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Zeitdokument: Erzbischof Müllers klare Verteidigung von „Dominus Jesus“ gegenüber modernistischen Theologen

Vor 12 Jahren: Kritik von Prof. Dr. Gerhard Ludwig Müller an der Erklärung deutscher Dogmatiker gegen „Dominus Iesus“

Als Joseph Kardinal Ratzinger, der damalige Chef der römischen Glaubenskongregation, vor 12 Jahren die Erklärung „Dominus Iesus“ (zu deutsch: Christus, der HERR) herausbrachte, ging ein Sturm der Empörung durch den linksliberalen Blätterwald, aber auch durch viele theologische Hochschulen, hatte die vatikanische Stellungnahme sich doch klar zum Absolutheitsanspruch Christi, zum Wahrheitsanspruch des Christentums und zur katholischen Kirche als göttlicher Stiftung Christi bekannt.
Gerade  der klar formulierte „Wahrheitsanspruch“ trifft das relativistische Zeitgefühl von heute und einen pseudo-intellektuellen „Skeptizismus“ besonders schmerzlich; insofern war das „Aufheulen der Wölfe“ in Medien und Öffentlichkeit nicht weiter erstaunlich.
Doch auch innerkirchlich war die römische Erklärung „Dominus Iesus“ heiß umstritten. Selbst Kirchenvertreter distanzierten sich davon, darunter kein Geringerer als Kurienkardinal Walter Kasper, einst Theologieprofessor in Tübingen.
Sogar einige deutsche Bischöfe kritisierten öffentlich die Erklärung der Glaubenskongregation, z.B. die Oberhirten von Trier (Hermann J. Spital) und von Erfurt (Joachim Wanke).

Während es also  nicht nur auf weltlicher Ebene, sondern auch in der kirchlichen Debatte drunter und drüber ging, gab es unter den wenigen prominenten Verteidigern einen Theologieprofessor, der sich eindeutig zu „Dominus Iesus“ bekannte und auf die Seite des katholischen Glaubens und des Vatikan stellte:
Prof. Dr. Gerhard Ludwig Müller, seit kurzem Präfekt der Glaubenskongregation. Damals war Müller noch kein Bischof (seine Ernennung erfolgte zwei Jahre später), sondern Dogmatikprofessor in München.
Prof. Müller besaß den für heutige Theologen eher ungewöhnlichen Mut, sich in dieser „heißen Sache“ gegen  die Ansichten zahlreicher „Kollegen“ zu stellen.
Er brachte die Dinge zudem teilsweise recht griffig auf den Punkt, zB. mit den Worten:
„Mit dieser ständigen Bockigkeit und Meckerei gegen Rom werden wir niemanden vom Evangelium überzeugen oder die Abständigen wieder mit der Kirche versöhnen.“
In der „Deutschen Tagespost“ wurde am 5.10.2000 unter dem Titel „Nur griesgrämig die alten Klischeebilder bedient“ eine deutliche Entgegnung Prof. Müllers veröffentlicht;  darin kritisiert er konkret eine gegen Rom gerichtete Erklärung der „Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Dogmatiker und Fundamentaltheologen“.
Hier folgt nun der vollständige Wortlaut der damaligen Stellungnahme des Dogmatikprofessors, die gerade in dieser jetzigen Zeit von Interesse ist:

Prof. Dr. Gerhard Ludwig Müller verteidigt „Dominus Iesus“:

„Die Arbeitsgemeinschaft der Dogmatiker und Fundamentaltheologen hat bei ihrer Tagung am 20./21. September 2000 in Freising eine Erklärung zur Erklärung  der Glaubenskongregation abgegeben und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Leider konnten viele namhafte Vertreter nicht an dieser Tagung teilnehmen. Anwesende Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft berichten, dass über „Dominus Iesus“ inhaltlich nicht gesprochen wurde.
Somit kann diese „Erklärung zur Erklärung“ keineswegs in Anspruch nehmen, von einer qualifizierten Mehrheit der Fachvertreter der systematischen Theologie mitgetragen zu werden.
Sachunkundiges Gerede statt sachlicher Argumentation
Die Freisinger Erklärung beschränkt sich darum wohlweislich auf die Situation, die durch „Dominus Iesus“ entstanden sei. Es handle sich aber auch dabei nicht um die Situation, die für die Theologie des interreligiösen und ökumenischen Gesprächs entstanden ist und die geradezu schreit nach sachlichen Argumentationsgängen.
Es handelt sich lediglich um eine Erklärung zur Situation, die durch das Echo in der oft wenig sachkundigen medienveröffentlichten Meinung hervorgerufen worden ist.
