wie seitens der Kirche in Europa.«

    Trotz seiner Überzeugung, dass China bald darauf den Westen bei weitem überrunden werde, konnte Russell nicht erkennen, dass es sehr wohl religiöse Hindernisse waren, die die chinesische Wissenschaft beeinträchtigten.

    Obwohl die einfachen Leute in China über Jahrhunderte sehr viele und verschiedenartige Gottheiten verehrten, allesamt von kleinem Rang und oft mit nur wenigen Charaktermerkmalen versehen, rühmten sich die chinesischen Intellektuellen, dass sie »gottlosen« Religionen folgten.

    In diesen stellt das Übernatürliche eine Essenz dar, vielleicht auch ein das Leben bestimmendes Prinzip – wie etwa das Tao –, das unpersönlich ist, unnahbar, aber ganz bestimmt kein Wesen. Wie kleine Gottheiten kein Universum erschaffen, bewerkstelligen unpersönliche Essenzen oder Prinzipien dies ebenso wenig – das Tun schlechthin scheint ihnen fernzuliegen.

    Das Universum, so wie die chinesischen Philosophen es auffassen, ist und war einfach schon immer da. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass es rationalen Gesetzen entsprechend funktioniere oder man es eher unter physikalischen, denn mystischen Gesichtspunkten betrachten sollte. Demzufolge haben chinesische Intellektuelle über Jahrtausende hinweg »Erleuchtung« gesucht und keine Erklärungen.

    Zu diesem Schluss kam die große Autorität auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte, Joseph Needham, der fast seine ganze Laufbahn und viele Bücher der chinesischen Technologie-Entwicklung widmete. Nachdem er jahrzehntelang eine materialistische Erklärung gesucht hatte, kam er schließlich zu der Einsicht, dass die Chinesen bei der Entwicklung ihrer Wissenschaft aus religiösen Gründen gescheitert sind und die chinesischen Intellektuellen deshalb nicht an Naturgesetze glauben konnten, weil »die Vorstellung eines himmlischen Gesetzgebers, der einer nicht-menschlichen Natur Befehle erteilt, sich nie entwickelt hat«.

    Und Needham fuhr fort: »Es war nicht so, dass es für die Chinesen keine Ordnung in der Natur gegeben hätte. Doch war das keine Ordnung, die ein rationales, persönliches Wesen festgelegt hatte, weshalb es auch keinen Glauben daran gab, dass andere rationale und persönliche Wesen in ihren unbedeutenderen weltlichen Sprachen den göttlichen Gesetzestext ausbuchstabieren könnten, den Er einstmals festgelegt hatte.

    Die Taoisten hätten eine solche Idee schon deshalb abgelehnt, weil sie gegenüber der Feinsinnigkeit und Komplexität des Universums, so wie sie es sich vorstellten, zu naiv sei.« Ganz genau.

    Graeme Lang, respektierter Anthropologe der städtischen Universität Hongkong, verwarf vor einigen Jahren die Ansicht, dass der Einfluss von Konfuzianismus und Taoismus auf die chinesischen Intellektuellen für die Fehlentwicklung der dortigen Wissenschaft verantwortlich gewesen seien. Kultur sei stets flexibel, so Lang, und »wenn chinesische Gelehrte wissenschaftlich hätten arbeiten wollen, hätte die Philosophie allein nie ein ernsthaftes Hindernis sein können«.

    Das mag sein. Doch stellte Lang die Grundfrage nicht: Warum wollten die Gelehrten denn keine Wissenschaft betreiben? Weil, wie Whitehead, Needham und viele andere festgestellt haben, den Chinesen die Möglichkeit der Wissenschaft gar nicht bewusst wurde. Grundlegende theologische und philosophische Annahmen entscheiden sehr wohl darüber, ob jemand die Wissenschaft in Angriff nehmen will. Die westliche Wissenschaft entstand aus der enthusiastischen Überzeugung heraus, dass der menschliche Intellekt die Geheimnisse der Natur entschlüsseln könne.

