Am 3. Dezember 2017, dem Fest der heiligen Familie, veröffentlichten drei katholische Würdenträger aus Kasachstan eine Stellungnahme über die Unauflöslichkeit der Ehe und die katholische Sakramentenpastoral.
Es handelt sich bei den Oberhirten um Tomash Peta, den Metropolit der Erzdiözese Astana, sodann um Jan Pawel Lenga, Erzbischof und Bischof von Karaganda, sowie um Athanasius Schneider, Weihbischof der Erzdiözese Astana.
Hier folgen die ersten Abschnitte dieser Verlautbarung:
Nach der Veröffentlichung der Apostolischen Exhortation “Amoris laetitia” (2016) haben verschiedene Bischöfe auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene Ausführungsnormen erlassen bezüglich der sakramentalen Disziplin jener Gläubigen – “Wiederverheirate Geschiedene” genannt -, welche, obwohl deren Ehegatte, mit dem sie durch das sakramentale Eheband verbunden sind, noch lebt, dennoch eine dauerhafte Lebensgemeinschaft more uxorio mit einer Person eingegangen sind, welche nicht ihr rechtmäßiger Gatte ist.
Die erwähnten Normen sehen u.a. vor, dass solche Personen – “Wiederverheirate Geschiedene” genannt – in Einzelfällen das Sakrament der Buße und die Heilige Kommunion empfangen können, ungeachtet dessen, dass sie dauerhaft und mit Absicht mit einer Person more uxorio zusammenleben, welche nicht deren rechtmäßiger Ehegatte ist. Solche Normen haben eine Bestätigung seitens verschiedener hierarchischer Autoritäten erhalten. Einige unter diesen Normen haben sogar die Bestätigung seitens der höchsten Autorität der Kirche erhalten.
Die Verbreitung dieser kirchlich bestätigten pastoralen Normen hat eine erhebliche und ständig wachsende Verwirrung unter den Gläubigen und dem Klerus verursacht.
Es handelt sich um eine Verwirrung, welche die zentralen Lebensäußerungen der Kirche berührt, welche da sind: Die sakramentale Ehe mit der Familie, der Hauskirche, und das Sakrament der Heiligsten Eucharistie.
Gemäß der Lehre der Kirche bildet nur das sakramentale Eheband eine Hauskirche (vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Lumen gentium, 11). Die Zulassung der “wiederverheiratet Geschiedenen” Gläubigen zur heiligen Kommunion, welche ja am höchsten die Einheit Christi, des Bräutigams mit Seiner Kirche ausdrückt, bedeutet in der Praxis eine Art Bestätigung oder Legitimierung des Ehebruchs, und in diesem Sinn eine Art Einführung des Ehebruchs im Leben der Kirche.
Die erwähnten pastoralen Normen offenbaren sich tatsächlich und mit der Zeit als ein Mittel der Verbreitung der “Geißel des Ehebruchs” (diesen Ausdruck gebrauchte das Zweite Vatikanische Konzil, vgl. Gaudium et spes, 47). Es handelt sich um die Verbreitung der “Geißel des Ehebruchs” sogar im Leben der Kirche, wobei doch die Kirche, im Gegenteil, auf Grund ihrer bedingungslosen Treue zur Lehre Christi ein Bollwerk und eine untrügliches Zeichen des Widerspruchs sein sollte gegen die sich täglich immer mehr ausbreitenden Geißel des Ehebruchs in der zivilen Gesellschaft.
Unser Herr und Heiland Jesus Christus hat in unzweideutiger Weise und keine Ausnahme zulassend den Willen Gottes bezüglich des absoluten Verbots des Ehebruchs feierlich bestätigt. Eine Bestätigung oder Legitimierung der Verletzung der Heiligkeit des Ehebandes, wenn auch nur in indirekter Weise durch die erwähnte sakramentale Praxis, widerspricht schwerwiegend dem ausdrücklichen Willen Gottes und seinem Gebot.
Solch eine Praxis stellt folglich eine wesentliche Veränderung der zweitausendjährigen sakramentalen Disziplin der Kirche dar. Zudem bringt eine wesentlich veränderte Disziplin mit der Zeit auch eine Veränderung der entsprechenden Lehre mit sich…
Das beständige Lehramt der Kirche, angefangen von den Lehren der Apostel und aller Päpste, hat die kristallklare Lehre Christi bezüglich der Unauflöslichkeit der Ehe, sowohl in der Lehre (in der Theorie), als auch in der sakramentalen Disziplin (in der Praxis) unzweideutig, ohne einen Schatten des Zweifels und immer in demselben Sinn und in derselben Bedeutung bewahrt und weitergegeben.
Wegen ihres göttlich begründeten Wesens darf die sakramentale Disziplin niemals dem geoffenbarten Wort Gottes und dem Glauben der Kirche an die absolute Unauflöslichkeit einer gültigen und vollzogenen Ehe widersprechen.
“Die Sakramente setzen den Glauben nicht nur voraus, sondern nähren ihn auch durch Worte und Riten, stärken ihn und zeigen ihn an; deshalb heißen sie Sakramente des Glaubens“ (Zweites Vatikanisches Konzil, Sacrosanctum Concilium, 59). “Selbst die höchste Autorität in der Kirche kann die Liturgie nicht nach Belieben ändern, sondern nur im Glaubensgehorsam und in Ehrfurcht vor dem Mysterium der Liturgie” (Katechismus der Katholischen Kirche, 1125).
Der katholische Glaube verbietet von seinem Wesen her einen formalen Widerspruch zwischen dem bekannten Glauben einerseits und der Lebens- und Sakramentenpraxis anderseits.
In diesem Sinn kann man auch die folgende Aussage des Lehramtes verstehen: “Die Spaltung bei vielen zwischen dem Glauben, den man bekennt, und dem täglichen Leben gehört zu den schweren Verirrungen unserer Zeit” (Zweites Vatikanisches Konzil, Gaudium et spes, 43) und “die konkrete pastorale Begleitung der Kirche muss stets mit ihrer Lehre verbunden sein und darf niemals von ihr getrennt werden” (Johannes Paul II., Apostolische Exhortation Familiaris consortio, 33).