Soll nun aber wirklich das öffentliche Gerede der Sachunkundigen zum Richter  in Glaubensfragen ernannt und das Wort Gottes und das Bekenntnis der Kirche auf den zweiten Rang verwiesen werden?
Nur ganz allgemein bedauert die Freisinger Erklärung der Dogmatiker und Fundamentaltheologen die „Klimaverschlechterung“: Gewachsenes Vertrauen sei zerstört worden, das Dokument der Glaubenskongregation betreibe eine restriktive Auslegung des Konzils und berücksichtige nicht die neueren ökumenischen Dialogergebnisse.
Leider haben die Verfasser der Freisinger Erklärung die literarische Gattung eines lehramtlichen Dokuments übersehen und es offenbar mit einer Zulassungsarbeit verwechselt, die es zu korrigieren und zu benoten gilt.
Wer sich jedoch die Mühe macht, das vatikanische Dokument zu studieren, statt darüber zu lamentieren, und seine Meinung dazu nicht  –  second hand  – aus den Medien bezieht, wird erkennen, dass das Zweite Vatikanische Konzil darin nicht interpretiert, sondern einfach zitiert wird.
Ausgehend vom katholischen Kirchenverständnis, wie es in der Dogmatischen Konstitution „Lumen gentium“ und im Ökumenismusdekret „Unitatis redintegratio“ auf der Basis der apostolischen Lehre von Schrift und Tradition entfaltet wird, ergibt sich keineswegs die Möglichkeit, die aus der Reformation hervorgegangenen Konfessionen und Landeskirchen als Kirchen im katholischen  Sinn des Wortes zu interpretieren.
In den ökumenischen Gesprächen seit dem Konzil wurden in der Tat bemerkenswerte Annäherungen erzielt und ganz grobe Missverständnisse, Voreingenommenheiten und Pauschalabfertigungen der jeweils anderen  Bekenntnisgemeinschaft überwunden.
Umso mehr aber traten die gravierenden, d. h. den Glauben berührenden Unterschiede hervor. Durch ein bagatellisierendes Überspielen der Differenzen  kommt man sich vielleicht emotional näher. Wichtiger aber wäre eine engagierte Rationalität.
Statt sich allgemein im Wehklagen über ökumenisches Klima und Atmosphären zu ergehen, als ob die Theologie von meteorologischen Messungen abhängig wäre, müssten Theologen versuchen, eine sachliche und argumentative Lösung in den so schwierigen Fragen wie der Eucharistie, der apostolischen Sukzession, des  petrinischen Primats und des sakramentalen Verständnisses des Verkündigungs- und Hirtenamtes vorzubereiten.
Sentimentale Betroffenheitserklärungen zeigen nur, wie notwendig es war, den sachlichen Unterschied zwischen  katholischem und evangelischem Kirchenverständnis herauszustellen.
„Dominus Iesus“ hat der Ökumene einen großen Dienst erwiesen und wird sich auf die Dauer positiv und fördernd für den Weg hin zur vollen Gemeinschaft  der Christen in der einen Kirche erweisen.
Evangelische Theologen scheuen sich nicht, die sachliche Differenz zu bezeichnen. Uwe Simon-Netto hat in einem mit „Schluss der Ökumanie“ überschriebenen „Zwischenruf eines orthodoxen Lutheraners“ die Klarstellung von „Dominus Jesus“ ausdrücklich begrüßt und die Forderungen nach einer gemeinsamen Eucharistiefeier aus den Reihen der protestantischen Theologen folgendermaßen zurückgewiesen: „Jetzt soll diese heiligste Handlung zu einem Versöhnungszeremoniell verkitscht werden, ohne das wir uns darüber verständigt hätten, was am Altar überhaupt geschieht“ (Rheinischer Merkur, 22. 9. 2000).
Von katholischer Seite hat man dagegen oft nur ein verlegenes Abwiegeln vernommen.
Es geht um die Verhältnisbestimmung von Kirche als unsichtbarer Gnadengemeinschaft und ihrer sichtbaren Gestalt und Verfassung, die nach katholischer Auffassung nicht Menschenwerk, sondern göttliche Stiftung ist.
Absurd, von einer Beleidigung zu sprechen
Wer auch  nur ein wenig die protestantische Theologie aus deren Bekenntnisschriften  kennt, weiß, dass es danach die eine sichtbare Kirche überhaupt nicht geben kann, sondern nur viele kirchliche Gemeinschaften, unter die auch die katholische Kirche subsumiert wird.
