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Münster: Wurde Ex-Domkapitular Buckstegen als „Bauernopfer“ abserviert?

Von Felizitas Küble

Am 22. Oktober 2023 verstarb der ehem. Domkapitular Theodor Buckstegen im Alter von 83 Jahren in einem Pflegeheim in Münster. Der Umgang der Bistumsleitung mit seiner Causa und einige Umstände im Kontext seiner Beisetzung haben nicht „nur“ bei priesterlichen Mitbrüdern für Befremden bis hin zur Empörung gesorgt, sondern vielfach auch im katholischen Kirchenvolk. 

Der Hintergrund etlicher Merkwürdigkeiten besteht darin, daß dem früheren Personalchef des bischöflichen Ordinariats Münster vorgeworfen wird, es habe in seinem damaligen Amtshandeln in puncto „sexueller Missbrauch“ auch eine „schwierige und problematische Seite“ gegeben, denn er habe „nicht die Perspektive der Betroffenen im Blick gehabt“. 

Bischof Dr. Felix Genn (siehe Foto) schrieb dazu wörtlich in seinem Totenbrief, den er an Priester des Bistums schickte und den er auch online veröffentlichte, folgendes über den verstorbenen Priester:

„Zugleich hatte er in dieser Aufgabe – wie viele Personalverantwortliche der Vergangenheit – die Perspektive jener Menschen, die von sexuellem Missbrauch durch Kleriker betroffen sind, nicht im Blick. So hat er in dieser Verantwortung gravierende Fehler im Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch und im Umgang mit Betroffenen gemacht.“

Hierbei stellt sich die Frage, warum der Münsteraner Oberhirte in seiner harschen Kritik, die er dem Verstorbenen (der sich nicht mehr wehren kann) gleichsam „nachwirft“, ausdrücklich nur von „vielen Personalverantwortlichen der Vergangenheit“ spricht.

Gab es etwa nicht in vielen Diözesen einschließlich Münster auch Vertuschungsmanöver von bischöflicher Seite bzw. durch Generalvikare?   – Aber sicher doch!

Sodann wird man davon ausgehen können, daß der Leiter eines Amtsbereichs in seiner Funktion nicht ohne weiteres immer tun und lassen kann, was er will   –  das gilt wohl erst recht bei Personalentscheidungen in „heißen“ Fällen. Wie oft ist ein Abteilungsleiter lediglich ausführendes Organ des über ihm stehenden Bischofs bzw. Generalvikars? (Nicht ganz ohne Grund war der Spitzname „Theo Ratlos“ über ihn im Umlauf…)

Hat man also diesem Priester allzu gerne und bequem den Schwarzen Peter zugeschoben? Konnte man sich damit zugleich als „Super-Saubermann“ präsentieren? Und  – wie praktisch –  durch Draufhauen auf diesen Prügelknaben auch noch von eigenen Defiziten ablenken?

Zu bedenken ist auch, daß Theo Buckstegen von 1986 bis 2009 als Personalchef im bischöflichen Ordinariat wirkte – das ist eine lange Zeitspanne von 23 Jahren. Zudem wurde er 1990 zum Domkapitular am St. Paulus-Dom ernannt. Anscheinend war die Bistumsleitung mit seiner Arbeit damals recht zufrieden.

Der Bischofstext klingt zudem mißverständlich, vieldeutig und (absichtlich?) irreführend. Mehrfach erlebte ich, daß Leser seiner Zeilen – darunter auch Akademiker  – daraus spontan den Schluß zogen, Buckstegen selber habe sich sexuell übergriffig verhalten („gravierende Fehler im Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch und im Umgang mit Betroffenen…“).

Im vorigen Jahr wurde der damals gesundheitlich bereits angeschlagene Buckstegen wegen der erwähnten Vorwürfe vom Bischof als Domkapitular „entpflichtet“  – angeblich auf seinen eigenen Wunsch hin.

Genns Totenbrief hat wegen dieses Abschnittes bei Priestern und Laien erhebliche Kritik hervorgerufen.

Mehrere Geistliche, die den Verstorbenen gut kannten, teilten mir mit, Buckstegen habe ihnen gesagt, er sei gleichsam ein „Bauernopfer“ in der Missbrauchscausa des Bistums geworden. Ähnliches erzählte mir ein evangelischer Christ, der jahrzehntelang mit Buckstegen im guten Kontakt stand.

