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Bewirkt der neue CDU-Chef eine Wende?

Von Dr. Axel Bernd Kunze

Friedrich Merz ist aufs Schild gehoben. Die CDU hat ihren Heilsbringer gefunden. Wird der neue Vorsitzende die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen?

Zunächst: Einzelne „Heilsbringer“ können allein wenig bewirken, sie können allenfalls Stimmungen in der Partei unternehmerisch aufgreifen und politisch handlungsfähig machen. Doch ist gegenwärtig nicht zu erkennen, dass es einen ernstzunehmenden Willen in der Partei zur geistig-moralischen Erneuerung gibt, allenfalls halbherzige Ansätze, die schon aus Unentschiedenheit scheitern werden.

Die CDU als Volkspartei hat viel zum staatlichen Substanzverlust der letzten Jahre beigetragen. Und dieser Raubbau an den geistig-politischen Grundlagen unseres Zusammenlebens geht unvermindert weiter, quer durch unsere Parteienlandschaft.

Wir erleben eine Politik, die grundlegende Prinzipien unserer Wert- und Verfassungsordnung offen angreift.

Ein Kollege hat es vor kurzem so ausgedrückt: Wir werden nach dieser Coronakrise eine ethische Neugründung unserer Verfassungsordnung benötigen. In einer Situation, in der ein nicht unerheblicher Teil des Souveräns sich nicht mehr in seiner Rechtspersönlichkeit geschützt sieht (die „Spaziergänge“ sind Ausdruck hierfür), wird es einen nationalen Aussöhnungsprozess brauchen.

Doch wie und von wem sollte ein solcher angestoßen werden?

Das ist gegenwärtig schwer zu sagen. Ich vermute, dass es hierfür neue politische Koalitionen geben muss, vielleicht auch partiell neue Parteien, etwa zwischen AfD und CDU. Aus den bisherigen Volksparteien heraus wird dies nicht gelingen. Zum einen vertreten diese längst einen großen Teil des demokratischen Spektrums ganz bewusst nicht mehr. Zum anderen stehen diese in zentralen Politikbereichen nicht mehr für staatlichen Substanzerhalt.

Durch die Coronakrise fast schon vergessen sind die Vorgänge um die Wahl eines F.D.P.-Ministerpräsidenten in Thüringen. Was im Anschluss an diese Wahl passiert ist, war ein demokatischer Tabubruch.

Nun plädiert der Thüringer CDU-Mann Mike Mohring anstelle einer Impfpflicht für eine radikalisierte, fortgesetzte staatliche Impfnötigung durch 1G-Regel, die breite Teile des Souveräns von sozialer Teilhabe ausschließt. Einer Partei, aus der solche Töne kommen, ist ein moralischer Erneuerungsprozess und ein substantieller Beitrag zur gesellschaftlichen Aussöhnung kaum zuzutrauen, auch nicht in der Opposition.

Ich selbst habe nach 28 Jahren mein eigenes Parteibuch Ende November ganz bewusst zurückgegeben, weil ich eine Politik ohne rote Linien nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann. Eine solche Politik  überschreitet eindeutig die roten Linien der Verfassung.

Und es spricht für den moralischen Zustand unseres Gemeinwesens, dass ein solcher Extremismus von der sog. bürgerlichen Mitte mittlerweile nahezu unwidersprochen mitgetragen wird.

Wenn es nach dem straußschen Diktum geht, rechts von der Union dürfe es keine Partei geben, dann war damit gemeint, dass die CSU demokratische Positionen im Spektrum rechts der Mitte selber abdecken sollte. Das gilt schon lange nicht mehr, daher ist auch dieser Satz überholt.

Stattdessen haben die Unionsparteien viel dazu beigetragen, das politische Klima zu vergiften, indem sie demokratische Positionen und deren Vertreter ausgrenzen und diffamieren, statt den streitbaren politischen Diskurs zu pflegen – selbst dann, wenn es um Positionen geht, welche die C-Parteien früher selber einmal vertreten haben.

Solche Strategien widersprechen demokratischem Anstand und beschädigen den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir werden dies noch bitter bereuen, wenn wir die moralischen Schäden dieser Krise aufarbeiten müssen. Die notwendige nationale Aussöhnung wird nicht mit billiger Münze zu haben sein.

Gegenwärtig sehe ich nur, dass Merz mit leichten Akzentverschiebungen und kosmetischen Veränderungen in der gegenwärtigen Spur seiner Partei bleibt: einer Partei, die ihren konservativen Flügel längst abgestoßen hat.

Laschet hat ja sogar einen konservativen Traditionsstrang innerhalb der CDU geleugnet. Ich bin kein CDU-Mitglied, aber ich vermute, dass die Partei mit dem Erbe Merkels intern noch einiges aufzuarbeiten haben wird. Will sie auf Dauer eine sozialdemokratisierte Partei bleiben, macht sich die CDU selbst überflüssig.