Es ist darum absurd, die bloße Benennung des eigenen Kirchenverständisses der evangelischen  Christenheit als eine Beleidigung der evangelischen Christen aufzufassen und sich gar noch von der Kanzel herab beim evangelischen Nachbarpfarrer dafür zu entschuldigen, wie es hier und da in Deutschland vorgekommen sein soll.
In „Dominus Iesus“ ist übrigens keineswegs den Protestanten das Kirchesein, geschweige denn das Christsein abgesprochen worden. Evangelische  Christen sind aufgrund der Taufe und des Glaubensbekenntnisses zum dreifaltigen Gott und zu Christus als alleinigen Heilsmittler (solus Christus mediator) wirklich unsere Brüder und Schwestern im Christusglauben.
Wenn ihre Landeskirchen dennoch nicht Kirchen im eigentlichen Sinn genannt werden, dann ist damit gesagt, das der Typus ihres Kirchenbegriffes  sich vom Typus des katholischen  und orthodoxen Kirchen unterscheidet. Da die katholische und die orthodoxen Kirchen das gleiche Grundverständnis von Kirche als Sakrament des Heils der Welt in Christus haben und die orthodoxen Kirchen nicht Konfessions- und  Landeskirchen, sondern Ortskirchen sind, kann man dies auch in dem Wort Schwesterkirchen ausdrücken,  wie es sich neuerdings eingebürgert hat.
Rechtfertigende Gnade und rechtfertigender Glaube
Den Protestanten wird das Kirchesein  in dem Sinne, wie sie  es selbst verstehen, durchaus  zugestanden. Denn sie verstehen Kirche als die unsichtbare Gemeinschaft aller Christen im rechtfertigenden Glauben, die je und je sichtbar wird, wo sich die Glaubenden im Hören des Wortes, zum Bekenntnis und zur Gottesverehrung versammeln. Gemeinsam  mit den Evangelischen bekennen Katholiken, dass Gott auch außerhalb  des Christentums seine rechtfertigende Gnade zuteil werden  lassen kann  –  und zwar denen, die Christus ohne eigene  Schuld (noch) nicht kennen (vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Lumen gentium,16).
Der Glaube jedoch, der rechtfertigt, ist  –  im Gegensatz zur Meinung des Theologen Peter Hünermann  in seiner gleichzeitig mit der Freisinger Erklärung verbreiteten Stellungnahme  –  unlösbar verknüpft mit dem Hören und Bekennen des Wortes (Röm 1o, 17).  Wer mit dem Herzen glaubt, das „Gott Jesus von den Toten auferweckt hat“ und mit dem Mund bekennt, „Jesus ist der Herr“, wird Gerechtigkeit und Heil erlangen (Röm 10, 9).
Protestantisch gesehen kann es durchaus mehrere, organisatorisch voneinander getrennte kirchliche Gemeinschaften geben. Dass es zur Zeit mindestens dreihundert bis vierhundert „Kirchen“ weltweit gibt, sehen sie nicht als Widerspruch zum Wort Jesu, der zu Petrus sagte: „Du bist der Fels, auf den ich meine Kirche bauen werde“ (Mt 16,  18).
Jesus sprach weder hier noch anderer Stelle  von Konfessionskirchen im Plural. Kirchen im Plural gibt es nur als ortskirchliche Verwirklichung der einen  apostolischen und katholischen Kirche Gottes. Die Communio ecclesiarum bildet sich aus den Ortskirchen und nicht aus Konfessionskirchen.
Nicht Unterwerfung, sondern Gemeinschaft mit dem Papst
Im Übrigen sollte man endlich das alte Schreckgespenst der Rekatholisierung und demütigenden Rückkehr der unbotmäßigen evangelischen Christen  aus dem Repertoire konfessionellen Haders nehmen.
Es geht nach katholischer Sicht darum, das sich aus den  Landes- und Konfessionskirchen, die im 16. Jahrhundert nur als Provisorium entstanden und immer nur als „Notlösung“ bis zur Wiederversöhnung mit dem Papst und den Bischöfen verstanden wurden, wieder echte örtliche Teilkirchen bilden  in voller Gemeinschaft mit den anderen Teilkirchen.
Der Rahmen dafür ist die biblisch begründete Communio–Ekklesiologie. Es geht also nicht um die „Unterwerfung“ unter den Papst, sondern um die volle Gemeinschaft im Glauben, den Sakramenten und der apostolischen Verfassung der Kirche. Dafür unerlässlich ist allerdings die apostolische Legitimation der Bischöfe sowohl in der Übereinstimmung mit der Lehre der Apostel wie auch in der legitimen Weiterführung ihrer Sendung aufgrund der Bischofsweihe, die ihren Ursprung in der apostolischen Zeit der Kirche hat.
