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Das kirchliche Lehramt steht nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm

Erklärung von Kardinal Gerhard Müller

Meinem Kommentar zu Fiducia supplicans habe ich inhaltlich nichts hinzuzufügen. Die weltweite negative Reaktion aus großen Teilen des Weltepiskopates und seitens führender Laien zu der vom Dikasterium für die Glaubenslehre herausgegebenen „Handlungsempfehlung“ zur privaten Segnung von Menschen in sündhaften Partnerbeziehungen“ sollte den Verantwortlichen in Rom zu denken geben.

Doch hier nur zwei Punkte zur weiteren Klärung:

  1. Problematisch bleibt für mich die Unterscheidung von liturgisch-offiziellen Segnungen und den privat-pastoralen Segnungen  nicht-ehelicher Sexualpartnerschaften. Der vorgeschlagene 15-Sekunden-Segen mit dem Kreuzzeichen und der Anrufung des Namens des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes ist dort als ein privates Gebet um den Beistand Gottes bezeichnet, der immer unsere Abkehr von der Sünde und unser ewiges Heil  will. Dieses Gebet kann jeder Laie über andere sprechen. Der Priester jedoch  muss aufpassen, dass sein Segen im Namen der Kirche nicht instrumentalisiert wird von säkular-ideologischen und kirchlich-häretischen Pressuregroups, denen es nur um die Unterminierung der Wahrheit des geoffenbarten Glaubens geht (in der Lehre und Praxis der Kirche, die man nicht gegeneinander ausspielen darf).
  2. Der am meisten problematische Punkt scheint mir nicht die (selbstverständliche) pastorale Bemühung um das Heil und die Gottoffenheit von Personen in irregulären sexuellen Partnerschaften zu sein oder solche, die – durch die LGBT-Ideologie korrumpiert – die christliche Ehe-Theologie als überholt und leibfeindlich diffamieren, sondern in der Behauptung „einer wirklichen Weiterentwicklung über das hinaus, was vom Lehramt und in den offiziellen Texten der Kirche über die Segnungen gesagt wurde“(Erklärung, Nr. 4).

Dem Lehramt von Papst und Bischöfen kann von einem römischen Dikasterium – auch mit Berufung auf den je persönlichen Willen (voluntaristisch) des aktuellen regierenden Papstes – keineswegs eine Autorität zugesprochen werden, die ein für allemal in Christus ergangene und in der „Lehre der Apostel“ (Apg 2, 42) für alle Zeit normativ vorgelegte Offenbarung zu ergänzen, zu  reduzieren, zu korrigieren oder  mit dem Alltagsverstand oder den aktuellen Ideologien kompatibel zu machen.

Die beiden Papst-Dogmen des I. Vatikanums (Infallibilität, Jurisdiktionsprimat) geben eine solche Interpretation, die die Hermeneutik des katholischen Glaubens sprengen würde, nicht her, ja sie widersprechen ihr geradewegs. 

An der definitiven Erklärung des II. Vatikanums gibt es nichts herumzudeuteln:
„Das Lehramt ist nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm, indem es nichts lehrt, als was überliefert ist, weil es das Wort Gottes aus göttlichem Auftrag und mit dem Beistand des Heiligen Geists voll Ehrfurcht hört, heilig bewahrt und treu auslegt und weil es alles, was es als von Gott geoffenbart zu glauben vorlegt, aus diesem einen Schatz des Glaubens schöpft.“
(Dei verbum 10).

Die gnostische Meinung, dass eine kleine Führungselite den besonderen Zugang zum Heiligen Geist habe oder dass mythologisch der Heilige Geist durch das „gesunde Volk der intellektuell unverdorbenen einfachen Leute“ (der „Volksgeist“ der Romantiker) spreche,  hat nichts mit dem katholischen Glauben zu tun.

Es gibt nur den einen Schatz des Wortes Gottes, das in der Heiligen Schrift enthalten und im Kontext  der Apostolischen Tradition von der ganzen Kirche unter der Leitung des heiligen Lehramtes vollständig bewahrt und treu ausgelegt wird (vgl. Dei verbum 1-10; Lumen gentium 25).

