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Danziger Paramentenschatz sollte im Lübecker St.-Annen-Museum verbleiben

Von Dr. Jürgen Martens

Mit dieser Zielsetzung startete im März 2023 eine Petition. Sie richtete sich gegen die Evangelische Kirche in Deutschland. Es sollte verhindert werden, daß wertvolle geistliche Textilien (Paramente) aus dem Lübecker St. Annen-Museum an das heute katholische Erzbistum Danzig und an die dortige katholische Marienkirche verschenkt werden.

Der letzte evangelische Pastor an St. Marien in Danzig – Oberkonsistorialrat Dr. Gerhard Gülzow – hatte insgesamt 289 Paramentatenteile Ende 1944 vor der Zerstörung durch die Rote Armee nach Thüringen retten können.

Hierzu ein historischer Exkurs:

Die Danziger Marienkirche wurde zwischen 1343 bis 1502 von den deutschen Bürgern (Kaufleute und Handwerker) der deutschen Rechtsstadt Danzig erbaut. Um 1500 wirkten an der damals katholischen Kirche 123 Pfarrer und Kapläne am Hochaltar und an 46 Altären der deutschen Patrizierfamilien. 

Ab 1525 wurde St. Marien evangelisch, und die Verwendung der Paramente (Kappen, Stolen, Gewänder, Altardecken, Sargtücher und Klingelbeutel) in liturgischen Handlungen ging zurück, jedoch wurden die Textilien von der evangelischen Gemeinde bis Ende 1944 bewahrt.

Von dem in Thüringen zusammengetragenen Paramenten überstellte 1961 die DDR-Regierung 186 Teile nach Polen, sie befinden sich seither im Danziger Nationalmuseum. Die restlichen 103 Teile kamen bis 1964 nach Lübeck in die Lutherkirche, an der Pastor Gülzow nach dem Kriege wirkte.

Paramente gelangten über Lübecker Marienkirche
1990 ins St. Annen-Museum

Ab 1964 wurden die geistlichen Textilien bis 1990 in Teilen in der Lübecker Marienkirche ausgestellt. Konservatorisch war diese Ausstellungsmethode unhaltbar. Die EKD schloß daher mit der Stadt Lübeck einen Vertrag, mit dem die Paramente in die Obhut des St. Annen-Museums gelangten, restauratorische Betreuung erfuhren und mit wechselnden Teilen ab 1990 den Besuchern zugänglich gemacht wurden.

Die EKD sieht sich als Eigentümerin aller aus dem historischen deutschen Osten geretteten kirchlichen Kulturgüter. Sie übersieht dabei geflissentlich, daß sie nur treuhänderisch das Eigentum der nicht mehr existenten evangelischen Gemeinden östlich von Oder und Neiße bewahrt.

Bevor sie das Eigentum dieser Gemeinden verschenkt, hätten die noch existenten Gemeindemitglieder bzw. deren Nachkommen um Zustimmung ersucht werden müssen. Dies hat die EKD in jedem Fall versäumt!

Auf dem im Oktober 2018 vom Kulturwerk Danzig und der Danziger Naturforschenden Gesellschaft veranstalteten XXXIX. Forum Gedanum in Lübeck wurden die Paramente thematisiert. Die Frage nach dem Verbleib der Paramente, die inzwischen nicht mehr im St. Annen-Museum gezeigt wurden, blieb unbeantwortet.

Antwort von Bischof Bedford-Strohm

Eine schriftliche Nachfrage bei dem damaligen Ratsvorsitzenden der EKD, Landesbischof Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm, ob beabsichtigt sei, die Paramente nach Danzig zu überstellen, wurde unter dem Datum 6. November 2018 dahingehend beantwortet, eine Rückführung des Lübecker Teils der Paramente nach Polen sei derzeit nicht vorgesehen.

Damit war eine spätere Übergabe der Paramente an Polen allerdings nicht explizit ausgeschlossen, wie das Verhalten der EKD ab Dezember 2022 offenbart hat.

In einer Ausstellung zeigte das St. Annen-Museum ab 19. Januar 2019 seine einmaligen Paramentenschätze, darunter jene, die Pastor Gülzow aus Danzig retten konnte. Der beeindruckende Katalog Der Schatz der Marienkirche zu Danzig der Berner Kunsthistorikerin Birgitt Borkopp-Restle vervollständigte die beeindruckende Exposition.

Danziger Paramente nach Polen überstellt

Verstörend wirkten im Dezember 2022 dann Presseinformationen, wonach die Danziger Paramente plötzlich nach Polen überstellt werden sollten. Die Pressemitteilung der EKD vom 9. Dezember 2022 wurde konkreter; es hieß dort: Im Rahmen der deutsch-polnischen Freundschaft sollen die spätmittelalterlichen Textilien von Lübeck zurück zur Marienkirche Gdańsk (Danzig) gebracht werden.

