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Kardinal Reinhard Marx und die von ihm beschworene Gefahr der „Verblödung“

Von Dr. Michael Schneider-Flagmeyer

In der ersten Klasse des Gymnasiums, die damals noch “Sexta” hieß, habe ich von einem guten Lehrer gelernt, dass man niemals ein Buch besprechen soll, das man nicht gelesen hat. Vielleicht hatte der Vorsitzende der Dt. Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx (siehe Foto), keinen solch guten Lehrer –  oder er hat diesen klugen Ratschlag vergessen. IMG_20140601_122952

Denn genau das hat er jetzt getan: Er hat über etwas geredet und geurteilt bzw. verurteilt, was er –  wie er selbst sagt  –  gar nicht kennt.

Er war bei einer Pressekonferenz auf die ignorante Frage eines Journalisten nach den katholischen Bloggern, die dieser mit einem bestimmten Internetportal verwechselte, hereingefallen, der den islamischen Fundamentalismus mit dem sog. christlichen Fundamentalismus verglich, wobei der Journalist offensichtlich nicht weiß, was das Wort Fundamentalismus eigentlich bedeutet.

Kardinal Marx: „Verbloggung führt manchmal zur Verblödung“

Der Kardinal, der das sehr gut weiß, rückte diese Fragestellung nicht zurecht, sondern fiel über die katholischen Blogger her, die er nicht kennt und gipfelte seine Aussage mit den Worten: “Diese Verbloggung führt manchmal auch zur Verbödung.”

(Siehe hierzu den Artikel bei kath.net, wo man diesen Abschnitt des Interviews im Video anhören kann: http://www.kath.net/news/52190)

Nun kann man Kardinal Marx zugute halten, dass er sich selbst noch eben gerettet hat, indem er das Wort “manchmal” in seine  Bemerkung einfügte  –  und sich so nicht dem Vorwurf ausgesetzt hat, alle katholischen Blogger in einen Topf zu werfen. Natürlich gibt es unter den Bloggern und Facebookseiten-Unterhalter auch einige schwarze Schafe, auf welche die Charakterisierung des Kardinals zutreffen könnte. 100_1391

Zwei Sätze aus den Bemerkungen von Kardinal Marx verdienen noch besondere Beachtung. Er sagt, er nehme wahr, “dass sich Szenen untereinander treffen und sich gegenseitig bestätigen und hochjubeln, aber nicht in einen Diskurs eintreten mit Andersdenkenden argumentativ.”

BILD: Beim Kongreß „Freude am Glauben“ herrschte reges Treiben unter katholischen Bloggern

Dieser “Feststellung” könnte man noch etwas abgewinnen, wenn er damit auch ausdrücklich amtskirchliche Szenen und das linke Spektrum in der Kirche gemeint hätte. Das aber hat er eben nicht getan! Und damit entsteht sehr der Eindruck, dass hier wieder Schmieröl auf die Schienen des Zeitgeistes vor allem in den Medien und auch des innerkirchlichen Mainstreams gegossen wurde.

Kritik an einer „Erniedrigung“ anderer (die er selbst betreibt)

Der Kardinal fuhr fort: “Wer kann sich auf Jesus von Nazareth berufen und andere erniedrigen?”   – Eine richtige Bemerkung, wenn sie nicht in diesem Zusammenhang gefallen wäre. So aber wird sie auf die katholische Bloggerszene insgesamt gedeutet, was mit allem Respekt vor dem Erzbischof als wenig lauter bezeichnet werden kann.

Dann zeigte sich der Kardinal zufrieden damit, dass er diese ganze Internetszene gar nicht wahrnehme. Das sei vielleicht ein Fehler und möglicherweise falsch, aber es sei nun einmal so. Ihn interessiere das nicht so sehr.  – Es folgte dann auch noch eine indirekte, aber doch deutlich erkannbare Abwertung dieser Seite des Internets, die so etwas (wie die katholischen Blogger?) ermögliche. jesus in der synagoge von nazareth

Der neben ihm sitzende Sekretär der Bischofskonferenz strahlte vor Zufriedenheit. Wird hier nicht wieder einmal deutlich, dass sich eine Reihe katholische Amtsträger wie die meisten Politiker Lichtjahre von den Gläubigen entfernt haben und deren “Lebenswirklichkeit” in der Kirche, die sie nun Schrift und Traditon zu Seite stellen wollen, gar nicht mehr wahrnehmen?