    Griechenland

    Über Jahrhunderte schienen die alten Griechen an der Schwelle zum wissenschaftlichen Aufbruch zu stehen. Es gefiel ihnen, die natürliche Welt mit angemessen abstrakten und allgemeinen Prinzipien zu erklären. Einige von ihnen beleuchteten die Natur systematisch – und das, obwohl Sokrates Empirismen wie die astronomische Beobachtung als »Zeitverschwendung« abtat und Platon ihm nur zustimmen konnte, wobei er seinen Studenten empfahl, »den Sternenhimmel in Frieden zu lassen«.

    Auch bildeten griechische Gelehrte Netzwerke – die berühmten philosophischen »Schulen«. Doch war alles, was sie letztlich zustande brachten, nicht- oder sogar anti-empirische, spekulative Philosophie, nicht-theoretische Kompilationen von Tatsachen, isolierte Zünfte und Technologien – ein wissenschaftlicher Durchbruch hat nie stattgefunden.

    Dafür gab es drei Gründe.

    Erstens waren die Götter, wie die Griechen sie sich vorstellten, nicht wirklich als bewusste Schöpfer aufzufassen.

    Zweitens begriffen die Griechen das Universum nicht nur als ewig und unerschaffen, sondern als eingeschlossen in endlose Zyklen von Fortschritt und Verfall.

    Drittens verwandelten die Griechen, die ja auch die Himmelskörper als echte Götter ansahen, leblose Objekte in lebendige Kreaturen mit Zielen, Gefühlen und Wünschen – wodurch sie dem Streben nach physikalischen Theorien einen Strich durch die Rechnung machten.

    Von all den Göttern, die das himmlische Pantheon der Griechen bevölkerten, brachte keiner und nicht einmal Zeus die nötige Befähigung als Schöpfer eines Gesetzen unterworfenen Universums mit. Nicht anders als die Menschen waren auch die Götter dem unerbittlich waltenden Kreislauf aller Dinge unterworfen.

    Einige griechische Gelehrte, etwa Aristoteles, postulierten zwar einen allmächtigen »Gott«, in dessen Betätigungsfeld das gesamte Universum fällt, doch sahen sie in ihm, ähnlich wie das Tao, lediglich eine Essenz. Ein solcher Gott verlieh einem zyklischen Universum und dessen hypothetischen, abstrakten Eigenschaften eine gewisse spirituelle Aura, doch blieb »Gott«, da er ja nur eine Essenz war, praktisch immer tatenlos.

    Platon wiederum ging von einem sehr geringwertigen Gott als Schöpfer der Welt aus, dem Demiurgen, denn für ein solches Unternehmen sei der höchste »Gott« allzu vergeistigt und entrückt gewesen. Aus diesem Grund sei die Welt auch so unvollkommen. Viele Gelehrte hatten Zweifel daran, ob Platons Postulat des Demiurgen wörtlich zu verstehen sei.

    Doch gleichgültig, ob er ein wirklicher oder metaphorischer Schöpfer war – der Demiurg Platons erblasst vor einem allmächtigen Gott, der das Universum aus dem Nichts hat entstehen lassen.

    Außerdem war für Platon das Universum nicht im Einklang mit wirkmächtigen Prinzipien erwachsen, sondern mit Idealen. Diese stellten vor allem musterhafte Formen dar. So gesehen, konnte das Universum nichts Handfestes, sondern bloß eine Sphäre sein, denn diese war seine symmetrische und perfekte Form.

    Auch konnten die Himmelskörper nur in einem Kreis rotieren, da diese Bewegungsform als die allerperfekteste angesehen wurde. Als Sammlung apriorisch angestellter Mutmaßungen war Platons Idealismus für die Entdeckung und Erkenntnis lange Zeit ein echtes Hindernis – noch Jahrhunderte später war es sein unerschütterlicher Glaube an ideale Formen, der Kopernikus von dem Gedanken abhielt, dass die Planetenbahn nicht kreisförmig, sondern elliptisch sein könnte.