Angesichts der lebenswichtigen Bedeutung, welche die Lehre und die Disziplin der Ehe und der Eucharistie darstellen, ist die Kirche verpflichtet, mit ein und derselben Stimme zu sprechen. Die pastoralen Normen bezüglich der Unauflöslichkeit der Ehe dürfen folglich weder zwischen Diözesen noch zwischen unterschiedlichen Ländern einander widersprechen. Von den Zeiten der Apostel an hat die Kirche diesen Grundsatz beobachtet, wie ihn der heilige Irenäus bezeugt:
“Diese Botschaft und diesen Glauben bewahrt die Kirche, wie sie ihn empfangen hat, obwohl sie, wie gesagt, über die ganze Welt zerstreut ist, sorgfältig, als ob sie in einem Hause wohnte, glaubt so daran, als ob sie nur eine Seele und ein Herz hätte, und verkündet und überliefert ihre Lehre so einstimmig, als ob sie nur einen Mund besäße” (Adversus haereses, I, 10, 2).
Der heilige Thomas von Aquin überliefert uns denselben beständigen Grundsatz der Kirche: “Es gibt nur ein und denselben Glauben der Alten und der Modernen, andernfalls hätten wir nicht ein und dieselbe Kirche” (Questiones Disputatae de Veritate, q. 14, a. 12c).
Die folgende Warnung von Papst Johannes Paul II. bleibt aktuell und gültig: “Die Verwirrung, die in den Gewissen vieler Gläubigen durch unterschiedliche Meinungen und Lehren in Theologie, Verkündigung, Katechese und geistlicher Führung zu schwerwiegenden und heiklen Fragen der christlichen Moral geschaffen worden ist, führt auch dazu, das echte Sündenbewusstsein zu mindern und nahezu auszulöschen” (Apostolische Exhortation Reconciliatio et paenitenia, 18).
FORTSETZUNG der bischöflichen Erklärung hier: http://herz-jesu-bulletin.blogspot.de/2018/01/bischofe-kasachstans-bekenntnis-zu-den.html
21 Antworten
Liebe Frau Jüngling,
wenn ich Ihre Kritik am Papsttum richtig verstehe, dann vertreten Sie folgende These:
Die absolutistische Macht des Papstes ist antichristlich, weil sie alle Katholiken unter seinen Gehorsam zwingt und damit den Gläubigen vom Gehorsam gegen Christus wegführt.
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann drängt sich für mich die Frage auf:
Ist das Papsttum für den Katholizismus konstituierend oder ist es ein Übel, was auszumerzen ist, den Katholizismus aber im Kern nicht berührt? Wenn die erste Alternative zutrifft, dann bleibt doch nur der Austritt übrig. Trifft die zweite Alternative zu, dann wäre zu fragen, wie das geändert werden kann. Wenn es nicht geändert werden kann, dann ist es eine Art Krebs, die den gesamten Organismus zerstört. Dieser Zerstörung kann ich dann auch nur durch den Austritt entgehen.
In diesem Zusammenhang erinnere ich an Paulus und die Galater:
„Mich wundert, dass ihr euch so bald abwenden lasst von dem, der euch berufen hat in die Gnade Christi, auf ein anderes Evangelium. Es gibt aber kein anderes Evangelium. Es gibt nur Menschen, die euch verwirren und das Evangelium Christi verkehren wollen. Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium predigen würden, als das, was wir euch gepredigt haben, der sei verflucht! Wie wir jetzt gesagt haben, so sagen wir es nochmal: Wenn jemand euch ein anderes Evangelium predigt, als das, was ihr empfangen habt, der sei verflucht!“ (Galater 1, 6-9)
Damals ging es um die Kontroverse mit Judenchristen, die meinten, man müsse sowohl das Gesetz halten, um dadurch gerettet zu werden als auch an Jesus glauben. Kurzum; es ging darum, nicht völlig auf Jesus zu vertrauen, sondern auf menschliche Möglichkeiten, das zu erwerben, was uns im Glauben an Jesus geschenkt ist.
Kennzeichen dieser häretischen Lehre war das Vertrauen auf äußere Gesetze anstatt auf „Christus in Euch, die Hoffnung der Herrlichkeit!“
Was ist, wenn das Papsttum, das Sie anprangern genau ein solches menschliches „Gesetz“ ist? Ein Gesetz, das besagt: Nur wenn Du dem Papst gehorsam bist, kann Jesus etwas für Dich tun? Was dann natürlich automatisch den Fokus worauf richtet? Genau.
Also wenn das ein falsches Evangelium ist, dann sind alle, die es verkünden und darauf vertrauen, was? Genau. Sie sind „anathema“ = verflucht.
Habe ich Sie so richtig verstanden?
Je länger ich mich mit den vielen Details beschäftige, desto mehr sieht sich die sache für mich so an.
Alleine schon auf der „Sujet“-Ebene sind die Papstdogmen keine echten Glaubenssätze. Sie sind eigentlich nur administrative Normen. Aus sich selbst und ihrem Gegenstand heraus können sie niemals Gegenstand des „Glaubens“, also des ewigen Wortes Gottes sein. Alleine schon deshlab, weil sie ohnehin zeitlich begrenzt wären. Dogmen müssen sui generis ewige Wahrheit ins Licht heben und nicht zeitliche Organisationsfragen.
Durch die Grenzüberschreitung dieser „Dogmen“ wurde etwas in den Bereich der ewigen Wahrheit gehievt, das irdisch und vorläufig ist und gar keinen ewigen Rang haben kann. Man darf sich nicht wundern, dass damals geradezu ein hysterische Papsthype bei den Ultramontanen ausbrach: manche nannten den Papst „Papstgott“ oder „dritte Inkarnation Jesu Christi“. Pius IX. brüllte auf dem Konzil herum „Die Tradition, das bin ich!“ wobei Tradition meint: das ewige, von Gott geoffenbarte Glaubensgut. Man stelle sich das vor: ER IST DAS GEOFFENBARTE EWIGE WORT – das war der schlimmste antichristliche Satz, der überhaupt denkbar ist! Und unsere Konservativen realisieren das bis heute nicht. Das ist aber auch das Urteil über sie und wird alle ihre Aktionen annullieren, denn sie lästern Jesus Christus damit.
Es ist mir ein Rätsel, wie man nicht sofort erkennt, dass das die höchste Stufe der Blasphemie ist und die Ankündigung erfüllt, der Antichrist werde sich in den Tempel setzen und als Gott ausgeben. Das ist doch bereits geschehen und hat tatsächlich die irdische Kirche zerfressen wie in einer bösen Krankheit. Wir sehen es doch!