Internet-Blogs tragen zur Neu-Evangelisierung bei

Bei dieser Haltung bleibt dem Vorsitzenden der Dt. Bischofskonfernz völlig verborgen, dass die überwiegende Mehrheit der katholischen Blogger das tut, was die Bischofskonferenz mit ihrem großen, reichen und einflußreichen Apparat über Jahrzehnte versäumt hat; nämlich einen bedeutenden Beitrag zur Neuevangelisation zu leisten.

Leider bleibt von dieser Pressekonferenz ein schaler Geschmack. Große Teile der Bischofskonferenz und ihr gesamter Apparat hat immer noch nicht realisiert, warum der Kirche die Mitglieder in Massen davonlaufen, selbst alte Menschen.

Eine Amtskirche, die in großem materiellen Reichtum selbstzufrieden in schöne Ansprachen, die nicht gelebt werden, und vor allem in Strukturen und Bürokratien flüchtet, ist für die Menschen, die das Brot des Lebens suchen, das in der Kirche reichlich vorhanden ist, aber immer weniger die Hungernden erreicht, nicht mehr interessant.

Sie suchen ihre Nahrung an trüberen Quellen oder verfallen in absolute Gleichgültigkeit und Resignation. Und so muss Kardinal Marx auf der Bischofsynode in Rom eine Teilkirche repräsentieren, die sich  in rasantem Niedergang befindet  –  und viele von denen, die ihre Kraft  in die Verbreitung des Evangeliums und die Lehre der Kirche einbringen, müssen sich von der Mehrheit der Amtsträger noch abwerten lassen…

Ein Trost bleibt den katholischen Bloggern: In Rom und weiten Kreisen der Weltkirche interessiert man sich für ihre Arbeit und schätzt sie hoch ein.

Quelle: http://blog.forum-deutscher-katholiken.de/?p=5697#more-5697

Fotos: Laura Mohr, Felizitas Küble

Kommentare

4 Antworten

  1. Ich empfinde die Aussage Marx‘ „irgendwie“ als anbiedernd und wenig ausgewogen. Und man muss leider auch sagen, dass die meisten deutschen Bischöfe in der letzten Zeit nicht unbedingt durch ein starkes Glaubenszeugnis aufgefallen sind. Er sollte sich einmal an die eigene Nase fassen, bevor er andere pauschal kritisiert.

    Allerdings muss ich „zeitschnur“ zustimmen, dass sich bei den als sich besonders katholisch empfindenden Bloggern durchaus kuriose Gestalten bewegen. Die dann auch einen ziemlichen Einfluss haben können.

    Was ich aber eigentlich sagen will: Das Wort „Verblödung“ ist unglücklich gewählt und potenziell beleidigend. Was es aber durchaus gibt, ist ein Phänomen, das jemand einmal als „Facebookisierung“ bezeichnet hat: Man sucht sich auf Portalen und in sozialen Netzwerken diejenigen Artikel und verbindet sich mit denjenigen Personen, die den eigenen Standpunkt teilen. Von den eigenen Freunden und Fans bekommt man viele „Likes“ und fühlt sich toll dabei. Zusätzlich schlagen die Suchalgorithmen der Portale einem weitere Artikel und Personen vor, die den bisherigen ähnlich sind. Andere bekommt man nicht oder nur wenig zu Gesicht. Das führt dazu, dass man langsam den Blick dafür verliert, was der Durchschnitt der Internet-Bevölkerung überhaupt denkt, und es kommt zu wenig Austausch mit anderen Denkweisen. Man lebt quasi auf einer virtuellen Insel oder unter einer virtuellen Glasglocke. Und das ist nicht unbedingt gut für eine objektive und umfassende Sicht auf die Dinge.

    1. Ja, das ist ein großes Problem; das Internet „kennt“ fast das ganze Wissen der Menschheit, aber die meisten bewegen sich nur auf „ihren“ Seiten, die eigentlich ihre Meinung vertreten, im schlimmsten Fall, kann das zu einem sektenähnlichen Strudel werden.
      Man kann zu – möge sie noch so abwegig sein – jeder Verschwörungstheorie x Seiten im Netz finden und diese Verlinken dann weiter zu obskuren Inhalten – so entsteht eine „virtuelle Wahrheit“.
      Man könnte meinen, daß das Internet zu mehr Wissen führt, was es auch bei vielen Nutzern bewirken kann…aber ich denke, es führt auch – vielleicht etwas provokant ausgedrückt – zu einer Verblödung, wenn man nur noch nach „Likes“ jagt.