Erstveröffentlichung des Beitrags hier: https://www.kath.net/news/83464

Titelfoto: Bistum Regensburg

 

Kommentare

8 Antworten

  1. Immer wieder wird deutlich, daß unser Papst Anstöße gibt, die dann im gegenwärtigen Milieu zu Selbstläufern werden. Wie es so bei allen revolutionären Machenschaften der Fall ist.
    Was alles unter dem Namen Reform gefordert wird, bedeutet regelmäßig Revoution.

  2. Meinen Dank an Kardinal Müller!!
    Vielleicht ist er der Nachfolger von F.

    Dann wird sowas wie FS hoffentlich wieder zurückgenommen.

  3. Ein so gebildeter und kluger Kopf wie es Herr Kardinal Müller ist, weiß natürlich, daß es eine entscheidende Frage ist, wer entscheidet, ob sich der Papst über das Wort Gottes (worunter der Katholizismus nicht dasselbe versteht wie der konservative Evangelikalismus) erhebt oder nicht. Ein nicht abgesetzter Papst entscheidet wohl selbst darüber…

    1. @Ulrich Motte:

      Verteidigung der Tradition. Poscritto a «Il Concilio Vaticano II. Una storia mai scritta

      Nach dem Erfolg des Buches Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte bietet Roberto de Mattei auf diesen Seiten einige Elemente historischer und t…

      https://www.falkmedien.de/Verteidigung-der-Tradition-Poscritto-a-TIl-Concilio-Vaticano-II-Una-storia-mai-scritta

      Nach dem Erfolg des Buches Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte bietet Roberto de Mattei auf diesen Seiten einige Elemente historischer und theologischer Reflexion, mit denen er die Probleme, die im Anschluss an sein Werk lebhaft diskutiert wurden, ins Prinzipielle hebt: Darf man Personen und Ereignisse der Kirchengeschichte diskutieren und sie dadurch möglicherweise in ein weniger günstiges Licht rücken? Oder gar in den Schatten? Darf man Entscheidungen der höchsten kirchlichen Autorität die Übereinstimmung verweigern? Wenn ja, unter welchen Umständen und in welchem Ausmaß? Was ist die regula fidei (Glaubensregel) der Kirche in Zeiten der Krise und Verwirrung? Roberto de Mattei sieht den Lösungsansatz in der heiligen Tradition, für die er in diesem Buch ein beeindruckendes Plädoyer vorlegt.„Die Geschichte dient dazu, uns in Erinnerung zu rufen, dass das, was gestern geschah, sich heute wiederholen kann, und dass gestern wie heute und morgen eine einzige Regel in Zeiten der Krisen und Schwierigkeiten der Kirche bleibt: die Treue zur Tradition als Treue zur Wahrheit, die Christus seiner Kirche mit den Worten anvertraut hat: ‚Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen‘ (Mt 24,35).“Roberto de Mattei „Roberto de Mattei unterzieht die Geschichte der Päpste einer strengen Prüfung – gerade vom Standpunkt bedingungsloser Papsttreue aus. Er will nichts anderes als dass der Papst Papst sei – kritisiert er einen Papst, so verklagt er ihn beim Papsttum. So entspricht es der großen katholischen Tradition.“ Martin Mosebach

      „Zeugen der Wahrheit“ (ZDW) Website

      https://www.kath-zdw.ch/

      1. Danke für Hinweise: Und wer entscheidet über eine Klage (wer ist dort Richter ?) gegen einen „Papst beim Papsttum“? Sie lösen das Problem meiner Frage so nicht.

  4. Das wird den Verantwortlichen für Fiducia supplicans nicht schmecken.
    Überhaupt nicht!.

    Für den Leser wird es darauf ankommen, die Argumente von Kardinal Müller nachzuvollziehen und sich gut zu merken, um damit gegen Irrlehren / Irrlehrer zu bestehen.

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