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Warum „neue geistliche Gemeinschaften“ anfälliger für pastoralen Missbrauch sind

Von Felizitas Küble

Das kirchenamtliche Portal „Katholisch.de“ berichtet in einer Buchbesprechung über eine Neuerscheinung in Frankreich, die sich mit dem Problem des geistlichen Missbrauchs näher befaßt: https://www.katholisch.de/artikel/29431-journalistin-missbrauch-durch-gruender-systemisch-beguenstigt

Eingangs heißt es dort: „Ihre Bewegungen galten als Hoffnung der Kirche: Ausgerechnet die Gründer einiger Neuer Geistlicher Gemeinschaften in Frankreich haben sich als Missbrauchstäter entpuppt. Die französische Journalistin Céline Hoyeau hat die Hintergründe untersucht.“

Die Autorin des Buches „La Trahison des pères“ („Der Verrat der Väter“) gelangt zu der Schlußfolgerung, jene Gemeinschaften – von denen die meisten charismatisch geprägt sind – seien so aufgebaut, daß sie pastoralen (seelsorglichen) Missbrauch strukturell begünstigen.

Das bedeutet natürlich nicht, daß alle Initiativen davon betroffen sind, aber überdurchschnittlich viele von ihnen,

Somit stellt sich die Frage, ob dies reiner „Zufall“ ist oder ob es vielmehr gewisse system-immanente Faktoren gibt, die (un)geistliche Übergriffe erleichtern – vor allem angesichts der vielfach von ihren Anhängern sehr umschwärmten Gründern solcher Gemeinschaften:

„Sie erreichten eine Position der Allmacht, in der es ihnen möglich war, ungestraft zu missbrauchen, ohne dabei auf Gegenwehr oder wirksame kirchliche Kontrolle zu stoßen. Wenn diese Taten so lange stattfinden konnten, ohne gemeldet zu werden, ist das auch die Schuld des Systems“, sagte Hoyeau dem katholischen US-Onlineportal „Crux“.

Diese Initiativen seien – so heißt es weiter – vielen kirchlichen Würdenträgern wie ein „Wundermittel“ für eine Erneuerung erschienen, zumal der „Sinn für das Heilige“ nachkonziliar vernachlässigt wurde. Die Sehnsucht mancher Gläubigen nach einer gefühlsbetonteren Frömmigkeit und „inneren Heilung“ hat solche euphorischen Bewegungen begünstigt:

„Die Genialität der Gründer lag darin, dass sie es verstanden, dieser spirituellen Suche zu begegnen, indem sie einerseits eine beruhigende Autorität, andererseits aber auch eine neue Art zu Glauben verkörperten, die Emotion, eigener Befindlichkeit, dem eigenen Körper sowie der eigenen Verletzlichkeit Raum gab“.

In ihrem Buch befaßt sie sich mit Gründerfiguren wie z.B. den Brüdern Marie-Dominique und Thomas Philippe, Bruder Ephraim, Thierry de Roucy und Jean Vanier; die Autorin sprach mit Opfern, ehem. Mitgliedern und verschiedenen Experten. (Über die Problematik um die französischen charismatischen Gründerfiguren Philippe, Bruder Ephraim und Jean Vanier wurde hier im CHRISTLICHEN FORUM bereits berichtet.)

Innerhalb seiner Bewegung habe sich der jeweilige Gründer – so heißt es weiter – „mit einem Kreis loyaler Anhänger umgeben, der ihn gegen jede Kritik von außen wie von innen verteidigte“.

Dabei wurden in diesen Gemeinschaften teilweise die kirchenrechtlichen Vorschriften nicht eingehalten:

Die betreffenden Gruppen „respektierten die normalen Schutz- und Kontrollmechanismen der Kirche nicht“, sagt Hoyeau. Das beträfe besonders die Vorgabe, dass der (organisatorische) Leiter einer Gemeinschaft nicht gleichzeitig spiritueller Begleiter oder Beichtvater seiner Mitglieder sein dürfe. (Es geht hier um die im CIC-Kirchenrecht seit jeher festgeschriebene Trennung von „forum externum“ und „forum internum“).

