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Die Herausforderungen für den Priester von heute

PRIESTERNETZWERK: „Wir sind in der Welt, für die Welt  –  doch nicht von der Welt!“

Nachfolgend der gehaltvolle Weihnachts-Newsletter des „Netzwerks katholischer Priester“  (die Zwischenüberschriften, die wir der Übersichtlichkeit halber gesetzt haben, stammen von uns):

Am Ende dieses Jahres grüßen wir Sie von Herzen. In wenigen Stunden werden wir die frohe Botschaft verkünden, dass die Hirten auf den Feldern von Bethlehem als erste die Nachricht von der Geburt des Erlösers vernommen haben.

Auch wenn der Berufstand der Hirten im rabbinischen Schrifttum wenig galt (z.B. wurden sie bei Gericht nicht als Zeugen akzeptiert), darf man nicht vergessen, dass die Patriarchen – z.B. Abraham, Isaak, Jakob und auch David – Hirten waren. „Den Elenden und Verachteten, die nicht einmal für zeugnisfähig erachtet wurden, wird also als ersten die Frohe Botschaft verkündet.“[1]

Der PRIESTER in der Ausübung seiner HIRTENSORGE

Die hier beschriebene Ambivalenz des Hirtenamtes erleben wir Tag für Tag in der Ausübung unseres Priestertums:

Denn insbesondere das Hirtenamt  –  die Verpflichtung des Priesters, die Gläubigen auf den Weg zum wahren Leben zu führen  –  wird von vielen nicht mehr verstanden und oftmals geringgeschätzt.

Der Priester gilt dann als Sonderling mit einer anachronistischen Lebensweise. Als einer, der sich dem Modernitätsdruck noch eine Weile widersetzt  –  in den Augen selbst vieler Gläubiger ein im Grunde aussichtsloses Unterfangen.

Wer innerkirchlich die Nase vorne zu haben meint, lächelt über die Versuche, den Zölibat und andere Merkmale der priesterlichen Identität zu verteidigen  –  und dies selbstverständlich mit der selbstsicheren Siegesgewissheit, selbst „schon weiter“ zu sein.

Dennoch  –  oder gerade deshalb: Der Priester ist berufen, so wie die Hirten der Weihnachtsgeschichte die heilsnotwendige Botschaft unseres Glaubens vollmächtig zu verkünden: „Heute ist euch der Heiland geboren, er ist der Messias, der Herr.“ (Lk 2, 11)

Der PRIESTER und die SAKRAMENTE des HEILs

Und damit nicht genug: Die Gottesgeburt wiederholt sich Tag für Tag  –  durch die Spendung der Heiligen Sakramente, wenn unsterbliche Seelen die Gnade Christi empfangen, um bereitet zu werden für die Hochzeit des Lammes.

Wen wundert es, dass viele Priester in der ständigen Spannung zwischen Verheißung und Realität des Hirtenamtes mutlos geworden oder gar zerbrochen sind?

Seitdem Papst Benedikt 2010 das Priesterjahr ausgerufen und den Heiligen Pfarrer von Ars zum Patron desselben erklärt hatte, ist vor unser aller Augen deutlich geworden, wie wenig selbst Priester und Bischöfe mit dem Ideal eines Pfr. Jean-Marie Vianney anfangen können  –  jenes Mannes, der ein Leben zwischen Altar und Beichtstuhl führte und sich in der Sorge für das Seelenheil seiner Pfarrkinder verzehrte. Wird seine Gestalt heutzutage nicht ebenso belächelt wie die Versuche des Papstes, den Priestern das Bewusstsein ihrer außerordentlichen Sendung und ihrer unvergleichlichen Würde zurückzugeben?

Der Priester von heute hingegen soll ein Mann des „Dialogs“ sein, teamfähig und in allen (!) Fragen bereit zur Kommunikation „auf Augenhöhe“ – das neue Schlagwort der „Dialogkirche“.

Er tritt für eine geschwisterliche Kirche ein, in der Männer und Frauen, Kleriker und Laien gleichberechtigt sind. Wem das zu plakativ erscheint, möge sich die kirchenpolitischen Forderungen der „Mannheimer Dialogveranstaltung“ vom Juli 2011 einmal genauer anschauen.

