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Kardinal Müller kritisiert weitere päpstliche Einschränkung der überlieferten Liturgie

Debatte um die „alte Messe“ hält an

Papst Franziskus hat kürzlich in einem weiteren Schritt den klassischen Ritus in lateinischer Sprache eingeschränkt. Damit wird die „liturgische Versöhnung“, die Benedikt XVI. durch seine großzügigen Zulassungsmöglichkeiten für die „alte Messe“ eingeführt hatte, weitgehend zunichte gemacht.

Wurde nach seiner ersten Eingrenzung im vorigen Jahr bereits verfügt, die überlieferte Liturgie dürfe im Falle neuer Personalgemeinden nur noch mit bischöflicher Genehmigung zelebriert werden, so ist dafür nun sogar eine vatikanische Erlaubnis (seitens des Gottesdienst-Dikasteriums) erforderlich. Damit wird die entsprechende Zuständigkeit der Bischöfe außer Kraft gesetzt.

Die spanischsprachige Webseite „InfoVaticana“ veröffentliche ein Interview von Javier Arias mit Kardinal Gerhard Müller, dem früheren Bischof von Regensburg und emeritierten Präfekten der römischen Glaubenskongregation.

Wir danken Kurienkardinal Müller herzlich für seine freundlich erteilte Abdrucksgenehmigung:

Gehorsam bedeutet keine blinde Unterwürfigkeit

InfoVaticana: Glauben Sie, dass dies einem Machtmissbrauch des Papstes gleichkommen könnte, indem er die Unabhängigkeit der Bischöfe einschränkt?

Kardinal Müller:
Papst Benedikt XVI. hat dem Papsttum hohes Ansehen verliehen sogar bis zu kirchenfernen Agnostikern hin
(Paolo Flores D’Arcais, Jürgen Habermas, Piergiorgio Odifreddi) durch seine hohe theologische Kompetenz und intellektuelle Redlichkeit. Er hatte es nicht nötig, autoritär auf einem formalen Gehorsam zu beharren, weil nicht einmal der heilsentscheidende Glaubensgehorsam gegenüber Gott eine blinde Unterwürfigkeit fordert, sondern eine Hingabe an den dreifaltigen Gott mit Vernunft und freiem Willen ist – also ein obesequium rationabile (II. Vatikanum, Dei verbum 5).

Beim Gehorsam gegenüber der kirchlichen Autorität ist zu unterscheiden zwischen dem religiösen Gehorsam, der sich auf die autoritative Vorlage des geoffenbarten Glaubens bezieht und der Bereitschaft, dem Papst und den Bischöfen willig zu folgen auch in Fragen der Disziplin, der kirchlichen Organisation und der Ordnung der Liturgie.

Wir unterscheiden zwischen der Substanz der Sakramente, über die Papst und Bischöfe keinerlei Verfügungsgewalt besitzen und dem liturgischen Ritus, der geschichtlich gewachsen ist in den verschiedenen legitimen Riten innerhalb der einen katholischen Kirche. Auch die lateinische Liturgie kennt eine Geschichte und einige Varianten.

Das II. Vatikanum wollte aber keineswegs vom Schreibtisch der Liturgiewissenschaftler aus einen neuen Ritus der westlichen katholischen Kirche konstruieren, sondern nur den ehrwürdigen römischen Ritus an einigen Stellen verdeutlichen, damit die participatio actuosa der Gläubigen erleichtert wird.

Papst Benedikt hat theologisch kompetent und pastoral sensibel die entstandenen Spannungen überwunden durch die Unterscheidung von ordentlicher und außerordentlicher Form des lateinischen Ritus.

Intoleranz gegen Freunde der traditionellen Messe

Die gewalttätige Intoleranz gegen die Freunde des außerordentlichen Ritus mit der Polemik, sie seien Feinde des Konzils und Rebellen gegen die Autorität des Papstes überhaupt, ist nicht nur pastoral kontraproduktiv, sondern ein erschreckendes Beispiel der theologischen Inkompetenz in der Unterscheidung der unverfügbaren Substanz der Sakramente und des Formenreichtums der liturgischen Riten oder Ordo.