Insbesondere an der Auseinandersetzung mit der Ostkirche wird plötzlich grell sichtbar, dass es nicht der Osten war, sondern die Römisch-katholische Westkirche, die eine Neuerung nach der anderen einführte, oft sogar gegen zunächst anderslautende Verwerfungen (s. Filioque).
Sie hat sich damit in ein gigantisches Lügengespinst verstrickt und dafür tausende von Menschenopfern dargebracht. Damit will ich nichts zu tun haben!
Mich stört nicht, dass es einen Papst gibt, sondern die pervertierte Definition des Papsttums. Und das, was in Rom abgeht, ist die Frucht der Irrung. Bitte nicht darüber jammern und greinen, sondern denken lernen, ehrlich fragen: Ist es das, was der Herr wirklich wollte?
Und wenn ja: wo steht das so?
Wo haben es die Väter so beschrieben?
Aha – nirgends. Eben.
Was wundert Ihr Euch?
Ich bin katholisch, aber nicht im engen Sinn, sondern im ursprünglichen nizänischen Sinn, in dem auch alle Orthodoxen katholisch sind und alle Orientalen. Und dieser ursprüngliche Begriff war da, bevor sich Rom verselbständigte.
Ich bin Teil der Kirche, der großen, allgemeinen Kirche, die von den Aposteln bis heute reicht und als Verborgene, als „apostola abscondita“ immer wieder in die Zeit hineinragt und deren einziger Herr Jesus Christus heißt. Aber deshalb kann niemand mich verpflichten, alles das Irrige, was doch eigentlch auch leicht erkennbar ist, zu glauben. Nicht ich muss die Kirche verlassen, sondern all diese, die diesen Irrkram vertreten, müssen gehen, d.h. sie sind schon draußen.
Nicht nur bei Erscheinungen, sondern auch im Bereich der Lehre gilt: „Sie haben Mose und die Propheten!“ Also: Wir haben die Überlieferung von Jesus und den Aposteln und brauchen keine Dogmen, die sich darin nicht nur vielleicht vage oder vielleicht nicht finden, sondern definitiv überhaupt nicht.
Frau Jüngling,
mich erinnert das ein bisschen an meine Frau. Die ist von Haus aus Mathematikerin. Und Mathematiker sind sehr schlüssig darin, „drinnen“ und „draußen“, zu definieren. 🙂
Aber eigentlich bestärken Sie mich in dem, was ich – bezogen auf die ecclesia Gottes – schon immer glaube:
Wer erlösenden Glauben an Jesus Christus gefunden und von oben geboren ist, ist Teil der Gemeinschaft der Gläubigen. Und diese Gemeinschaft ist natürlich „katholisch“. Und sie ist auch nicht getrennt oder Ähnliches. Es gibt tatsächlich nur die eine Kirche.
Liebe Frau Küble,
es ist keine Frage, dass dort, wo signifikanter Missbrauch in der Ehe stattfindet oder wo – schon um der Kinder willen – ein weiteres Zusammenleben objektiv zerstörerisch wäre (Fälle von Alkoholmissbrauch, sonstigen schweren Suchterkrankungen, gewalttätiges Verhalten usw. usf.) eine Trennung unumgänglich, ja, sogar geboten ist. Davon sprach ich aber nicht. Sondern nur von dem „ganz normalen Wahnsinn“ – Mann und Frau, die sich innerhalb der Ehe dem Heiligungsprozess unterziehen.
Abgesehen davon fallen Trennung, Scheidung und Wiederheirat ja nicht zwangsläufig zusammen. Ich kannte auch ein katholisches Ehepaar, das einige Jahre – der Mann drohte wiederholt seiner Frau, ihr etwas anzutun – getrennt lebte. Das ging übrigens von ihm aus, weil er erkannte, dass sein Verhalten den Ehebund massiv verletzte. Irgendwann hat er wohl wieder „die Kurve bekommen“ (ich weiß nicht, inwieweit er therapeutische Unterstützung hatte, da wir uns aus den Augen verloren) und lebt jetzt wieder mit seiner Frau zusammen. Ich hoffe, das funktioniert jetzt.
Mein Punkt an diesem Beispiel ist aber, dass er wusste, dass die Ehe vor Gott fortbestand und er sich vor Gott nicht in eine Scheidung flüchten konnte.
Guten Tag,
danke für Ihre freundliche Rückmeldung. Wir sind uns ohnehin einig. Natürlich beendet eine Trennung von Tisch und Bett nicht die Ehe, sondern unterbricht nur das Zusammenleben. Mir ist auch klar, daß Sie solche extremen „Fälle“ nicht meinten, sondern den modernen Selbstverwirklichungs(wahn)sinn, besonders schlimm, wenn Kinder da sind.
Das von Ihnen erwähnte Beispiel kenne ich in mehreren Fällen auch in meinem eigenen Umfeld: Bei schweren Krisen trennt man sich vorübergehend, findet aber wieder zusammen. Diese Vorgehensweise ist auch in Ordnung.
Aber selbst bei dauerhafter Trennung ist eine erneute Heirat – christlich gesehen – nicht möglich (außer bei ungültiger oder „nicht vollzogener“ erster Ehe).
Freundlichen Gruß!
Felizitas Küble
Das Schriftwort der Evangelien dazu ist eindeutig. Jesus hat sich klar geäußert, einzige Unsicherheit kommt durch die sogenannte „Porneia-Klausel“, wo er eine Ausnahme wegen Unzucht andeutet. was er damit genau gemeint hat, ist aber nicht geklärt. Paulus hat später eine Trennung im Fall der Zerrüttung zugelassen, aber keine Wiederheirat.
Nun hat sich die Kirche aber in zweierlei Hinsicht selbst ein Bein gestellt:
1. durch die Sakramentenlehre und die Fassung des Ehesakramentes im besonderen und eine halbherzige Moraltheologie.
Da die Eheleute die Spender sind, kann man sachlich völlig berechtigt fragen, ob sie überhaupt die rechte Intention hatten. Wenn sie selbst oder einer von ihnen nachträglich sagt, er habe sie nicht gehabt, kann die Ehe annulliert werden. Es kann dabei ausschließlich das Zeugnis der Ehegatten selber gelten. Diese heldenherren aus Kasachstan sollten sich außerdem mal ehrlich prüfen, ob denn das, was hier abgeht, nicht seit Jahrzehnten und Jahrhunderten von der Kirche genauso betrieben wird, wie es jetzt etwas offener ausgesprochen wird. Es werden seit Jahrhunderten ziemlich willkürlich Ehen annulliert. In Wirklichkiet handelt es sich um Scheidungen. Die nachtridentinische Moraltheologie hat daneben in absscheulichen kasuistiken selbst Ehebruch in bestehenden Ehen immer wieder gerechtifertigt und zur Nichtsünde erklärt. Das ist einer der Gründe, warum man dem betreffenden Orden, der das vorangetrieben hat und dem auch F. angehört, jahrhundertelang vorwarf, er „verderbe die Sitten“.
