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„Reporter ohne Grenzen“ üben scharfe Kritik an Überzensur des Netz-DG

Reporter ohne Grenzen (ROG) geht angesichts neu veröffentlichter Zahlen von einem Overblocking legaler Inhalte bei Facebook und Google aus. Das Anfang 2018 in Kraft getretene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) verpflichtet soziale Netzwerke unter Strafandrohung, illegale Inhalte rasch zu entfernen.

Offensichtlich hat dieser Druck dazu geführt, dass die Unternehmen viele Inhalte gelöscht haben, die eigentlich legal sind. Sie wollen damit sichergehen, nicht nach dem NetzDG bestraft zu werden.

Bei den Löschungen berufen sich Facebook und Google auf ihre Community-Standards. Darin legen sie selbst fest, was Nutzer auf ihren Plattformen teilen dürfen und räumen sich das Recht ein, auch Inhalte zu entfernen, die von den Kommunikationsfreiheiten gedeckt sind.

„Die Bundesregierung hat mit dem NetzDG private Unternehmen zu Richtern über die Presse- und Informationsfreiheit im Netz gemacht, ohne eine öffentliche Kontrolle des Löschverfahrens sicherzustellen. Eine solche unabhängige Prüfinstanz braucht es aber, um ein Overblocking, also das Löschen von rechtlich zulässigen Inhalten, zu erkennen“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. Er fügte hinzu:             

„Facebook und Google löschen nach eigenen Regeln, weil sie sich allein als private Unternehmen begreifen und eine Art digitales Hausrecht durchsetzen wollen. Ihre Plattformen sind jedoch ein Teil der modernen Öffentlichkeit geworden, so dass Menschen dort alles sagen können müssen, was nicht gegen Gesetze verstößt.“

Google hat nach eigenen Angaben für seine Videoplattform YouTube im ersten Halbjahr 2018 Meldungen gegen rund 215.000 Inhalte nach dem NetzDG erhalten. Rund 27 Prozent der gemeldeten Inhalte entfernte Google demnach. Das Unternehmen bietet Nutzern sehr einfach die Möglichkeit, sich auf das NetzDG zu berufen: Soll ein Video gemeldet werden, kann ein Häkchen im Formular gesetzt werden. Google prüft dann zunächst, ob das Video gegen die eigenen Community-Standards verstößt. Nur wenn dies nicht der Fall ist, erfolgt eine Prüfung anhand des NetzDG.

Bei Facebook gingen im selben Zeitraum nur 886 Beschwerden nach dem NetzDG ein, in denen 1.704 Inhalte beanstandet wurden. In einer Beschwerde können mehrere Inhalte gemeldet werden. Allerdings ist der Meldevorgang auch deutlich komplizierter, zum Beispiel müssen Nutzer die konkreten Straftaten in einem gesonderten Formular benennen. Facebook löschte 21 Prozent der nach dem NetzDG gemeldeten Inhalte. Wie viele Inhalte Facebook aufgrund eigener Standards in Deutschland löschte, ist unbekannt – es dürften jedoch um ein Vielfaches mehr sein.

Reporter ohne Grenzen sieht die Bundesregierung durch die nun veröffentlichen Zahlen in der Pflicht, das NetzDG umgehend zu korrigieren. ROG plädiert dafür, eine unabhängige Aufsicht zu schaffen, die über die Löschverfahren der Unternehmen wacht.

Darin wären neben Betreibern, Justizvertretern und Strafverfolgern zum Beispiel auch „Anwälte der Nutzer“ und zivilgesellschaftliche Akteure vertreten. Der Aufsicht käme insbesondere die Rolle zu, die Verfahren der privaten Betreiber im Ganzen, also über Einzelfallentscheidungen hinaus, zu überwachen und Leitlinien für den Umgang mit Inhalten zu entwickeln, die als illegal gemeldet werden. Außerdem sollte sie der Öffentlichkeit berichterstatten und könnte als Schiedsstelle fungieren, wenn Nutzer einer Löschentscheidung widersprechen.

Quelle: http://ogy.de/zgsc
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse

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