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Hamburg: Bildungspolitik nach Gutdünken?

Von Dr. Axel Bernd Kunze

A13 für Grundschullehrer: Es gibt verschiedene Bundesländer, die diesen Weg gehen. Darunter jetzt auch Hamburg – beschlossen war die Gehaltsangleichung der Primar- und Sekundarstufen I-Lehrer schon länger, in diesem Monat wird sie vollständig verwirklicht. Der  Stadtstaat geht aber noch einen Schritt weiter: Neben der Höhergruppierung gibt es künftig auch noch den Studienrat an Grundschulen.

Die GEW schreibt sich dies als Erfolg auf ihre Fahne. Wer könnte auch etwas dagegen haben!? Schließlich geht es doch um „unsere Kinder“, um Bildung, um die Bildungsrepublik. Kurz: Es geht um etwas unhinterfragt Gutes, bei dem sich alle einig sein sollten.

Doch sollten Lehrer- und Beamtenverbände durchaus kritische Fragen stellen. Wieder einmal werden bewährte Traditionen des Staates abgebaut, ohne dass gefragt wird, ob das Neue tatsächlich besser ist und halten kann, was die Politik verspricht.

Es gibt traditionell zahlreiche Kriterien, die eine Höhergruppierung rechtfertigen können, etwa Ausbildung, Weiterqualifizierung, Leistung, Dienstalter, Erfahrung und Führungsverantwortung – oder, so ist das in einer Marktwirtschaft: eine höhere Nachfrage nach bestimmten Qualifikationen.

In Zeiten des Fachkräftemangels sind höhere Gehälter kein Allheilmittel, aber sie können sich als Folge ergeben. Niemand hätte etwas dagegen, wenn Grundschullehrer, die sich weiterqualifizieren oder besondere Aufgaben übernehmen, auch höher eingruppiert würden. Und besonderen Förder-, Unterstützungs-, Erziehungs- oder Unterrichtsbedarf gibt es an Grundschulen allemal.

Denn um die grundlegenden Kulturtechniken im Lesen, Schreiben und Rechnen am Ende der vierten Klasse steht es nicht unbedingt zum Besten, wie jüngste Bildungsstudien zeigen.

Doch um all das geht es der Hamburger Schulverwaltung nicht. Beförderungen werden nach politischem Gutdünken vergeben. Nicht mehr sachliche Erfordernissse, transparente Kriterien oder fachliche Leistungen entscheiden, sondern kontingente politische Prioritäten, wechselnde parteipolitische Vorlieben oder Lobbyisteneinfluss.

Wo Leistung immer weniger zählt, die politische Tagesordnung aber umso mehr, wird der Öffentliche Dienst am Ende zur parteipolitischen Verfügungsmasse, damit aber unattraktiver. Wo es nicht mehr um nachvollziehbare Leistung geht, sondern egalitaristisches Denken zum bildungspolitischen Selbstzweck wird, werden nicht mehr zwingend die besseren Absolventen für einen Bildungsberuf begeistert.

Und es sollte nicht vergessen werden: Wo tagespolitische Aspekte eine immer größere Rolle spielen, können Besitzstände auch schneller wieder einkassiert werden.

Für leistungsfähige Grundschulen und eine angemessene Anerkennung der dort geleisteten Arbeit ist mit alldem noch keineswegs gesorgt.

Was hier in Hamburg passiert, könnte Schule machen – auch in anderen Berufsgruppen des Öffentlichen Dienstes.

Damit steht auch gesellschaftlich einiges auf dem Spiel: Denn für einen leistungsfähigen Öffentlichen Dienst bleibt es wichtig, dass sich dieser eine bestimmte Distanz gegenüber politischen Moden und Stimmungsschwankungen der Tagespolitik bewahrt.

Erstveröffentlichung des Beitrags von Dr. Kunze auf seinem bildungsethischem Blog: https://bildung-und-ethik.com/2023/08/22/zwischenruf-weniger-leistung-mehr-politischer-einfluss/

Kommentare

3 Antworten

  1. Wir (in meinem Fall theologisch konservativen) strikten Liberaldemokraten lehnen staatliche Schulen (bei der Forderung bleibender staatlicher Grundkontrolle und sozialer Finanzierung) und das Beamtentum und dort übliche Besoldungsordnungen sowieso ab. Die Debatte zwischen der GEW, dem Hamburger Senat und seinen Kritikern nennen wir innersozialistisch…

  2. Nach Jahrzehnten der Tätigkeit im beruflichen Schulwesen kann ich diesen Artikel, insbesondere mit dessen Hinweis auf das politische Andienen, welches bereits den interkollegialen Umgang beeinflusst, mit Überzeugung unterschreiben.

    1. Einiges kann ich nicht nachvollziehen. Gewiss ist der Lehrstoff, der in der Oberstufe vermittelt wird, umfangreich! Dennoch ist das Vermitteln an die Unterstufe, nicht ganz so einfach, weil der Aufbau des Lehrstoffes doch etwas differenzierte ist, ergo, warum stetig die Feilscherei? Wichtig ist, der Lehrstoff wird so vermittelt, das er verstandenwird!

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