Top-Beiträge

Links

Zur Kontroverse um Maria „Miterlöserin“ im Kontext der kirchlichen Tradition

Von Felizitas Küble

Auf dem traditionalistischen Blog „Katholisches.info“ wurde am 20. Mai 2021 ein längerer Beitrag von Pater Paolo Siano veröffentlicht, in dem sich dieser Ordensmann mächtig zugunsten des Titels „Miterlöserin“ (lateinisch: Coredemtrix /Corredemtrix) aus dem Fenster hängt.

Er zitiert gerne aus mehr oder weniger wichtigen theologischen Zeitschriften, die meist während des Pontifikats von Pius XII. erschienen waren.

Dabei sind gewisse „mariologische“ Ausführungen in diesem oder jenem Blatt, mag es auch noch so ehrenwert sein, durchaus nicht von Bedeutung für die Frage nach der lehramtlichen (!) Stellung einer solcher Bezeichnung für die selige Jungfrau.

Dies gilt selbstverständlich auch dann, wenn diese Publikationen mit Imprimatur erschienen sind, wobei eine solche „Druck-Erlaubnis“ keine kirchliche Bestätigung ihres Inhalts darstellt, sondern lediglich beinhaltet, daß seine Verbreitung gestattet ist. Solch ein Buch „darf“ also von gläubigen Katholiken gelesen werden – nicht mehr und nicht weniger.

Für die Frage nach der lehramtliche Relevanz kommt man durch haufenweises Zitieren solcher zwar genehmigter, aber keinesweges kirchenamtlicher Bücher – vornehmlich aus den 50er Jahren – nicht wirklich weiter.

Immerhin muß auch der Autor als begeisterter Vertreter der „Miterlöserin“-These einträumen, daß es vor Leo XIII. keinen Papst gab, der diesen Marientitel jemals vertreten hat – weder schriftlich noch mündlich.

Es mutet etwas merkwürdig an, wenn es ausgerechnet „Traditionalisten“ offenbar nicht weiter stört, für ihre These keine kirchliche TRADITION vorlegen zu könnenimmerhin geht es um ca 1900 Jahre.

Erst seit ca. 120 Jahren gibt es spärliche Hinweise aus päpstlichen Munde, aber sie erfolgten nicht im Rahmen einer offiziellen Lehrverkündigung.

Selbst für den betont „marianischen“ Papst Pius XII. findet während seiner gesamten Amtszeit kein eindeutig belegtes Zitat für „Maria Miterlöserin“, weshalb sich der Verfasser auf eine angebliche Aussage aus einer Ansprache „oder einem Brief“ (nicht einmal das ist klar) stürzt und stützt, von welcher nicht einmal das Datum gesichert ist und der Autor sich auf Sekundärquellen beruft, deren Beweiswert sich in Grenzen hält.

Foto: Radio Vatikan

Es fehlt also für den Corredemptrix-Titel jede lehramtliche TRADITION, die wenigstens noch bis ins Mittelalter hineinreichen würde – was doch gerade für Traditionalisten ein echtes Manko sein müßte.

BILD: Papst Benedikt bezeichnete den Miterlöserin-Titel als „irreführend“

Immerhin gibt auch der Autor selber zu, daß die Bezeichnung „Miterlöserin“ zum ersten (!) Mal von Pater Salmeron SJ ausgesprochen wurde, einem Theologen des Konzils von Trient (und somit in der Neuzeit).

Allerdings hat es erneut lehramtlich nichts zu bedeuten, wenn sich ein frommer Geistlicher auf einer Kirchenversammlung in dieser oder jener Weise geäußert hat.

Für das Mittelalter – ganz zu schweigen vom christlichen Altertum bzw. der Patristik (Kirchenväterzeit) – finden sich keine Belege, sonst hätte der findige Verfasser sie allzu gerne präsentiert.

Langer Rede kurzer Sinn: Die Corredemtrix wird niemals zum Dogma erklärt werden, denn sie gehört nicht einmal zur amtlichen kirchlichen Verkündigung, ist kein Bestandteil des „depositum fidei“ (überlieferten Glaubensgut) – es fehlt ihr sogar jedwede grundlegende Verankerung in der TRADITION der Kirche und erst recht in der „göttlichen Offenbarung“ (sie wird bezeugt durch Bibel und apostolische Überlieferung).

Ergänzender Artikel hierzu: https://charismatismus.wordpress.com/2019/08/21/kann-eine-erloeste-zugleich-miterloeserin-sein/

Kommentare

7 Antworten

  1. Nun, obwohl ich ein Herz mit protestantischen Wurzeln habe, durfte ich in Italien bei einer Freundin, wohnhaft Via Giorgio Bidone bei meinem Spaziergang eine offene Kirche betreten, erfüllt von Gottes lobenden Gesang eines asiatischen Chores. Dann schaute ich mir diese Kirche genauer an mit grünem Sternengewölbe und die Madonna, die irgendwie mein Herz berührte, ohne dass ich mich verbiegen oder verleugnen muss. Leider hatte ich meinen Foto-Apparat vergessen und suche das Bild dieser Madonna unter dem grünen Sternenzelt in Turin noch heute.

    Unsere italienische Freundin hatte in ihrem Leben auch als Kriegskind und durch den Verlust ihrer Kinder viel Leid erlebt und ich begann zu begreifen, wie viel Trost die verzweifelten Erdenkinder in der Madonna suchten und irgendwie vielleicht auch fanden. Hier geht es nicht um Papst und Gloria, sondern um den Trost und den Schutz, den besonders Italiener bei der Gottesmutter Maria ersehnen und finden. Insofern finde ich diese Anspielungen von Onkel Guido daneben, weil es hier um das Gottvertrauen eines Menschen zu Maria oder Jesus geht, ohne jegliche Gruppen-Zwangsneurose.

  2. der Artikel ist sehr gut, liebe Frau Küble, allerdings wäre ich mit dem Wort „niemals“ seit 1960 sehr vorsichtig

    1. Guten Tag,
      was hat die Traditionsfrage hinsichtlich dieses Titels mit 1960 zu tun?
      Meinen Sie beginnende Bestrebungen, den Titel auf dem Konzil zu verkünden (was noch lange keine Dogmatisierung wäre)?
      Dieses Ansinnen war absehbar zum Scheitern verurteilt.
      Selbst der (vergleichsweise harmlose) Titel „Mutter der Kirche“ wurde nicht vom Konzil proklamiert (sondern von Papst Paul VI. persönlich).
      Freundlichen Gruß
      Felizitas Küble

        1. Guten Tag,
          aber das ist doch nur ein gradueller Unterschied – gerade bei diesem Thema.
          Weder vorher noch nachher gab es in der kirchlichen Hierarchie eine Mehrheit für solch einen Titel.
          Freundlichen Gruß
          Felizitas Küble

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Kategorien

Aktuelle Beiträge

Archiv

Archive

Artikel-Kalender

April 2024
M D M D F S S
1234567
891011121314
15161718192021
22232425262728
2930  

Blog Stats

685111
Total views : 8766754

Aktuelle Informationen und Beiträge abonnieren!

Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse an, wenn Sie kostenlos über neu erschienene Blog-Beiträge informiert werden möchten.