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Israel: Christlicher Judenretter Theodor Kranz ist „Gerechter unter den Völkern“

„Ohne seine Hilfe hätten wir nicht überlebt“,  sagt der fast neunzigjährige Walter Frankenstein. Er spricht von Theodor Kranz, welcher der jüdischen Familie Frankenstein half, den Holocaust im Untergrund zu überleben.

Walter Frankenstein war zu einer Feierstunde, die zu Ehren seines Retters am vergangenen Montag in der israelischen Botschaft in Berlin stattfand, aus Stockholm angereist. Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem hat Theodor Kranz posthum (nach dem Tod) mit dem Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichnet.

Yad Vashem ehrt mit diesem Titel nichtjüdische Menschen, die während des Holocaust versucht haben, unter Gefahr für das eigene Leben Juden zu retten und die dafür keine Gegenleistung erhielten. Dies ist die höchste Auszeichnung, die der Staat Israel an Nicht-Juden vergibt.

BILD: Botschafter Hadas-Handelsman, Walter Frankenstein und Karola Mehlhorn 

Im Rahmen der Feierstunde überreichte der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman die Yad Vashem-Medaille und Urkunde an Karola Mehlhorn, die Großnichte von Theodor Kranz. Sie erinnerte in sehr persönlichen Worten an ihren „Onkel Theo“, dessen menschliches Handeln für sie stets eine Vorbildfunktion habe.

An Walter Frankenstein wandte sich Frau Mehlhorn mit den Worten: „Von dir und Leonie haben wir bereits ein Geschenk empfangen  –  eure Lebensgeschichte  –  welche auf alle Ewigkeit untrennbar mit der meiner Vorfahren verbunden ist.“

Theodor Kranz’ Name wird nun auf der „Wall of Honor“  –  der Ehrenwand im Garten der Gerechten unter den Völkern in Yad Vashem in Jerusalem  –  verewigt.

Geschichte einer Rettung

Die zwanzigjährige Leonie Rosner und der siebzehnjährige Walter Frankenstein begegnen sich erstmals 1941 im jüdischen Auerbach‘schen Waisenhaus in Berlin. Sie heiraten im Februar 1942. Beide müssen zu dem Zeitpunkt schon Zwangsarbeit leisten. Im Januar 1943 wird ihr Sohn Peter Uri geboren.

Um der drohenden Deportation durch die Nationalsozialisten zu entgehen, tauchen Leonie und Walter Frankenstein im März 1943 mit ihrem sechs Wochen alten Sohn unter. Zunächst verstecken sie sich in Leipzig bei Leonies Mutter Beate und ihrem zweiten Ehemann Theodor Kranz in deren Wohnung. Der 1897 geborene Theodor Kranz ist evangelisch. Der Hilfsarbeiter ist überzeugter Gegner der Nazis.

Im Jahr 1934 heiratet er die geschiedene Jüdin Beate. Das Ehepaar lebt in Leipzig in sog. „privilegierter Mischehe“. Die Nazis drängen „Arier“, sich von ihren jüdischen Ehepartnern scheiden zu lassen, doch das kommt für Theodor Kranz nicht in Frage.

Weil er zu seiner jüdischen Frau steht, verliert er immer wieder seine Arbeit. Er riskiert viel, als er Leonie und Peter Uri mehrere Monate illegal in seiner Wohnung versteckt und sie versorgt. Die Wohnung ist zu klein, daher organisiert Theodor Kranz für Walter in Leipzig ein Versteck bei einem Freund.

BILD: Theo und Beate Kranz 1941

Theodors Ehefrau Beate wird im August 1943 denunziert und verhaftet; sie wird nach Auschwitz deportiert und dort im Januar 1944 ermordet.

Leonie, Peter Uri und Walter können nicht in Leipzig bleiben. Sie verstecken sich in Berlin und an anderen Orten – mal zusammen, mal getrennt voneinander. Nie können sie lange in einem Versteck bleiben, aus Angst, entdeckt oder denunziert zu werden.

Über zwei Jahre lang, von März 1943 bis zur Befreiung im Mai 1945, müssen Leonie und Walter Frankenstein mit einem Kind und später sogar mit zwei Kindern  –  Sohn Michael wird im September 1944 geboren  –  im Untergrund leben.

Mit viel Mut, Entschlossenheit und Optimismus  –  und mit der Hilfe von mutigen Unterstützern wie Theodor Kranz  –  gelingt es der vierköpfige Familie, Frankenstein zu überleben.

Nach dem Krieg emigrieren die vier nach Israel und von dort nach Schweden.

Das Buch über die Geschichte der Familie Frankenstein: Klaus Hillenbrand: Nicht mit uns – Das Leben von Leonie und Walter Frankenstein, Suhrkamp Verlag 2008

Berichterstattung hierzu:

Jüdische Allgemeine, 22.10.13
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/17356
taz, 21.10.13
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a2&dig=2013%2F10%2F21%2Fa0031&cHash=902daf48f954d4fedd648b783402facc
Der Tagesspiegel, 18.10.13
http://www.tagesspiegel.de/berlin/erinnerung-an-die-juden-deportation-in-grunewald-eine-nuechterne-und-traenentreibende-abschiedsstunde/8955934.html
Berliner Morgenpost, 13.10.13
http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article120867446/Deportationen-in-Berlin-Weisse-Rosen-gegen-das-Vergessen.html
Yad Vashem: Die Gerechten unter den Völkern
http://www.yadvashem.org/yv/de/righteous/index.asp

Quelle: Botschaft des Staates Israel in Berlin

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