Daher bleibt eine Neugründung neben ihr durchaus denkbar. Dauerhaft erfolgreiche Neugründungen von Parteien sind immer schwierig, schon aus Ressourcengründen, aber nicht unmöglich, wie die Grünen und die AfD bewiesen haben.

Entscheidend bleiben politische „Unternehmen“, die eine Bewegung aufgreifen und institutionalisieren. Ich meine, dass eine solche Neugründung durchaus notwendig wäre, wenn die Wert- und Verfassungsordnung unseres Landes wieder neu gesichert werden soll. Allerdings bedarf es dann auch einer Koalitionsfähigkeit der verschiedenen Parteien im konservativ-freiheitlichen Spektrum.

Sollte sich die diffamierende Ausgrenzung konservativer und freiheitlicher Postionen, die gewiss niemand parteipolitisch teilen muss, wohl aber demokratisch tolerieren sollte, ungehemmt weiter fortsetzen, wird die Polarisierung des Landes weiter gefährlich zunehmen.

Unser Autor Dr. Kunze ist Bildungsethiker und katholischer Publizist; er betreibt einen eigenen Blog zu Themen der Zeit: https://bildung-und-ethik.com/

Kommentare

12 Antworten

  1. Noch vor wenigen Monaten nannte Merz öffentlich die Politik der früheren Kanzlerin „grottenschlecht“, trotzdem lud er sie und Kranp-Karrenbauer jetzt zu einem „Versöhnungsessen“ (?) ein, das beide dankend und schmollend ablehnten. Die haben wenigstens noch Rückgrat wie Uschi-Gertrud von der Leyen!

    Inzwischen wird Merz als „konservativer“ Politiker nach der links-liberalen Angela Merkel bezeichnet, der die Partei von ihrem links-grünen Kurs wieder zurückbringen sollte, könnte, wollte …
    Will Merz das aber? Seine ersten Äußerungen lassen da große Zweifel aufkommen.
    So hat er noch am 24.12.2021 verkündet, dass er die „Familienpolitik“ der Frau Merkel und ihrer starken Gruppe von rückgratlosen Mitläufern und vor allem Mitläuferinnen fortsetzen will: schwule und lesbische Paare sollen (hilflose) Kinder adoptieren können. Auf diese Einsicht sei er nach langem Nachdenken gekommen.
    Dann seine harte Abwehr der AfD, einer vom Millionen demokratisch gewählten Partei, die in ihr Parteiprogramm die früheren Grundsätze der CDU/CSU vor Merkel in vielen Punkten übernommen hat. Kein Verkehr mit der AfD! Wer es dennoch wagt, soll noch am nächsten Tag aus der UNION rausfliegen. Als ob das seine alleinige Entscheidung sei. Und ob das etwas mit Demokratie zu tun hat, wo doch in einer Demokratie jeder mit jedem sprechen können sollte. Das jedenfalls hat Schäuble in seiner großen Abschiedsrede betont, obwohl er bei der AfD eine Ausnahme machte. Dafür hatte er aber mit Claudia und Pau keine Berührungsängste, obwohl doch letztere bis zuletzt Aktivistin in der FDJ und SED war.
    Dann die fortgesetzte Bereitschaft der CDU, den links-liberalen Bundespräsidenten Steinmeier bei seiner Wiederwahl zu unterstützen. Ein einmaliger Beschluss der „konservativen“ CDU!
    Dann der sofortige Parteiausschluss von Prof. Max Otte, der zu den konservativen Kräften der CDU („Werte-Union“) gehörte – ja solche gibt´s in der UNION tatsächlich noch! Er wurde ausgeschlossen, weil er sich als Präsidentschaftskandidat der AfD aufstellen ließ.
    Das alles und noch viel mehr lässt bezweifeln, dass Merz wieder zu den früheren Werten der Volkspartei CDU zurückkehren wird. Deshalb sollte sich die UNION – also CDU + CSU – mit den linksgrünen Parteien zu einer Einheitspartei à la SED zusammenschließen. Dann ist endlich Ruhe im Karton!

  2. Von dem neuen CDU Mann ist nichts, aber rein gar nichts zu erwarten. Die Rhetorik, die dieser Mann an den Tag legt, ist geeignet, die Gesellschaft weiter zu spalten. Eine solche Partei hat auf der politischen Bühne, sei es in der Regierung noch in der Opposition, nichts zu suchen. Hoffe, dass sich der Wähler bei den anstehenden Wahlen ganz klar von diesem Mann, dieser Partei lossagt.