Die Freisinger Erklärung lässt durchaus erkennen, dass sich ihre Verfasser der inhaltlichen Dürftigkeit der Aussagen ihres Dokuments bewusst sind. Um diesem Mangel abzuhelfen, haben ihre  Betreiber die Versammlung bewogen, die Stellungnahme eines ihrer Mitglieder, des Dogmatikers Peter Hünermann, zu unterstützen, die dieser  – freilich ohne Autorisierung von den Mitgliedern  –   für die Deutsche Sektion der „Europäischen Gesellschaft für katholische Theologie“ verfasst hat.
Man kann sich eigentlich nur wundern, dass ein so einseitiger, tendenziöser und theologisch so oberflächlich gearbeiteter Text eines einzelnen emeritierten  Ordinarius die Meinung sämtlicher deutschsprachiger Dogmatiker und Fundamentaltheologen wiedergeben soll. Denn ebenso wenig wie „Dominus Iesus“ wurde der Hünermann–Text inhaltlich diskutiert.
Zugunsten von Peter Hünermann kann man nur vermuten, dass er „Dominus Jesus“ nicht kannte und seine Stellungnahme auf das Medienecho hin verfasst hat.
Was er im Einzelnen anmahnt, z. B. die Heilwirksamkeit Gottes auch außerhalb des Christentums und die kirchliche Dimension des evangelischen Christentums, findet sich in „Dominus Iesus“ und schon im Konzil besser ausgedrückt als in seinem Text.
Auch er verkennt vollkommen das literarische Genus von „Dominus Iesus“. Der antirömische Affekt hat hier kräftig auf die Feder gedrückt und leider mit vielen Tintenklecksen den ursprünglichen Sinn von „Dominus Iesus“ unleserlich gemacht.
Es handelt sich doch dabei nicht um eine professoral zu begutachtende Diplomarbeit, sondern um eine lehramtliche Erklärung des Glaubensbekenntnisses.
Hünermann scheint den Unterschied zwischen einer fachtheologischen und einer  lehramtlichen  Interpretation des Glaubensbekenntnisses und der Konzilsaussagen entfallen zu sein. Jedenfalls führt die oberlehrerhafte Zensur lehramtlicher Dokumente gewiss nicht viel weiter.
Meine Erfahrung mit katholischer Kirche bei vielen Auslandsaufenthalten hat mich ein für alle Mal belehrt: „Am deutschen Wesen sind und werden Kirche und Welt nie genesen.“
Lassen wir doch endlich unser deutsches Überlegenheitsgefühl beiseite. Es ist unbegründet und diskreditiert uns Deutschsprachige nur.
Mit dieser ständigen Bockigkeit und Meckerei gegen Rom werden wir niemanden vom Evangelium überzeugen oder die Abständigen  wieder mit der Kirche versöhnen.
Es wird höchste Zeit, dass sich die deutschsprachigen Länder wieder ins Konzert der Weltkirche einfügen.
Die Hoffnung, dass es hierzulande so etwas wie eine „patriotische Kirche“ (nach chinesischem Modell) geben könnte, getrennt und im Gegensatz zum Nachfolger Petri und den mit ihm in der katholischen Kirche verbundenen Bischöfen, ist so stabil wie eine Seifenblase.
Auch die üblichen Unterstellungen gegenüber Kollegen, denen das „sentire cum ecclesia“ nicht ein bloßes Wort ist, führen zu nichts.
Den jungen Kollegen geht die Larmoyanz auf die Nerven
Die deutsche Universitätstheologie sollte bedenken, dass das Konkordat allein keine Bestandsgarantie von Lehrstühlen und Assistentenstellen bietet.  Die Theologie an den Universitäten kann in einer pluralistischen Gesellschaft nur weiterexistieren durch die inhaltliche Bindung an das Bekenntnis der Kirche.
Die Theologie muss immer „on-line“ zum Lehramt bleiben. Nur so hat sie Zugang zum  Internet von Kirche und moderner Gesellschaft.
Insgesamt kann man nur bedauern, dass die Chance zu einer gründlichen inhaltlichen Auseinandersetzung um die drängenden Fragen um die Einzigkeit Christi im interreligiösen Dialog vertan wurde.
Stattdessen wurden nur griesgrämig altachtundsechziger Klischeebilder bedient. Mit dieser Larmoyanz spricht man den meisten jüngeren Kollegen nicht aus dem Herzen. Man geht ihnen nur auf die Nerven.“
   

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