2. Der zweite Punkt ist die falsche Papstlehre der RKK, die die drei Herren oben ins Unrecht setzt.
„Einige unter diesen Normen haben sogar die Bestätigung seitens der höchsten Autorität der Kirche erhalten,“ schreiben sie so anmaßend.
Na und? Nach der dogmatischen Formulierung des Vaticanum I haben diese drei ebenso wie wir alle dann dieser höchsten Autorität nicht nur äußerlich, sondern mit „wahrem Gehorsam“ zu folgen.
Wers nicht glauben will, dem sei der Dogmentext vorgehalten:
„Wir lehren demnach und erklären, dass auf Anordnung des Herrn die römische Kirche über alle andern Kirchen den Vorrang der ordentlichen Gewalt besitzt und dass diese wahrhaft bischöfliche Regierungsgewalt des römischen Papstes [die Untertanen] unmittelbar erfasst. Ihr gegenüber sind daher die Gläubigen und die Hirten jeglichen Ritus und Ranges, und zwar sowohl einzeln wie in ihrer Gesamtheit, zu hierarchischer Unterordnung und zu wahrem Gehorsam verpflichtet. Und das nicht nur in Fragen des Glaubens und des sittlichen Lebens, sondern auch in allem, was zur Disziplin und zur Regierung der Kirche auf dem ganzen Erdenrund gehört.“ („Pastor aeternus, 1870)
Da das also „auf Anordnung des Herrn“ hin formuliert wird, komme mir bitte niemand mit irgendwelchen Schalumeiereien, diese Worte seien aber nicht unfehlabr oder ähnlichen Unsinn – was der Herr anordnet, IST unfehlbar.
Oder aber die Kirche hat sich geewaltig vergaloppiert und an dieser Stelle häretisch gelehrt, denn dieser Lehre nach müssen wir sehr wohl anerkennen, auch innerlich UND inhaltlich, dass die Ehe nun anders gefasst wird.
Sucht euch also was aus, liebe Katholiken, aber bitte bleibt aufrichtig!
Liebe Frau Jüngling,
als Nichtkatholik verstehe ich Ihre interne Kritik jetzt nicht ganz. Für mich sind die Texte des NT maßgeblich. Und insoweit sehe ich nicht, dass die „Heldenherren aus Kasachstan“ hier etwas IM ERGEBNIS Unzutreffendes gesagt hätten. Die katholischen Herleitungen für diesen Standpunkt interessieren mich jetzt weniger.
Dass Praxis und Lehre immer wieder auseinander fallen, ist bedauerlich, aber leider dem geschuldet, das wir bisweilen sündigen … Das macht es aber nicht falsch, Gottes Willen in dieser Frage zu suchen und zu lehren.
Zur Frage der Eheannullierung habe ich Ihren Punkt nicht verstanden. Einerseits sagen Sie ja, dass es nahe liegt, zu prüfen, ob die Eheleute „überhaupt die rechte Intention hatten“. Andererseits kritisieren Sie, dass hier Missbrauch möglich ist, so dass oft de facto die Annullierung einer Scheidung gleich kommt. Auch hier weise ich darauf hin, dass alles missbraucht werden kann.
So sehr ich das Instrument der Annullierung verstehe, so sehr fehlt mir die biblische Legitimation dafür. Was ist, wenn man z.B. gar nicht auf die Intention abstellt, sondern lediglich auf den Vollzug des Geschlechtsverkehrs? Dann gibt es fast niemanden mehr, jedenfalls in den westlichen Staaten, der nicht wiederverheiratet ist.
Sehe ich mir die Situation im damaligen Israel an, wo es gang und gebe war, dass sehr junge Frauen einfach verheiratet wurden, dann frage ich mich schon, ob auf deren Intention sehr großen Wert gelegt wurde. Und dann wurden die per Scheidebrief von ihren Männern „gefeuert“. Und Jesus sagt, wer eine solche Frau heiratet, bewirkt, dass sie Ehebruch begeht. Jesus macht hier also keine Ausnahme, falls die Intention fehlt. Und auch Paulus verbietet rigoros die Wiederheirat ohne Ausnahme.
Egal, ob ich das jetzt verstehe oder nicht – als Jünger Jesu habe ich das ernst zu nehmen.
Lieber Herr Merl,
Sie verstehen mich, glaube ich, gar nicht.
Ich habe ja zuerst auf den biblischen Befund verwiesen. Für mich ist auch nur der maßgeblich.
Danach wies ich draufhin, dass die katholische Lehre durch ihren Definitions- und Primatswahn aber die Gebote Jesu aushebelt. Und das nicht erst heute. Seit Jahrhunderten geht das nun schon so.
Ehrlich gesagt nervt mich das Getue dieser Kasachen. Gerade der Weihbischof Schneider ist ein traditionalistischer Hardliner.
Und diese Leute bestehen einerseits auf ihren feuchten Macht- und Autoritätsträume und huldigen dem Vaticanum I und andererseits plärren wegen des Vaticanums II und seiner Folgen herum, obwohl auch sie nur der absoluten Papstmacht entstammen
Und nun, wo ihr Papstidol qua Amt ihnen vor den Latz spuckt, reißen sie das Ruder herum und sind plötzlich extrem modernistisch oder progressiv – was das Thema „wahrer Gehorsam“ betrifft, den angeblich unser Herr uns gegenüber dem Papst abverlangt. Pius X. hätte die drei wegen ihrer „Großmäuligkeit“ gegenüber dem „Vater par excellence“, der der Papst ist, sofort exkommuniziert und suspendiert. Ihr Rechtgläubigkeitsidol hätte ihnen was gehustet.
Mich nervt dieser Widerspruch, indem diese Leute im trüben fischen.
Die nehmen es auch bloß, wie sie es brauchen.
Vielleicht verstehen Sie den Sarkasmus bei mir nicht, weil Sie wahrscheinlich die verworrene und völlig blödsinnige Lage der katholischen Lehre nicht so genau kennen.
