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Stammt der Rosenkranz vom hl. Dominikus?

Von Felizitas Küble

Am heutigen Sonntag, dem 8. August, feiert die katholische Kirche das Fest des hl. Dominikus, der im Hochmittelalter den nach ihm benannten Predigerorden der Dominikaner gründete. Wir gratulieren daher allen Lesern mit Namen Dominik und Dominika zu ihrem Namenstag.

Wenn in Predigten oder Ansprachen von diesem Heiligen oder vom Rosenkranz die Rede ist, wird manchmal erwähnt (teils als Tatsachenbericht, teils als „Legende“), Dominikus habe bei einer Erscheinung von der Madonna eine Rosenkranz-Gebetsschnur erhalten mit der Aufforderung, dieses Gebet zu verbreiten.

So sei diese besondere Andachtsform entstanden, heißt es weiter, die auch dazu gedient habe, die Irrlehren der Katharer zu überwinden und die Anhänger dieser Häresie zu bekehren.

Viele Katholiken kennen jene sodann jene Gemälde in Kirchen und Kapellen, die den hl. Dominikus zeigen, wie er durch eine Marienvision feierlich den Rosenkranz überreicht bekommt, so daß sie annehmen, das Gebet sei „himmlisch geoffenbart“.

Diese Geschichte hat nur den Nachteil, daß sie nicht einmal eine „Legende“ ist, weil dann wenigstens ein historischer Kern stimmen müßte.

In Wirklichkeit war schon in „vorkonziliaren“ Zeiten bekannt, daß der Rosenkranz nicht im 12. Jahrhundert zur Zeit des hl. Dominikus das Licht der Welt erblickte, sondern dreihundert Jahre später – allerdings damals im Zuge einer allmählichen Entwicklung in Klerus und Kirchenvolk.

Im 16. Jahrhundert war er dann schon allgemein verbreitet. Als das christliche Abendland 1571 durch den Islam bzw. die Osmanen bedroht war, forderte Papst Pius V. die Gläubigen zum Rosenkranzgebet auf. Tatsächlich wurde die türkische Flotte in der Seeschlacht von Lepanto trotz ihrer militärischen Überlegenheit besiegt. Damit war Europa gerettet!

Der heilige Dominikus lebte aber nicht in dieser beginnenden Neuzeit, sondern im Hochmittelalter (1170 – 1221)

Die ersten Zeugnisse für Grundformen des klassischen Rosenkranzes stammen aus dem 15. Jahrhundert. (Gebetsschnüre für Vater-Unser und Ave-Maria-Gebete gab es freilich schon früher). Näheres über Einzelheiten der Entstehung kann man anschaulich im Kölner Rosenkranz-Museum erfahren – oder man informiert sich in theologisch-kirchengeschichtlicher Literatur.

Im Brevier  – dem Pflichtgebet der katholischen Priester – findet sich am Rosenkranzfest inzwischen der frühere Hinweis auf jene Marienvision des hl. Dominikus nicht mehr, weil sie nicht nur legendär, sondern schlicht unzutreffend ist.

In Wirklichkeit ist dieses biblisch geprägte Gebet mit der Perlenkette, das sich in die Heilsgeheimnisse Christi vertieft, auf dem gediegenen Wege der kirchlichen Frömmigkeit entstanden.

Das ist letztlich auch eindrucksvoller, zeigt dies doch, wie sich Katholiken jener Zeit in ihren Gebeten auf die zentralen Glaubenswahrheiten konzentrieren wollten – und wie dies gleichsam an der Hand Mariens geschehen sollte. 

Zunächst wurde an einer geknoteten Schnur das Vaterunser gebetet, später wurden die Gebetsreihen durch das Ave Maria (Gegrüßet seist Du, Maria) ergänzt, also durch den biblisch bezeugten Gruß des Engels Gabriel an die begnadete Jungfrau.

Der Trierer Kartäusermönch Adolf von Essen führte Anfang des 15. Jahrhunderts eine Vorform des Rosenkranzes unter dem Namen „Rosarium“ ein. Dabei wurde 50 x ein Ave Maria gesprochen und über das Leben Jesu meditiert.

