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Bemerkenswert: Das "Wort zum Sonntag" vom 23.6.2012 zur "Organspende"

Die evangelische Pfarrerin und Religionspädagogin Dr. Adelheid Ruck-Schröder aus Saarbrücken sprach am vergangenen Samstag in der ARD das „Wort zum Sonntag“, das wir hier im vollen Wortlaut wiedergeben:
Organspende  –  christliche Sichtweisen
Wir werden demnächst alle Post bekommen. Denn jetzt ist es auch im Bundesrat durch, das neue Gesetz zur Organspende. Unsere Krankenkassen werden die Briefe verschicken. Jeder soll erklären, ob er im Fall des Todes zur Organspende bereit ist oder nicht.
Wissen Sie schon, wie Sie damit umgehen?
In Umfragen finden über 70% der Deutschen die Organspende gut. Tatsächlich aber füllen viel weniger einen Spenderausweis aus. Sind die Leute nur zu bequem? Das glaube ich nicht. Ich glaube, vielen ist dieses Thema zu heikel.
Mir auch. Ich tue mich tatsächlich schwer damit.
Gesetzt den Fall, ich habe einen schrecklichen Unfall. Die Ärzte diagnostizieren bei mir den Hirntod. Mein Herz wird stabilisiert. Ich werde künstlich beatmet. Die Ärzte gehen davon aus, dass ich niemals wieder ins Bewusstsein zurückkehre. Meine Organe sind aber noch funktionsfähig. Jetzt wäre eine Spende möglich.
Ich zögere. Stimme ich für diesen Fall einer Spende zu? Ich tendiere zum Nein.
Aber das Nein fällt mir zugleich schwer. Ich habe sehr wohl vor Augen: Jeden Tag sterben im Durchschnitt drei Menschen. Sie haben vergeblich etwa auf ein neues Herz oder eine neue Niere gewartet.
Das Nein fällt mir schwer. Ich weiß wohl: Die christlichen Kirchen verstehen eine freiwillige Organspende als Akt der Nächstenliebe. Und so kann man das auch sehen.
Mir geht aber noch ein anderer Gedanke durch den Kopf, auch aus christlicher Sicht: Ich sehe mich als Geschöpf Gottes: einmalig und unverwechselbar mit meinen Organen und Gliedern. Bei der Organspende kann nun ein Körper zerlegt werden in einzelne Organe, die als Ersatzteile für andere Personen dienen.
Ich tue mich schwer, diese – ich sage einmal – natürliche Grenze meiner Person zu überschreiten.
Und noch etwas macht mir zu schaffen: Der christliche Glaube lehrt uns, für das Leben zu kämpfen, aber unsere Sterblichkeit zu akzeptieren. Die Organspende spielt sich im Grenzbereich zwischen Leben, Sterben und Tod ab. Das löst in mir Fragen aus:
Möchte ich wirklich alles in Anspruch nehmen, was wir medizinisch können? Unsere Gesellschaft vereinbart zu Recht, welche Handlungsspielräume die Medizin hat. Dazu gehört es auch festzulegen, wann ein Mensch als tot gilt. Für die Organspende muss der Spender als tot gelten. Die Organe müssen aber noch funktionsfähig sein. Das ist beim Hirntod der Fall.
Aber selbst Wissenschaftler fragen: Wie tot ist ein Hirntoter? Immerhin haben Hirntote noch Leben in sich. Sie sind warm, können schwitzen.
Unsere Festlegungen des Todes sind willkürlich. Mir ist wichtig, dass sie nicht unversehens zu einem Instrument werden. Zu einem Instrument für ein bestimmtes Interesse, nämlich möglichst schnell möglichst viele Organspender zu gewinnen.
Eine Organspende muss auf jeden Fall höchst individuell und freiwillig bleiben. Dann kann sie ein Akt der Nächstenliebe sein.
Wer Bedenken hat, braucht aber aus christlicher Sicht kein schlechtes Gewissen zu haben.

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