HINWEIS: In der Ausgabe Nr. 3-4/2020 der katholischen Zeitschrift UNA VOCE erschien mein Artikel mit dem Titel: „Warum eine charismatische Spiritualität den geistlichen Mißbrauch begünstigt.“ – Dabei werden viele dieser hier erwähnten Punkte sowie weitere Aspekte auf sieben Seiten erläutert.

Das Thema „Geistlicher Missbrauch“ ist sodann im CHRISTLICHEN FORUM seit vielen Jahren präsent – siehe rund fünfzig Artikel dazu: https://charismatismus.wordpress.com/category/geistlicher-pastoraler-missbrauch/

Kommentare

18 Antworten

  1. Was in dem Artikel geschrieben wird, kann ich nur bestätigen. Die DInge geschehen so besonders in diesen neuen Gemeinschaften. Ich selbst habe es erlebt bei der „Gemeinschaft der Seligpreisungen“.

    Die Mitglieder der Gemeinschaft hörten sich gerne in der Kapelle die Probleme der gläubigen Gäste in einem Dreier-Gespräch an. Die wurden eingebaut in einer Vesper oder einem Gottesdienst. Das wirkte auf viele wie eine „Beichte“.

    Zwei Gemeinschaftsmitglieder standen vor dem Altar um die Person, die sich dort aussprechen konnte. Oftmals wurde zum Schluss eine Handauflegung von den Gemeinschaftsmitgliedern vorgenommen.
    Das ist in diesen Kreisen gang und gäbe – diese angeblich segensreichen Handauflegungen.

    Wobei bei Alan Ames sogar die Leute rücklings fallen (Ruhen im Geist) und teils nachher Probleme haben.
    Die maßen sich alles mögliche an, was eigentlich einem Priester (der an das Beichtgeheimnis gebunden ist!) vorbehalten ist. Davor kann man gar nicht genug warnen.

    Und mir ist aufgefallen, dass viele Charismatiker immer sehr schnell beleidigt sind und hinter vielem gleich den Teufel sehen. Der wird ganz schnell ins Spiel gebracht.

    Die Bischöfe müssen dringend in diesen Gemeinschaften genauer hinsehen
    „Totus tuus“ war auch so eine Gemeinschaft mit geistlichem Missbrauchs, weshalb es dort eine Visitation gab.

    1. Das war einer der schrecklichsten katholischen „Heiligen“. Er befürwortete die Ermordung von Salavator Allende als „nötiges Blutvergießen“ und unterstützte Franco in Spanien

      1. Franco war auch Mitglied in einem Rotary-Club als ideologisch liberaler freimaurerischer Vorfeld-Organisation. Und somit auch ein Kapital-Interessen-Vertreter.
        Papst Franziskus wurde in Argentinien auch Mitglied in einem Rotary-Club. Rotary-Clubs Clubs der Lions und Kiwanis und Odd-Fellow Orden und Service-Clubs durchsetzen auch die deutsche Justiz als Seilschaften.

      2. Siehe auch die furchtbaren Ausschreitungen der Linken und die Verbrechen der Kommunisten und Sozialisten in Spanien und ihre Massenerschießungen und Kirchenschändungen und Christenverfolgungen. Siehe auch Gerhoch Reiseggers und Michael Hesemanns Bücher und Pinchas Lapide und den Historiker Thomas E. Woods.

  2. Die fehlende Kontrolle betrifft doch nicht nur die Gründer dieser Gemeinschaften. Wo werden denn Pfarrer wirksam kontrolliert? Das ist von einem Bischof auch gar nicht zu leisten. Desgleichen auch in Ordensgemeinschaften. Pfarrer, die Nonnen vergewaltigten oder sexuell missbrauchten. Selbst lesbische Nonnen, die ihre Mitschwestern mißbrauchten. Gerade im katholischen Umfeld ging es doch immer um den unbedingten und unhinterfragten Gehorsam, der gegenüber den „Vorgesetzten“ zu leisten war. Und es ging immer darum, dass die Kirche und ihre Gemeinschaften nach aussen gut dastehen sollten und deshalb nichts zur Sprache kommen durfte.

