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Mehr als nur ein Erbsenzähler: Zum 200. Geburtstag von Pater Gregor Mendel

Von Elmar Lübbers-Paal

„Meine Zeit wird schon noch kommen“, meinte fast schon prophetisch der Augustinerpater Gregor Mendel, als Wissenschaftler von seinen bahnbrechenden Erkenntnissen zur Vererbungslehre kaum Kenntnis nahmen. Doch dass seine Anerkennung erst 35 Jahre nach seinem Tod kommen sollte, konnte er nicht ahnen.

Begeben wir uns auf eine Spurensuche nach einem Genie, der mehr war als ein spöttisch beäugter „Erbsenszähler“.

Im nordmährischen Flecken Heinzendorf bei Odrau, in der Region Mähren-Schlesien (heute Tschechien), wurde am 22. Juli 1822 Johann Mendel als Sohn von Bauersleuten geboren.

Wenn er als Junge auch eher von schwächlicher Natur war, so war er doch ein helles Köpfchen, das seinem Vater beim Obst- und Gemüseanbau sowie bei der Veredelung von Früchten half.

Auf Anregung des Ortsgeistlichen durfte Johann das Gymnasium in Troppau besuchen, wo er auch begann, Bienen zu züchten. Anschließend besuchte er das Philosophische Institut in Olmütz und von 1844 bis 1848 studierte Mendel Theologie an der Brünner Theologischen Lehranstalt. Bereits ein Jahr vor seinem dortigen Abschluß wurde er zum Priester geweiht.

Johann Mendel trat den Augustiner-Chorherren bei und nahm den Ordensnamen Gregor an.

Warum das Kloster der Augustiner? Vermutlich, weil hier ein intellektueller Geist wehte. Das Ordenshaus verfügte schon damals über eine große Lehranstalt. Außerdem hatte Mendel dort die Gelegenheit, im Klostergarten seine Experimente im Gemüseanbau zu verwirklichen, da er den Forschungsgarten seines Abtes, der hier mit seinem späteren Professor Versuche durchgeführt hatte, übernehmen durfte.

Das forschende Talent des neuen Paters stieß bei Abt F. C. Napp auf große Unterstützung. Der Augustiner-Abt war zu jener Zeit bereits Vizepräsident einer wissenschaftlichen Institution, nämlich der „Mährisch-Schlesischen Gesellschaft zur Förderung von Ackerbau, Natur- und Landeskunde“.

So schickte er Mendel zu weiteren Studien an die etwa 150 km entfernte Universität Wien. Seine Hauptbeschäftigungsgebiete waren dort Zoologie, Botanik und Chemie. Mendels Prüfungsangst wurde ihm zum Verhängnis. So fiel er beim Examen durch. In Folge dessen konnte er in Brünn nur als Hilfslehrer eingesetzt werden.

Dies hinderte ihn aber keineswegs daran, ab 1854 im Brünner Klostergarten seine heute weltberühmten Kreuzungsversuche mit Erbsen durchzuführen. Es sollte ihm posthum den Titel „Vater der Genetik“ einbringen.

Mendel entdeckte bei seinen achtjährigen Studien an 28.000 Pflanzen und mehr als 355 künstlichen Befruchtungen die zählbare Einheit der Vererbung, die wir heute als „Gene“ bezeichnen. Diese Erkenntnisse faßte der Mönch in seinen drei „Mendelschen Regeln“ zusammen.

Von seinem Zeitgenossen Charles Darwin (1809-1882), der sich mit einer ganz ähnlichen Fragestellung beschäftigte, hielt der Geistliche nicht viel. Nicht nur, dass Darwins Theorie nicht in sein Weltbild paßte, auch mit seinen Ergebnissen meinte Pater Mendel aufzeigen zu können, dass es weniger eine Evolution gäbe, als vielmehr eine Tendenz in jeder Pflanze, zu ihrer Stammform zurückzukehren. Wenn es also zu Abweichungen in der Botanik käme, so kehrten spätere Abkömmlinge zu ihrer „Ur-Form“ zurück („Spaltungsgesetz“).

Was Mendel zunächst nur auf die Pflanzenwelt bezog, kam auch in der Humanbiologie zum Tragen. Seine Vererbungsregeln wendet man nämlich bei der Bestimmung von Haar- und Augenfarbe an oder auch wenn es um die Vererbung von Blutgruppen geht. Sie alle sind nach den Prinzipien Mendels berechenbar geworden. Mendel machte durch seine Forschungsergebnisse deutlich, dass der Schöpfergott stets für jede Spezies eine gleichartige Stammform geschaffen hat.