Ob die Lübecker Paramente tatsächlich in die Danziger Marienkirche zurückkehren werden – wie die Pressemitteilung betont – oder ob nicht das Danziger Nationalmuseum als Bewahrungsort dienen wird, wo sich – wie erwähnt – bereits seit 1961 die von der DDR übergebenen Teile befinden, war zu diesem Zeitpunkt ungeklärt.

Seit Ende 2023 ist jedoch zwischen EKD und Erzbistum Danzig abgesprochen, daß an der Marienkirche Danzig ein Museum für die (Lübecker) Paramente errichtet und dort die konservatorische sowie restauratorische Betreuung der geistlichen Textilien sichergestellt werden. Wann diese für die Geschenkaktion der EKD erforderlichen Prämissen erfüllt sein werden, lassen die getroffenen Vereinbarungen offen.

Es geht um Bewahrung deutschen Kulturguts

Diese Situation war der Anlaß, daß Freunde der Danziger Paramente und an der Bewahrung deutschen Kulturgutes Interessierte die zuvor genannte Petition starteten. Von März 2023 bis zum 3. Mai 2024 haben insgesamt 1.169 Unterzeichner aus dem In- und Ausland die Petition unterstützt.

Außer zahlreichen Privatpersonen beteiligten sich dankenswerterweise u. a. auch die Gemeinschaft evangelischer Ostpreußen und das CHRISTLICHE FORUM.

Politische Parteien wie auch Vertriebenenverbände (Ausnahmen sind die Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen, Pommern und Brandenburger – Kreisgruppe Ansbach, Landsmannschaft Westpeußen e. V. Berlin, AG Ostmitteleuropa e. V. Berlin) unterstützen die Petition nicht.

Nichtssagendes Echo auf AfD-Anfrage

Allerdings richtete die Bundestagsfraktion der AfD am 3. Januar 2024 mit der Drucksache 20/9972 eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung mit der Fragestellung Haltung der Bundesregierung zur Verschenkung des Danziger Paramentenschatzes an die Danziger Marienkirche in Polen. Eine nichtssagende Antwort erfolgte seitens die Bundesregierung am 18.1.2024 mit der Drucksache 20/10126.

Am 12. Juli 2023 wurde eine Petition an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages mit dem Ziel eingereicht, eine Änderung von § 9 (1) und (3) des Gesetzes zum Schutz von Kulturgut (KGSG) in der Fassung vom 31. Juli 2016 vorzunehmen.

Mit der Gesetzesänderung ließe sich verhindern, daß die Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaften mit in ihrem treuhänderischen Eigentum befindlichen wertvollen Kulturgütern aus den historischen Reichs- und Siedlungsgebieten frei verfügen und sie beispielsweise als Geschenke ins Ausland transferieren.

Mit Schreiben vom 26. April 2024 teilte der Petitionsauschuß des Deutschen Bundestages mit (Pet 3-20-04-224-022481), der Petition könne nicht entsprochen werden. Aus der Ablehnungsbegründung seien folgende Passagen zitiert:

Die besondere verfassungsrechtliche Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften umfasst sowohl den Schutz des Eigentums der Kirchen und Religionsgesellschaften als auch die selbstständige Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten, insbesondere ihrer Vermögensverwaltung (vgl. Artikel 140 Grundgesetz i.V.m. Art. 137 Absatz 3 Satz 1 Weimarer Reichsverfassung).

Die von dem Petenten verlangte Änderung des § 9 Absatz 1 und 3 KGSG in eine gebundene Entscheidung (“Mussvorschrift“) würde nach übereinstimmender Auffassung der Bundesregierung und des Ausschusses zu einer dem Staat zurechenbaren rechtlichen Beeinträchtigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften in ihrer Freiheit zum Ordnen und Verwalten eigener Angelegenheiten und damit zu einem Eingriff in den verfassungsrechtlichen Schutz ihrer inneren Angelegenheiten führen und ist daher abzulehnen.

Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss das Anliegen nicht zu unterstützen. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, da dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Insgesamt ist das Echo auf die Petition bei Openpetition beschämend, es zeigt aber insbesondere auch, daß die deutsche Öffentlichkeit an ihrer Geschichte, insbesondere an die der historischen deutschen Ostgebiete (Ost- und Westpreußen, Hinterpommern, Ostbrandenburg, Schlesien) und der deutschen Siedlungsgebiete im östlichen Mitteleuropa – wenn überhaupt – nur rudimentär interessiert ist.

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