Enttäuschung herrschte unter diesen Gläubigen auch darüber, daß keine Todesanzeige des Bistums in der Tageszeítung erschienen ist. Ein feierliches Requiem im Dom gab es ohnehin nicht, sondern „nur“ eine einstündige Totenmesse in der Lambertikirche.

Es erfolgte keine Beisetzung auf dem Domherrenfriedhof. Die knapp gehaltene Beerdigung auf dem Zentralfriedhof am 27. Oktober mit 80 bis 100 Trauergästen dauerte allenfalls 20 Minuten (siehe Foto). Leider wurde nirgendwo ein Gedenkbild des Verstorbenen verteilt.

Danach gab es auch nicht  die sonst nach dem Tod von höheren Geistlichen häufige Einladung zum Kaffeetrinken im Borromäum, nicht einmal für seine priesterlichen Mitbrüder. 

Ziemlich schwach war auch das Gedenken der Heilig-Geist-Pfarrei in Münster, in welcher Buckstegen von 1978 bis 1986 als Pfarrer gewirkt hat.

Es wurde zwar eine Gedenkmesse am 29. Oktober zelebriert, die erstaunlich gut besucht war  (siehe Foto)  – jedenfalls deutlich besser als bei der durchschnittlichen Sonntagsmesse dort.

In der Predigt, die von einem Diakon gehalten wurde, wurde der Verstorbene allerdings mit keiner Silbe erwähnt. Es gab lediglich ein kurzes Gedenken zu Beginn des Sonntagsgottesdienstes und einen Erinnerungssatz nach den Fürbitten.

Auch hier erhielten die Kirchgänger keinen Gedenkzettel, es erschien lediglich eine kurze Notiz im Pfarrblatt. Auch im Gemeindebrief eine Woche danach war kein Nachruf auf Buckstegen zu finden.

Ingesamt stellt sich die Frage: Wo bleibt von Seiten der Bistumsleitung die angemessene Fairneß und Gedenkkultur gegenüber einem verstorbenen Priester und ehem. Domkapitular?

Fotos: Felizitas Küble, Archiv

 

Kommentare

23 Antworten

  1. Die Personalie „Theodor Buckstegen“ verhält sich zur Personalie „Ralf Hammecke“. Bis heute sind die Gründe für die sofortige Absetzung von Ralf Hammecke nicht bekannt. Medienoffensiv hat das Bistum Münster diese Personalie publik gemacht. Danach wurde nichts mehr bekannt, ob diese Entscheidung unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Prinzipien gerechtfertigt erschien. Hier hat sich sich mittlerweile der Eindruck erweckt, dass vom Bistum Münster grundsätzlich vorschnell und ohne Bedacht und ohne Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte medienwirksam Entscheidungen getroffen werden. So gewinnt das Bistum Münster nicht seine christliche Glaubwürdigkeit zurück! Wie ist nochmals der Stand über „Reinhard Lettmann“ und die Bischofsgruft?

    1. Guten Tag,
      Sie haben völlig recht, die Causa Hammecke wurde durch die Bistumsleitung auch sehr undurchsichtig behandelt. Erst die Absetzung ohne konkrete Begründung, angeblich soll es ein Ermittlungsverfahren gegeben haben, das aber eingestellt wurde. Inzwischen predigt Diakon Hammecke längst wieder in Münsters Kirchen, aber die Vorwürfe und Vorgänge wurden nicht transparent gemacht, was einen intriganten Eindruck hinterläßt. Was die Sache Lettmann betrifft, so ist mein Informationsstand, daß die Kritik-Tafel nach wie vor dort im Dom vor dem Eingang zur Gruft steht. Wenigstens ist sie wieder offen, eine Zeitlang war sie sogar geschlossen worden, was viele Pilger und Touristen empört hat.
      Ihre Kritik an diesem Prozedere von Buckstegen über Hammecke bis Lettmann ist völlig berechtigt.
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

  2. Hier die offizielle Reaktion des Bistums Münster auf Anfrage nach einem Totembild von Theodor Buckstegen:

    Sehr geehrter Herr Welter,
    herzlichen Dank für ihre Mail. Es gibt leider keine Totenbildchen, daher kann ich Ihnen auch keine zukommen lassen.

