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"Ehe light" durch kirchliche Segensfeiern?

Von Prof. Dr. Hubert Gindert

Am 18. August 2017 gab der designierte Mainzer Bischof Peter Kohlgraf der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein Interview.
Die Frage der FAZ lautete: „Der Passauer Bischof Stefan Oster hat sich dafür ausgesprochen, viele kirchliche Hochzeiten durch Segensfeiern zu ersetzen. Ihm ist aufgefallen, dass viele Brautpaare nicht ins kirchliche Leben eingebunden sind und gar nicht wissen, was eine sakramentale Trauung bedeute. Wie wollen Sie es im Bistum Mainz handhaben?“ 
FOTO: Prof.Gindert leitet das „Forum Deutscher Katholiken“ und den Kongreß „Freude am Glauben“
Seine Antwort darauf: „Eine Segensfeier finde ich einen guten Ansatz, das kann ich mir vorstellen. Ohne dass man natürlich die Sakramentalität der Ehe aufgeben wird. Aber da gibt es noch etwas zu bedenken. Es ist Fakt, dass die große Mehrheit der Paare zusammenlebt, bevor sie sich für eine Hochzeit entscheiden. Nach der strengen katholischen Lehre ist der sexuelle Verkehr zweier Menschen, die nicht verheiratet sind, Sünde.
Wenn ein Priester Paare künftig nur segnet, diese später aber weiter zusammenleben, dann dürften diese Paare nach der traditionellen katholischen Lehre nachts nur philosophische Gespräche führen. Da merkt man, dass wir als Kirche an unserem Sündenverständnis arbeiten müssen und die traditionelle Moraltheologie nicht der Wirklichkeit entspricht.“
Dieses Interview ist aufschlussreich.
Weil viele Brautpaare nicht mehr wissen, was eine sakramentale Trauung bedeutet, will Bischof Oster (siehe Foto) Segensfeiern einführen. Das mag „pastoral“ gemeint sein. Wenn aber Bischof Oster den Grund in der Unwissenheit sieht, warum viele nur mehr zusammenleben, aber nicht mehr heiraten, wäre es dann nicht richtig, bei der Ursache anzusetzen, nämlich in einer Katechese und in einem Religionsunterricht, die den Wert der sakramentalen Ehe deutlich machen?

Die Hoffnung von Bischof Oster, die „Gesegneten“ würden dann später kirchlich heiraten, ist recht unsicher. Die „Gesegneten“ können auch zur Überzeugung kommen, dass sie jetzt zu einer schönen kirchlichen Feier mit Freunden und Verwandten kommen, gewissermaßen zu einer „Ehe light“.
Eine solche Segensfeier verpflichtet zu nichts. Die Partner können ihr bisheriges Leben inkl. Sex beibehalten. Es ist eine unverbindliche Feier, bei der sich die beiden Partner einer „endgültigen und ganzen gegenseitigen Hingabe“ (vgl. KKK 7391) entziehen können.
Im Übrigen müsste der ehemalige Dogmatik-Professor Oster wissen, dass er Partner segnet, die nach der Lehre der Kirche objektiv in Sünde leben. Er müsste weiter das Wesen einer Sünde kennen. Sie ist nicht nur Unwissenheit, sondern auch Ablehnung Gottes und Widerspruch gegen ihn (vgl. KKK 386) und gegen seine Kirche.
Der zukünftige Mainzer Bischof Kohlgraf fand den Vorschlag von Oster einen „guten Ansatz“. Natürlich will er die „Sakramentalität der Ehe“ nicht aufgeben. Sie wird nur so hoch gehängt, dass man bequem darunter durchgehen kann.
Peter Kohlgraf geht aber einen Schritt weiter als Bischof Oster. Er greift das Sündenverständnis der „strengen katholischen Lehre“ und ihre „traditionelle Moraltheologie“, die „nicht der Wirklichkeit entspricht“ an. Die Kirche müsse an ihrem „Sündenverständnis“ arbeiten, das heißt wohl, es der Wirklichkeit des Mainstreams anzupassen.