    In mancherlei Hinsicht ist es seltsam, dass die Griechen überhaupt nach Wissen und Technologie gestrebt haben, da sie die Idee des Fortschritts doch für das Seins-Modell eines endlosen Kreislaufs aufgaben.

    Platon war immerhin noch der Ansicht, dass das Universum geschaffen wurde. Andere griechische Gelehrte betrachteten es stattdessen als unerzeugt und einfach ewig. Aristoteles verurteilte die Vorstellung, »dass das Universum zu einem bestimmten Zeitpunkt ins Dasein gekommen ist … als undenkbar«.

    Obwohl die Griechen das Universum als ewig und unveränderlich ansahen, berücksichtigten sie die unübersehbare Tatsache, dass Geschichte und Kulturen sich ständig veränderten, dies aber nur in den Grenzen einer endlosen Wiederholung. In seinem Werk „Über den Himmel“ schrieb Aristoteles, dass »die Menschen die gleichen Ideen nicht ein- oder zweimal haben, sondern immer und immer wieder« und in seiner Politik betonte er, dass alles »mehrfach im Laufe des Weltalters erfunden wurde, oder im Laufe einer Zeit ohne Ziffern«.

    Da er außerdem in einem Goldenen Zeitalter lebte, war die Technologie auf einem höchsten zu erreichenden Niveau, was weiteren Fortschritt entbehrlich machte. Was Erfindungen betraf, galt auch für Individuen – ein und derselbe Mensch wurde wieder und wieder geboren, während die blinden Zyklen des Universums vor sich hin kreisten. Laut Chrysippos in seinem verschollenen Werk „Über den Kosmos“ lehrten die Stoiker, dass »der Unterschied zwischen einer früheren und jetzigen Existenz bloß äußerlich und zufällig ist; doch führen diese Unterschiede nicht zu einem neuen Menschen, der sich von seinem Gegenstück aus einem früheren Weltalter unterscheidet«.

    Im Universum selbst sei, Parmenides zufolge, jeder Eindruck von Veränderung bloße Illusion, da das »unerschaffene und unzerstörbare« Universum sich in einer konstanten Perfektion befinde, »in dem alles vollständig, ortsfest und endlos ist«.

    Andere einflussreiche Griechen wie die Ionier lehrten, das Universum sei zwar unbegrenzt und ewig, jedoch seinerseits der Abfolge unendlicher Kreisläufe unterworfen. Platon sah das etwas anders, doch glaubte auch er felsenfest an Zyklen und dass, durch ein ewiges Gesetz bewirkt, auf jedes Goldene Zeitalter Chaos und Zusammenbruch folgen müssten. Schließlich ließen die Griechen es sich nicht nehmen, den Kosmos sowie unbelebte Dinge im Allgemeinen in lebende Wesen zu verwandeln.

    Platon lehrte, der Demiurg habe den Kosmos als »einzelnes sichtbares lebendiges Gebilde« geschaffen, wodurch auch der Welt eine Seele zukomme. Obwohl sie »alleinsteht«, sei sie »durch ihre Vortrefflichkeit in der Lage, sich selbst Gesellschaft zu leisten, wobei sie keine weiteren Bekanntschaften oder Freunde braucht, sondern sich selbst genügt«.

    So man aber Mineralien Leben zuerkennt, geht die Erklärung natürlicher Phänomene notwendig in eine falsche Richtung. Man schreibt dann den Grund, warum ein Gegenstand sich bewegt, Motiven zu und nicht natürlichen Ursachen. Von den Stoikern, insbesondere von Zenon, dürfte die Idee stammen, den Gang des Kosmos auf der Basis seiner willentlichen Vorsätze zu erklären, doch wurde sie bald Allgemeingut. So bewegten sich Aristoteles zufolge die Gestirne in Kreisen, weil ihnen diese Bewegung so gut gefiel und Dinge fielen deswegen zu Boden, »weil sie eine angeborene Liebe für den inneren Kern der Welt empfinden«.