    Freundliche Grüße

    Hans-Bernd Köppen

    Pfarrer an Sankt Lamberti und Dompropst am Sankt Paulus Dom
    Tel.: 0251 4956398

    Sehr geehrter Herr Bischof,

    wie ich auf Ihrer Bistumsseite gelesen habe, ist Herr Buckstegen am 21.10.2023 verstorben und gestern auf dem Zentralfriedhof in Münster beerdigt worden. Ich kannte Herrn Buckstegen bereits als Pfarrer von Hl. Geist. Meine Brüder und ich haben bei ihm die 1. Hl. Kommunion empfangen und hat uns auch gefirmt.

    Ich lebe mit meiner Familie seit Jahren in Bayern.

    Ist es Ihnen möglich, sehr geehrter Herr Bischof, mir 2 oder 3 Totenbildchen von Herrn Buckstegen postalisch zukommen zu lassen. Ich würde mich sehr darüber freuen. Gerne könnte ich ihnen auch einen ausreichend frankierten Rückumschlag zukommen lassen.

    Sehr geehrter Herr Bischof, über eine Rückmeldung bin ich jetzt schon dankbar!

    Mit freundlichen Grüßen
    Michael Welter

    1. Guten Tag,
      immerhin schreibt Dompropst Köppen, es gäbe „leider“ keine Gedenkbildchen. Das war und ist auch sehr bedauerlich – wie überhaupt der schäbige Umgang des Bischofs in der Causa Buckstegen, wie wir dies in unserem Artikel dargelegt haben.
      Ich finde es rührend, daß Sie sich im „fernen“ Bayern noch so gut an Ihren alten Pfarrer in Münster erinnern und sich um sein Gedenken kümmern.
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

  3. Bei meiner Zeit als Ferienhelfer in Münster habe ich den lieben Verstorbenen im Münsteraner Dom als volkstümlichen Prediger mehrfach erlebt.
    In meiner Erinnerung kam er immer bei den Leuten gut an.
    Laut der Seite des Paulusdoms hat er sich zwar als Domkapitular
    entpflichtet. Aber wenn Freunde sagen dass er gern auf dem Domherrenfriedhof beerdigt werden will, dann haben das auch seine Mitbrüder gewusst, und ich finde dass man dies hätte respektieren müssen! Denn solche „Fehler“ haben sicher auch in Münster noch mehr Priester gemacht.
    Die parallele zum Fall Hengsbach in Essen sind unverkennbar!

    1. Guten Tag,
      ein Freund des Verstorbenen, der ihn gut kannte, hat mir das allerdings anders erzählt: Buckstegen wäre gerne auf dem Domherrenfriedhof begraben worden.
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

  4. Erschreckend, wie hier mit einem verstorbenen Priester umgegangen wird.
    Nachher noch von Bischofsseite mit „Dreck“ werfen.
    So etwas macht man nicht.

    Wir hatten hier einen Priester, der 30 Jahre unsere Gemeinde mit Herzblut geleitet hat. Dieser ist im Sommer verstorben.
    Man wollte von der jetzigen Gemeindeleitung nichts machen. Nur Gedenkkärtchen konnte man im Pfarrbüro bekommen.
    Die Gemeinde musste einen Gottesdienst für diesen Pfarrer einfordern. Dann erst wurde einer anberaumt.

    Alles nicht mehr selbstverständlich im Bistum Münster.

    Die Geistlichkeit in meiner Gegend wird „faul“ . Messen werden zeitlich kurz oder gar nicht mehr gehalten.

    1. https://neueranfang.online/neuer-anfang-protestiert-gegen-synodalen-ausschuss/

      „Die Installation eines Synodalen Ausschusses ist von größter Sprengkraft, droht die katholische Kirche in Deutschland zu zerreißen und gefährdet die Einheit mit Papst und Weltkirche. Dieser Vorgang wirkt wie ein innerkirchlicher Streit, ist aber von größter Sprengkraft: Er macht einen tiefen Konflikt deutlich, der die katholische Kirche in Deutschland zerreißen kann und die Einheit mit Papst und Weltkirche gefährdet. Er kann sich zu einem vergleichbaren Konflikt ausweiten, wie ihn die Reformation herbeigeführt hat.