Sein Mitbruder Dominikus von Preußen ergänzte das Gebet dann weiter. Die erwähnte Erscheinungsgeschichte entstand in jener Zeit, vermutlich weil man damals den Ordensgründer Dominikus mit jenem gleichnamigen Kartäuserbruder verwechselte.

Im Jahre 1508 wurde dem Ave Maria schließlich der zweite Teil „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder…“ angefügt. Später wurde es durch Dominikanerpatres weiter strukturiert und im Kirchenvolk verbreitet. Papst Pius V. legte dann 1569 im wesentlichen die Gebetsweise fest, wie wir sie heute kennen.

Den dreifachen Rosenkranz (freudenreichen, schmerzhaften, gloreichen) mit seinen ingesamt 150 Ave-Gebeten nennt man nicht ohne Grund den „Psalter“, denn auch die Psalmen des Alten Testaments (Psalterium genannt) umfassen genau 150 Gebete. Der Rosenkranz wurde somit das „Psalterium“ der Laien, da sie damals im Unterschied zu Mönchen und Nonnen meist nicht imstande waren, die Psalmen zu lesen.

Es war hingegen nicht schwierig, den Rosenkranz auswendig zu lernen, dazu gehörte nur ein bißchen Gebetsübung. Zudem gab es zahlreiche Rosenkranzbruderschaften, denen die Gläubigen scharenweise zuströmten. Dieses Gebet entstand also aus der Mitte und aus dem Herzen der Kirche. Es wurde nicht von oben „verordnet“, weder durch eine Erscheinung noch durch einen Papst, sondern erwuchs aus einer lebendigen Volksfrömmigkeit.

Der bekannte Jesuitenpater Karl J. Klinkhammer hat schon in vorkonziliarer Zeit korrekt über die Entstehung des Rosenkranzes berichtet und zuvor gründliche Quellenforschung betrieben. Später veröffentlichte er das Buch „Adolf von Essen und seine Werke“ (1972), aus welchem der Ursprung des Rosenkranzes durch jenen spätmittelalterlichen Kartäusermönch im Detail hervorgeht.

Unsere Autorin Felizitas Küble leitet den KOMM-MIT-Verlag und das Christoferuswerk in Münster, das dieses CHRISTLICHE FORUM betreibt.

Titelfoto: Heidelore Puttkamer

Kommentare

3 Antworten

  1. Im Spätmittelalter war dann der Rosenkranz auch das typische Geschenk des Ehemann bei der Hochzeit an seine Frau. Dass die arme Agnes Bernauer auf ihrer Totenstatue außer in typischer Frauenkleidung auch mit Rosenkranz abgebildet ist, das gilt als Beleg dafür, dass sie und der Herzogssohn Albrecht tatsächlich, wenn auch in heimlicher Ehe, verheiratet waren. Es soll auch vorgekommen sein, dass nicht sonderlich trauernde Witwen bei der Beerdigung des Mannes den Rosenkranz ins Grab schleuderten. Eine deutliche Geste! Die rechtliche Bedeutung war, dass sie für die Schulden des Verblichenen nicht aufkommen mussten..

  2. Die hier geschilderte Entstehung des Rosenkranzbetens gefällt mir. Denn jedesmal, wenn eine angebliche Erscheinung dahinter steht, gibt es verschiedene Ansichten von den Gläubigen. Der nüchtere Beter könnte skeptisch den Rosenkranz beten und der emotional angehauchte Beter vertieft sich in die Erscheinungen.

    Jedenfalls ist es ein kraftvolles und trostspendendes Gebet. Ich selbst bete den Rosenkranz sehr gerne und spüre Kraft und Trost und Hilfe für mein Leben daraus..
    Es bedarf keiner extra Erscheinung uzr Entstehung, um mich von dem Rosenkranzgebet zu überzeugen.

    Ich bevorzuge das Rosenkranzgebet, wenn ich schlecht einschlafen kann. Es wirkt auch beruhgend auf die Seele. Wahrscheinlich durch die Wiederholungen des Ave Maria und dem Segen, der auf dem Gebet liegt.

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