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Was bedeutet die kirchliche Anerkennung einer Privatoffenbarung?

Was sagt hierzu das päpstliche Schreiben „Verbum Domini“?

Die katholische Kirche unterscheidet grundsätzlich zwischen der göttlichen Offenbarung (auch „öffentliche Offenbarung“ genannt)  –  und den sog. Privatoffenbarungen (Erscheinungen, Visionen), von denen sie die wenigsten anerkannt hat (unter 1%).

Die „göttliche Offenbarung“ ist  – so lautet ein katholisches Axiom  –  mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen, also mit dem „Ende der apostolischen Zeit“, wie Theologen dies meist formulieren. (Ein „Axiom“ ist eine Denkvoraussetzung, ein grundlegender Vorgedanke, der diversen Einzelgedanken vorausgeht und sie mitprägt.)

Die Offenbarung Gottes ist in der Heiligen Schrift niedergelegt, in der kirchlichen Überlieferung verbürgt und wird vom kirchlichen Lehramt behütet, verteidigt und ausgelegt   –  der fundamentale Dreiklang lautet also: Bibel, Tradition, Lehramt.  –  Daran sollen sich alle kath. Gläubigen verbindlich orientieren.

Katholiken dürfen überdies auch an „Privatoffenbarungen“ glauben,  wenn  diese kirchlich approbiert (anerkannt, genehmigt) sind  –  doch sie müssen nicht.

Eine Anerkennung ist also kein Befehl (kein „Muß“), durchaus auch keine Aufforderung (kein „Soll“), sondern lediglich eine Erlaubnis (ein „Darf“).  Kirchlich abgelehnte  „Erscheinungen“ sollen Katholiken ohnehin  meiden.

Anerkannte Privatoffenbarungen sind nicht nur keine Dogmen (also keine unfehlbaren Glaubenssätze), sondern sie gehören auch nicht zum sog. „Glaubensgut“,  sind folglich kein Bestandteil der amtlichen kirchlichen Verkündigung.

Dies wird im  KKK, dem „Katechismus der Katholischen Kirche“  –  auch als sog. „Weltkatechismus“ bekannt  –  festgehalten. Dort heißt es unter Nr. 67:  „Im Laufe der Jahrhunderte gab es sog. „Privatoffenbarungen“, von denen einige durch die kirchliche Autorität anerkannt wurden; sie gehören jedoch nicht zum Glaubensgut.“

Soweit unsere „Vorrede“ bzw. Einführung.

Nun zur päpstlichen Verlautbarung „Verbum Domini“, einem nachsynodalen „Apostolischen Schreiben“ vom 30.9.2010, das sich mit dem „Wort Gottes“ befaßt.  –  Im 14. Kapitel schreibt Papst Benedikt XVI. über die Ausführungen der Bischofsynode in Rom:

Folglich hat die Synode empfohlen, »den Gläubigen zu helfen, das Wort Gottes von Privatoffenbarungen zu unterscheiden«. Diese »sind nicht dazu da, die endgültige Offenbarung Christi … zu „vervollständigen“, sondern sollen helfen, in einem bestimmten Zeitalter tiefer aus ihr zu leben«.

Der Wert der Privatoffenbarungen ist wesentlich unterschieden von der einer öffentlichen Offenbarung: Diese fordert unseren Glauben an, denn in ihr spricht durch Menschenworte und durch die Vermittlung der lebendigen Gemeinschaft der Kirche hindurch Gott selbst zu uns.

Der Maßstab für die Wahrheit einer Privatoffenbarung ist ihre Hinordnung auf Christus selbst. Wenn sie uns von ihm wegführt, dann kommt sie sicher nicht vom Heiligen Geist, der uns in das Evangelium hinein- und nicht aus ihm herausführt. Die Privatoffenbarung ist eine Hilfe zu diesem Glauben, und sie erweist sich gerade dadurch als glaubwürdig, dass sie auf die eine öffentliche Offenbarung verweist.

Die kirchliche Approbation einer Privatoffenbarung zeigt daher im wesentlichen an, dass die entsprechende Botschaft nichts enthält, was dem Glauben und den guten Sitten entgegensteht; es ist erlaubt, sie zu veröffentlichen, und den Gläubigen ist es gestattet, ihr in kluger Weise ihre Zustimmung zu schenken.“

Zunächst wird der wesentliche Unterschied zwischen der göttlichen (öffentlichen) Offenbarung und einer Privatoffenbarung erläutert. Sodann wird geklärt, daß eine kirchliche Anerkennung es den Gläubigen „gestattet“, einer Privatoffenbarung „in kluger Weise ihre Zustimmung zu schenken“.

Warum heißt es einschränkend „in kluger Weise“?

Weil selbst eine kirchlich genehmigte Privatoffenbarung kein „fünftes Evangelium“ darstellt, weil sie nicht zum Glaubensgut gehört  –  das mögen  jene Gläubige berücksichtigen, die einer anerkannten Privatoffenbarung zustimmen. Der Glaube an eine approbierte „Erscheinung“ soll somit frei von jedem Übereifer, geschweige Fanatismus sein, sie sollte sich vielmehr „in kluger Weise“ artikulieren, wie das päpstliche Schreiben festhält.

