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Würdigung des „Lambsdorff-Papiers“: Schlanker und damit handlungsfähiger Staat

Frank Schäffler (FDP-MdB) schrieb für die WELT folgenden Gastbeitrag:

Mark Twain wird das Bonmot zugeschrieben, dass sich Geschichte nicht wiederholt, aber reimt. Es meint, dass zwar der jeweilige historische Kontext oftmals ein anderer ist, die Ursachen sich jedoch ähneln.

Anfang der 1980er Jahre war Deutschland schon einmal von Wachstumsschwäche, einem Energiepreisschock und Reformmüdigkeit gekennzeichnet. Die damalige sozialliberale Koalition war enorm unter Druck. Das Wirtschaftswachstum tendierte gegen null, die Arbeitslosigkeit verdoppelte sich, die Inflationsrate lag bei 6 Prozent und die Staatsverschuldung stieg um ein Drittel an – fast ein Déjà-vu. 

Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff reagierte am 9. September 1982 mit einem Fitnessprogramm für den Staat. Sein „Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“, das als Lambsdorff-Papier in die deutsche Nachkriegsgeschichte einging, war die Antwort auf diese Krise.

Es war ein bemerkenswertes Papier, weil es schonungslos die Handlungsfelder aufzeigte und entschlossene Maßnahmen vorschlug. Im Wesentlichen war es eine Absage an die jahrelange schuldenfinanzierte Ausgabenpolitik. Lambsdorff schlug darin eine Liberalisierung des Arbeits- und Wohnungsmarktes, eine Ausgabenbegrenzung des Staates und eine Förderung von privaten Investitionen durch weniger Bürokratie und Vorschriften vor.

Mehr Hayek und weniger Keynes

Das Ziel war ein schlanker und damit handlungsfähiger Staat. Oder anders ausgedrückt: Mehr Hayek und weniger Keynes.

Die ökonomische Situation ist heute vergleichbar. Bis auf die Arbeitslosenzahlen sind alle Kennzahlen dramatisch. Die Inflation in Deutschland ist mit  6,1 Prozentpunkten hoch. In dieser Dimension ist ein Euro in rund 11 Jahren nur noch die Hälfte wert.

Die Wirtschaft schrumpft in diesem Jahr und die Vorzeichen für das nächste Jahr sind nicht viel besser. Die wieder höheren Zinsen belasteten die öffentlichen Haushalte bereits vor Corona und dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. In Verbindung mit dem höheren Schuldenstand durch die sich überlagernden Krisen schnüren sie jedoch die Handlungsfähigkeit des Staates dauerhaft ein.

Horror-Zinsen für den Schuldenberg

Heute muss der Finanzminister wieder 40 Milliarden Euro Zinsen bezahlen, um den Schuldenberg zu finanzieren. 2021 waren es noch weniger als 4 Milliarden Euro. Heute führt die Schuldenbremse dazu, dass die neu aufgenommenen Schulden in der Corona-Pandemie ab 2028 mit festen Raten getilgt werden müssen.

Die Schulden des Abwehrschirms im Zuge der Energiekrise und zur Ertüchtigung der Bundeswehr folgen ab 2031, und der Schuldenberg für das Konjunkturprogramm „Next Generation EU“ folgt ebenfalls mit festen Tilgungsraten. Daraus folgt: Wer 2028 mit 18 Jahren in das Berufsleben eintritt, wird zwei Drittel seines Berufslebens allein die Tilgung dieser Schulden finanzieren müssen.

Die demographische Entwicklung, die die Sozialversicherungen herausfordert, ist hier noch gar nicht eingerechnet. Wird hier nicht gehandelt, steigen die Beitragssätze (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) für die gesetzlichen Sozialversicherungen auf rund 52 Prozent bis 2050 – bei einem weiter anwachsenden Zuschuss des Staates.

Die Zeit der ausufernden Sozialprogramme ist daher vorbei. Sie müssen schnellsten begrenzt, besser sogar zurückgeführt werden. Dieser Prozess ist noch nicht eingeleitet. Der aktuelle Entwurf des Bundeshaushaltes sieht 2027 Mehrausgaben von 21,5 Mrd. Euro im Vergleich zu 2024 vor, wovon allein 90 Prozent für den Etat des Arbeits- und Sozialministers vorgesehen sind.

Bürokratie muss zurückgefahren werden

Die Wirtschaft muss insgesamt entlastet werden. Erste Schritte für ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz und ein Wachstumschancengesetz sind eingeleitet. Teure Subventionen für einzelne Industriezweige, wie die Halbleiterindustrie, sind aus der Zeit gefallen. Sie sind Teil einer Industriestrategie, die den Staat als Lenker und nicht als Schiedsrichter sieht. Das ist teuer und ineffizient, weil sie wirtschaftliche Dynamik an anderer Stelle bremst.

Die ohnehin hohe Staatsquote, also die Relation der allgemeinen Staatsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt, steigt so weiter. Stattdessen muss diese zurückgeführt werden.

Die Schweiz hat heute eine Quote von 32 Prozent, Deutschland von 50 Prozent. Rund 50 Prozent ist auch die Abgabenbelastung eines Durchschnittsverdieners bei einer Gehaltserhöhung. Gleichzeitig steigt der finanzielle Anreiz nicht zu arbeiten und von Sozialleistungen zu leben.

Eine fünfköpfige Familie im Bürgergeld hat heute einen Anspruch auf Sozialleistungen, die einem Bruttogehalt von rund 5.000 Euro entsprechen. Gleichzeitig verdienen 50  Prozent der Arbeitnehmer in Ostdeutschland weniger als 3.000 Euro brutto. Leistung lohnt sich immer weniger.

Quelle und FORTSETZUNG des Beitrags hier: https://frank-schaeffler.de/mehr-otto-graf-lambsdorff-wagen-zum-jahrestag-des-lambsdorff-papiers/

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