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Niedergang der Kirche in den Niederlanden ist kein Vorbild für Deutschland

Von Prof. Dr. Hubert Gindert

Kardinal Walter Kasper schrieb zum möglichen Ausgang des „Synodalen Weges“ in Deutschland, er befürchte „nicht eine Kirchenspaltung“, sondern die „viel schlimmere niederländische Variante:

Nach dem Scheitern des dortigen Pastoralkonzils von 1966 bis 1970 mit ähnlichen Vorstellungen, wie man sie jetzt in Deutschland ventiliert, seien die Niederlande zu einem der säkularisiertesten Länder Europas geworden. Wenn die Getauften die Kirche aus Enttäuschung über Reformflops verlassen, sammelten sie sich nicht in einer neuen Kirche, ‚sie gehen nicht ins Schisma, sondern in ein entchristlichtes, konfessionelles Niemandsland‘“ (vgl. Tagespost, 28.10.2021).

Wenn ein „erfahrener Kirchenmann mit ökumenischer Weite“ das, was in der ehemaligen Vorzeigekirche der Niederlanden passiert ist, für Deutschland möglich hält, sollten wir diesen Vorgang mit seiner Vorgeschichte und seinem wichtigsten Akteur Edvard Schillebeeckx kennen.

Der Theologieprofessor Dr. Georg May berichtet in seinem Buch „300 JAHRE GLÄUBIGE UND UNGLÄUBIGE THEOLOGIE“ (Sarto-Verlag, 2017) präzise darüber.

Die Rolle von Edvard Schillebeeckx

„Edvard Schillebeeckx (1914 bis 2009) lehrte Dogmatik in Löwen (1947-1975 und Nijmegen (1957-1983). Er war der maßgebliche dogmatische Berater und Vertrauensmann des niederländischen Episkopats. An der Zerstörung des holländischen Katholizismus waren viele beteiligt. Aber es wird kaum jemanden geben, der ihm gleichkommt. Schillebeeckx legte zahlreiche Publikationen vor… sie betreffen Offenbarung, Glaube und Theologie, Christologie, Gotteslehre und Lebenspraxis… die niederländischen Bischöfe gaben einen Katechismus heraus… unter dem Titel ‚Glaubensverkündigung für Erwachsene‘.

Einer seiner Autoren war Schillebeeckx… grundlegend für die ‚neue Theologie‘ ist die Auflösung der Trinitätslehre und der Christologie …Schillebeeckx gestand offen: ‚seit 1953 habe ich mich stets der Formulierung widersetzt: Christus ist Gott und Mensch zugleich wie auch der Verwirrung erzeugenden Ausdrucksweise: der Mensch Jesus ist Gott‘.

Er (Schillebeeckx) wird weder der Person Jesu (Christologie) noch seinem Werk (Soteriologie = Lehre von der Erlösung) gerecht… Seine Methode der Schrifterklärung tilgt alles aus der Schrift, was übergeschichtlich oder übernatürlich ist. Was in der Bibel belangvoll ist, entscheidet das Interesse oder die Erfahrung des modernen Menschen…

Jesus ist nach ihm das Urbild der Menschlichkeit, nicht der menschgewordene Sohn Gottes… Jesus wird unter die Propheten eingereiht… Auferstehung ist für Schillebeeckx ein Weitergehen der Sache Jesu… Die Erscheinungen Jesu stellen ‚Bekehrungsvisionen‘ dar, deren ‚Inhalt leer ist‘… Jede Christologie müsse auf die umgehende Kultur zugeschnitten sein…

Verheerend waren die Ansichten von Schillebeeckx auch in der Lehre von den Sakramenten; Er verflüchtigt die Sakramente zu (bloßen) Zeichen. Im Besonderen gibt er die katholische Lehre vom Priestertum preis. Die Gemeinde ‚kann sich einen ‚Vorsteher‘ wählen, das ist die ‚Berufung‘, und auf Grund dieser ‚Berufung‘ kann er (oder sie) der Eucharistie vorstehen…

Andererseits erfand er ein ‚Recht‘ der Gemeinden auf einen geweihten Vorsteher. Auf diese Weise gelangte er zum Frauenpriestertum…

Das Wirken von Schillebeeckx und seines Anhangs in den Niederlanden und Belgiens war auflösend. Schillebeeckx ‚große Stunde kam mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Hier entfaltete er eine fieberhafte Tätigkeit.