Für mich ist es irgendwie gelaufen – diese Kirche hat sich mit diesem ganzen Wasserkopf an eigenmächtigen Lehren selber erledigt. Das Schlimme ist nur, dass sie behauptet, das sei von Gott offenbart. Deshalb kann man das praktisch nicht mehr zurechtrücken.
Nach der Lehre der Kirche müssen die drei Herren nämlich allem, was der Papst anordnet oder bestätigt mit „innerer Zustimmung“ folgen. Auch gegen ihr eigenes Gewissen. X-mal hat die Kirche die Gewissensfreiheit verleugnet und als Irrlehre verworfen und als „Gift“,. „Wahnsinn“ und „Pest“ verdammt. das Vaticanum II hat das nicht wirklich zurückgenommen, sondern nur ein bisschen betulich herumgesülzt.
Die meisten Katholiken lügen sich darüber selber etwas vor und faseln etwas herum, der Papst sei nur unfehlbar, wenn er im außerordentlichen Lehramt ein Dogma definiere. Das ist einfach nur dummes Zeug. Laut Dogma ist er sowieso unfehlbar, wenn er Dogmen oder sonstige Lehren zu Glaube und Sitte in seiner Lehrautorität als zu glauben vorlegt. Aber auch sonst, wenn er fehlbar lehrt, kann er absolute Unterwerfung und sogar Geoffenbartheit beanspruchen.
Hinzukommt nämlich, dass vor 1870 Pius IX. in einem Brief („Tuas libenter, 1863), dessen irrige lehre er mehrfach in Lehrschreiben bestätigt hat, bestimmt hat, dass auch die Äußerungen im fehlbaren Lehramt („ordentliches Lehramt“) als „von Gott geoffenbart“ anzusehen sind. Ausdrücklich verlangte er, dass man sich nicht nur auf die Dogmen zurückziehen dürfe. Selbst noch Pius XII. und Paul VI. bestätigten diesen Wahnsinn immer wieder. Warum blenden das alle aus?!
An dieser Irrlehre hat sich bis heute nichts geändert. Als Gläubige zB nachfragten, ob denn die Aussagen des niederrangigen Schreibens „Ordinatio sacerdotalis“ von Johannes Paul II. unfehlbar seien, gab die Glaubenskongregation zur Antwort (1995): Ja, das sei unfehlbar, da im ordentlichen (!) Lehramt aufgrund einer immer bestehenden Praxis festgestellt. Merkt Ihr alle was?
Das heißt im Klartext: was immer Rom feststellt – es muss nicht ex cathedra oder feierlich oder im „außerordentlichen“ Lehramt oder überhaupt eine dogmatische Frage sein. Wenn Rom findet, dass das das unfehlbar ist, haben wir das zu schlucken wie im Beispiel. Und wenn die Leute nicht nachgefragt hätten, wüsste man heute noch nicht direkt, ob das unfehlbar gedacht war. Das heißt: Rom ist nicht mal verpflichtet, uns mitzuteilen, wann was unfehlbar ist, weil wir zu absolutem Gehorsam gegenüber der gesamten Regierung des verpflichtet Papstes sind.
Wer sich nicht unterordnet, ist im Bann – also mehr oder weniger faktisch alle.
Wenn er also Ehebruch als erlaubt bestätigt haben sollte (was zu prüfen wäre – die Herren übertreiben auch gerne), dann gilt das und wir müssen folgen.
Ich aber gehorche nicht dem Papst, sondern Jesus Christus. Sorry – aber für echte Katholiken, die nicht jedem Wind der Lehre nachplappern, gilt nur die Regierung Jesu. Und was er will, wissen wir – wir brauchen nicht nur keine Erscheinungen. Wir brauchen auch nicht diese ewigen dummen und anmaßenden Zusätze zur Lehre, die nur Verwirrung stiften, aus Rom.
Frau Jüngling,
Sie schreiben:
„Vielleicht verstehen Sie den Sarkasmus bei mir nicht, weil Sie wahrscheinlich die verworrene und völlig blödsinnige Lage der katholischen Lehre nicht so genau kennen.“
Da haben Sie wahrscheinlich völlig Recht. Wenigstens ist das ein Problem im Leben, das ich nicht haben muss. 🙂
Verfolgung muss kommen, doch wehe denen, durch die sie kommt.
Ich kann diese Stellungnahme auch als Nichtkatholik inhaltlich voll unterschreiben. Unter dem Deckmantel der Barmherzigkeit Ehebruch zu legitimieren, ist in Wahrheit lieblos gegenüber den Betroffenen. Wir sind gerade in meiner angeheirateten Verwandtschaft mit einem Fall von Trennung und Ehescheidung nach 25 Jahren Ehe zum Zwecke der sog. „Selbstfindung“ bzw. „Selbstverwirklichung“ konfrontiert. Und das ist sehr, sehr hässlich und sowohl für den verlassenen Ehepartner als auch für die gemeinsamen Kinder, selbst wenn der Jüngste schon 17 Jahre alt ist, wahnsinnig belastend. Das Ehepaar ist natürlich katholisch. Immer hat man mit großem Brimborium sämtliche Sakramente gefeiert wie die Hochzeit selbst – war da nicht etwas mit „in guten wie in bösen Tagen“? – als auch Erstkommunion und Firmung des Kinder. Das war leider viel Fassade. Im Wesentlichen ging es immer ums Geld.
Guten Tag,
Sie haben recht, bei dem ganzen verfehlten Barmherzigkeitsgerede zugunsten von Ehebrechern und Eheverrätern geraten die Opfer ganz unbarmherzig aus dem Blick, vor allem der verlassene Partner und die Kinder. Zwar erlaubt auch die katholische Kirche seit jeher (mit Paulus!) eine „Trennung von Tisch und Bett“, aber nur in gravierenden Fällen (z.B. Dauer-Ehebruch des Partners, Gewalttaten), aber nicht für verantwortungslose Selbstfindungstrips und dergl.
Ich habe diesen Aspekt der Unbarmherzigkeit auch in einem Gespräch mit Bischof Algermissen auf dem Katholikentag in Regensburg erwähnt, als er an unseren Stand gekommen war, zudem in etlichen Artikeln. Das müßte in der öffentliche Debatte viel stärker thematisiert werden.
Freundlichen Gruß!
Felizitas Küble
@ Stephan Merl
ich kann Ihren Unmut über das, was in Ihrer Verwandtschaft gerade vorkommt, gut nachvollziehen.