Nachdem Papst Benedikt diesen Punkt geklärt hat, erläutert er den möglichen pastoralen Sinngehalt von Privatoffenbarungen für die Frömmigkeit der einzelnen Gläubigen:

„Eine Privatoffenbarung kann neue Akzente setzen, neue Weisen der Frömmigkeit herausstellen oder alte vertiefen. Sie kann einen gewissen prophetischen Charakter besitzen (vgl. 1Thess 5,19-21) und eine wertvolle Hilfe sein, das Evangelium in der jeweils gegenwärtigen Stunde besser zu verstehen und zu leben; deshalb soll man sie nicht achtlos beiseite schieben. Sie ist eine Hilfe, die angeboten wird, aber von der man nicht Gebrauch machen muss. Auf jeden Fall muss es darum gehen, dass sie Glaube, Hoffnung und Liebe nährt, die der bleibende Weg des Heils für alle sind.“

Der Papst erwähnt erneut, daß anerkannte Privatoffenbarungen eine Hilfe sein „können“, von der man aber „nicht Gebrauch machen muß“.

Ergänzend sei überdies auf Thomas von Aquin hingewiesen: „Cognitum est in cognoscente secundum modum cognoscentis.“ (Summa theol., I, Q. XII, art. 4)

Das bedeutet: Der Empfänger einer Privatoffenbarung versteht  und schildert diese immer entsprechend seiner Fassungskraft   –  sowohl in psychologischer wie in religiöser und intellektueller Hinsicht.  Also auch dann, wenn eine Privatoffenbarung himmlischen Ursprungs ist, kommt sie nicht „eins-zu-eins“ beim Menschen an, sondern geht durch seinen Verstand, seine Sinne, seine Gefühle, seine Sprachwelt etc.,  was stets zu beachten ist.

Nun ein weiterer wegweisender Hinweis:

Kardinal Prosper Lambertini, der spätere Benedikt XIV. (1740-1758), schrieb als Chef des Hl. Offiziums (früherer Name für die vatikanische Glaubenskongregation) in seinem bekannten Werk „De servorum Dei beatificatione et sanctificatione“  folgende Richtlinien über Erscheinungen bzw. Offenbarungen, die kirchlich anerkannt sind:

„Was hat man von den Offenbarungen zu halten, die der Heilige Stuhl approbiert hat (…)

Ich antworte darauf, daß ein Akt göttlichen Glaubens ihnen gegenüber weder notwendig noch möglich ist, sondern nur ein Akt menschlichen Glaubens nach den Regeln der Klugheit, die sie uns als wahrscheinlich und fromm glaubwürdig vorstellen.

Da also die Kirche die Verantwortlichkeit für sie nicht übernimmt, so bleibt die Frage: Welche Autorität haben dann schließlich die Privatoffenbarungen? Sie haben den Wert des Zeugnisses der Person, welche sie berichtet, nicht mehr und nicht weniger. Diese Person ist aber niemals unfehlbar.“

Diese Beispiele mögen genügen, um die kirchliche Nüchternheit bei der Beurteilung von „Privatoffenbarungen“ aufzuzeigen und ihren Stellenwert in der Gesamtschau des Glaubens zu verdeutlichen.

Felizitas Küble, Leiterin des Christoferuswerks und des KOMM-MT-Verlags in Münster

Kommentare

2 Antworten

  1. Danke für diesen Beitrag und ich hoffe, daß viele ihn lesen und verstehen…als Beispiel sei hier „Die Warnung“ genannt, sie erhebt den Anspruch eine Offenbarung zu sein, die notwendig sei um bei der Warnung errettet zu werden oder Andere zu erretten (durch Gebet).
    Sie erhebt auch den Anspruch neue heilbringende Gebete zu verkünden (Stichwort: Kreuzzug des Gebetes); diese sollen gebetet werden, daß viele Menschen dadurch gerettet werden.
    Jesus Christus hat uns das Vater-Unser gegeben und Maria den Rosenkranz. Brauchen wir neue Gebete? Wir können aktuelle Belange in Fürbitten formulieren und diese bei der Messfeier vorbringen. Aber brauchen wir einen „Kreuzzug des Gebetes“, wie er in der Warnung gefordert wird? (Wobei das Wort „Kreuzzug“ auch schon einen bitteren Beigeschmack hat)
    Naja, „Die Warnung“ sollte man ja auch nicht ernst nehmen, aber manchmal nehme ich sie zu ernst…;-)

    1. …achso, weil es mir gerade einfällt…und zwar hat heute der hl. Vater in der Predigt davon gesprochen, daß man von dem intellektuellen Roß heruntersteigen soll um die Menschwerdung Christi zu verstehen, dabei hat er aber nicht gemeint, daß man beim Glauben den Verstand ausschalten soll…;-). Mir liegt es fern den hl. Vater zu kritisieren und ich weiß auch, daß er einer der letzten ist, die ihren Verstand ausschalten…ich weiß und bestimmt auch andere, wie es gemeint war…aber es klang fast so wie Öl in das Feuer „Der Warnung“, die auch sowas gesagt hat, wobei es in einem anderen Kontext verwendet wurde…da wurde der gesamte Glauben gemeint. ;-). Der hl. Vater meinte aber nur, daß das Wunder der Menschwerdung Gottes von uns niemals „wissenschaftlich“ verstanden werden kann und wir das Geschenk der Erlösung, in einem kleinen Kind finden können, der Gott ist und war; welcher Verstand kann das fassen?

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