Die holländischen und indonesischen Bischöfe ließen sich von ihm ihre Wortmeldungen verfassen. Die Entscheidung Schillebeeckx zum Konzilstheologen (Peritus) zu machen, war völlig verfehlt… In ihnen ist der theologische Modernismus zu machtvollem Einfluss in der Kirche emporgestiegen…

Mit der Teilnahme am Zweiten Vatikanischen Konzil war die verhängnisvolle Rolle von Schillebeeckx nicht beendet. Von 1966 bis 1970 tagte in Noordwijkerhout das sogenannte ‚Niederländische Pastoralkonzil‘. Schillebeeckx hatte in dieser Versammlung eine zentrale Stellung… Die Gottheit Jesu wird in den Texten des Pastoralkonzils ‚ignoriert‘… Zu den ‚peripheren Wahrheiten‘ gehören nach dieser Versammlung z.B. die Lehre von der Kirche, von der Unfehlbarkeit des Papstes und sittliche Normen…

Von der Sühne oder von der Genugtuung, die Christus geleistet hat, wird nicht gesprochen. Das Heil wird fast ausschließlich in einer befriedigten Gesellschaftsordnung auf Erden gesehen. Die Auferstehung wird umgedeutet… Diese…Versammlung trieb die Selbstzerstörung des niederländischen Katholizismus energisch voran…

Der apostolische Stuhl versuchte wenigstens, die holländischen Bischöfe (äußerlich) in der Kirche zu halten. Er berief sie zu einer Sondersynode nach Rom. Dass sie eine Wende zum Besseren eingeleitet hätte, ist nicht zu erkennen… 

Zeitweilig schien die unauflösliche Ehe in der niederländischen Kirchenprovinz zur Disposition gestellt zu sein. Unter dem Decknamen der Ungültigkeitserklärung von Ehen führte man die Ehescheidung ein. Die niederländischen Bischöfe sprachen sich am 19. Januar 1970 für die Aufhebung des Zölibats für die Priester aus. Sie empfahlen die Weihe verheirateter und die bedingte Zulassung verheirateter Priester zu priesterlichen Diensten. Damit hat sich das Gesetz priesterlicher Enthaltsamkeit erneut als das erwiesen, was es immer war: als Prüfstein des echten und rechten Glaubens.“ (Siehe Seiten 837 bis 844)

Die Folgen des Niedergangs

„Die Zahl der Priesterkandidaten ging zurück. Die Zahl der Weihen sank von 318 im Jahr 1960 auf 20 im Jahr 1976. Zwischen 1965 und 1975 gaben 1732 Priester ihr Amt auf. Gleichzeitig brachen die klösterlichen Verbände innerlich und äußerlich zusammen. Die Zahl der Ordensleute sank von 1961 bis 1985 von ca. 50.000 auf 26.000. Im gleichen Zeitraum traten fast 6.000 Ordensleute mit ewigem Gelübde aus. Ganze Ordensgemeinschaften entfremdeten sich von ihrer religiösen Identität durch die Verbürgerlichung ihres Lebensstils und durch das Flirten mit glaubensfeindlichen Ideologien…

Der sonntägliche Messbesuch reduzierte sich von über 70% im Jahr 1961 auf 11,8% im Jahr 1995.

Ein nichtkirchlicher Soziologe beschreibt den in den Niederlanden zu beobachtenden Vorgang auf seine Weise: ‚Wenn der kirchlichen Hierarchie die Macht genommen wird, kommt die Macht nicht dem Volk, sondern einer verhältnismäßig kleinen Gruppierung zu, die die öffentlichen Meinung in den Leitungskollegien und Räten beherrscht‘“. (Siehe Georg May, S. 845)

Der Niedergang der Kirche in den Niederlanden ist für die glaubenstreuen Katholiken in Deutschland kein Vorbild.