Jedoch ist bei diesen Beiden noch Hoffnung. Ein Selbstfindungstrip kann wieder in die richtige Spur und zurück in die Ehe führen.
In meiner Familie ist es fast hoffnungslos.
Mein engster Verwandter hat sich 2 mal von der gleichen Frau getrennt. Jedesmal war es Ehebruch seinerseits.
Nun hat er eine modere evangelische Frau als Lebenspartnerin. Als ich mal das Gespräch diebezüglich suchte, verstand diese Frau gar nicht, wovon ich rede. Sie wusste nur, dass die Katholiken das Eheversprechen ernster nehmen als (liberale) evangelische Christen. Sie fühlt sich in keinster Weise als Ehebrecherin, da ihr Mann (mein Verwandter) ja zivil geschieden ist.
Das ist für sie der Maßstab.
Die erste Ehefrau ist weitgehend treu geblieben.
Der Mann möchte die erste kirchl. geschlossene Ehe nicht annullieren lassen. Er sähe keinen Grund und Ansatz, dieses Verfahren anzufangen.
Es ist so unglaublich schwierig für unsere Verwandtschaft, mit dieser Situation leben zu müssen.
Liebe Dorrotee,
nun, wenn der Ehebrecher keinen Grund sieht, seine Ehe annullieren zu lassen, dann liegt das wohl daran, dass ihm der Glaube nichts bedeutet. Was soll man da noch erwarten? Da können Sie nur noch für seine Bekehrung beten.
Es ist leider so, dass in nicht katholischen Kreisen fast immer – es gibt Ausnahmen – die Sache mit Scheidung und Wiederheirat noch laxer gesehen wird. Zum Einen liegt es daran, dass aufgrund fragwürdiger Bibelauslegung gelehrt wird, man dürfe sich scheiden lassen und wieder heiraten, weil der erste Ehepartner Ehebruch begangen habe. Desgleichen dürfe man wiederheiraten, wenn der erste Ehepartner nicht gläubig sei und die Scheidung betreibe.
Selbst Leute wie der einflussreiche US-Calvinist John Piper, der eine fast katholische Auffassung zu Scheidung und Wiederheirat vertritt, knickt dann letztlich ein, indem er keine Konsequenzen aus seiner richtigen Erkenntnis fordert.
https://kfg.org/blog/download/405-scheidung-und-wiederheirat-john-piper/
Dort unten „download“ anklicken, dann kommt die Datei, die ich meine, als pdf.
Auch hier gibt es in der sehr weitläufigen Verwandtschaft folgenden Fall:
Das Ehepaar ist evangelisch. Die Ehefrau ließ sich auch nach ca. 25 Jahren Ehe und vier Kindern (!) scheiden. Hintergrund war, dass der Ehemann nach einem schweren Herzinfarkt mit Anfang 50 in eine schwere Sinnkrise geriet, was sich leider auch auf sein Verhalten auswirkte. Er war mürrisch, depressiv, anklagend, aufbrausend und oft verbal verletzend. Das war natürlich alles Andere als einfach für sie. Meines Wissens wurden aber nicht einmal Versuche unternommen, über Therapie oder Seelsorge die Problematik zu überwinden.
Schon in der Trennungszeit lernte die Frau einen verwitweten evangelischen Pastor kennen und heiratete diesen, nachdem die Scheidung rechtskräftig war. Der verlassene Ehemann besucht jetzt eine Freikirche und hat dort eine Freundin. Der neue Ehemann verließ seine Pfarrstelle auf dem Land (Äußerstes Rheinland-Pfalz an der Grenze zu NRW, Kreis Siegen) und wechselte auf eine Pfarrstelle nach Gummersbach. Seine neue Frau ging mit ihm. Im Presbyterium seiner alten Pfarrstelle gab es Widerstände gegen seine erneute Heirat, denen er sich aber recht unproblematisch entziehen konnte. Denn die evangelische Kirche erlaubt die Wiederheirat, was ja auch eine Folge der lutherischen Profanisierung der Ehe ist.
Hintergrund der Lehrauffassungen, die Wiederheirat kirchlich zulassen, ist auch, dass verkannt wird, dass Ehebruch durch Wiederheirat strafrechtlich ausgedrückt ein „Dauerdelikt“ ist, also ständiges Leben in Sünde, dass eben nicht damit zu reparieren ist, dass man diese Sünde einmal bekennt und Vergebung empfängt. Sehr unpopulär ist nämlich die Weisung Jesu an die ertappte Ehebrecherin, die er vor der Steinigung bewahrt: „Gehe hin und sündige nicht mehr!“ Denn Gottes vergebende Gnade soll uns ja gerade dazu befreien und befähigen, fortan ohne Sünde zu leben.
Genau das Gleiche ist auch der Betonung von Barmherzigkeit durch Papst Franziskus zu entgegnen.
Ich weiß nicht, wie alt die (deutsche?) Sitte ist, daß der liebevolle Ehemann seine Frau „meine bessere Hälfte“ (also nicht etwa „die bessere Hälfte von uns beiden“) nennt. Möglicherweise ist sie älter als die von Johann Gottlieb Fichte – nach meiner Kenntnis erstmalig – entwickelte Interpersonaltheorie. Dann hätte dieser liebevolle Ehemann schon erkannt, daß sich da zwei Personen zu einer „Interperson“ vereinigt haben, in der jede sich mit der „Interperson“ identifiziert – und damit mit dem anderen.
Es erscheint da nur logisch, wenn Jesus Christus die Scheidung verwirft, und unlogisch, wenn sich die Kirche da herummogeln möchte.
Herr Dr. Heger,
die Logik Jesu fußt sicher nicht auf deutschen Ausdrucksweisen. 🙂
Worauf sie fußt, sagt er selbst ganz klar: Darauf, wie Ehe von Gott her immer schon intendiert war und vollzogen wurde. Schon Mose hat hier einen Kompromiss zugelassen – „wegen der Härte Eurer Herzen“, wie Jesus sagt – und die Scheidung erlaubt. Im Judentum konnte jeder Ehemann seiner Frau via Scheidebrief den Laufpass geben – umgekehrt übrigens nicht – ; und zwar aus nichtigsten Gründen. Und Jesus sagt implizit, dass das keineswegs die Ehe beendet hat. Denn sonst könnte ja die neue Eheschließung einer von ihrem Mann geschiedenen Frau kein Ehebruch dieser Frau sein.