    1. Meiner Ansicht nach macht es sich die Kirche mit ihrem Zwangs-Zölibat aber auch selbst unnötig schwer, anstatt sich wieder glaubwürdiger zu machen und dem Priester-Mangel und Mißbrauch abzuhelfen, indem man die Pflicht zur Ehelosigkeit aufgibt und den Zölibat einfach freistellt. Es stünden genug geeignete Laien in den Gemeinden bereit. So etwa studierte Theologen und bewährte Familien-Väter. Sie könnte auch die Kirche wieder Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Denn der Apostel Paulus empfahl im Neuen Testament der Bibel die Ehelosigkeit zwar, machte sie aber nicht zwingend zur Vorschrift (genauso wenig wie die Gütergemeinschaft, auch wenn es sie teilweise im Urchristentum bei einigen Gemeinden gab), weil sie eben eine Gnadengabe bzw. ein Charisma des Heiligen Geistes als Geist Gottes und „Geist der Weisheit und Offenabrung“ bzw. ein Charisma ist. Und wie die Bibel weiß: Nicht jeder ist dafür gemacht.

      Zudem gibt es auch in den unionierten katholisch orthodoxen Ostkirchen die Priester-Ehe und verheiratete Priester. Und auch in der alten syrischen bzw. assyrischen Kirche von Antiochia, welche u.a. in der Nachfolge des Apostels Petrus und von Thaddäus steht, also auch in apostolischer Tradition und Nachfolge und Sukzession nach dem Apostel Petrus steht.
      Und sich auch in einer Kirchenunion mit Teilen der Thomas-Christen und Thomas-Kirchen Indiens nach dem Apostel Thomas befindet. (Und auch die Jakobus-Liturgie nach dem Apostel Jakobus als liturgischen Schatzbewahrt hat).

      1. Den Begriff „Zwangs“-Zölibat finde ich falsch. Denn gezwungen im Wortsinn wird ja niemand. Der Begriff „Pflicht“-Zölibat trifft es besser. Aber auch der Pflichtzölibat ist ganz klar nicht vom Neuen Testament gedeckt. Und allein deshalb lehne ich ihn schon ab.

        Gnadengaben kann man nicht verwalten und auch nicht zur Pflicht machen. In beiden Feldern aber ist die röm.-kath- Kirche führend.

        Ob die Aufhebung des Zölibats den Priestermangel beheben oder Mißbrauch eindämmen würde, bleibt hingegen offen. Dazu gibt es keine verlässliche Daten.

        Das Einzige, was ich als gesichert ansehen würde, ist die Tatsache, dass dann der Priesterstand für Homosexuelle weniger attraktiv wäre. Und mancher guter Pfarrer wäre der Kirche erhalten geblieben als er feststellte, dass er nun mal nicht die Berufung zur Ehelosigkeit hat.

  3. Ich habe etwas den Eindruck, daß in diesen neuen Gemeinschaften immer die Gründungsperson erhöht wird,
    Das gab es früher so nicht

        1. auch das stimmt
          aber die Nonnen von San Abrogio mit der peinlichen Rolle des Haupttheologen der päpstlichen Unfehlbarkeit Kleutgen waren eher die Ausnahmen

      1. Das gab es zu allen Zeiten, aber auch das krasse Gegenteil. Die selige Rosa Flesch, Clara Pfänder, Franziska Streitel, Mary Ward, Mary McKillop fallen mir so spontan dazu ein. Sie allen wurden, teils mit sehr unlauteren Mitteln, von der Obrigkeit klein gemacht. Wobei es sie am Ende in den Augen Gottes groß gemacht haben mag.

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