Im DIALOG-PROZESS werden reformtheologische Ladenhüter neu aufgewärmt

Hier ist unter Mitwirkung der deutschen Bischöfe ein Forderungskatalog erstellt worden, der sämtliche theologischen Ladenhüter der 70er Jahre noch einmal aufmarschieren lässt. Man liest diese Forderungen und fasst sich an den Kopf: Wie ist es möglich, dass unter den Augen der diözesanen Hirten ein sogenannter „Dialog“ inszeniert wurde, der ganz offenkundig und unverblümt den obersten Hirten der Kirche unter Druck setzen möchte? Warum hat sich noch kein deutscher Bischof von diesem unheilvollen Geschehen klar und deutlich distanziert?

Machen wir uns nichts vor: Priester, die sich dem Anpassungsdruck widersetzen, werden es in Zukunft noch schwerer haben. Wer steht ihnen eigentlich noch bei?

Mit dem Philosophen Robert Spaemann stellen wir fest: Auch innerkirchlich beschreiten wir den gefährlichen Weg in eine Meinungsdiktatur. Denn im öffentlichen Diskurs spielt die Frage, wer das stärkere Argument hat, kaum noch eine Rolle. Ausschlaggebend ist vielmehr die Frage, wer die Mehrheit hinter sich versammeln kann. Was zählt, ist das Recht des Stärkeren.[2]

HOFFNUNG in Sicht durch PAPST BENEDIKT

Dennoch: Es gibt auch Hoffnung. So hat Papst Benedikt XVI. bei seinem diesjährigen Deutschlandbesuch den mit großem Medienrummel inszenierten innerkirchlichen „Dialogprozess“ mit keinem Wort erwähnt. Auch die kirchenpolitischen Forderungen nach dem Diakonat der Frau, nach der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen und Nichtkatholiken zur Heiligen Kommunion sowie nach der Abschaffung des Zölibates bedachte er mit komplettem Schweigen.

Und die zum Teil gespenstisch anmutenden bischöflichen Interpretationsversuche des päpstlichen Ignorierens hinsichtlich dieser Themen konnten zumindest die unvoreingenommenen Beobachter nicht vor der Feststellung bewahren, dass es dem Papst offenbar um anderes ging als um eine Neuauflage der kirchenpolitischen Grabenkämpfe der späten 80er und frühen 90er Jahre. Immerhin: Einer hatte wohl erkannt, dass die Kirche aus dem sogenannten „Kirchenvolksbegehren“ nicht gerade gestärkt hervorgegangen war.

(Nebenbei bemerkt: In aller Bescheidenheit sei daran erinnert, dass es zu den angeblich „heißen Eisen“ der Dialogisierer ausgesprochen gehaltvolle und an Klarheit nicht zu überbietende Stellungnahmen eines gewissen Joseph Ratzinger gibt, der sich mit all diesen Verfallserscheinungen als Präfekt der Glaubenskongregation mehr als zwanzig Jahre auseinandersetzen musste. Warum werden diese Äußerungen ignoriert? Steckt am Ende eine böse Absicht dahinter?)

Der Papst befasste sich in Deutschland stattdessen mit dem, was für die Kirche unseres Landes in Zukunft notwendig sein wird: Nicht Anpassung und Säkularisierungsdruck, keine Verwässerung der sakramentalen Gestalt unserer Kirche noch eine weitere Verbürgerlichung der Klerus: Im Gegenteil fiel das prophetische Wort von der „Entweltlichung“, ein Wort, das er in seiner mittlerweile berühmt gewordenen Freiburger Konzerthaus-Rede entfaltet hat.

ENTWELTLICHUNG  – Herausforderung auch für PRIESTER

Auch für uns Priester ist diese Rede eine Herausforderung, Mahnung und Stärkung zugleich. Prof. Dr. Andreas Wollbold (München), der in diesem Jahr auch beim Priesternetzwerk zu Gast war (und dessen Buch „Als Priester leben“ Ihnen allen an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen werden soll[3]), hat das Kernproblem wie folgt ausgedrückt: „Wie kann man treu bleiben unter dem beständigen Druck, in die Welt zurückzukehren? Der Druck zur Verweltlichung, er hängt ja wie ein Damoklesschwert über jeder Priesterberufung heute.“[4]

Worin besteht dieser Druck, der – horribile dictu – nicht von atheistischen Kirchenfeinden, sondern innerkirchlich von zahlreichen Gremien, Mitbrüdern, ja selbst von Ordinariaten und Bischöfen ausgeübt wird?