Die Jünger waren über die Rigidität Jesu in dieser Frage regelrecht entsetzt und schlossen daraus, dass es doch besser sei, gar nicht zu heiraten. Worauf Ihnen Jesus erklärte, dass das nicht für jeden praktikabel ist.
Eine ganz andere Frage ist es natürlich, unter welchen inneren Voraussetzungen und mit welchen Vorstellungen heutzutage auch kirchliche Ehen geschlossen werden. Da dürfte vieles im Argen liegen.
Kleine Korrektur: Im Judentum konnte auch schon früh eine Frau dann einen Scheidebrief verlangen, wenn der Mann seiner „ehelichen Pflicht“ nicht nachkam.
Sonst aber haben Sie recht: er konnte sie – so wie im Islam – mehr oder weniger voraussetzungslos feuern.
Zur Zeit Jesu waren die Rechte der Frau auf dem Nullpunkt: Rabbi Hillel erlaubte, dass man seine Frau aus jedem erdenklichen Grund verstößt, etwa dann, wenn man sie nicht mehr schön findet oder irgendetwas an ihr nervt.
Von daher muss man die Frage der Schriftgelehrten verstehen, die Jesus fragen, ob es erlaubt sei, seine Frau aus jedem Grund zu feuern. Sie wollten hören, wie er zu der Hillel-Lehre steht.
Seine Antwort ist daher unglaublich und kaum je wurde in einem solchen Ausmaß das Recht der Frau wieder zurechtgerückt.
Auch die Antwort an die (männlichen) Jünger ist knallhart:
Diese Herren sind dermaßen verblendet in ihrer Maskulinität, dass sie, bevor eine Frau ihr von Gott verfügtes Recht erhält, lieber ohne Frau leben würden – das muss man sich mal vorstellen. Welch ein Abgrund an Gottlosigkeit sich hier offenbart…
Man begreift, dass die Vorhersage Gottes, dass der Mann die Frau unterwerfen würde als Sündenfolge (Gen 3,16) so abgrundtief und destruktiv im Mann wühlt wie der Tod und der Geburtsschmerz in unseren Gebeinen.
Die Reaktion Jesu „Wer es fassen kann, der fasse es!“ bezieht sich nicht, wie so oft von Zölibatspropagandisten behauptet, zuerst auf die Ehelosigkeit, sondern im Kontext doch relativ eindeutig auf die gottgewollte Ehe.
Was folgt daraus: dass selbst vom christlichen Glauben angesteckte Leute wie die Apostel damals, wahrscheinlich nicht in der Lage sein werden, eine Ehe zu führen. Nur wenigen ist es vergönnt, eine gottgewollte Ehe zu führen. So verdorben ist der Mensch.
Man kann die Kompromisse, die die Kirche von hinten durch die Brust ins Auge natürlich rein menschlich verstehen. Man erlag dem empirischen Realismus.
Man sieht aber an der Angelegenheit, dass Glaube eine sehr ernste Sache ist und uns alles abverlangt. Diese Tatsache aber konnte in der Kirche immer nur ganz selten verwirklicht werden, und man tröstete sich schnell bilig mit dem üblichen Gelaber, dass wir halt alle Sünder und eine „Kirche der Sünder“ sind etc. drüber weg. Selbst Luther knickte ein, obwohl die Reformatoren aufgrund des Schriftprinzips hier sehr streng dachten. Dass man im liberalen evangelischen Umfeld das alles gar nicht ernstnimmt, liegt an der modernen Bibelexegese, der die Reformatoren mehrheitlich nicht zugestimmt hätten.
Herr Merl,
Ihre Anmerkung „die Logik Jesu fußt sicher nicht auf deutschen Ausdrucksweisen.“ verwundert mich. Das hat auch niemand behauptet. Logik „fußt“ auf nichts anderem als ihren eigenen Gesetzen, die schon der olle Aristoteles herausgearbetet hat.
Völlig richtig ist, daß Jesus die Ehe so versteht und verstanden wissen will, „wie sie von Gott her immer schon intendiert war“. Das ist keine Sache der Logik, sondern eine der Erkenntnis – auf die dann Logik anzuwenden ist.
Daß Johann Gottlieb Fichte mit der nach meiner Kenntnis von ihm erstmalig entwickelten Interpersonaltheorie einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, eine Tiefendimension der Ehe, „wie sie von Gott her immer schon intendiert war“ in das philosophisch reflektierte Bewußtsein zu heben, erscheint mir wertvoll als Hilfe zum Verständnis der Lehre Jesu Christi.
Daß der liebevolle deutsche (tatsächlich nur deutsche?) Ehemann seine Frau „meine bessere Hälfte“ nennt – diese „Ausdrucksweise“ macht klar, daß Fichte auf eine Tatsache philosophisch aufmerksam gemacht hat, die diesem liebevollen Ehemann intuitiv schon längst klar war.
Bei dieser Gelegenheit: Ich sehe nicht, wie man eine stellvertretende Sühne – welche ja Christus nach christlicher Lehre geleistet hat – verstehen kann ohne Rückgriff auf die Interpersonaltheorie, nämlich die Interperson des reuigen Sünders mit Jesus Christus, der ersterem seine Heiligkeit gibt und seine Strafe übernimmt.. In der Tat hat St. Paulus das wohl auch klar gesehen und in das Bild gefaßt, daß er lehrt: „Ziehet an den Herrn Jesus!“
Herr Dr. Heger,
Frau Jüngling,
ich halte – ehrlich gesagt – von Philosophie nicht allzu viel. Paulus warnt in Kol. 2, 8:
“Seht zu, dass euch niemand einfange durch Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus“:
Hier wird Philosophie als Leistung der Menschen radikal der viel wertvolleren Botschaft des Evangeliums als „Gottes Wort“ gegenübergestellt, wie es denn auch im folgenden Vers 9 heißt:
“Denn in ihm, in Christus, wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“
Mit anderen Worten: Wer Christus folgt, braucht keine Philosophie. Interessant ist auch, das die berühmte Rede des Paulus auf dem Aeropag evangelistisch gesehen ein glatter Fehlschlag war, weswegen Paulus im 1. Kor. 2 zu Anfang gleich betont, dass er – der eigentlich doch so wortgewaltige und geschulte Pharisäer – nicht versucht hat, sie mit menschlicher Weisheit zu überzeugen, sondern durch den Erweis von Gottes Kraft, die in der Botschaft von Jesus Christus, dem Gekreuzigten steckt.