Der Apostel Paulus schreibt zu einer solchen bischöflichen Haltung seinem Schüler Timotheus die bekannten Sätze: „Ich beschwöre dich vor Gott und vor Christus Jesus… verkünde das Wort, tritt auf, sei es gelegen oder ungelegen… es wird eine Zeit kommen, da man die gesunde Lehre nicht ertragen kann und sich seine Lehrer nach eigener Willkür zusammenlesen wird…“.
Wenn Bischöfe die Lehre der Kirche nicht mehr kennen oder sich nicht mehr in der Öffentlichkeit damit identifizieren, ist die Herde allein gelassen und eine Erneuerung im Glauben nicht mehr zu erwarten. Das ist mehr als eine Kapitulation vor der „Wirklichkeit“. Es ist die Zerstörung aus dem Inneren.
Wohin sollen sich aber die Gläubigen dann noch wenden? Nach Rom? So hatten wir bisher gemeint. Ob von dort Hilfe zu erwarten ist, das ist nicht sicher.
Papst Franziskus sagt in einer Rede über den synodalen Zustand der Kirche (La condición sinodal de la Iglesia) u.a.:
„Die römischen Dikasterien stehen im Dienst des Papstes und der Bischöfe: Sie haben die Teilkirchen und Bischofskonferenzen zu unterstützen. Sie sind Hilfsinstanzen. Aber in einigen Fällen, wenn sie nicht gut verstanden werden, laufen sie Gefahr, sich in Organe der Zensur zu verwandeln. Es bedrückt, die Denunzierungen („denuncias“) wegen Fehlens von Rechtgläubigkeit zu sehen, die nach Rom kommen. Ich denke, dass es die lokalen Bischofskonferenzen sind, die diese Fälle studieren sollen“. (L’OSSERVATORE ROMANO, spanische Ausgabe, Nr. 30, 28. Juli 2017, S. 9)
Will der Bischof von Rom, „dessen fundamentale Aufgabe es ist, die Einheit der Kirche zu garantieren“ (Papst Franziskus), diese Aufgabe auch wahrnehmen?
Zur ERGÄNZUNG dazu unser Artikel: Kirchliche Verlobung statt „Segensfeier“: https://charismatismus.wordpress.com/2017/03/17/bischof-oster-statt-segensfeier-fuer-verliebte-eine-kirchliche-verlobung-vorschlagen/

Kommentare

0 Antworten

  1. Das war doch zu erwarten. Es gibt schon seit Jahrzehnten kath. Geistliche, die Wiederverheiratete speziell „segnen“, damit diese sich nicht „ausgestoßen“ fühlen. Das hat mir eine geschiedene und wiederverheiratete Katholikin selbst freudig erzählt.
    Das Problem fängt aber wo ganz anders an. Eine Kirche, die meint, man sei schon qua Taufe erlöst und müsse dann nur noch per Katechese lernen, im Glauben zu leben, hat die Radikalität der Nachfolge Jesu nicht mehr im Blick. Es geht ja um weit mehr als Sündenvermeidung.
    Als Nächstes werden offiziell in der kath. Kirche schwule Paare gesegnet, weil die sich ja angeblich „lieben“ wollen. Die evangelische Kirche ist auch hier bereits ein Vorreiter. Schwule Pfarrer/innen, die zusammenleben, sind da gerade der letzte Schrei.
    Wäre ich noch Atheist, dann wüsste ich nicht, warum ich Christ werden sollte, nachdem die sog. Christen genauso leben wie ich vor meiner Bekehrung lebte. (Nein, schwul war ich nicht, aber dafür sonst promiskuitiv.)
    Die Kirche hat in weiten Teilen nur noch den Anschein von Frömmigkeit, die Kraft Gottes aber kennt sie nicht.

  2. Mein Eindruck ist, dass immer mehr aufgeweicht wird. Die Ehe für alle spricht hier Bände, da ist das Thema Ehe light nichts dagegen. Leider. Wenn die Pastoren das volle Evangelium, mit allem was dazu gehört, neue Geburt, Auferstehung von den Toten, Wassertaufe, Taufe mit dem Heiligen Geist etc. predigen würden, dann hätten wir andere Gemeinden und wir könnten hier das sein, was Gott will, das wir hier sein sollen. Er sagt, ihr seid das Licht der Welt, das Salz der Erde. Aber solange Menschen meinen, sie seien Christen, nur weil sie Sonntags in den Gottesdienst gehen und ansonsten leben wie die Welt, wird sich nichts verändern. Auch die richtigen Christen verhalten sich so. Warum soll es dann für einen Ungläubigen wichtig sein, Christ zu werden, wenn dort alles genauso gelebt wird wie in der Welt. Da müssen wir ran.