    Letztlich wurden die griechischen Denkschulen durch ihre eigene innere Logik auf ein totes Gleis gefahren. Nach Platon und Aristoteles gab es bis auf einige Erweiterungen der Geometrie kaum mehr Neues. Als Rom die griechische Welt in sich eingliederte, begrüßte es die griechischen Denkschulen – ihre Gelehrten hatten den gleichen Erfolg unter der Republik wie unter Caesar.

    Auch im Byzantinischen Reich sollten die Denkschulen nicht untergehen, doch misslang ihnen hier erneut jede Innovation. Der Niedergang Roms behinderte die Ausbreitung des menschlichen Wissens nicht mehr als die »Genesung« des griechischen Denkens, die diesen Prozess wieder neu beginnen ließ.

    Das griechische Denken war ein Hindernis für den Aufstieg der Wissenschaft! Es führte weder die Griechen noch die Römer zu einem wissenschaftlichen Verständnis und erstickte zudem den intellektuellen Fortschritt im Islam, wo es ebenfalls sorgfältig studiert und aufrechterhalten wurde.“

    Stark, Rodney. Der Sieg des Abendlandes. Christentum und kapitalistische Freiheit (Edition Sonderwege bei Manuscriptum) (German Edition) (S.26-33). Manuscriptum Verlagsbuchhandlung Thomas Hoof KG. Kindle-Version.

    1. Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, die Argumentation von Rodney Stark auf vier Seiten zusammenzufassen. Aus meiner Sicht auch durchaus nachvollziehbar. Den Griechen kommt auf jeden Fall das Verdienst zu, dass sie wichtige Vorarbeit geleistet haben für die Durchsetzung des Christentums im gesamten Mittelmeerraum. Darin ist Daniel Precht sicherlich zuzustimmen. Und für die Renaissance gingen von deren Schriften, dank der Verbreitung durch die spanischen Araber, wichtige Impulse aus.

    2. @Imo:
      Siehe auch das Buch von Thomas E. Woods „How the Catholic church built western Civilization“.
      Dennoch bleibt die Verschwisterung der christlichen Theologie mit der griechischen Philosophie eine wichtige Tatsache und ein Unterschied etwa zum Islam, siehe dazu auch vom Orientalisten Hans-Peter Raddatz „Von Gott zu Allah?“.
      Der Apostel Paulus zitiert auf dem Areopag in Athen die beiden stoischen Dichter und Philosophen Aratos (zum höchsten Gott) und Kleanthes (zum göttlichen Logos, bei ihm die „Weltseele“ und „Weltvernunft“). Dies ist Teil der Logos-Theologie des Christentums. Dieser Logos als „Weltseele“ und Weltgesetz im Sinne der Stoiker entspricht der göttlichen Schöpfungsordnung des Kosmos. Im Taoismus/Daoismus wird dieser Logos der Stoiker das Tao/Dao genannt. Im Hindhuismus das Brahman.
      In der hermetischen Philosophie der Hermetik auch der Makrokosmos, beim Heiligen und Kirchenlehrer Thomas von Aquin und beim Dichter Dante Alighieri der Limbus. Dies ist die seelisch-psychische Ebene, welche zwischen der körperlich-materiellen Ebene einerseits und der geistig-spirituellen Ebene andererseits mittelt und vermittelt. Die griechischen Philosophen haben von diesem LOGOS auch ihre LOGIK und ETHIK abgeleitet.
      Dies widerspricht allerdings auch dem Deismus seit Isaac Newton – obwohl dieser selbst noch intensiv im Bereich Numerologie bzw. Zahlen-Mystik in der Bibel und auch im Bereich Alchemie forschte. Siehe dazu auch Philo(n) von Alexandrien zum göttlichen Logos und die „Weisheitsliteratur“ im alten Testament der Bibel usw.

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