Dazu kommt ja noch, dass nach Jesu eigenen Worten, das Evangelium gerade den Unmündigen, den Kleinen, denen, die nichts vorzuweisen haben, unmittelbar einleuchtet; denen also, die also auf gut Deutsch etwas minderbemittelt sind und deren Hirnkaschtl ihnen nicht im Weg steht, Jesus kindlich zu vertrauen.
Nun liebt Jesus ja zu unserem großen Glück auch die Schlauen und die Philosophen, die freilich dennoch nicht umhin kommen zu werden wie die Kinder, um ins Reich Gottes eingehen zu können.
O Herr Merl, da bin ich etwas empfindlich, denn ich habe u.a. dieses schreckliche Fach studiert…. Man lernt das klare Denken und die Methode des Denkens analysieren und zu prüfen – das ist nicht das Verkehrteste. Nur wenn Sie Philosophie selbst als „Lehre“ verstehen, etwa wie bei Mani oder ähnlichen Männern, trifft das zu, was Sie wohl meinen. Grundsätzlich aber ist Philosophie eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Denken selbst.
Ohne die philosophische Schulung, die Paulus leicht erkennbar durchlaufen hat, wären uns unsterbliche und ewige Worte, die der Hl. Geist ihm erst unaussprechlich, dann aber im menschlichen Gefäß aussprechlich ermöglicht hat, verschlossen geblieben.
Das Denken selbst folgt ja Strukturen. Wir könnten nie erfassen, was Wahrheit ist, wenn es nicht in uns begrifflich vorstrukturiert wäre. Will sagen: wir haben bereits eine philosophische „Bedingung der Möglichkeit“ zum Wahrnehmen, und Denken. Das übersteigt Gott, der in UNSER FLEISCH kam, ja nicht einfach.
Ob es aber dabei stehenbleibt, dieses Geistwesentliche, das kann man bezweifeln. Denn um diese unaussprechlichen Worte, die Paulus vernommen hat im 3. Himmel, dort zu verstehen, muss unsere Struktur erweitert werden.
Ich denke, dass das aber erst nach diesem Äon geschehen wird.
Dass Visionäre gelegentlich einen kleinen Blick darein erhaschen dürfen, soll uns zeigen, dass da noch etwas auf uns wartet.
„Ihr werdet mich „aliquando“ (dermaleinst) nichts mehr fragen.!
@ Herrn Heger und @ Herrn Merl
Es gibt zwar einige Hinweise im NT, dass es sich um eine „Interperson“ handelt, aber nicht in dem ausschließlichen Sinne, wie mir scheint.
Die Orthodoxie lehrt ja – in diesem Fall an der Schrift vorbei – dass die Ehe noch im Himmel bestünde und verlangt Verwitweten, die wiederheiraten, einen Bußakt ab. Paradoxerweise erlaubt sie Wiederheirat bei Scheidung, auch wenn es – das muss man ehrlicherweise dazusagen – absolut unerwünscht ist, dass das geschieht.
Diese orthodoxe Position bzgl. der „ewigen Ehe“ lässt sich mit der Schrift allerdings schwerlich begründen, wie ich meine, wohl aber mit den Textstellen, die auf die „Interperson“ verweisen. Also die Rede „ein Fleisch“ oder bei Paulus die Rede davon, dass der Mann seine Frau lieben müsse, WEIL sie sein Fleisch sei und niemand, der bei Trost ist, sein eigenes Fleisch hasst, sondern es nährt und pflegt und hegt…
Nun pflichte ich Ihnen tatsächlich bei, dass nur die Vorstellung der „Interperson“ überhaupt diese dramatische Ablehnung der Scheidung und des Ehebruches verständlich macht. „Es sind nicht mehr zwei, sondern einer“.
Ginge es dabei aber nur um eine wie immer definierte Interperson, würde noch nicht gewiss, dass Polygynie schwerst sündhaft ist und das Ehebild, wie es „von Anfang an war“, total verfehlt und infantilisiert.
Man könnte zurecht fragen, wieso nicht auch mehr als zwei eine solche Interperson bilden können.
Die paulinische Antwort darauf wäre: weil die Frau als einzelne gegenüber dem einzelnen Mann die gesamte Schöpfung, den Leib Christi und damit immer ihn – den Mann – selbst darstellt. Es ist Wahnsinn, wenn Männer zwei Frauen haben wollen oder mehrere. Sie annullieren damit nicht nur dieses Zeichen der Frau (etwa so wie der Glaube an mehrere Götter den Glauben an den einen Gott annulliert), sondern sie schließen sich regelrecht von ihrem Heil aus, das nur über diese eine Frau für sie erreicht werden kann.
Es ist der Umstand, dass die Frau es ist, die dem Mann gewissermaßen seinen Status als Mensch garantiert. Entwertet er sie, entwertet er sofort und vor allem sich selbst. Ihm bleibt daher nur eines: durch die Frau erhält er die Garantie seiner Menschlichkeit, und von da aus gesehen soll er sich vorstellen, wie Jesus sich für diese Menschheit hingegeben hat und sich der Frau gegenüber so verhalten wie Christus. Es gibt nur eine Frau, weil es nur eine Menschheit gibt. Damit sind eigentlich auch alle Spekulationen über andere „Populationen“ auf anderen „Sternen“ ausgeschlossen. Es gibt nur uns und es gibt nur einen Gott, den aber (wie auch uns) in Überfülle.
Und hier kommt der Zweifel an einer zu engen Fassung der „Interpersonalität“: nicht dass nun ein Mann wahllos Frauen nehmen dürfte – das eben nicht. Aber dennoch ist diese Menschheit auch „eine“. Der „Leib Christi“ ist „einer“. Die Interpersonalität besteht auch innerhalb der Kirche zwischen allen. Von daher hat die westliche Kirche von alters her eine Wiederverheirateung nach dem Tod eines Partners mit Paulus unproblematisch gefunden und Lehrer, die etwas anderes lehrten, zurückgewiesen (etwa Tertullian).
Klares biblisches Zeugnis dafür, dass die eheliche Interpersonalität im Himmel aufgeht in der großen Interpersonalität aller mit allen und mit Christus, hat uns der Herr selbst gegeben in Mk 12, 18: „Wenn nämlich die Menschen von den Toten auferstehen, heiraten sie nicht, noch lassen sie sich heiraten, sondern sind wie Engel im Himmel.“