  3. Die Aussichten für das Bistum Mainz und die deutsche Kirche mit dem neuen Bischof Kohlgraf sind ausgesprochen trübe.
    Zur Erinnerung: Voderholzer und Oster waren vor ihrer Bischofsernennung Vertreter der theologischen „Königsdisziplin“ Dogmatik, während Dr. Kohlgraf für die Pastoraltheologie steht.
    Allein das macht einen Paradigmenwechsel offenkundig.
    Es ist längst kein Geheimnis mehr, sondern schmerzliche kirchliche Realität, dass dogmatisch feststehende Wahrheiten im Namen der „Pastoral“ unterlaufen, ausgehöhlt und in der Praxis ins Gegenteil verkehrt werden. (AL lässt grüßen.)
    Da kommt ein Dr. Kohlgraf der Marx-Fraktion in der DBK als „Verstärkung“ wie gerufen.
    Wohin die Reise geht, lässt sich am „Basisartikel“ („Katholisch sein in der Welt von heute“, Impulse Nr. 108; 03/2014) ablesen: https://www.erzbistum-koeln.de/kultur_und_bildung/schulen/religionsunterricht/zeitschrift_impulse/Jahrgang_2014/Heft_3/14imp3basisartikel.pdf
    Problematisierung von „Katholisch-Sein“ und „Wahrheiten“, „Ringen um und im Glauben“ und jede Menge modernistischer Codes, die auf in Frage stellen, verunsichern, relativieren abzielen.
    Man darf gespannt sein, was Bischof Kohlgraf am Ende des „Transformationsprozesses“ noch an Katholischem übriglässt. Die Aufweichung des Sündenverständnisses nach der „strengen katholischen Lehre“ (Was soll das „streng“? Gibt es etwa eine „milde katholische Lehre“?) in Richtung zeitgeistiger „Lebenswirklichkeit“ hat er sich schon mal vorgenommen. Das allgemeine Sündenbekenntnis zu Beginn der heiligen Messe wird dank einseitiger Handhabung des Novus Ordo ohnehin meist unterschlagen. So kommen die Gläubigen erst gar nicht auf den dummen „Sünden-Gedanken“. Flankierend gibt der protestantische Theologe Klaas Huizing mit seinem soeben erschienenen Buch „Schluss mit Sünde“ den Endpunkt des Weges programmatisch vor.
    Dabei wäre in der Katechese genau der umgekehrte Weg gefordert: Überhaupt erst wieder das Ausmaß unserer Sündenverfallenheit bewusst zu machen und ihrer täglichen persönlichen Konkretisierungen gewahr zu werden, damit man Sünden bereuen kann und gegen sie ankämpfen lernt.
    Wenn mit unseren Sünden wirklich „Schluss“ ist, wozu wäre dann Jesus Christus gestorben?

    1. So ist es. Die primär auf den Menschen (nicht auf Gott) ausgerichteten, postkatholischen Bischöfe, allesamt nachkonziliar an Rahners „anonymen Christentum“ geschult, lehnen notwendigerweise die Sünde und das (in der Messe vergegenwärtigte) Sühneopfer Christi ab. Keine Sünde – keine Beichte – kein Problem. Das Einlullen des ach so furchtbar „mündigen“ Gottesvolkes wird dank fehlender Kathechese und Religionenkunde statt Religionsunterricht ja auch immer einfacher. Wer Interesse hat, mag in „Iota Unum“ von Romano Amerio über den Gebrauch der adversativen Konjunktion „aber“ (sog. „Circiterismen“) alles Nötige nachlesen: Segensfeier ja, aber ohne Aufgabe der Sakramentalität der Ehe. Baden ja, aber gleichzeitig trocken bleiben. Kuchen essen ja, aber ihn gleichzeitig aufheben. Bei postkatholischen Bischöfen offenbar alles möglich.
      Aber Hand auf’s Herz: Was war denn beim Nachfolger von Bischof Lehmann, der entgegen dem Credo „nicht an die Kirche glaubt“ (http://hpd.de/node/1361), ernsthaft zu erwarten?

  4. Hier zeigen sich wieder einmal die Versäumnisse und vielleicht auch das Unvermögen unserer Hirten und Oberhirten, die Wahrheit und die Lehre zu vermitteln. Ich habe den Eindruck, das man sich einfach nicht mehr traut, das, was katholisch ist, eindeutig und klar auszusprechen.
    So verlieren wir Jahr für Jahr nicht nur unser klares Profil und auch unsere Glaubwürdigkeit.
    Was Jesus und die Evangelien sagen, ist so lange her, dass man sich erlaubt, eine neue Frohe Botschaft zu basteln, die der Welt gefällt. Ich erinnere mich ebenfalls an ein Interview mit dem designierten Bischof von Mainz mit u.a. zwei emanzipierten Damen, die partout nicht einsehen wollen, dass Frauen nicht zu den Priesterweihen zugelassen sind, egal was die Päpste Johannes Paul II. und Franziskus zu diesem Thema bereits deutlich gesagt haben. Die ältere von den beiden Damen verstieg sich zu der Feststellung, dass das, was Jesus, die Evangelien, die Lehre und der Katechismus sagen, zumindest für sie keine Bedeutung mehr hat. Übe griffig war dann ihre Bemerkung, dass Jesus kein Theologiestudium hatte und Jude war und dass das ja schon so lange her ist. Die Kirche, die hier gebastelt wird, kann dann nicht mehr die Heilige Katholische Kirche sein, wenn die Fundamente, auf denen sie steht, endgültig geschleift sind. Und ja, ich bin ein Fundamentalist und hoffe, dass in einer immer kleiner werdenden Kirche meine religiöse Heimat nicht verloren geht.

  5. Das ist sicherlich gut gedacht von den Geistlichen, jedoch kann man dem allgemeinen Glaubensabfall s o nicht entgegentreten.
    Nach wie vor: Gott wird es wirken.
    Es sind dermaßen viele falsche GESETZE im System entstanden…
    Ich kann nur meinen Kopf schütteln über soviel Unverstand der angeblichen Führung der Politiker/innen.
    Eine Ehe ist heilig….immer noch.
    Und Light gibt es nicht.
    Verlobung sollte einmal ein Eheversprechen sein.
    Die jetzige Zeit ist alles andere als schön.
    Ohne Glauben an Gott
    Ich selbst kann nur sagen, ich fühle mich SICHER im Herrn.

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