  2. Das sehe ich aber doch erheblich kritischer!
    Viele Blogs transportieren tatsächlich krude Verschwörungstheorien, teilweise eigenwillige und vor lauter Tradi-Eifer selbst bereits erheblich von der Lehre, wie sie … sagen wir … irgendwie vor ca. 100 Jahren noch gelehrt wurde, in besorgniserregendem Maß abweichen.

    Mir fällt angesicht sder Legion an Blogs eher der Satz Jesu ein: „Sie sind wie Schafe, die keinen Hirten haben.“

    Jeder macht sich seinen Reim auf die Dinge, wie es ihm gefält. Die einen verwursteln die neuesten Erscheinungen mit Marienfrömmigkeit im alten Stil. Die nächsten stellen neue Gesetze über lange Röcke und Haarschleier auf. Wieder andere haben sich auf Freimaurer-Spuk-geschichten spezialisiert und sehen hinter jedem Vorhang einen Verschwörer, den man natürlich an „satanischen“ Geheimsymbolen erkennt – v.a. bei F. will man das gerne erkennen – : Kreuzzeichen, die falsch herum gemacht werden, Hand im Revers wie Napoléon als FM-Erkennungszeichen, top secret natürlich, aber wiiiir wissen das aus sicherer Quelle und posaunen es in alle Welt: die FM erkennen sich gegenseitg daran, dass sie z.B. die Hand ins Revers stecken. (O Mist, da muss ich aufpassen, dass ich das nicht mal aus Versehen auch mache und dann für „auch eine von denen“ entlarvt werde…). Die Outsider wie Williamson hetzen gegen Israel und die Juden und halten das für katholisch, und wieder andere bloggen im Zeichen einer kommenden katholischen Monarchie.
    Die alelrmeisten aber betreiben einfach nur eine selbstmitleidige Nabelschau ihrer Verwirrung und Sehnsucht nach geordneten kirchlichen verhältnissen.

    Das soll der fehlende Beitrag zur Neuevangelisierung sein?

    Sorry – das verkennt die Lage total, denn es ist nicht Part entwurzelter Altgläubiger, die sehr häufig frischgebackene Konvertiten sind, hier die Welt zu lehren.
    Ich habe selbst ein Blog und würde es von mir weisen so verstanden zu werden.
    Ich denke nach und reflektiere die Lage, aber die Evangelisation muss von Rom ausgehen.
    Tut sie das nicht, fehlt uns der „Fels“, den Jesus selbst doch für nötig erachtet hat. Ohne Hirten zerstreut sich die Herde. Die vielen Daily-Quassel-Blogs, von denen natürlich einige auch sehr lesenswert sind (…aber das sind eher die Ausnahmen!) sind ein Zeichen der Verwirrung und des Niedergangs und bilden nur das sonstige mediale Dauergequassel ab. Wir finden wenig Reflexion, viel Propaganda für selbsterfundene Lehren, die irgendwie „alt“ wirken, aber nicht sind, und hysterische Panik.

    1. Freimaurer sollen sich tatsächlich an bestimmten Zeichen erkennen, aber eine Hand im Revers ist es definitiv nicht. Das war wohl eine Spezialität Napoleons. Übrigens: Ich hab mal gelesen, dass das nicht einfach eine Marotte Napoleons war, sondern dass er schlicht und ergreifend chronische Magenschmerzen hatte.

      Verschwörungstheorien gibt es leider auch im christlichen (nicht nur katholischen) Bereich zuhauf, das Beste habe ich heute auf Youtube gesehen: Die Freimaurer (und wohl auch die Illuminaten, Skull&Bones, etc.) sind von den Jesuiten gegründet worden, um die ganze Welt unter die Knute der katholischen Kirche zu zwingen! Blöder geht’s nimmer…

      Ich finde Ihren Artikel gut, er ist eine nüchterne Analyse der sich allzu „fromm“ gebenden Blogger!

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