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Ukrainischer Bischof Gregory Lakota – ein mutiges Opfer des stalinistischen Terrors

Von Michaela Koller

Der ukrainisch griechisch-katholische Bischof Hryhorij (Gregory) Lakota starb – wie etwa sein Mitbruder Iosafat Kotsilovsky von Przemysl – als Märtyrer. 

Wegen der stalinistischen Verfolgung verblieb diese Ortskirche ein halbes Jahrhundert de facto ohne Hirten – seit der Verhaftung der Bischöfe 1946 bis zur Umstrukturierung der Bistümer der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche in Polen und der Ernennung von Jan Martyniak zum Erzbischof und Metropoliten von Przemyśl-Warschau am 24. Mai 1996.

Lakota (siehe Foto) wurde am 31. Januar 1883 im heutigen Sambir Raion in der Umgebung von Lemberg (Lwiw), der Hauptstadt des österreichischen Kronlands Galizien, geboren.

In Lemberg studierte er Theologie, bevor er 1908 zum Priester geweiht wurde. Drei Jahre später erfolgte mit einer Arbeit über die Bergpredigt der Erwerb des Doktorgrades in Wien. Im galizischen Przemysl war er von 1913 an Professor und schließlich Rektor des ukrainischen Seminars. In diesen Jahren lag ihm die spirituelle Stärkung der Jugend und des Priesternachwuchses besonders am Herzen.

Am 16. Mai 1926 erfolgte seine Ernennung zum Weihbischof im inzwischen südostpolnischen Przemysl, das am 15. September 1939 vom Deutschen Reich militärisch besetzt wurde, aber in der Folge, zeitlich begrenzt, teilweise auch schon unter sowjetische Herrschaft geriet.

Im Jahr 1933, am Fest der heiligen Olga, dem 24. Juli, schloss er sich von Polen aus sechs weiteren Bischöfen der ukrainischen Kirche an, die in einem Hirtenbrief an „alle Menschen guten Willens“ die Wahrheit über den Massenmord durch Aushungern, den „Holodomor“ (Ausdruck auf ukrainisch), verbreiteten. Nach zwei Missernten 1931 und 1932 waren die Bauern in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik zu unmenschlich hohen Abgaben gezwungen worden, was die Hungersnot drastisch befeuerte.

Das Schreiben ist ein Zeugnis fast beispiellosen bischöflichen Mutes in einer Zeit, in der der freie Westen, bis auf wenige Ausnahmen, diesbezüglich der Sowjetpropaganda auf den Leim ging. So schreiben sie darin:

„Die Ukraine kämpft mit dem Tod. Die Menschen sterben durch Hunger. Das tödliche System des Staatskapitalismus, wurzelnd in Ungerechtigkeit, Betrug und Untreue, hat das einst so reiche Land in den vollständigen Ruin getrieben. Vor drei Jahren hat das Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Pius XI., einen feierlichen Protest gegen all dasjenige veröffentlicht, das sich im Bolschewismus gegen Gott, Christentum und gegen die menschliche Natur richtet. [Im Jahre 1930 rief Papst Pius XI. zum „Kreuzzug des Gebets“ gegen den Bolschewismus auf; Anm. d. Verf.]
Zusammen mit der gesamten katholischen Welt schließen wir uns dem Protest des Heiligen Vaters an. Heute sehen wir die Tragweite der sowjetischen Vorherrschaft: diese beängstigende Situation verschlechtert sich Tag für Tag. Angesichts dieser Verbrechen verstummt die menschliche Natur und das Blut gerinnt in den Adern.“

Massenmörder Stalin beließ es nicht dabei, den Bauern die Ernte unter Waffengewalt zu entreißen, um seine Rüstungswirtschaft mit den Erträgen aufzupolstern. Das Aushungern der ukrainischen Bevölkerung war auch als Strafaktion gegen das Aufflammen des ukrainischen Patriotismus gerichtet, der wiederum als Reaktion auf die kommunistische Fremdherrschaft erfolgte.

Zwischen drei und zehn Millionen Menschen (die Zahlenangaben variieren je nach Quelle) – überwiegend Kinder, Alte und Schwache –  fielen diesem Völkermord zum Opfer. Gewehrkugeln seiner Armee hinderten Hungernde auf der Flucht gar daran, das Land zu verlassen.

Mit der „Synode von Lwiw“ am 9./10. März 1946 wurden 216 ukrainisch griechisch-katholische Priester mit der russisch-orthodoxen Kirche zwangsvereinigt. Die weiterhin mit Rom unierten Gläubigen bildeten hingegen ein Bollwerk, das Stalin auszulöschen trachtete.

Die Hälfte der ukrainischen Katholiken wurde deportiert, Dutzende ihrer Priester exekutiert. Viele Kirchen wurden in der Folgezeit in Brand gesetzt und sämtliches Kircheneigentum, darunter Schulen und Krankenhäuser, beschlagnahmt. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kam die Verfolgung noch weiter in Fahrt: Schließlich geriet jeder zweite katholische Priester in Gefangenschaft.

So wurde auch Bischof Lakota am 9. Juni 1946 festgenommen und wurde schließlich zu zehnjähriger Lagerhaft mit schwerer Arbeit verurteilt, die er nahe Workuta nördlich des Polarkreises antrat. Dort schuftete er im Kohlebergwerk.

An diesem Ort des Leidens opferte er sich auch noch für schwächere Mitgefangene auf, indem er ihnen Arbeit abnahm. Am 12. November 1950 starb er im Lager beim Dorf Abes nahe Workuta an Tuberkulose, die er sich durch die Haftbedingungen zugezogen hatte. Im Jahr 1996 wurde dort sein Grab gefunden.

Sein Lebenszeugnis inspirierte den australischen Autor Morris L. West zu seiner Romanfigur Kiril Lakota, als er in den Jahren 1961/62 sein Buch „In den Schuhen des Fischers“ verfasste. In dem verfilmten Bestseller, der am 3. Juni 1963 erschien, nimmt das Schicksal des fiktionalen Lakota eine andere Wendung und ähnelt zunächst dem Lebenslauf des lange inhaftierten, ebenfalls ukrainisch griechisch-katholischen Erzbischofs Josyf Slipyj von Lemberg, der zwei Jahre nach der Veröffentlichung wie die Romanfigur zum Kardinal kreiert wurde, mit derselben Titelkirche Sant’Atanasio dei Greci.

In dem Roman nahm der Schriftsteller übrigens auch die Wahl eines slawischen Pontifex gedanklich vorweg.

Am 27. Juni 2001 wurde der reale Blutzeuge Hryhorij Lakota zusammen mit 27 weiteren Märtyrern in der Ukraine vom polnischen Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

Quelle des Beitrags und Titelfoto durch die Stephanusstiftung: Mutiger ukrainischer Bischof Lakota – Opfer des kommunistischen Terrors | Stephanus Stiftung für verfolgte Christen (stephanus-stiftung.org)

 

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