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Joseph von Eichendorffs Volkslied: „In einem kühlen Grunde“

Das zerbrochene Ringlein

1. In einem kühlen Grunde
Da geht ein Mühlenrad
Mein‘ Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.

2. Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein’n Ring dabei,
Sie hat die Treu´ gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.

3. Ich möcht‘ als Spielmann reisen
Weit in die Welt hinaus,
Und singen meine Weisen
Und geh’n von Haus zu Haus.
 
4. Hör‘ ich das Mühlrad gehen:
Ich weiß nicht, was ich will  —
Ich möcht‘ am liebsten sterben,
Da wär’s auf einmal still!

Joseph von Eichendorff

 

Hinweise dazu von unserem Gastautor Ernst Friedel aus Kanada:

Das alte Volkslied In einem kühlen Grunde“ ist auch bekannt unter dem Titel Das zerbrochene Ringlein. Das sich immer drehende Mühlrad ist wohl ein Symbol für den Ablauf der Zeit. Auch Liebe, Sehnsucht, Enttäuschung, Unrast und mehr sind im Text enthalten.

Vor mir sehe ich ein Liebespaar, das sich beim Abschied ewige Treue schwört, besiegelt mit einem Ringlein. Als er nach einiger Zeit der Wanderschaft wieder in die Heimat zurückkehrt, muss er feststellen, dass sie einen anderen liebt und ihr Versprechen nicht gehalten hat. Sie hat die Treue gebrochen und symbolisch singt er: „Das Ringlein sprang entzwei“.

Enttäuscht möchte er von allem weglaufen. Um zu vergessen, macht er sich mit seiner Mandoline und Flöte als Spielmann auf den Weg. Es war eine Zeit, in der es kein Radio gab, er zog von Ort zu Ort, um den Menschen mit seinen Liedern Freude zu bringen. Manches Mal spielt er auf dem Marktplatz, ein anderes Mal in einer Gaststätte.

Wenn den Zuhörern die Musik gefällt, werfen sie eine kleine Münze in den Hut, der vor ihm liegt. Wenn sein Lied einem Baron oder einem Grafen zusagt, gibt es auch etwas Größeres. Das ist sein Lebensunterhalt.

Obwohl er den Menschen mit seinen Liedern viel Freude bereitet, fällt es ihm schwer, seine Enttäuschung zu vergessen. Wenn er ein Mühlrad sieht, überfällt ihn ein Gefühl, welches ihm die Lebensfreude nimmt und leise singt er vor sich hin: „ich möcht am liebsten sterben, dann wär’s auf einmal still“. Wenn das geschieht, werden seine Instrumente verstummen, dann wird‘s auf einmal still.

Der Text stammt von Joseph von Eichendorff (1788 –1857) , die Melodie schrieb 1814 Friedrich Glück.

Es singt hier der Männerchor Heidelberg-Rohrbach:  https://www.youtube.com/watch?v=IqWHvF4NMEM

 

 

Kommentare

3 Antworten

  1. Es ist schön, dass an die alte Lyrik und Volkslieder noch erinnert werden, es spiegelt das Leben der Menschen von damals wider, die trotz aller Enttäuschung nie aufgegeben haben. Wie viele Deutsche wurden in Schlesien geboren, auch Eichendorf ist gebürtiger Schlesier und wie viele wurden nach dem Krieg vertrieben, nur weil Politiker am Reißbrett wieder geopolitisch Krieg spielen.
    Sie haben die Kraft bewahrt, sich wieder eine neue Heimat auf zu bauen und nun wird wieder geopolitisch Krieg gespielt mit Überfremdung, anstatt in Frieden glücklich alt zu werden.
    Wem geht es nicht so, dass seine Träume sterben, Menschen, die plötzlich aus dem Leben gerissen werden und doch, es muss weiter gehen. Die Resignation in der letzten Strophe nach bitterer Enttäuschung sollte nicht unser Lebensmotto sein und ja, wer leidet nicht unter zerbrochenen Träumen, Idealen.
    Auch Christen, die ihre Mainstreamkirchen satt haben, Christen, die ihre Gotteshäuser vor Zweckentfremdung bewahren wollen und doch bestimmte ein Diktator die unter Blut und Tränen aufgebaute christliche Kirche Hagia Sophia zum Trost und zur Zuflucht der Christen, sie wird eine Moschee. Auch die Heilige Barbara war immer eine Fremde, in Byzanz gebürtig, die für ihren christlichen Glauben, die nicht dem Zeitgeist ihrer Zeit entsprach, den Tod fand.
    Das Lied Die Rose drückt es klar aus, nach jedem Winter kommt neues Leben empor, Naturgesetze, die nie vergehen, aber die Menschen verletzen einander immer wieder und Treue wird immer mehr zum Fremdwort, auch die Verantwortung für das Leben.

  2. Es tut gut, dass es Menschen gibt, die sich der alten Weisen erinnern und damit wieder etwas von unserer Kultur widerspiegeln!

  3. Es gibt noch einen geringfügig anders überlieferten Text (Abschreibe-Abweichungen?), so wie er regional im Rheinland tradiert ist: „1. In einem kühlen Grunde weiß ich ein Mühlenrad. Mein Liebchen ist verschwunden, das dort gewohnet hat. 2. Sie hat mir die Treu versprochen, gab mir ein’n Ring dabei. Sie hat die Treu´ gebrochen, das Ringlein brach entzwei. 3. Ich möcht‘ als Spielmann reisen wohl in die Welt hinaus, und singen meine Weisen, und zieh`n von Haus zu Haus. 4. Hör‘ ich das Mühlrad gehen: Ich weiß nicht, was ich will — Ich möcht‘ am liebsten sterben, dann wär’s auf einmal still!“ Danke – die Erinnerung hieran ruft weitere Erinnerungen an 100e andere Lieder von „damals“ hervor, welche zu Hause gesungen wurden, „als alle noch lebten“

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