      Pressemitteilung der Initiative Neuer Anfang vom 8. November 2023
      Initiative Neuer Anfang: Protest gegen Synodalen Ausschuss“

    2. Guten Tag,
      und wer pflegt das Grab von Theodor Buckstegen? Ich war bei Gelegenheit an seinem Grab, wenn ich mit meiner Familie in Münster gewesen bin und musste feststellen, wie relativ „ungepflegt“ es ausschaut. Ich werde weiterhin Theodor Buckstegen besuchen.
      Gruß Unterfranken,
      Michael Welter

  5. De mortuis nil nisi bene – das war ein kultivierter Spruch bei den Römern, die wohlgemerkt keine Christen waren.
    Wie weit sind wir gekommen, dass Toten mehrdeutige „gravierende Fehler“ auf den Todesmitteilungen nachgeworfen werden !? Welche Besprechungen der Personalverantwortliche damals mit Betroffenen durchführte, das wurde oftmals absichtlich nicht protokolliert und in Akten festgehalten. Woher kennt also Genn ganz genau die Fehler des Mannes? Genn richtet grausam! Hoffen wir für ihn, dass er selber mal nicht so grausam gerichtet wird! Was geben diese Verantwortlichen für ein Negativ-Beispiel christlicher Barmherzigkeit und christlichen Umgangs mit Versagen? So oft gilt heute: Si tacuisses, philosophus mansisses: Wenn du doch lieber geschwiegen hättest….

  6. Nachträgliches Umettikettieren oder Entehren Verstorbener kommt einer Verurteilung solcher gleich, die sich nicht wehren können. Wie bequem. Wem nützt das? Und entspricht das dem Rat Jesu „ richtet nicht“?
    Besser wäre es, die eigenen, gegenwärtigen Fehler zu sehen und abzustellen,

  7. Redlichkeit gegenüber des Missbrauchs Beschuldigten, insbesondere gegenüber Toten, die sich nicht wehren können, passt natürlich überhaupt nicht denen, die diese Beschuldigungen als Instrument der Herbeiführung einer „anderen Kirche“ einsetzen.

    1. Guten Tag,
      bitte beachten: Buckstegen selber wurde nicht des Missbrauchs beschuldigt, es geht um den Vorwurf der Vertuschung im Amt als Personalchef. Allerdings ist der betr. Passus im Totenbrief des Bischofs etwas mehrdeutig formuliert und schließt Mißverständnisse nicht aus. Ähnliches gilt für die fast gleichlautende Stellungnahme seines Generalvikars. Dies wurde schon mehrfach von Lesern mißverstanden.
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

      1. Das ist natürlich richtig. Doch schon der ständige Vorwurf der „Vertuschung“ entbehrt der Genauigkeit. Denn auch in der jüngsten Novellierung des einschlägigen Paragraphen des Strafrechts wurde ganz bewusst darauf verzichtet, eine Anzeigepflicht bei Kenntnis eines Missbrauchs einzuführen.

  8. Shalom,
    Die Bezeichnung »der Gott Jakobs« ist oft gleichbedeutend mit »der Gott Israels«, denn Jakob selber trägt auch den Namen »Israel« (1. Mose/Genesis 32,29) und nach biblischer Überlieferung sind aus seinen zwölf Söhnen die zwölf Stämme des Volkes Israel hervorgegangen.
    Zur Zeit ist Gott Israels unsere Burg.
    Ungerechtigkeit gibt es auf beiden Seiten, dennoch hoffe ich auf den Gott Israels, denn nur im Namen Jesus ist HEIL .
    ICH BiN ist Jesus Christus
    Joh 8,24 Ich habe euch gesagt: Ihr werdet in euren Sünden sterben; denn wenn ihr nicht glaubt, dass ICH es BIN ,werdet ihr in euren Sünden sterben.

  9. Shalom,
    Mt 18,6 Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde.
    Manchmal denke ich, die Mühlsteine würden ausgehen, wenn man es wörtlich nehmen müßte . Sollte da jemand vom Bodenpersonal nicht die rechte Zuwendung bekommen haben, dann bin ich überzeugt, dass der Herr schon für einen guten Empfang im Vaterhaus sorgen wird .
    Leider wurden auch Menschen mit viel Prunk und Feierlichkeiten als Verstorbene geehrt und haben doch Unheil anderen zugemutet . Saat und Ernte, nur Jesus Christus ist gerecht und sorgt dafür, dass jeder eine entsprechende Wohnung im Reich Gottes bekommt . Wenn jemand meint, sich nachträglich entschuldigen zu müssen , dann geht das sehr gut mit einem Gebet an Jesus Christus, dem Ewig-Vater, der Vergebung und Belohnung weiter leitet .

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