Unser Autor Prof. Dr. Hubert Gindert leitet den Dachverband FORUM DEUTSCHER KATHOLIKEN und die Monatszeitschrift DER FELS

Fotos: Dr. Bernd F. Pelz

Kommentare

3 Antworten

  1. Beim Wirken Schillebeeckxs kann man erkennen, was ein (verkleideter) Wolf im Pferch der Schafe an kirchlichem Verderben anrichten kann: Der Messbesuch dort ist jetzt auf ca 2 %, ähnlich wie bei uns bei den Protestanten! Für uns hier ist m.E. Folgendes wichtig:
    Klare Benennung von Traumtänzereien und Häresien sowohl in theologischen Denksystemen als auch im Bereich von kirchlichen Strukturen; Aus-der-Deckung-Gehen aller tapferen und romtreuen Katholiken; mutige Verteidigung des bisher Gültigen mit überlegten und klugen Argumenten in Liebe und Ausdauer – sei es gelegen oder ungelegen; Ausbau der Angebote eucharistischer Anbetung in verschiedenen Formaten; Herausarbeitung und Benennung des Konfessions-Unterscheidenden in den wesentlichen Fragen (z.B. Tabernakel, Realpräsenz, Weihe zum „alter Christus“ versus Ordination, warum Priesterweihe nur für einen als Mann geborenen Mann möglich; ausdrückliche Ablehnung von Katastrophenvorhersagen für die Kirche, falls nicht sofortige „Reformen“ greifen würden.)
    Greifen wir doch eher an: Aufbau von für junge Menschen wichtigen Gegenaktivitäten wie etwa die dringend nötige Erneuerung der Ehevorbereitung auf mehrere Module, z.B. 1 Modul bei der Firmung, ein zweites mit ca. 18/19 Jahren und als drittes der bisherige Brautleutetag.
    Vieles mehr könnte man jenseits aller Synodenaktivitäten in separaten Gremien besprechen und erarbeiten und ein Reform-Kontrastprogramm entwerfen!
    Das Gelingen der Ehe bestimmt das Lebens-Glück des Paares und das Lebensglück der Kinder!
    H i e r ist Begleitung und Befähigung nötig, und zwar b e v o r die jungen Leute die verhütungsbasierten Verhältnisse eingehen! Daher sollte bei der Firmvorbereitung ein Halbtag „Verantwortung in Partnerschaft und Liebe“ dabei sein!
    Katechesen zur Erneuerung des Busssakramentes, evtl. Einbettung des Empfangs in eine liturgische Gemeinschaft zur Vorbereitung des Empfangs, wie er etwa in den neukatechumenalen Gemeinschaften so erfolgreich praktiziert wird. (Zum Nachdenken: Jedes der 7 Sakramente ist ein Gemeinschaftserlebnis, nur die Beichte erlebt man völlig alleine und muss sich auch selber darum kümmern, wann Beichtmöglichkeit besteht, ist auch in der Kirche dann meist völlig alleine. Vielleicht gäbe es irgendeine Abhilfe?)

  2. :
    „Wenn der kirchlichen Hierarchie die Macht genommen wird, kommt die Macht nicht dem Volk, sondern einer verhältnismäßig kleinen Gruppierung zu, die die öffentlichen Meinung in den Leitungskollegien und Räten beherrscht.“
    Diesen Vorgang erleben wir seit Jahren: in regelmäßiger Folgerichtigkeit, täglich.
    Und die hier auf den Punkt gebrachte Faustregel gilt natürlich auch auf politischer Ebene.
    Da sind es die „Aktivisten“ der zumeist grün dominierten NGOs, die den Ton angeben und das „Klima“ der „Zivilgesellschaft“ anheizen.
    Von den Medien zusätzlich befeuert, üben sie den erforderlichen „Druck“ aus, der die verantwortlichen Politiker auf Trab bringt – oder einknicken lässt, je nachdem.

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