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Vor 85 Jahren begann der Siegeszug der Betsingmesse in Wien-Schönbrunn

Von Felizitas Küble

Wer den Namen „alte Messe“ hört, denkt vielleicht zunächst an ein sogenanntes Choralamt, also eine komplett vom Gregorianischen Choral geprägte feierliche hl. Messe. Dazu gehört mindestens das Ordinarium (lateinische Grundgesänge wie Kyrie, Gloria, Sanctus etc), meist auch das Proprium (weitere Choräle, etwa zu den Lesungen, als Kommuniongesang usw).
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Aber nicht etwa erst seit den 50er Jahren, sondern schon viel früher begann die Erfolgsgeschichte der Betsingmesse – und zwar vor 85 Jahren in Wien-Schönbrunn auf Veranlassung von Kardinal Innitzer:
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Rund 200.000 Gläubige feierten am 10. September 1933 beim gesamtdeutschen Katholikentag in Wien-Schönbrunn erstmals diese Form der überlieferten Messe, die aus den lateinischen Meßgebeten des Priesters, dem muttersprachlichen Vortrag der biblischen Lesungen und durchgängig deutschsprachigen Kirchenliedern besteht.
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BILD: Überlieferte Liturgie („alte Messe“) in der Kapelle von Schloß Assen mit lateinischen und deutschen Gesängen
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Zwar gab es diese Version vereinzelt schon seit 1922 in deutschen Klöstern und Pfarreien, aber im größeren Rahmen wurde sie erstmals bei diesem Ereignis gefeiert. Der Klosterneuburger Liturgiker und Augustiner-Chorherr Pater Pius Parsch, der die „Liturgische Bewegung“ wesentlich prägte, hatte diese volkstümliche Form der lateinischen Messe entwickelt.
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Kardinal Theodor Innitzer, der damalige Erzbischof von Wien, ging sogar soweit, die Betsingmesse nach dem Katholikentag 1933 allen Pfarrgemeinden seines Bistums vorzuschreiben.
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Nach diesem Durchbruch begann der Siegeszug der Betsingmesse durch die katholische Welt, vor allem in Deutschland. In den meisten Gemeinden wurden am Sonntag am frühen Morgen erst zwei „Stille Messen“ gefeiert, danach zwischen 8 und 10 Uhr ein Hochamt – und hinterher zwei Betsingmessen, so daß die Gläubigen eine große Auswahl hatten und für sich die „passende“ Messe auswählen konnten.
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Freilich war längst vor der Betsingmesse die „deutsche Singmesse“ bekannt, oft in Form der Haydn- oder Schubert-Messe – und dies bereits Anfang des 18. Jahrhunderts. Auch hier gab es nicht nur zu Beginn und zum Abschluß, sondern auch im Ablauf der Messe deutschsprachige Gesänge. Diese Messe wurde auch als „Deutsches Amt“ oder volkstümlich (nicht ganz korrekt) als „Deutsches Hochamt“ bezeichnet.
Die Betsingmesse und die Gemeinschaftsmesse hat diese Singmessen weiterentwickelt. Dabei war die deutsche katholische Jugendbewegung (Quickborn, Bund Neudeutschland etc) mit ihrem Prälaten Ludwig Wolker von großer Bedeutung – ebenso sein seit 1928 in 9 Millionen Auflage verbreitetes „Kirchengebet“(eine Art handliches Kurz-Meßbuch), das über die Jugendverbände hinaus weit verbreitet war.

Papst Pius XII. lobt „religiösen Volksgesang“

Diese liturgische Entwicklung in Deutschland wurde von Papst Pius XII. in seiner Enzyklika „Mediator Dei“ über die Liturgie vom 20. November 1947 berücksichtigt und dabei der „religiöse Volksgesang“ ausdrücklich empfohlen.
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BILD: Diese Briefmarke von 1984 zeigt Papst Pius XII.
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Nachdem in diesem Schreiben an die Bischöfe der katholischen Weltkirche zunächst der Gregorianische Choral gewürdigt wird, heißt es in Nr. 193 und 194 weiter:
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193. Man darf aber nicht meinen, dass moderne Musik und moderner Gesang vom katholischen Gottesdienst gänzlich auszuschalten seien. Im Gegenteil! Finden sich darin keine Anklänge an Profanes, enthalten sie nichts, was der Heiligkeit des Gotteshauses und der liturgischen Handlung unwürdig wäre, und entspringen sie nicht eitlem Haschen nach gesuchten und ungewohnten Effekten, so müssen ihnen unsere Kirchen ohne weiteres Zutritt gewähren; denn nicht gering vermag alsdann ihr Beitrag zu sein zur Verschönerung der heiligen Zeremonien, zur Erhebung des Geistes in höhere Regionen und gleichzeitig zur Erweckung wahrer Andacht des Herzens.
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194. Wir ermahnen euch auch, ehrwürdige Brüder, in eurer Hirtensorge den religiösen Volksgesang zu fördern. Mit Liebe und geziemender Würde gepflegt, vermag er nämlich den Glauben und die Andacht des christlichen Volkes sehr zu stärken und zu entflammen.  Geschlossen und machtvoll dringe das Lied unseres Volkes zum Himmel empor wie das Rauschen von Meereswogen, lege mit laut klingender Stimme Zeugnis ab von dem einen Herzen und der einen Seele, wie es Brüdern und Kindern desselben Vaters ziemt.

Kommentare

Eine Antwort

  1. Ich bin auch ein Anhänger dieser „alten Messe“ und der Betsingmesse.
    Was Papst Pius in dem Hirtenbrief an die Bischöfe schrieb, hat bis heute an Gültigkeit nicht verloren. Nur leider haben die profanen Gesänge in der Kirche Einzug gehalten.

    Am schlimmsten finde ich, wenn das Glaubensbekenntnis aus dem neuen Gottelobes S. 826 gesungen wird. Nur wohlige Worte. Maria als Gottesmutter kommt gar nicht vor. Nur kurz: Er ist am Kreuz gestorben.
    Worte wie Er wird die Welt verwandeln und treibt uns weiter an, in Gottes Sinn zu handeln – zeigen welch Geistes Kind hier am Werk war.
    Am schlimmsten die Worte Wir werden auferstehen, wie Christus es getan. Die Schuld wird uns vergeben kann sehr missverständlich sein.
    Im katholischen Glaubensbekenntnis wird gesagt: Er wird kommen zu richten die Lebenden und die Toten.
    Immer wieder werden diese Lieder von den Geistlichen herausgesucht, damit wir als Gemeinde neue Lieder singen.

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