Wollbold merkt hierzu an: „Priester und Orden … sollen alles Besondere ablegen – geistliches Gewand, Brevier und tägliche Messe als eiserne Ration jedes Priesters, … So wurde das Refektorium zur Kantine, das Pfarrhaus zum Taubenschlag, die Klosterzelle oder die Studierstube des Pfarrers wurden zur WLAN-fähigen Verwaltungszentrale, der gute Hirt wurde der clevere Animator, der Prophet der stets lächelnde Jongleur des Möglichen, und die Pfarrei bestenfalls ein agiler Akteur im lokalen Vereinsleben. Der Priester wurde zum Gemeindeleiter, einer Art hauptamtlichem Vereinsvorstand; er wurde zum Bruder, der das Leben der Menschen teilt – man fragt sich nur, warum er für diese Selbstverständlichkeit auch noch ein Gehalt bekommt.“[5]

Kann man es treffender ausdrücken?

Liebe Mitbrüder, das Priesternetzwerk hofft, Ihnen mit den ihm zu Verfügung stehenden bescheidenen Mitteln beistehen zu können, damit Sie dem immensen Verweltlichungsdruck nicht nachgeben. Wenn wir selbstkritisch unser eigenes Priesterleben betrachten, dann wissen wir, dass dieser Sog zur Verweltlichung uns allen gefährlich werden kann.

Wie prophetisch sind deshalb die Worte des Papstes in Freiburg: „Um ihrem eigentlichen Auftrag zu genügen, muss die Kirche immer wieder die Anstrengung unternehmen, sich von dieser ihrer Verweltlichung zu lösen und wieder offen auf Gott hin zu werden. Sie folgt damit den Worten Jesu: ‚Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin‘ (Joh17, 16), und gerade so gibt er sich der Welt.“[6] Was der Papst hier von der Kirche insgesamt sagt, muss für den Priester in besonderer Weise gelten. Haben wir den Mut, als Priester innerlich und äußerlich zu zeigen, dass wir zwar „in dieser Welt“, und „für die Welt“, aber nicht „von der Welt“ sind!

Gerne halten wir Sie weiterhin über die Aktivitäten des Priesternetzwerks auf dem Laufenden. Noch mehr würden wir uns freuen, Sie zu unseren Versammlungen und Tagungen begrüßen zu können – sei es beim Bundestreffen im Herbst oder bei der Liturgischen Tagung in Herzogenrath, sei es bei der Theologischen Akademie in Aigen oder bei einem unserer Regionalkonveniats. Nehmen wir die Mühen des Weges auf uns! Denken wir auch an die anderen Mitbrüder, die zu stärken wir verpflichtet sind – auch und gerade dann, wenn es bei uns vor Ort gerade einmal nicht „brennt“!

Ganz herzlich grüßen wir Sie, verbunden mit einem herzlichen Gebetsgedenken und in der Hoffnung, dass auch wir mit unseren Bemühungen in Ihrem Beten einen Platz finden.

Frohe, gnadenreiche Weihnachten und ein gesundes neues Jahr für Seele und Leib wünschen Ihnen

Pfr. Dr. Guido Rodheudt, Pfr. Hendrick Jolie, Pfr. Uwe Winkel

Fußnoten:
[1] M. Gaudron, Die Entstehung der Evangelien, 179
2 Vgl. Interview mit Robert Spaemann, FAS vom 15.02. 2009
3 Andreas Wollbold, Als Priester leben: Ein Leitfaden, Regensburg 2010
 4 Predigt vom 30.10.2011
5 Ebd.
6 Papst Benedikt, Begegnung mit engagierten Katholiken, Konzerthaus in Freiburg im Breisgau, 25.09.2011

www.priesternetzwerk.net

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