Die Bischöfe oder Ortsordinarien in diesen Fragen sekundären Rangs zu Bittstellern bei der höchsten Autorität (sprich der Bürokratie des Dikasteriums für den Gottesdienst) oder untergeordneten Befehlsempfängern herabzustufen, beschädigt nicht nur die pastorale Verantwortung des Bischofsamtes, sondern verdunkelt den wahren Sinn des Papsttums, nämlich die Einheit der Kirche in der Wahrheit des Glaubens und der sakramentalen Gemeinschaft darzustellen und zu realisieren (Lumen gentium 18; 23).

Die Anerkennung der päpstlichen Autorität wird nicht gefördert, sondern auf die Dauer geschwächt durch den Eindruck, dass hier nicht der kluge Hausvater und der gute Hirte handelt, sondern ein autokratischer Befehlshaber am Werke ist, wie es der protestantische Antipapismus und der liberal-aufgeklärte Antikatholizismus seit 500 Jahren behauptet.

InfoVaticana: Warum wird mit Bezug auf bestimmte Gruppen so viel über „Inklusion“ geredet, aber über Traditionalisten so hart?

Kardinal Müller:
Es müsste umgekehrt sein: In Fragen des geoffenbarten Glaubens muss die päpstliche Autorität unerbittlich sein. In Fragen unterschiedlicher menschlicher Traditionen dagegen großzügig.

Um es zu verdeutlichen: Die Ehe ist göttlichen Rechtes und deshalb darf ihre Unauflöslichkeit nicht mit pastoralen Erwägungen prinzipiell in Frage gestellt werden, wie in einigen falschen Auslegungen von Amoris laetita.

Die Ritenreform des II. Vatikanums ist nur kirchlichen Rechtes und deshalb ist hier ein absoluter Gehorsam unter Androhung von heilsrelevaten Kirchenstrafen abwegig.

Es wäre gut, wenn man sich an der überlegenen Weisheit des Papstes Benedikt XVI orientieren würde, statt ihn in falschem Gruppendenken für die eine oder andere Seite zu instrumentalisieren.

Papst Franziskus hat ihn selbst einen großen Lehrer der Kirche genannt und damit auch ein gutes Beispiel für die Ausübung kirchlicher Autorität.

Hier geht es zum Beitrag auf „InfoVaticana“: El cardenal Müller advierte que el nuevo rescriptum sobre Traditionis custodes degrada a los obispos y daña su responsabilidad pastoral

Titelbild: Bistum Regensburg

 

Kommentare

7 Antworten

  1. Wenn man die Einschränkung des lateinischen Ritus kritisiert und damit auch den Papst, verstehe ich nicht warum der synodale Prozess kritisiert wird. Ich mag die Vielfalt der kath. Kirche.

  2. Leider wird man nicht umhin kommen, die Kritik des jetzigen Papstes an der
    Wiederherstellung der Messe im zeitweise alten Ritus infrage zu stellen.
    Dies stellt auch eine enorme Kränkung des überragenden Vorgängers von ihm,
    Benedikt XVI. ,dar. Benedikt wollte die Frömmigkeit, die Innigkeit der alten Messe
    den Gläubigen nicht vorenthalten, weil er spürte, dass durch journalistische
    Fehlinterpretationen des Zweiten Vatikanums persönliche Leerstellen entstanden
    sind.

  3. John Gray: Das Scheitern des Liberalismus
    27. September 2018 Politik und Gesellschaft

    https://renovatio.org/2018/09/john-gray-das-ende-des-liberalismus/

    .
    Jesus schätzte das Spezifische des Charismas der Frauen
    Premium Inhalt
    Maria 2.0 und radikale Feministinnen reduzieren den Seins-Sinn von Frau großenteils ausschließlich auf einen Kampf um die Teilhabe an „Macht“.

    https://www.die-tagespost.de/gesellschaft/feuilleton/jesus-schaetzte-das-spezifische-des-charimas-der-frauen;art310,216766

  4. Es ist eine einmalig geschichtlich theologische Katastrophe, dass es in der katholischen Kirche zwei Riten gibt. Das konnte nicht gutgehen. Der eine wird den anderen fressen. In dem Maß wo Gott in der hl. Messe durch die Gemeinde ersetzt wurde, in dem Maß vollzog sich die Gottlosigkeit in der Gesellschaft. Das tritt ja jetzt für alle sichtbar ans Tageslicht.