Lapidar wurden die Ergebnisse seiner Kreuzungsexperimente nach seinem Vortrag am 8. Februar 1865 beim Naturforschenden Verein zu Brünn zur Kenntnis genommen. Obwohl 60 Personen Mendels Ausführungen lauschten und sogar die Zeitung darüber berichtete, unterblieb der Nachhall seiner Präsentation.

Die Industrie- und Universitätsstadt, die auf halber Strecke zwischen Wien und Prag liegt, schien noch nicht reif für derartig neue Erkenntnisse zu sein.

Die Vererbungsexperimente an der Gartenerbse („Pisum sartivum“) sollten wohl zunächst nur im Verborgenen gedeihen. Mendel nutzte die Zeit, um im darauffolgenden Jahr seine Erkenntnisse in der Zeitschrift des Naturforschenden Vereins („Versuche über Pflanzen-Hybride“) zu veröffentlichen.

Da auch danach kein öffentliches Interesse an seinen Forschungsergebnissen erwachte, widmete sich der Mönch wieder mehr seinen privaten Studien über Meteorologie, der Botanik und der Bienenzucht im Klostergarten.

1868 wurde Pater Gregor Mendel zum Abt des Klosters gewählt. Ob seine wissenschaftliche Geisteshaltung dabei eine Rolle spielte, wissen wir nicht. Jedoch ist bekannt, dass er Befürworter der deutsch-liberalen Partei war.

In der Politik vertrat er als Abt und somit auch als Mitglied der Wählerkurie der Grundbesitzer das Kloster. Seine freiheitliche Haltung, die für einen katholischen Geistlichen seiner Zeit ungewöhnlich war, sollte ihn noch manches Ärgernis bereiten.

Als die von ihm favorisierte Partei die Klöster zur gesetzlichen Zahlung großer Summen an den Religionsfonds verpflichten wollte, protestierte Mendel energisch dagegen. Er engagierte sich bis zu seinem letzten Atemzug,am Festtag der Heiligen Drei Könige 1884 gegen die seiner Meinung nach ungerechtfertigte Abgabenforderung.

Gregor Mendel, der sich stets für seine Sache bzw. die des Klosters einzusetzen wußte, wurde schon von seinen Zeitgenossen als ein „energischer und bedeutender Abt“ bezeichnet.

Sein Leichnam wurde, wie er es zu Lebzeiten verfügt hatte, seziert. Sein Tod im 62. Lebensjahr wurde letztlich durch ein Nierenleiden hervorgerufen, welches zu einer allgemeinen Wassersucht führte. Der Vatikan erinnerte mit einer Sondermarke bereits zu seinem 100. Todestag (1984) an Gregor Mendel, das verkannte Genie.

Wer die Wirkungsstätte Mendels aufsuchen möchte, dem sei ein Besuch des Klostergartens, der mit barocker Pracht ausgestatteten Klosterkirche Mariä Himmelfahrt und des auf dem Klosterareal befindlichen Mendel-Museum in Brünn (Tschechien) empfohlen.

Kontakt zum Mendel-Museum:  
Mendlovo náměstí 1a
60300 Brno
+420 549 496 669
info@mendelmuseum.muni.cz

Öffnungszeiten im Sommerhalbjahr 10 – 18 Uhr, im November – März 10-17 Uhr

 

Kommentare

Eine Antwort

  1. Vielen Dank für diesen fundierten, gut verständlich zusammengefassten Beitrag. Besonders hat mich folgender Kommentar erfreut:
    „Von seinem Zeitgenossen Charles Darwin (1809-1882), der sich mit einer ganz ähnlichen Fragestellung beschäftigte, hielt der Geistliche nicht viel. Nicht nur, dass Darwins Theorie nicht in sein Weltbild passte, auch mit seinen Ergebnissen meinte Pater Mendel aufzeigen zu können, dass es weniger eine Evolution gäbe, als vielmehr eine Tendenz in jeder Pflanze, zu ihrer Stammform zurückzukehren. Wenn es also zu Abweichungen in der Botanik käme, so kehrten spätere Abkömmlinge zu ihrer „Ur-Form“ zurück („Spaltungsgesetz“). … Mendel machte durch seine Forschungsergebnisse deutlich, dass der Schöpfergott stets für jede Spezies eine gleichartige Stammform geschaffen hat.“
    In der DDR-Schule hat man versucht, uns mit den drei Mendelschen Erbfolgegesetzen die Evolution einzutrichtern und den Glauben auszutreiben. Die dahintersteckende materialistische Manipulation konnte man auch schon als Schüler durchschauen, aber es fehlten einem die Argumente und es blieb nur, fest im Glauben zu stehen. Damals half mir ein Satz: „Du sollst vor einem Argument nicht in die Knie gehen. Vielleicht überzeugt es nur, beweist aber nichts.“ So freue ich mich heute umso mehr über diesen Beitrag.

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