  3. Merz wird alles daran setzen, in vier Jahren als Kanzlerkandidat zu glänzen. Er wird manche Kröte schlucken, aber doch das Mäntelchen nach dem Wind ausrichten. Er ist zu intelligent, um nicht die Gefahr für seine Pläne zu sehen, wenn er weiterhin im CDU-Modus verbleibt. Selbstverständlich ist ihm dabei die AfD am meisten im Wege, auch er wird in den Chor der Diskriminierer einstimmen.
    Merz kann allerdings auch auf die Treue langjähriger CDU-Wähler setzen, 20% sind ihm immer sicher. Im Verfolgen seiner persönlichen Ambitionen hat Merz eine bemerkenswerte Ausdauer gezeigt. Sein nächstes Ziel: Bundeskanzler. Dem wird alles andere untergeordnet.

    1. Mr. Düpflischisser,
      besagter Spitzenpolitiker hat sich sofort nach seiner ‚Wahl‘ durch die Partei-Basis geäußert: „Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an.“
      Dieser Herr von Blackrock entspricht exakt dem deutschen Standard-Politiker: unaufrichtig, wortbrüchig, arrogant und machtversessen.
      Liebe CDU-Funktionäre, liebe CDU-Wähler, ich wünsche allen viel Spaß mit dem neuen (aber noch nicht schriftlich bestätigten – gell Anonymous!) Partei-Vorsitzenden.

      1. Herr Kiefer,

        beleidigen Sie eigentlich grundsätzlich jeden, der Ihre Meinung nicht teilt?

        Die Position von Merz ist eindeutig und entspricht der Beschlusslage der CDU. Laschet hatte leider diese Kante nicht hinreichend gezeigt. Das mögen Sie für falsch halten. „Unaufrichtig, wortbrüchig, arrogant und machtversessen“ ist es jedenfalls per se nicht. zumal die Machtposition als Vorsitzender der CDU Deutschlands bei einem Stimmenanteil von ca. 19 % (ohne CSU) im Deutschen Bundestag jetzt so berauschend nicht ist.

        Weshalb es anrüchig sein soll, daß Herr Merz sein Geld zuvor in der freien Wirtschaft verdient hat, vermag ich auch nicht zu erkennen. Diese Form von antikapitalistischer Polemik kannte man früher nur von der umfirmierten SED = Die Linke. Die von Ihnen wahrscheinlich positiver eingeschätzte Frau Weidel arbeitete früher als Analystin im Bereich Vermögensverwaltung bei Goldman Sachs in Frankfurt am Main.

        Übrigens ist auch der zuvor von rechts so hoch gelobte Herr Maaßen der selben Auffassung wie Merz und deshalb aus der Werteunion ausgetreten.

        1. Herr Maaßen hat sich schon seit eh und je von der AfD distanziert, um ja nicht in die rechte Ecke gerückt zu werden. Genützt hat es ihm freilich nix. Im Mainstream hat er es sogar bis zum „Antisemite“n geschafft. Eigentlich müsste Maaßen wissen, dass das Amt des BP überparteilich gewählt wird. Aber die AfD ist so gebrandmarkt, dass bis dato standhafte Demokraten einknicken. Otte ist ein Glücksfall für die Bereinigung der CDU, auch wenn mir das zu spät geschieht.

        2. Hoch verehrter Herr (Frau, Divers) Anonymous,
          wenn Sie sich beleidigt fühlen, ist das ausschließlich Ihr persönliches Problem. Und nein, ich bin für Meinungsvielfalt; sie gehört zur Demokratie, die sich in 16 Jahren Merkel leider zur Demokratur (Dr. C. E. Nyder) ‚weiterentwickelt‘ hat. Und nochmal nein: ich schätze Leute, die im Berufsleben erfolgreich waren und Steuern bezahlten, im Gegensatz zu Mensch:Innen, die nur die drei Säle kennen: Kreiß-, Hör- und Plenarsaal, wobei eine ganze Menge oft den mittleren nicht mal erfolgreich durchlaufen hat, aber trotzdem vom Steuerzahler fürstlich alimentiert wird.
          Nur in einem Punkt haben Sie recht: Frau Weidel schätze ich tatsächlich, ebenso Frau Wagenknecht (alle anderen firmieren bei mir – Vorsicht: Antifeminismus, Rassismus, Diskriminierung – unter Katastrophenweibern, neu dazu gekommen: die Grüne Ricarda Lang).

          Zum Schluss: Mimosen sind Bestandteil der deutschen Flora!

  4. Merz wird keine Wende in der CDU/CSU bewirken. Merkel hatte zu lange das Sagen.
    In fast jeder Talkshow und Politksendungen versagt die CDU, weil keine klaren Positionen eingenommen werden.
    Immer Angst, eventuell mit der AfD zusammengebracht zu werden oder keine richtige Opposition zu sein.
    Weder Fleisch noch Fisch. Genau wie Merkel.

    Eine Neugründung der CDU ohne Merkels Erben würde ich ausserorentlich begrüßen.
    Was hat diese Partei noch zu verlieren? Bei dem letzten Wahlergebnis.
    Die alte Wählerschaft wird bald verstorben sein.

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