  5. Die Begriffe „ordentlicher“ und „außerordentlicher“ Ritus waren ein anderer Ausdruck für die Begriffe „erneuerte“ und „alte“ Liturgie. Beide Bezeichnungspaare sind meiner Meinung nach korrekt, weil natürlich alles das, was in „Sacrosantum Concilium“ (SC), der Liturgiekonstitution des II. Vatikanums, im erneuerten Ritus verwirklicht ist. Wenn er denn korrekt nach den liturgischen Büchern gefeiert wird. Und das ist so ein Problem in den heutigen Gemeinden, aber nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Dass nämlich diese Reform zum Anlass genommen wurde, kreativ zu sein, immer was neues bieten zu müssen. Das der universale Ausdruck, der sehr schön bis zur Liturgiereform auf der ganzen katholischen Welt in dem einen Ritus Ausdruck fand, immer mehr zugunsten regionaler Riten preisgegeben wird! Und so neben der äußerlich sichtbaren auch die innere Einheit des Katholizismus Schaden erleidet!
    Gott sei Dank gibt es zumindest in den meisten Domkirchen in Deutschland würdige, schöne, erbauende Gottesdienste in der erneuerten Form!
    Genau deshalb ist das Anliegen von Papst Benedikt, die liturgische Versöhnung, nach wie vor nicht nur gültig, sondern geradezu ein „Zeichen der Zeit“, der „Kairos“, der rechte Augenblick! Darum muss der Ordo von 1962 weiter gefeiert werden, nicht um einen eigenen Liturgiemix, oder eine Vermischung von beiden Formen zu präsentieren. Das ist meiner Meinung nach eine legitime Vielfalt, eine Bereicherung, eine wahrhaft katholische Ausdrucksweise für das Göttliche!
    Ich kann Kardinal Müller nur beipflichten!

  6. Die katholische Kirche leidet unter einer liturgischen Katastrophe.

    Die klassische Liturgie ist das Herz der abendländischen Kultur

    https://philosophia-perennis.com/2016/07/07/video-david-berger-benediktxvi/

    Verteidigung der Tradition. Poscritto a «Il Concilio Vaticano II. Una storia mai scritta
    Best.-Nr.: 9591

    Nach dem Erfolg des Buches Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte bietet Roberto de Mattei auf diesen Seiten einige Elemente historischer und t…

    https://www.falkmedien.de/Verteidigung-der-Tradition-Poscritto-a-TIl-Concilio-Vaticano-II-Una-storia-mai-scritta

    Nach dem Erfolg des Buches Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte bietet Roberto de Mattei auf diesen Seiten einige Elemente historischer und theologischer Reflexion, mit denen er die Probleme, die im Anschluss an sein Werk lebhaft diskutiert wurden, ins Prinzipielle hebt: Darf man Personen und Ereignisse der Kirchengeschichte diskutieren und sie dadurch möglicherweise in ein weniger günstiges Licht rücken? Oder gar in den Schatten? Darf man Entscheidungen der höchsten kirchlichen Autorität die Übereinstimmung verweigern? Wenn ja, unter welchen Umständen und in welchem Ausmaß? Was ist die regula fidei (Glaubensregel) der Kirche in Zeiten der Krise und Verwirrung? Roberto de Mattei sieht den Lösungsansatz in der heiligen Tradition, für die er in diesem Buch ein beeindruckendes Plädoyer vorlegt.„Die Geschichte dient dazu, uns in Erinnerung zu rufen, dass das, was gestern geschah, sich heute wiederholen kann, und dass gestern wie heute und morgen eine einzige Regel in Zeiten der Krisen und Schwierigkeiten der Kirche bleibt: die Treue zur Tradition als Treue zur Wahrheit, die Christus seiner Kirche mit den Worten anvertraut hat: ‚Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen‘ (Mt 24,35).“Roberto de Mattei „Roberto de Mattei unterzieht die Geschichte der Päpste einer strengen Prüfung – gerade vom Standpunkt bedingungsloser Papsttreue aus. Er will nichts anderes als dass der Papst Papst sei – kritisiert er einen Papst, so verklagt er ihn beim Papsttum. So entspricht es der großen katholischen Tradition.“
    Martin Mosebach

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